L 6 VS 4132/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 VS 2839/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VS 4132/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob dem Kläger Beschädigtenrente allein aus medizinischen Gründen nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS - vgl. § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007, BGBl. I, S. 2904, 2909; bis 20. Dezember 2007 Minderung der Erwerbsfähigkeit [MdE]) von 70 zu gewähren ist, sowie darüber hinaus, ob ihm höherer Berufsschadensausgleich zusteht.

Der 1936 geborene Kläger erlitt während seiner Wehrdienstzeit auf einer Familienheimfahrt am 29. Juli 1960 einen Verkehrsunfall, bei dem er erheblich verletzt wurde. Als Schädigungsfolgen sind im Sinne der Hervorrufung durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 81 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) in Verbindung mit § 1 BVG aufgrund Bescheids des früheren Versorgungsamts Stuttgart (VA) vom 24. Januar 1985 mit einer MdE um 70 v.H. gemäß § 30 Abs. 1 und 2 BVG seit 1. April 1985 anerkannt:

1. Schädelbasisbruch mit unfallbedingter im Kopfinneren gelegener Hirngefäßerweiterung vor dem rechten Auge mit zentralen Durchblutungsstörungen. 2. Erblindung des rechten Auges mit leichter Vorlagerung des Augapfels und Schielstellung. 3. Narbe an der rechten Halsseite nach Unterbindung eines Astes der rechten Halsschlagader. 4. Restliche Schädigung des zweiten Astes des Drillingsnerven rechts. 5. Narbe im rechten Lidwinkel und Verlust der rechten mittleren Nasenmuschel nach ausgedehnter Siebbeinoperation wegen Mucopyocele.

Neben der Grundrente bezieht der Kläger seit 1. Dezember 1981 Berufsschadensausgleich. Dabei wurde der Berechnung als Vergleichseinkommen die Besoldungsgruppe A 16 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBG) zugrunde gelegt.

Seit 1. Dezember 1996 bezieht der Kläger von der ehemaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Altersrente, daneben eine Betriebsrente der früheren Arbeitgeberin, die zuletzt im Jahr 2005 199,13 EUR betrug. Der Kläger ist Mitglied der T. (TKK).

Am 28. August 2001 beantragte der Kläger die Gewährung einer höheren Beschädigtenversorgung unter Neufeststellung der Schädigungsfolgen. Er machte geltend, anlässlich einer Voruntersuchung im Hinblick auf einen gefäßchirurgischen Eingriff am linken Bein sei Ende Dezember 2000 im Klinikum L. eine Dopplersonografie durchgeführt worden, weil der Oberarzt Dr. K. die als Schädigungsfolge anerkannte Unterbindung der Carotis im Bereich der rechten Halsschlagader näher habe abklären wollen. Es habe sich dabei eine grundlegende Änderung gezeigt, da die Carotis interna rechts offenbar in umgekehrter Fließrichtung als Zuleitung der Carotis externa rechts fungiere. Seine Adern links und rechts der Halswirbel seien bezüglich Größe und Durchflussmenge extrem unterschiedlich. Diese Dinge stünden zweifelsfrei im Zusammenhang mit seiner Wehrdienstbeschädigung. Es sei der Unterschied der Blutmenge der Carotis externa links und rechts, der Unterschied der Adern/Blutmenge entlang der Halswirbel links und rechts und die Fließrichtung in der Carotis interna rechts zu bestimmen sowie der Weg, den das Blut zur Carotis interna rechts im Bereich hinter dem Auge rechts nehme. Das VA zog von dem behandelnden Allgemeinarzt Dr. F. zahlreiche Arztbriefe, vom Klinikum L. u.a. den Kurzbericht vom 19. Oktober 2000 und den Befund der am 19. Dezember 2000 durchgeführten Farbduplexsonografie des Dr. K. bei. Das VA beauftragte sodann den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. mit der Erstattung eines Gutachtens. Zu der vorgesehenen gutachtlichen Untersuchung kam es letztendlich nicht, weil der Kläger zwei Termine zur gutachtlichen Untersuchung mit der Begründung nicht wahrgenommen hatte, ihm seien die Reisekosten wegen der umsonst angetretenen Reise zu dem zuerst anberaumten, dann aber aufgehobenen Termin zur gutachtlichen Untersuchung nicht erstattet worden. Mit Schreiben vom 21. März 2003 wurde der Kläger auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen und ihm Frist zur Mitteilung seiner Bereitschaft, sich der vorgesehenen gutachtlichen Untersuchung zu unterziehen, gesetzt. Seine uneingeschränkte Bereitschaft erklärte der Kläger nicht. In seiner sodann eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29. Juli 2003 führte der Leitende Arzt des VA Dr. G. aus, eine Stellungnahme nach Aktenlage sei auf der Grundlage der vorliegenden Befunde des Dr. K. nicht möglich bzw. müsse zu einer Ablehnung führen, da eventuelle Verschlimmerungen der Schädigungsfolgen bzw. Folgeschäden nicht beurteilt werden könnten. Zu beurteilen seien keine dopplersonografischen Interpretationen oder Diagnosen, sondern andauernde Funktionseinschränkungen. Eine wesentliche Änderung sei nach Aktenlage nicht wahrscheinlich.

