L 6 SB 6138/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SB 954/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 6138/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. November 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte den Grad der Behinderung (GdB) beim Kläger zu Recht von 90 auf 40 anstatt lediglich auf zumindest 50 herabgesetzt hat und ob der GdB wegen einer im Dezember 2004 eingetretenen Verschlimmerung wiederum auf 80 zu erhöhen ist.

Bei dem 1954 geborenen Kläger war am 14. Oktober 1998 nach Durchführung einer Thyreoidektomie mit regionärer Lymphadenektomie ein papilläres Schilddrüsenkarzinom links diagnostiziert und mittels Radiojodtherapie vom 18. bis 23. November 1998 im Rahmen einer stationären Aufnahme im K.hospital S. behandelt worden (vgl. Arztbriefe des K.hospitals S. vom 23. November und 4. Dezember 1998 sowie 31. März 1999 und des D.krankenhauses S. vom 16. November 1998). Auf seinen Antrag setzte das frühere Versorgungsamt H. (VA) beim Kläger den GdB für die Behinderungen "Schilddrüsenerkrankung (in Heilungsbewährung), Hauterkrankung" mit Bescheid vom 12. Juli 1999 mit 90 seit 14. Oktober 1998 fest. Grundlage dieser Entscheidung war die versorgungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin Dr. B. vom 24. Juni 1999, der die Schilddrüsenerkrankung mit einem Teil-GdB von 80 und ein ausgedehntes Naevus flammeus (Lokalisation: Gesicht links, Schulter-Nacken-Region links, Gesäß links, Rückseite rechter Oberschenkel) mit einem Teil-GdB von 30 bewertet hatte.

Im November 2003 veranlasste das VA eine Nachprüfung der gesundheitlichen Verhältnisse beim Kläger. Es holte den Befundbericht des Internisten und Kardiologen Dr. K. vom 16. November 2003 ein, der ausführte, die letzte Radio-Jod-Therapie habe im März 1999 stattgefunden und die letzte Kontrolluntersuchung im August 2003; es bestehe Rezidivfreiheit. Auswirkungen auf den Allgemeinzustand bestünden bis auf eine verständliche Sorge wegen möglicher Rezidive nicht. Verbliebene Begleiterscheinungen bestünden nicht. Als Funktionsbeeinträchtigung verbleibe auf Dauer das Fehlen von Schilddrüsenhormonen, was die Einnahme von Euthyrox erforderlich mache. Die Beklagte hole die versorgungsärztliche Stellungnahme der Vertragsärztin S. vom 9. Dezember 2003 ein, die den Verlust der Schilddrüse nunmehr mit einem Teil-GdB von 20 bewertete und unter Berücksichtigung der Hauterkrankung (Teil-GdB 30) den Gesamt-GdB mit 40 beurteilte. Gestützt hierauf hörte das VA den Kläger zu der beabsichtigten Herabsetzung des GdB wegen Ablaufs der fünfjährigen Heilungsbewährung an. Hiergegen wandte der Kläger mit Schreiben vom 17. Dezember 2003 ein, die Heilungsbewährung laufe erst nach Ablauf von fünf Jahren nach der letzten Radio-Jod-Behandlung, also Mitte 2004 ab. Im Übrigen seien Haut- und Schleimhautveränderungen als Folge der Bestrahlung im Kindesalter sowie eine Schädigung der Geschmacksnerven im Mund- und Zungenbereich als Folge der Radio-Jod-Behandlung unberücksichtigt geblieben. Nicht ausreichend bewertet seien die physischen und psychischen Belastungen in Bezug auf das Naevus flammeus. Auch die als Folge eines schweren Autounfalls mit Schädelbruch häufig auftretenden heftigen Kopfschmerzattacken seien ebenso wie das Glaukom des linken Auges, das ständig überwacht und behandelt werde, nicht berücksichtigt worden. Das VA holte im Hinblick auf die Sehbehinderung des Klägers den Befundbericht des Dipl.