Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 6134/06 W-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 2386/08 W-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Januar 2008 abgeändert und der Streitwert des Klageverfahrens S 9 U 6133/06 vor dem Sozialgericht Stuttgart auf 51.789,94 EUR festgesetzt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin richtet sich gegen die Festsetzung des Streitwerts des beim Sozialgericht Stuttgart anhängig gewesen Klageverfahrens S 9 U6133/06.
Die Klägerin hatte am 15. August 2006 beim Sozialgericht Stuttgart gegen den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2006, mit dem der Beitragsvorschuss für das Beitragsjahr 2006 in Höhe von 51.789,84 EUR festgesetzt worden ist, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2006 Klage erhoben. Zur Begründung hatte die Klägerin ausgeführt, der rechtswidrige Beitragsbescheid verstoße gegen die Satzung der Beklagten und gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Entsprechend der Beschlüsse der Vertreterversammlung der regionalen Bau-Berufsgenossenschaften zur Fusion zu einer bundeseinheitlichen Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft sei der Finanzbedarf nach den bisherigen regionalen Zuständigkeitsbereichen getrennt jährlich zu erheben. Bei der Berechnung des Vorschusses für 2006 sei es zu einer Verletzung dieser satzungsrechtlichen Vorgabe gekommen. Durch eine satzungswidrige Betriebsmittelzuführung zum Gesamthaushalt der Beklagten aus einer rechtswidrigen Entnahme von Finanzmitteln aus einzelnen Zuständigkeitsbereichen sei der Grundsatz der gesonderten Feststellung des regionalen Finanzbedarfs verletzt worden.
Nachdem der Vorstand der Beklagten in der Sitzung am 04.04.2007 die Beschlüsse zur Betriebsmittelzuführung aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Beklagte hat eine Kostenzusage in voller Höhe erteilt.
Die Klägerin beantragte die Festsetzung des Gegenstandswert auf 51.789,84 EUR.
Mit Beschluss vom 22. Januar 2008 hat das Sozialgericht den Gegenstandswert auf 2.177,46 EUR festgesetzt. Die Klägerin habe zwar die Gesamtaufhebung des Beitragsvorschussbescheides mit dem Klageantrag begehrt, dabei habe aber die Beklagte im Widerspruchsbescheid auf Grund der Argumentation der Klägerin tatsächlich nur über den variablen Teil der Beitragsvorschüsse auf Grund der streitigen Verwendung der entzogenen Finanzmitteln entschieden. Weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren habe die Klägerin vorgetragen, dass sie überhaupt keine Vorschüsse zu zahlen habe. Streitig sei deshalb nur die Beitragsdifferenz zwischen dem ursprünglichen Beitragsvorschuss und dem sich nach Berücksichtigung des Klagevorbringens ergebenden Beitragsvorschusses in Höhe von 2.177,46 EUR.
Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt, denn es sei die Aufhebung des Beitragsbescheids beantragt worden, bei dem es sich um einen nicht teilbaren Verwaltungsakt handle. Ihre Rechtsansicht gehe mit dem Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit konform und entspreche auch dem Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg im Verfahren L 1 U 236/08 W-B.
Der Senat hat die Akten des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
II
Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig und begründet.
In Verfahren vor der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG -). Betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG), jedoch darf kein Streitwert von über 2.500.000 EUR angenommen werden (§ 52 Abs. 4 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügende Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 EUR anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG).