Mit Bescheid vom 30. Juli 2003 lehnte das VA daraufhin den Antrag auf Neufeststellung des Versorgungsanspruchs gemäß § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) mit der Begründung ab, eine Befundverschlimmerung im Bereich der anerkannten Wehrdienstbeschädigungsfolgen, die eine Erhöhung des Grades der MdE rechtfertigen könnte, sei nicht eingetreten; auch lägen weitere Gesundheitsstörungen bzw. andauernde Funktionseinschränkungen, die im ursächlichen Zusammenhang mit schädigenden Einwirkungen im Sinne des § 81 SVG oder den anerkannten Wehrdienstbeschädigungsfolgen stünden, nicht vor. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, zur Beurteilung der in Rede stehenden Problematik sei ein Facharzt für Gefäßerkrankungen, nicht jedoch ein Psychiater zuständig. Selbstverständlich wolle er an einer gutachtlichen Untersuchung mitwirken, da verschiedene Fragen noch ungeklärt seien. Schlicht falsch sei jedoch die Behauptung, weitere Gesundheitsstörungen bzw. andauernde Funktionseinschränkungen lägen nicht vor. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2005 zurückgewiesen.

Zuvor hatte der Kläger bereits am 8. November 2005 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Untätigkeitsklage (S 6 V 7138/05) erhoben., die er nach Erteilung des Widerspruchsbescheids änderte und als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage weiterführte.

Neben der Neufeststellung der Schädigungsfolgen hatte der Kläger im Jahr 2001 beim VA auch eine Kostenbeteiligung an einer Brillenversorgung geltend gemacht und diesem am 3. Dezember 2001 die Brillenverordnung des Dr. F. vom 22. Oktober 2001 vorgelegt, der zur Begründung der verordneten besonderen Gläser mit einer 60-%igen Lichtabsorption eine Opticusatrophie aufführte. Das VA leitete diese Verordnung mit dem Hinweis an die TKK weiter, auch bei schädigungsbedingt erforderlichen Brillenmehrkosten sei die Zuständigkeit der Krankenkasse gegeben, so dass geprüft werden möge, ob schädigungsbedingt ggf. höhere Gesamtkosten übernommen werden könnten. Sofern dabei Schwierigkeiten auftreten sollten, könne ein Versorgungsarzt zur Mitprüfung einbezogen werden. Mit Schreiben vom 25. April 2002 übermittelte die TKK dem VA den Kostenvoranschlag der o. GmbH vom 15. April 2002, in dem ein Krankenkassenanteil von 42,94 EUR zu den Gesamtkosten in Höhe von 211,10 EUR von ausgewiesen war und bat im Hinblick auf das Angebot des VA, einen Versorgungsarzt einzubeziehen, um Prüfung, ob ein höherer Zuschuss gewährt werden könne. In der sodann eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme ist ausgeführt, dass schädigungsbedingte Mehrkosten nicht übernommen werden könnten, da ein Zusammenhang mit der Schädigung nicht vorliege. Mit Schreiben vom 2. Juli 2002 teilte das VA der TKK dann mit, dass Mehrkosten nicht übernommen werden könnten, worauf die TKK mit Bescheid vom 4. Juli 2002 gegenüber dem Kläger ausführte, der Zuschuss für die benötigte Sehhilfe betrage 42,94 EUR und schädigungsbedingt könnten Mehrkosten nicht übernommen werden. Dagegen erhob der Kläger gegenüber der TKK Widerspruch. Gegenüber dem VA machte der Kläger nunmehr geltend, das VA könne die Entscheidung hinsichtlich der Übernahme von Mehrkosten nicht an die TKK übertragen. Diese hätte den "Auftrag" an das VA zurückgeben müssen. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2003 wies das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid der TKK vom 4. Juli 2002 zurück.

