L 7 SO 1016/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 2762/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1016/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Februar 2008 (S 4 SO 2762/07) wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der am 1965 geborene Kläger begehrt die Gewährung höherer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), die Gewährung einer Beihilfe für die Anschaffung eines Fahrrades und sowie die Gewährung einer höheren Beihilfe zum Kauf einer grauen Mülltonne.

Der Kläger steht im laufenden Leistungsbezug des Beklagten. Er beantragte am 22. Januar 2007 beim Beklagten, Geld für den Kauf einer "grauen Tonne" zu bewilligen, da er keine habe. Mit Bescheid vom 12. Februar 2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger eine einmalige Beihilfe in Höhe von 29,- EUR zum Kauf einer grauen Mülltonne mit einem Fassungsvermögen von 35 Litern. Den Geldbetrag überwies der Beklagte auf das Konto des Klägers. Dagegen erhob der Kläger am 20. Februar 2007 Widerspruch, mit der Begründung, die Leistungshöhe sei unangemessen; Mülltonnen kosteten "75 Euro oder mehr".

Mit Antrag vom 8. März 2007 begehrte der Kläger vom Beklagten die Bewilligung einer einmaligen Beihilfe zum Kauf eines Fahrrads. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 5. April 2007 unter Hinweis darauf ab, ein Fahrrad als Fortbewegungs- und Transportmittel zähle zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens, deren Anschaffung mit den Regelsätzen abgegolten sei, so dass eine gesonderte Leistung hierfür nicht bewilligt werden dürfe. Ein Fahrrad als Fortbewegungs- und Transportmittel sei auch nicht als Teil der Wohnungseinrichtung anzusehen, so dass auch die Übernahme der Kosten für ein Fahrrad im Rahmen von Erstausstattung für Wohnungen nicht in Betracht komme. Dagegen erhob der Kläger am 16. April 2007 Widerspruch, unter Hinweis darauf, die Gründe dafür seien bekannt.

Mit weiterem an den Beklagten gerichteten Antrag vom 8. März 2007 begehrte der Kläger eine allgemeine Erhöhung des Sozialhilfesatzes. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 4. April 2007 ab mit der Begründung, der Kläger erhalte Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe. Diese betrage in seinem Fall 799,27 EUR. Der Regelsatz sei in der Regelsatzverordnung festgelegt und betrage derzeit 345,- EUR. Der dem Kläger zu gewährende Mehrbedarfszuschlag für kostenaufwendige Ernährung (lipidsenkende Kost) mache entsprechend der Sozialhilferichtlinien des Landes Baden-Württemberg i.V.m. § 30 SGB XII 35,79 EUR aus. Kosten für Unterkunft, Nebenkosten und Heizkosten sowie Müllgebühren seien in tatsächlicher Höhe berücksichtigt worden. Die Regelsätze seien in Rechtsverordnungen festgelegt. Dem örtlichen Sozialhilfeträger sei es nicht möglich, Regelsätze oder Mehrbedarfszuschläge aufgrund kostenaufwendiger Ernährung generell oder im Einzelfall zu erhöhen. Auch dagegen erhob der Kläger am 16. April 2007 mit der Begründung Widerspruch, die Gründe hierfür seien bekannt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2007 wies der Beklagte den die Regelsatzerhöhung betreffenden Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und ebenso mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2007 den gegen die abgelehnte Fahrradbeihilfe erhobenen Widerspruch. Schließlich wies der Beklagte den gegen die Ablehnung einer höheren Beihilfe zum Kauf einer Mülltonne gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2007 als unbegründet zurück.

Am 4. Juni 2007 hat der Kläger gegen alle drei Widerspruchsbescheide Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und dazu ausgeführt, die ihm gewährte Gesamtsozialhilfeleistung sei zu gering. Er habe die Erhöhung des Regelsatzes verlangt, auch weil der Abzug der Energiepauschale von 6,53 EUR unzulässig sei. Außerdem seien die begehrten Einzelbeihilfen für die Anschaffung eines Fahrrads und die Mehrkosten für die Anschaffung einer Mülltonne vom Beklagten zu übernehmen.

Mit Urteil vom 13. Februar 2008 hat das SG, das in das Verfahren alle vorgenannten Bescheide einbezogen hat, die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das dem Kläger im Wege der Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten am 21. Februar 2008 zugestellte Urteil verwiesen.

Am 25. Februar 2008 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht eingelegt, die damit begründet worden ist, die Gründe seien dieselben wie beim SG.