-Med. G. (Eingang 28. Januar 2004) sowie bezüglich des Tumorleidens den Befundbericht des Dr. G. vom 23. Januar 2004 ein. Letzterer bestätigte die Rezidivfreiheit sowie einen seit einem Jahr zunehmenden Verlust der Zungengeschmacksempfindung, eine typische Migräne ca. einmal wöchentlich, eine Geräuschempfindlichkeit sowie einen Erschöpfungszustand. Das Vorliegen einer Depression verneinte er. Die sodann nochmals hinzugezogene Vertragsärztin S. bewertete die Hauterkrankung wiederum mit einem Teil-GdB von 30 und den Verlust der Schilddrüse mit einem Teil-GdB von 20. Die Sehbehinderung, die psychovegetativen Störungen sowie die Migräne rechtfertigten demgegenüber keinen Teil-GdB von zumindest 10 (Stellungnahme vom 16. Februar 2004). Mit Bescheid vom 3. März 2004 hob das VA den Bescheid vom 12. Juli 1999 wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse gemäß § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) auf und setzte den GdB ab 6. März 2004 wegen Ablaufs der Heilungsbewährung noch mit 40 fest. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, seine Einwendungen im Rahmen der Anhörung seien nicht berücksichtigt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner am 29. März 2004 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage, mit der er geltend machte, es sei weiterhin ein GdB von zumindest 50 festzustellen. Der Beklagte habe zu Unrecht die bei ihm bestehende Migräne nicht bewertet, obwohl Dr. G. wöchentlich einmal auftretende Migräneanfälle beschrieben habe und für eine echte Migräne nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) ein Einzel-GdB von 20 bis 40 vorgesehen sei. Auch das bei ihm bestehende endogene Ekzem an beiden Unterschenkeln, für das unter Anwendung der AHP die Berücksichtigung eines Einzel-GdB von 20 gerechtfertigt sei, sei zu Unrecht nicht bewertet worden. Zu gering bemessen sei auch der GdB für den Verlust der Schilddrüse, da durch die erforderliche Medikation ein ausgeprägtes Erschöpfungssyndrom sowie ein zunehmender Verlust der Zungengeschmacksempfindung aufgetreten sei und er unter andauernden Infektionen der oberen Atemwege leide. Dies rechtfertige einen höheren GdB als 20. Insgesamt sei der GdB daher zumindest mit 50 zu bemessen. Zudem sei eine im Oktober 2004 diagnostizierte Gerinnungsstörung und hereditäre Thrombofilie sowie ferner ein Short-Barett-Oesophagus bei axialer Hiatushernie zu berücksichtigen. Hierzu legte er den Befundbericht des Laborarztes Dr. Dr. A. vom 6. Oktober 2004 sowie das an ihn, den Kläger gerichtete Schreiben des Dr. G., Leitender Oberarzt im Krankenhaus V./E. vom 22. November 2004 vor. Als Folge der Beinthrombose links träten regelmäßig Schwellungen im Knöchelbereich auf. Am 20. Dezember 2004 sei darüber hinaus ein Basalzellkarzinom entfernt worden, wodurch ein Einzel-GdB von 50 gerechtfertigt sei. Ab 20. Dezember 2004 sei der Gesamt-GdB daher zumindest mit 80 festzustellen. Nicht zu verwerten sei das vom SG erhobene Gutachten des Internisten Dr. S., der fachfremd sowohl die Hauterkrankung beurteilt habe, die in das dermatologische Fachgebiet falle, als auch die Refluxösophagitis bzw. Hiatushernie, die dem HNO-ärztlichen Bereich zuzuordnen sei. Auf seine Migräneanfälle sei er gar nicht eingegangen, obwohl diese aktenkundig seien. Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage seiner Verwaltungsakten und unter Aufrecherhaltung seines bisherigen Standpunktes entgegen. Er legte die versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. F. vom 31. Januar 2005 und des Dr. Wolf vom 21. Juli 2005 vor. Das SG hörte Dr. K. unter dem 8. Juli 2004, die Dipl.