Zuvor hatte der Kläger bereits am 18. Juni 2002 beim SG gegen die TKK Untätigkeitsklage (S 6 KR 2839/02) erhoben. Nach Erlass des Widerspruchsbescheids änderte der Kläger seine Klage bezüglich des Klagegegners mit Zustimmung der betroffenen Beteiligten, worauf das Land Baden-Württemberg als Beklagter in das Verfahren eintrat. Das Verfahren wurde nunmehr unter dem Aktenzeichen S 6 VS 2839/02 weitergeführt.

Ausgangspunkt des weiteren Streitgegenstandes des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid des zwischenzeitlich für die Versorgungsangelegenheit des Klägers zuständig gewordenen Landratsamts B. (LRA) vom 20. Juni 2005, der aufgrund der 13. Verordnung zur Anpassung des Bemessungsbetrages nach dem Bundesversorgungsgesetz (13. KOV-Anpassungsverordnung 2005 - 13. KOV-AnpV 2005) erging. Damit stellte das LRA die Versorgungsbezüge des Klägers ab 1. Juli 2005 wie folgt fest:

Beschädigtengrundrente 411,00 EUR. Vom Einkommen abhängige Versorgungsbezüge: Berufsschadensausgleich 1.138,00 EUR Versorgungsbezüge gesamt 1.549,00 EUR.

Weiter führte es aus, der Berechnung der einkommensabhängigen Leistungen seien folgende Einkünfte zugrunde gelegt worden:

Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung 1.423,03 EUR Sonstige Zuwendungen 199,13 EUR.

Diesem Bescheid waren als Anlagen eine Berechnung des Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 6 BVG (sog. Nettoberechnung) sowie eine Berechnung nach § 30 Abs. 3 BVG (sog. Bruttoberechnung) beigefügt, jeweils mit dem Datum des 10. Juni 2005. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er sich gegen das in den Anlagen aufgeführte Datum wandte sowie gegen die Berechnung des Berufsschadensausgleichs. Bei der Ermittlung des derzeitigen Nettoeinkommens seien zu Unrecht "sonstige Bruttoeinkommen" berücksichtigt worden, obwohl bei einer Nettoberechnung von Netto-Einkünften auszugehen sei. Daher könne seine Betriebsrente bei der Nettoberechnung des Berufsschadensausgleichs auch nicht als "sonstiges Bruttoeinkommen" angerechnet werden. Das LRA teilte dem Kläger daraufhin mit, dass in dem übersandten Ausdruck der Brutto-/Nettoberechnung des Berufschadensausgleichs ein Fehler enthalten sei, da versehentlich die Daten des Vorjahres aufgeführt seien. Der im Bescheid ausgewiesene Betrag an Berufsschadensausgleich sei allerdings zutreffend, wie den beigefügten, nunmehr korrekten Berechnungen für die Zeit ab 1. Juli 2005 entnommen werden könne. Im Hinblick auf die Nettoberechnung, die der Kläger bereits anlässlich des Bescheids vom 7. Juni 2004 angegriffen hatte, verwies das LRA auf den zwischenzeitlich erlassenen Widerspruchsbescheid vom 31. August 2004, in dem die Berechnungsmodalitäten erläutert worden waren. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2005 wurde auch der Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Juni 2005 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, wie aus den übersandten korrigierten Berechnungen zu entnehmen sei, sei bei der Nettoberechnung nicht die volle Betriebsrente in Höhe von 199,13 EUR berücksichtigt, sondern nur ein geminderter Betrag von 167,47 EUR. Die Bezeichnung der Betriebsrente als "sonstiges übriges Bruttoeinkommen" richte sich nach § 30 Abs.8 Ziff. 4 BVG, wonach die Betriebsrente pauschal gemindert werde. Weiter wurde Bezug genommen auf die Begründung im Widerspruchsbescheid vom 31. August 2004.