Streitgegenstand der Anfechtungsklage war allein der Beitragsbescheid vom 19. April 2006 über die Zahlung des Beitragsvorschusses für das Geschäftsjahr 2006. Der Bescheid hat somit konkret bezifferte Geldleistungen betroffen, die von der der Klägerin als Beitragsschuld zu entrichten waren, bis ein entgegenstehender Beitragsbescheid ergeht. Maßgebend für das Klagebegehren ist demnach die Höhe der angefochtenen Geldleistung. Beantragt war mit dem im Verfahren gestellten ersten Antrag (§ 40 GKG) die Aufhebung des gesamten Bescheids. Aus der Begründung in der Klageschrift ergibt sich kein dem ausdrücklich formulierten Antrag entgegenstehendes Rechtsschutzziel, das nur eine Teilanfechtung der festgesetzten Beitragsvorschüsse erkennen ließe. Die Klägerin erachtete den gesamten Bescheid für rechtswidrig wegen der gerügten Verfahrensverstöße. Deshalb findet auch die Entscheidung des BSG vom 8. Mai 2007 (B 2 U 14/06 R), die die Beklagte zur Stützung ihrer Rechtsauffassung zitiert, keine Anwendung. Denn in dem der Entscheidung des BSG zugrundeliegenden Verfahren hatte die Klägerin - abweichend zu dem vorliegenden Rechtsstreit - ihr Rechtsschutzinteresse auf abgrenzbare Teile der angefochtenen Bescheide beschränkt, was auch eine anteilige Streitwertsetzung rechtfertigte.
Dass ein Beitrag für das Jahr 2006 geschuldet ist und sich darüber die Klägerin im Klaren gewesen sein musste, ändert nichts an dem erkennbaren Klagebegehren. Nach dem Rechtsstandpunkt der Klägerin wäre ein neuer, rechtsfehlerfreier Bescheid über den von ihr geschuldeten Beitrag erforderlich gewesen. Die Erfolgsaussicht des Klagebegehrens spielt bei der Streitwertfestsetzung keine Rolle, sondern ist in der Regel im Rahmen der Kostenentscheidung bzw. einer unter den Beteiligten einvernehmlich getroffenen Kostenquote zu berücksichtigen. Ebenso wenig ist der Gesichtspunkt, dass die Beitragsvorschüsse nur eine vorläufige Regelung zur Beitragserhebung bilden, relevant, da der angefochtene Beitragsbescheid bindende Zahlungspflichten dem Beitragsschuldner auferlegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 Abs. 1 SGG).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin richtet sich gegen die Festsetzung des Streitwerts des beim Sozialgericht Stuttgart anhängig gewesen Klageverfahrens S 9 U6133/06.
Die Klägerin hatte am 15. August 2006 beim Sozialgericht Stuttgart gegen den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2006, mit dem der Beitragsvorschuss für das Beitragsjahr 2006 in Höhe von 51.789,84 EUR festgesetzt worden ist, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2006 Klage erhoben. Zur Begründung hatte die Klägerin ausgeführt, der rechtswidrige Beitragsbescheid verstoße gegen die Satzung der Beklagten und gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Entsprechend der Beschlüsse der Vertreterversammlung der regionalen Bau-Berufsgenossenschaften zur Fusion zu einer bundeseinheitlichen Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft sei der Finanzbedarf nach den bisherigen regionalen Zuständigkeitsbereichen getrennt jährlich zu erheben. Bei der Berechnung des Vorschusses für 2006 sei es zu einer Verletzung dieser satzungsrechtlichen Vorgabe gekommen. Durch eine satzungswidrige Betriebsmittelzuführung zum Gesamthaushalt der Beklagten aus einer rechtswidrigen Entnahme von Finanzmitteln aus einzelnen Zuständigkeitsbereichen sei der Grundsatz der gesonderten Feststellung des regionalen Finanzbedarfs verletzt worden.
Nachdem der Vorstand der Beklagten in der Sitzung am 04.04.2007 die Beschlüsse zur Betriebsmittelzuführung aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Beklagte hat eine Kostenzusage in voller Höhe erteilt.
Die Klägerin beantragte die Festsetzung des Gegenstandswert auf 51.789,84 EUR.