-Med. G. unter dem 18. Juli 2004, Dr. G. unter dem 16. Juli 2004, die Dermatologin Dr. M. unter dem 16. Juli 2004, Dr. Dr. A. unter dem 29. März 2005 sowie Dr. G. unter dem 31. März 2005 schriftlich als sachverständige Zeugen. Darüber hinaus erhob es das internistische Gutachten des Dr. S. vom 21. Januar 2006, der die Hauterkrankung mit einem Teil-GdB von 30 und sowohl den Verlust der Schilddrüse als auch die Refluxesösophagitis bzw. Hiatushernie mit einem Teil-GdB von 20 bewertete. Den Gesamt-GdB schätzte er mit 40 ein. Mit Gerichtsbescheid vom 15. November 2006 wies das SG die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Beklagte habe den GdB nach Eintritt der Heilungsbewährung hinsichtlich der Schilddrüsenerkrankung zu Recht lediglich noch mit 40 bewertet. Angesichts der guten Behandelbarkeit dieser Erkrankung durch die Gabe von Schilddrüsenhormonen lägen insoweit keine anhaltenden Beeinträchtigungen vor, sodass der zugrunde gelegte Wert von 20 nicht zu niedrig sei. Auch die Hauterkrankung sei zutreffend bewertet worden. Die hinzugekommene Hiatushernie rechtfertige einen Teil-GdB von 20, während die weiter geltend gemachten Gesundheitsstörungen (Gerinnungsstörung, Zustand nach Beinvenenthrombose, Zustand nach Entfernung eines Basalzellkarzinoms linke Augenbraue, Kopfschmerzen, Sehbehinderung) nicht die Festsetzung eines GdB rechtfertigten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des den Bevollmächtigten des Klägers am 22. November 2006 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheids verwiesen.

Mit seiner am 8. Dezember 2006 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren auf Festsetzung des GdB ab 6. März 2004 mit zumindest 50 sowie dessen Anhebung auf 80 ab 20. Dezember 2004 weiter. Er ist der Auffassung, das SG habe vor dem Hintergrund der zugrunde gelegten Einzel-GdB-Werte von 30 für die Hauterkrankung sowie jeweils 20 für das Schilddrüsenkarzinom und die Hiatushernie den Gesamt-GdB zu gering bewertet. Denn diese Funktionsbeeinträchtigungen stünden selbstständig nebeneinander und beträfen ganz verschiedene Funktionssysteme, ohne dass eine Überschneidung vorliege. Zu Unrecht sei im Übrigen für die Gerinnungsstörung, das Basalzellkarzinom, das Kopfschmerzsyndrom sowie für die Beinvenenthrombose kein GdB-Wert festgesetzt worden. Wenn auch Dr. S. anlässlich seiner Untersuchung keine Ödembildung habe objektivieren können, so komme es im Bereich der Beine gleichwohl immer wieder zu erheblichen Beschwerden durch Schwellungszustände. Die tatsächlich vorhandene Migräne sei vom SG zu Unrecht nur als gelegentliche Kopfschmerzen gewürdigt worden. Im Rahmen des Verfahrens sei auch über die im Dezember 2004 eingetretene Verschlimmerung zu entscheiden, deretwegen die Anhebung des GdB auf 80 gerechtfertigt sei. Es liege keine isolierte Anfechtungsklage vor. Er habe seine Klage mit einem Feststellungsantrag verbunden, so dass für die Beurteilung die Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen sei. Die geltend gemachte Erhöhung des GdB auf 80 ab Dezember 2004 stelle gemäß § 99 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) keine Klageänderung dar. Die Erweiterung der Klage sei zulässig. Ungeachtet dessen, sei aber jedenfalls sein Schreiben vom 17. Dezember 2003 als Verschlimmerungsantrag zu werten, über den das VA mit Bescheid vom 3. März 2004 entschieden habe. Diese Entscheidung könne aber mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage angegriffen werden ... Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. November 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 3. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. März 2004 zu verurteilen, den GdB ab 6. März 2004 zumindest mit 50 festzustellen und ab 20. Dezember 2004 mit 80.