Hiergegen erhob der Kläger am 8. November 2005 beim SG Klage, die in das bereits anhängige Verfahren S 6 VS 2839/02 einbezogen und unter diesem Aktenzeichen bearbeitet wurde. Zu diesem Verfahren S 6 VS 2839/02 wurde mit Beschluss des SG vom 27. Juni 2006 das Verfahren S 6 VS 7138/05 (betr. Neufeststellung der Schädigungsfolgen) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden, ferner auch das Verfahren S 6 VS 4640/06. Unter diesem Aktenzeichen wurde die vom Kläger am 27. Dezember 2005 erhobene Klage gegen den Bescheid vom 30. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. November 2005 geführt, die durch die Klageänderung in dem Verfahren S 6 VS 7138/05 (Übergang von der Untätigkeitsklage zur Anfechtings-/Verpflichtungsklage) unzulässig geworden war.

Der Kläger wiederholte im Klageverfahren im Wesentlichen sein Vorbringen in den jeweiligen Widerspruchsverfahren. Der Beklagte trat den Klagen unter Vorlage seiner Verwaltungsakten entgegen. Die angefochtenen Entscheidungen seien nicht zu beanstanden. Mit Urteil vom 27. Juni 2006 wies das SG die Klagen ab. Hinsichtlich des Neufeststellungsantrags führte es aus, eine weitere Wehrdienstbeschädigungsfolge sei nicht festzustellen. Auch sei zweifelhaft, ob die angestrebte zusätzliche Anerkennung eine Erhöhung der Beschädigtenversorgung zur Folge hätte, da durch den geltend gemachten Umkehrfluss weitere Funktionseinschränkungen nicht wahrscheinlich seien. Weitere Leistungsansprüche gegen den Beklagten bestünden im Hinblick auf die Sehhilfe nicht, da sich dessen Leistungspflicht auf die von der TKK mitgeteilte Festbetragsregelung beschränke. Soweit der Kläger Berufschadensausgleich in der zuvor gewährten Höhe von 1.148,00 EUR (vgl. Bescheid vom 7. Juni 2004) begehrte, verwies das SG auf die Darlegungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2005, die nicht zu beanstanden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des dem Kläger am 21. Juli 2006 zugestellten Urteils verwiesen.