Mit Verfügung des Gerichts vom 22. April 2008 sind die Beteiligten auf die beabsichtigte Verwerfung der Berufung durch Beschluss als unzulässig hingewiesen worden. Der Kläger hat sich hierzu nicht geäußert.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Februar 2008 (S 4 SO 2762/07) aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 4. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Mai 2007, des Bescheids vom 5. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2007 und des Bescheids vom 12. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Mai 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ohne Abzug der Warmwasserpauschale von den Unterkunftskosten zu gewähren, ihm außerdem eine Beihilfe für die Anschaffung eines Fahrrades sowie eine höhere Beihilfe zum Kauf einer grauen Mülltonne zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Durch Änderungsbescheid des Beklagten vom 11. Januar 2008 wurden die dem Kläger in der Zeit von 1. Januar 2008 bis 31. Januar 2009 zustehenden Leistungen neu festgesetzt. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2008 zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Klage ist beim SG anhängig (S 4 SO 1714/08).

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

II. Die Berufung des Klägers ist unzulässig.

Nach § 158 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt worden ist. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen (Satz 2 a.a.O.); der Senat hat hiervon nach dem ihm eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht. Die Beteiligten haben im Rahmen des rechtlichen Gehörs Gelegenheit erhalten, sich zur beabsichtigten Verwerfung der Berufung durch Beschluss zu äußern; Einwendungen hiergegen sind nicht erhoben worden.

Die entsprechend § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist mangels Erreichens der Beschwerdesumme unzulässig.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis 31. März 2008 geltenden, hier maßgeblichen Fassung bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die vom Kläger am 8. März 2007 begehrte Erhöhung der Sozialhilfeleistungen bezieht sich ersichtlich - entsprechend den Ausführungen des Klägers im Verfahren L 7 SO 1015/08 - auf den im Übrigen bereits im dortigen Verfahren streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008, für welchen durch Bescheid des Landratsamts Rastatt vom 11. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. April 2007 von den monatlichen Unterkunftsleistungen jeweils 6,53 EUR - anstatt davor 6,23 EUR - für Kosten der Warmwasserbereitung abgezogen wurden; dies hat der Kläger im Rahmen der Klagebegründung durch die Bezugnahme auf die Warmwasserpauschale von 6,53 EUR auch zum Ausdruck gebracht. Eine Einbeziehung des Folgezeitraums ab 1. Februar 2008 (bis 31. Januar 2009) ist nicht veranlasst; hierfür ist unter dem 11. Januar 2008 ein neuer Bewilligungsbescheid ergangen, der vom Kläger gesondert angefochten worden ist (zur Nichteinbeziehung des Folgezeitraums, s. Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) SozR 4-4200 § 20 Nr. 1; SozR 4-4200 § 20 Nr. 3 und Urteile vom 23. November 2006 - B 11b AS 25/06 R -, 29. März 2007 - B 7b AS 4/06 R - und 31. Oktober 2007 - B 14/11b AS 59/06 R - (jeweils juris)). Aus dem somit allein beanstandeten (vollständigen) Abzug der Warmwasserpauschale von den Unterkunftskosten ergibt sich eine Beschwer von 78,36 EUR (12 Monate x 6,53 EUR). Auch wenn man die ebenfalls hier streitigen Kosten für den Kauf einer Mülltonne (nach den Angaben des Klägers 75,- EUR abzüglich einer erfolgten Bewilligung von 29,- EUR) sowie die für den Kauf eines (handelsüblichen) Fahrrads, das keinesfalls den Wert von 375,- EUR überschreitet, hinzuzählt, wird - entgegen der Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts - die Berufungssumme von 500,- EUR nicht erreicht. Der Kläger ist auf die Nichterreichung der Berufungssumme mit Verfügung vom 22. April 2008 hingewiesen worden; er hat sich aber nicht geäußert.

Die Berufung des Klägers bedurfte nach allem der Zulassung; sie ist indes im Urteil des SG vom 13. Februar 2008 nicht zugelassen worden. Daran ändert auch die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung des SG im angefochtenen Urteil nichts, weil die Zulassung der Berufung nur in der Urteilsformel, ausnahmsweise auch durch eine eindeutig ausgesprochene Zulassung in den Entscheidungsgründen erfolgen kann (ständige Rechtsprechung; vgl. BSG, Beschluss vom 2. Juni 2004 - B 7 AL 10/04 B - (juris); BSG SozR 4-1500 § 144 Nr. 2); beides ist hier nicht der Fall. Da eine Umdeutung der Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) unzulässig ist (vgl. BSG SozR 3-1500 § 158 Nr. 1), und zwar selbst dann, wenn der Rechtsmittelführer - wie hier - nicht rechtskundig vertreten ist (vgl. BSG SozR 4-1500 § 158 Nr. 1), darf der Senat über die Zulassung der Berufung hier nicht selbst entscheiden.

Sonach ist die Berufung unstatthaft; dem Senat ist deshalb im vorliegenden Verfahren eine Prüfung des klägerischen Begehrens in der Sache verwehrt. Der Senat macht deshalb nach Anhörung der Beteiligten von der Möglichkeit des § 158 SGG Gebrauch und verwirft die unzulässige Berufung durch Beschluss. Von der Möglichkeit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) hat der Kläger im Übrigen bereits Gebrauch gemacht; dieses Verfahren ist beim Senat unter dem Az. L 7 SO 2087/08 NZB anhängig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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