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig, da der GdB zu Recht auf 40 herabgesetzt worden sei. Das weitere Begehren des Klägers, den GdB ab 20. Dezember 2004 mit 80 festzustellen sei unzulässig, da insoweit eine Verwaltungsentscheidung nicht vorliege.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Soweit der Kläger sich mit seiner Klage gegen die Herabsetzung des GdB von 90 auf 40 gewandt hat, ist richtige Klageart die (isolierte) Anfechtungsklage. Denn seinem Begehren, den GdB ab 6. März 2004 bei zumindest 50 zu belassen, wird bereits dadurch Rechnung getragen, dass der angefochtene Bescheid vom 3. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. März 2004 teilweise aufgehoben wird, nämlich insoweit, als der GdB um mehr als auf den Wert von 50 herabgesetzt wurde. Ein entsprechendes Urteil würde die weitergehende Wirkung des angefochtenen Bescheids beseitigen, so dass kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für eine weitergehende Klage besteht, weder für eine Verpflichtungsklage noch für eine Feststellungsklage. Entsprechend ist auch das vom Kläger mit der Anfechtungsklage verbundene weitere Begehren auf Feststellung eines GdB von zumindest 50 mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig

Soweit der Kläger im Verfahren vor dem SG seine Klage mit Schriftsatz vom 10. April 2005 erweitert und ab 20. Dezember 2004 die Feststellung des GdB mit 80 beantragt hat, hat sich das SG nicht ausdrücklich geäußert. Insoweit war die Klage allerdings unzulässig. Denn die Prozessvoraussetzungen für die gerichtliche Geltendmachung dieses Begehrens liegen nicht vor. Richtige Klageart für die Feststellung des GdB ab 20. Dezember 2004 ist die Verpflichtungsklage und nicht wie der Kläger meint, die Feststellungsklage. Denn Statusfeststellungen wie die Feststellungen nach dem Schwerbehindertenrecht (vgl. § 69 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs [SGB IX]) sind allein im Wege der Verpflichtungsklage geltend zu machen (Meyer-Ladewig/K./Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, § 55 Rdn. 13c m. N.). Eine entsprechende Klage ist allerdings nur dann zulässig, wenn der Erlass eines Verwaltungsakts bei der zuständigen Behörde beantragt wurde und diese durch einen ablehnenden Verwaltungsakt über das entsprechende Begehren entschieden hat. Dies ergibt sich aus § 54 Abs. 4 SGG. Betrifft der (tatsächlich vorliegende!) Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann danach mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden. Die Vorschrift ist auch anwendbar, wenn es wie hier um einen statusbegründenden Verwaltungsakt geht (Meyer-Ladewig/K., aaO, Rdz. 20 a zu § 54 m. N.). Der vom Kläger im Berufungsverfahren gestellte Antrag, den Beklagten zu verurteilen, den GdB ab 20. Dezember 2004 mit zumindest 80 festzustellen, scheitert jedoch am Fehlen eines entsprechenden Verwaltungsakts. Entgegen der vom Kläger im Berufungsverfahren vertretenen Ansicht können seine Einwendungen, die er im Schreiben vom 17. Dezember 2003 gegen das Anhörungsschreiben vom 10. Dezember 2003 vorgebracht hat, nicht als Antrag auf Erhöhung des GdB über den bisher festgestellten Grad von 90 hinaus verstanden werden. Dies ergibt sich schon aus dem Einleitungssatz, er sei mit der "Reduzierung der Einstufung auf 40 %" nicht einverstanden. Folglich beinhaltete der angefochtene Bescheid vom 3. März 2004 auch nicht die Ablehnung einer Erhöhung des GdB. Die entsprechende Verpflichtungsklage war mithin unzulässig. Damit war aber auch die Klageerweiterung unzulässig, denn auch die geänderte Klage hat die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen zu erfüllen.