Dagegen hat der Kläger am 16. August 2006 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Hinsichtlich der Spezialbrille macht der Kläger geltend, das VA bzw. das LRA habe bisher nichts getan, obwohl es zuständig sei. Er wolle daher "zumindest Auslagenerstattung für das jahrelange Hin und Her". Bezüglich der Berechnung des Berufsschadensausgleichs, konkret der sog. Nettoberechnung sei unverständlich, weshalb vom Nettobetrag abgewichen und auf einen nicht definierten Bruttoteilbetrag übergegangen werde. Viele Jahre habe gegolten, dass von dem errechneten Nettogesamtbetrag (50% des Bruttovergleichseinkommens) die gesetzliche Nettorente und die Nettobetriebsrente abgezogen wurde. Da jeder Nichtbezieher von Betriebsrente 50% des Bruttovergleichseinkommens erhalte, werde von ihm ein höherer Betrag angerechnet, wodurch er dafür bestraft werde, dass er dem Kostenträger viel Geld erspare. Zu Unrecht sei im Übrigen der Umkehrfluss in der Halsschlagader rechts, der durch Duplexsonografie bestätigt sei, nicht berücksichtigt und neu bewertet worden. Diese Gesundheitsstörung sei durch einen geeigneten Gutachter zu bewerten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 30. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. November 2005 zu verurteilen, ihm seine Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 70 allein aus medizinischen Gründen zu gewähren, ferner unter Abänderung des Bescheids vom 20. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2005 zu verurteilen, ihm unter Zugrundelegung des Nettobetrags seiner Betriebsrente im Rahmen der Nettoberechnung höheren Berufsschadensausgleich zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Der Senat hat das Gutachten des Prof. Dr. A., Neurologie/Psychologie, Fachkliniken für physikalische Medizin und medizinische Rehabilitation, vom 29. Oktober 2007 mit Ergänzung vom 25. Februar 2008 erhoben. Dieser führte aus, mit dem im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung der Hirngefäße erhobenen Befund sei lediglich der Verschluss der Arteria carotis communis mit einem rückwärts gerichteten Fluss in der rechten Arteria carotis interna und daraus gespeisten Fluss der rechten Arteria carotis externa beschrieben worden. Hierbei handele es sich weder um eine eigene neue, noch um eine geänderte Schädigungsfolge, sondern lediglich um die direkte Folge des 1965 erfolgten Gefäßeingriffs. Diese Strömungsänderung bestehe bereits seit der seinerzeit durchgeführten Operation. Ein Befund von Krankheitswert sei damit nicht verbunden, da direkt nach der Operation keinerlei neurologische Defizite aufgetreten seien. Auch gegenwärtig bestünden keine pathologischen Hirnleistungsstörungen, wie das erstattete neuropsychologische Zusatzgutachten aufgezeigt habe.

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte im Wege eines Teilanerkenntnisses folgende zusätzliche Wehrdienstbeschädigungsfolgen anerkannt: Verschluss der rechten Arteria carotis comunis, Umkehrfluss rechte Arteria carotis interna mit konsekutiver Speisung der rechten Arteria carotis externa. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Über die Anerkennung weiterer Folgen der vom Kläger erlittenen Wehrdienstbeschädigung und über die Höhe des Zuschusses zu einer Sehhilfe hatte der Senat nicht mehr zu entscheiden, weil sich der Rechtsstreit insoweit durch das angenommene Teilanerkenntnis (§ 101 Abs. 2 SGG) bzw. Rücknahme (§ 102 SGG) erledigt hat.

Die Klagen wegen der Höhe der MdE und des Berufsschadensausgleiches hat das SG zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid vom 30. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. November 2005, und der Bescheid vom 20. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Oktober 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte ist weder verpflichtet, höhere Beschädigtenversorgung unter Berücksichtigung der jetzt anerkannten weiteren Schädigungsfolgen zu gewähren, noch höheren Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung des Nettobetrags der Betriebsrente bei der Nettoberechnung zu gewähren.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger geltend gemachte Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass dieses Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Ob eine wesentliche Änderung vorliegt, ist durch einen Vergleich der für die letzte bindend gewordene Feststellung maßgebenden Verhältnisse mit denjenigen zu ermitteln, die bei der Prüfung der Neufeststellung vorliegen.

Danach war vorliegend zu prüfen, ob beim Kläger in dem Zustand der Schädigungsfolgen, wie sie bei Erlass des Bescheids vom 24. Januar 1985 vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, sei es, dass sich anerkannte Schädigungsfolgen verschlimmert haben, sei es, dass neue Schädigungsfolgen hinzugetreten sind.