Mit Beschluss vom 22. Januar 2008 hat das Sozialgericht den Gegenstandswert auf 2.177,46 EUR festgesetzt. Die Klägerin habe zwar die Gesamtaufhebung des Beitragsvorschussbescheides mit dem Klageantrag begehrt, dabei habe aber die Beklagte im Widerspruchsbescheid auf Grund der Argumentation der Klägerin tatsächlich nur über den variablen Teil der Beitragsvorschüsse auf Grund der streitigen Verwendung der entzogenen Finanzmitteln entschieden. Weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren habe die Klägerin vorgetragen, dass sie überhaupt keine Vorschüsse zu zahlen habe. Streitig sei deshalb nur die Beitragsdifferenz zwischen dem ursprünglichen Beitragsvorschuss und dem sich nach Berücksichtigung des Klagevorbringens ergebenden Beitragsvorschusses in Höhe von 2.177,46 EUR.
Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt, denn es sei die Aufhebung des Beitragsbescheids beantragt worden, bei dem es sich um einen nicht teilbaren Verwaltungsakt handle. Ihre Rechtsansicht gehe mit dem Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit konform und entspreche auch dem Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg im Verfahren L 1 U 236/08 W-B.
Der Senat hat die Akten des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
II
Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig und begründet.
In Verfahren vor der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG -). Betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG), jedoch darf kein Streitwert von über 2.500.000 EUR angenommen werden (§ 52 Abs. 4 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügende Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 EUR anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG).
Streitgegenstand der Anfechtungsklage war allein der Beitragsbescheid vom 19. April 2006 über die Zahlung des Beitragsvorschusses für das Geschäftsjahr 2006. Der Bescheid hat somit konkret bezifferte Geldleistungen betroffen, die von der der Klägerin als Beitragsschuld zu entrichten waren, bis ein entgegenstehender Beitragsbescheid ergeht. Maßgebend für das Klagebegehren ist demnach die Höhe der angefochtenen Geldleistung. Beantragt war mit dem im Verfahren gestellten ersten Antrag (§ 40 GKG) die Aufhebung des gesamten Bescheids. Aus der Begründung in der Klageschrift ergibt sich kein dem ausdrücklich formulierten Antrag entgegenstehendes Rechtsschutzziel, das nur eine Teilanfechtung der festgesetzten Beitragsvorschüsse erkennen ließe. Die Klägerin erachtete den gesamten Bescheid für rechtswidrig wegen der gerügten Verfahrensverstöße. Deshalb findet auch die Entscheidung des BSG vom 8. Mai 2007 (B 2 U 14/06 R), die die Beklagte zur Stützung ihrer Rechtsauffassung zitiert, keine Anwendung. Denn in dem der Entscheidung des BSG zugrundeliegenden Verfahren hatte die Klägerin - abweichend zu dem vorliegenden Rechtsstreit - ihr Rechtsschutzinteresse auf abgrenzbare Teile der angefochtenen Bescheide beschränkt, was auch eine anteilige Streitwertsetzung rechtfertigte.
Dass ein Beitrag für das Jahr 2006 geschuldet ist und sich darüber die Klägerin im Klaren gewesen sein musste, ändert nichts an dem erkennbaren Klagebegehren. Nach dem Rechtsstandpunkt der Klägerin wäre ein neuer, rechtsfehlerfreier Bescheid über den von ihr geschuldeten Beitrag erforderlich gewesen. Die Erfolgsaussicht des Klagebegehrens spielt bei der Streitwertfestsetzung keine Rolle, sondern ist in der Regel im Rahmen der Kostenentscheidung bzw. einer unter den Beteiligten einvernehmlich getroffenen Kostenquote zu berücksichtigen. Ebenso wenig ist der Gesichtspunkt, dass die Beitragsvorschüsse nur eine vorläufige Regelung zur Beitragserhebung bilden, relevant, da der angefochtene Beitragsbescheid bindende Zahlungspflichten dem Beitragsschuldner auferlegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 Abs. 1 SGG).
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