Die gerichtliche Überprüfung war daher auf die Beurteilung der Frage beschränkt, ob der Beklagte den GdB beim Kläger ab 6. März 2004 zu Recht von bisher 90 auf nunmehr 40 und nicht auf den höheren Wert von zumindest 50 herabgesetzt hat. Insoweit hat das SG die Klage jedoch zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid des Beklagten vom 3. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. März 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die nach Eintritt der Heilungsbewährung in Bezug auf die Tumorerkrankung allein noch nach den verbliebenen Funktionsbeeinträchtigungen zu bewertenden Behinderungen rechtfertigen ab März 2004 keinen höheren GdB als 40.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen für diese Neufeststellung sowie für die Bemessung des GdB im Einzelnen dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Hauterkrankung des Klägers zum Herabsetzungszeitpunkt im März 2004 mit einem Teil-GdB von 30 und die Funktionsstörung der Schilddrüse mit einem Teil-GdB von 20 angemessen bewertet sind. Insoweit ist es zutreffend davon ausgegangen, dass sich das Naevus flammeus ausschließlich kosmetisch auswirkt, und daher nach dem Grad der Entstellung zu bewerten ist. Denn mit dieser Hauterkrankung sind unmittelbar keine Begleiterscheinungen, wie bspw. Jucken, Nässen oder Brennen, verbunden. Berücksichtigt man, dass nach den AHP, die nunmehr in der Ausgabe des Jahres 2008 anzuwenden sind, bei auch dem Krankheitsbild der sog. Rosazea mit stärkerer Ausprägung und entstellender Wirkung lediglich ein Bewertungsrahmen von 20 bis 30 eröffnet ist, erachtet auch der Senat die Hauterkrankung beim Kläger mit 30 nicht zu gering bewertet. Hinsichtlich der Schilddrüsenerkrankung hat das SG zutreffend darauf hingewiesen, dass anhaltende Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind, da nach Ablauf der Heilungsbewährung die verbliebene Funktionsstörung mit der Gabe von Schilddrüsenhormonen gut behandelbar ist. Vor diesem Hintergrund rechtfertigen auch die verbliebenen Beeinträchtigungen der Geschmacksnerven im Mund- und Zungenbereich keinen Teil-GdB von mehr als 20. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung.

Auch im Berufungsverfahren hat der Kläger keine Gesichtspunkte geltend gemacht, die es gebieten würden, einerseits die Hauterkrankung und andererseits die Schilddrüsenerkrankung mit höheren Teil-GdB-Werten zu bemessen. Als weitere Behinderungen können in die Bewertung auch nicht das Basalzellkarzinom an der linken Augenbraue und die Beinvenenthrombose einbezogen werden. Denn diese Gesundheitsstörungen sind erst nach dem hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt März 2004 aufgetreten und können daher erst im Zusammenhang mit dem Neufeststellungsantrag des Klägers einer Bewertung unterzogen werden. Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf die von Dr. S. im Rahmen seines Gutachtens beschriebene Refluxösophagitis und die Hiatushernie, die er mit einem GdB von 20 bewertet hat. Denn ebenso wie die oben bereits genannten Erkrankungen wurden auch diese Gesundheitsstörung erstmals nach dem Herabsetzungszeitpunkt dokumentiert, sodass für den Zeitpunkt der Bescheiderteilung am 3. März 2004 die hieraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen noch keine Berücksichtigung bei der Bemessung des Gesamt-GdB finden können. Die Gerinnungsstörung, die anlagebedingt ist, und damit zwar bereits im März 2004 vorgelegen hat, bedingt demgegenüber keinen GdB von wenigstens 10, da von ihr unmittelbar keine messbaren Funktionsbeeinträchtigungen ausgehen.