Bei dieser Prüfung ist der Senat auf der Grundlage des im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens des Prof. Dr. A. zu der Überzeugung gelangt, dass in den Schädigungsfolgen, wie sie bei Erlass des Bescheids vom 24. Januar 1985 vorgelegen haben, keine Änderung eingetreten ist. Die vom Kläger geltend gemachte Strömungsumkehr, die anlässlich einer im Jahr 2000 durchgeführten Ultraschalluntersuchung der Hirngefäße objektiviert wurde, stellt keine Verschlimmerung der bereits anerkannten Schädigungsfolge "Narbe an der rechten Halsseite nach Unterbindung eines Astes der rechten Halsschlagader" dar. Für den Senat schlüssig und nachvollziehbar hat Prof. Dr. A. dargelegt, dass mit der im Jahre 2000 durchgeführten Ultraschalluntersuchung lediglich der Verschluss der Arteria carotis communis mit einem rückwärts gerichteten Fluss in der rechten Arteria carotis interna und daraus gespeisten Fluss der rechten Arteria carotis externa beschrieben wurde. Diese Strömungsumkehr ist lediglich diskrete Folge und Ausdruck der im Jahr 1965 durchgeführten Gefäßoperation, bei der eine Unterbindung der Arteria carotis communis durchgeführt worden war. Damit besteht diese Strömungsänderung aber bereits seit dem Jahr 1965 und stellt keine geänderte oder gar neue Schädigungsfolge dar. Durch den zufällig erhobenen Befund anlässlich einer Voruntersuchung zur Durchführung einer gefäßchirurgischen operativen Behandlung hat sich an der gesundheitlichen Situation des Klägers daher nichts geändert. Da schon seinerzeit direkt nach der Operation keine neurologischen Defizite aufgetreten waren, hat Prof. Dr. A. sogar in Zweifel gezogen, ob es sich insoweit überhaupt um einen Befund von Krankheitswert handelt. Jedenfalls resultierten aus diesem Befund weder zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung im Januar 1985 Funktionsbeeinträchtigungen, noch zu einem späteren Zeitpunkt. Auch die von Prof. Dr. A. im Rahmen der gutachtlichen Untersuchung durchgeführte neuropsychologische Zusatzuntersuchung hat keine pathologischen Hirnleistungsstörungen aufgezeigt. Entsprechend stellen sich die jetzt objektivierten Strömungsverhältnisse im Bereich der rechten Halsschlagader auch nicht als Verschlimmerung der Schädigungsfolgen dar, die eine höhere Beschädigtenversorgung nach sich ziehen könnte. Der Beklagte hat das entsprechende Begehren des Klägers daher zu Recht abgelehnt, weshalb auch nicht zu beanstanden ist, dass das SG die Klage insoweit abgewiesen hat.

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, die Regelung des § 30 Abs. 13 BVG solle in seinem Falle nicht angewandt werden, stattdessen sei ihm Rente nach einem GdS von 70 allein aus medizinischen Gründen zu gewähren, konnte die Berufung nicht zum Erfolg führen. Zum einen kann sich die Verwaltung und auch das Gericht nicht über die Anwendung zwingender Rechtsvorschriften hinwegsetzen. Zum anderen lässt sich ein "medizinischer" GdS gem. § 30 Abs. 1 BVG wie oben dargelegt lediglich in Höhe von 60 begründen.

Schließlich ist das SG auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte den Berufsschadensausgleich unter Anwendung der sog. Nettoberechnung rechtsfehlerfrei ermittelt hat.

Rechtsgrundlage für den dem Kläger seit 1981 zustehenden Berufsschadensausgleich ist § 30 Abs. 3 BVG. Danach erhalten rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 v.H. des auf volle Deutsche Mark nach oben abgerundeten Einkommensverlustes (Abs. 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der dem Kläger zu gewährende Berufsschadensausgleich, weil für ihn günstiger, nach Absatz 6, also nach der sog. Nettoberechnung zu ermitteln ist.