Soweit der Kläger geltend gemacht hat, das SG habe die in den medizinischen Unterlagen dokumentierte Migräne zu Unrecht lediglich als gelegentlich auftretende Kopfschmerzen gewürdigt, ist darauf hinzuweisen, dass im Hinblick auf die Darlegungen des Dr. G. in seinem Befundbericht vom 23. Januar 2004 zwar die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Kläger an einer Migräne leidet, jedoch lässt sich aus dessen weiteren Darlegungen, wonach diese Migräne ca. einmal wöchentlich im Bereich von Nacken und Stirn auftrete und mit einer Licht- und Geräuschempfindlichkeit verbunden sei, unter Anwendung der AHP nicht ableiten, dass insoweit die Bewertung mit einem Teil-GdB von mehr 20 gerechtfertigt ist. Denn die AHP sehen für leichte Verlaufsformen mit Anfällen von durchschnittlich einmal monatlich einen GdB von 0 bis 10 und auch für mittelgradige Verlaufsformen mit häufigeren Anfällen, die jeweils einen oder mehrere Tage anhalten, lediglich einen GdB von 20 bis 40 vor. Mit ca. einmal wöchentlich auftretenden Anfällen ist zwar nicht mehr nur von einer leichten Verlaufsform auszugehen, jedoch rechtfertigen die beim Kläger von Dr. G. beschriebenen Auswirkungen lediglich eine Bewertung im unteren Bereich des angegebenen Rahmens, da die Anfälle weder über mehrere Tage hinweg anhalten, noch mit schwerwiegenden Begleiterscheinungen verbunden sind. Ausgehend von der Hauterkrankung mit einem Teil-GdB von 30 und der Schilddrüsenerkrankung mit einem Teil-GdB von 20 würde aber auch die Berücksichtigung einer Migräne mit einem Teil-GdB von 20 nicht die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft rechtfertigen. Denn bei der Bestimmung des Gesamt-GdB, bei dem die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander maßgebend sind (vgl. AHP Nr. 19 Abs. 1), kann zum einen nicht außer Acht gelassen werden, dass die Schilddrüsenerkrankung durch eine regelrechte Medikation des Schilddrüsenhormons vollständig kompensiert ist und hieraus unmittelbar keine Funktionsstörungen mehr abzuleiten sind. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass sowohl mit der Hauterkrankung, die in erster Linie wegen der bestehenden Entstellung die Feststellung eines GdB rechtfertigt, als auch mit der Migräne Gesundheitsstörungen in die Bewertung mit einfließen, die sich psychisch nachteilig auswirken und damit durchaus Überschneidungen vorliegen, die bei der Ermittlung des Gesamt-GdB zu bewerten sind. Auch der für die Schilddrüsenerkrankung zugrunde gelegte Teil-GdB-Wert von 20 beinhaltet noch Auswirkungen der Tumorerkrankung in Form von Erschöpfungszuständen, die sich im psychischen Bereich auswirken. Anders als der Kläger meint, liegen daher keine völlig unabhängig voneinander zu bewertende Funktionsbeeinträchtigungen vor, die es rechtfertigen könnten, für die Gesamtbeeinträchtigung einen GdB von 50 zugrunde zu legen. Der Senat vermag auch nicht davon auszugehen, dass der Kläger durch die Gesamtheit der vorliegenden Funktionseinschränkungen so beeinträchtigt ist, wie dies bei Funktionsbehinderungen der Fall ist, die nach den AHP die Festsetzung eines GdB von 50 rechtfertigen, was etwa bei dem Verlust einer Hand, eines Beines im Unterschenkel, bei einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule oder bei Einschränkungen der Lungenfunktion bereits bei leichter Belastung in Betracht kommt (vgl. AHP Nr. 19 Abs. 2). In einem derartigen Ausmaß war der Kläger nach Überzeugung des Senats zu dem hier maßgeblichen Herabsetzungszeitpunkt im März 2004 nicht beeinträchtigt.

Ob durch das Hinzutreten weiterer Erkrankungen davon zum gegenwärtigen Zeitpunkt bzw. zum Zeitpunkt der geltend gemachten Verschlimmerung im Dezember 2004 nicht mehr ausgegangen werden kann, war in den vorliegen Rechtsstreit nicht zu entscheiden. Hierüber wird der Beklagte nach Abschluss des Verfahrens zu befinden und dem Kläger im Hinblick auf den mit Schriftsatz vom 10. April 2005 sinngemäß gestellten Neufeststellungsantrag einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen haben.

Da die Berufung nach alledem keinen Erfolg haben konnte, war diese zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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