Nach § 30 Abs. 6 BVG ist Berufsschadensausgleich der Nettobetrag (Abs. 7) des nach Absatz 5 letzter Satz bekannt gemachten Vergleichseinkommens abzüglich des Nettoeinkommens (Abs. 8) aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit sowie der Ausgleichsrente und des Ehegattenzuschlags. Zur Berechnung des Berufsschadensausgleichs ist demnach von dem Nettobetrag des Vergleichseinkommens, der nach Absatz 7 berechnet wird, das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit etc. in Abzug zu bringen, welches nach Absatz 8 berechnet wird. Dieses Nettoeinkommen wird nach Absatz 8 der Regelung aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit ermittelt, und zwar pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen nach Maßgabe der nachfolgend aufgeführten Regelungen in den Ziffern 1 bis 4. Dabei enthält Ziffer 1 eine Regelung zum Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit, Ziffer 2 eine solche zu Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Ziffer 3 eine solche zu sonstigen Geldleistungen von Leistungsträgern im Sinne des § 12 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I). Ziffer 4 schließlich regelt für die pauschale Berechnung des Nettoeinkommens aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen das "übrige Bruttoeinkommen".

Da sich die vorliegend in Rede stehende Betriebsrente nicht als Leistung im Sinne der Ziffern 1 bis 3 darstellt, ist Ziffer 4 der Regelung, die die "übrigen Bruttoeinkommen" betrifft, maßgeblich. Danach wird dieses "übrige Bruttoeinkommen", vorliegend also die Betriebsrente des Klägers, um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 v.H. des 562,00 EUR übersteigenden Betrages gemindert. Bei den in Nummer 2 genannten Sätzen handelt es sich zum einen um den Vomhundertsatz, der für die Bemessung des Beitrags zur sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches [SGB XI]) gilt sowie zum anderen den Vomhundertsatz, den das Bundesministerium für Gesundheit und Soziales jeweils zum 1. Januar als durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz der Krankenkassen (§ 245 Abs. 1 Satz 1 SGB V) feststellt. In dem hier maßgeblichen Jahr 2005 betrugen die bezeichneten Vomhundertsätze 1,7 bzw. 14,2. Die vom Kläger gewünschte individuelle Berücksichtigung des für ihn maßgeblichen Beitragssatzes der TKK ist deshalb im Hinblick auf die dargelegte pauschalierende Regelung nicht möglich.

Danach war die Betriebsrente des Klägers in Höhe von 199,13 EUR um insgesamt 15,9 v.H. zu mindern, mithin um 31,66 EUR, wodurch sich ein im Rahmen der Nettoberechnung zugrunde zu legender Betrag in Höhe von 167,47 EUR errechnet. Damit ist auch die Berechnung des derzeitigen Nettoeinkommens durch den Beklagten nicht zu beanstanden.

Soweit der Kläger geltend macht, bei der Berechnung des Nettoeinkommens seien auch Nettobeträge zugrunde zu legen, verkennt er, dass das Nettoeinkommen nicht individuell entsprechend dem jeweils bezogenen Nettobetrag Berücksichtigung findet, sondern vielmehr pauschal, und zwar ausgehend von Bruttoeinkünften, ermittelt wird. Wenn auch der verwendete Begriff "derzeitiges Nettoeinkommen" suggerieren mag, dass ein Nettobetrag der Betriebsrente maßgeblich ist, so zeigt die dargelegte Vorschrift des § 30 Abs. 8 BVG gleichwohl, dass der Gesetzgeber den in Rede stehenden Begriff in einem anderen Sinn verstanden wissen wollte.

Da der Kläger mit seinem Begehren auch insoweit nicht durchdringen konnte, war die Berufung mit dem zuletzt aufrecht erhaltenen Antrag zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
Saved