L 2 U 11/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 168/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 11/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2000 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab 14. Mai 1997 Verletztenteilrente nach einer MdE von 20 v.H. wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Verletztenteilrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. wegen der Folgen einer anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKVO).

Die 1959 geborene Klägerin war seit April 1980 als Krankenschwester auf der Inneren Abteilung des Krankenhauses W beschäftigt, seit 15. September 1994 als stellvertretende Stationsschwester. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund betriebsbedingter Kündigung zum 31. Dezember 1996.

Aufgrund einer Anzeige über den Eintritt einer Berufskrankheit der Betriebsärztin Dr. S vom 8. Juni 1994 ermittelte die Beklagte durch ihren Technischen Aufsichtsdienst (TAD), dass die Klägerin aufgrund des hohen Anteils an schwerstpflegebedürftigen Patienten und der örtlichen Besonderheiten wirbelsäulengefährdend im Sinne der BK 2108 gearbeitet habe. Die Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. C kam in ihrem für die Beklagte erstatteten Gutachten vom 28. Februar 1996 zu dem Ergebnis, unter Berücksichtigung der Konstitution und der Skoliose sei davon auszugehen, dass schon bei Beginn der Tätigkeit eine gewisse Vorschädigung bestanden haben müsse. Die gegenwärtig klinisch und diagnostisch gesicherte bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule sei als richtunggebende Verschlimmerung eines bestehenden Wirbelsäulenleidens anzusehen. Die MdE sei gegenwärtig wegen der geringen Funktionsstörungen mit Hypästhesien ohne motorische Ausfälle aber bestehender Gefügelockerung mit 10 v.H. einzuschätzen. Anschließend holte die Beklagte Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte, des Facharztes für Chirurgie und Neurochirurgie Prof. Dr. S vom 18. November 1997, des Arztes für Orthopädie Dr. H vom 21. November 1997 und des Facharztes für Chirurgie Dr. K vom 20. November 1997 ein. Dr. K teilte eine letztmalige Behandlung am 6. Juni 1994 mit.

Durch Bescheid vom 8. Dezember 1997 erkannte die Beklagte als Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 Bandscheibenvorfälle in Höhe von L4/5 und L5/S1 mit geringen Funktionsstörungen mit Hypästhesien ohne motorische Ausfäl le aber bestehender Gefügelockerung an.

Als Folgen der Berufskrankheit würden nicht anerkannt:
linksseitiges Radikulärsyndrom in Höhe L5/S1 bei Spondylosteochondrose und Spondylarthrose von L4 bis S1. Anlagebedingte und schicksalsmäßig verlaufende Veränderungen der Wirbelsäule in Form von Stellungsanomalie, ossäre Veränderungen am gesamten Wirbelsäulenorgan.

Ein Rentenanspruch bestehe nicht, weil die Erwerbsfähigkeit nicht in rentenberechtigendem Grade gemindert sei.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, es bestehe eine höhere MdE, weil keine Vorschädigung der Wirbelsäule zu berücksichtigen sei.

In einem Rentengutachten vom 15. August 1998 kamen Prof. Dr. P und Dr. M zu dem Ergebnis, es liege eine MdE von 10 v.H. vor. Bei der Untersuchung am 5. Juli 1998 seien keine Zeichen einer radikulären Symptomatik wie etwa typische Reflex- oder Sensibilitätsabschwächungen gefunden worden.

Durch Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es bestehe eine MdE von 10 v.H. Maßgeblich seien allein die durch die Erkrankung hervorgerufenen funktionellen Beeinträchtigungen.

Das dagegen angerufene Sozialgericht hat ein orthopädisches Sachverständigengutachten von Dr. E eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 5. Januar 2000 ausgeführt, die Untersuchung habe als Folge der anerkannten Berufskrankheit ein Lendenwirbelsäulensyndrom im Sinne von rezidivierenden Lumbalgien und Lumboischialgien auf dem Boden eines computertomographisch nachgewiesenen Bandscheibenvorfalls L4/5 rechtsbetont mit neurologischen Komplikationen sowie einen deutlichen Bandscheibenschaden mit geringer Bandscheibenvorwölbung L5/S1 objektiviert. Bei leichter Fehlstatik der Wirbelsäule sei im Bereich der Brustwirbelsäule bis Lendenwirbelsäule eine gering über die Altersnorm hinausgehende schmerzhafte Funktionsminderung festgestellt worden, wobei die Lendenwirbelsäule funktionell blockiert gewesen sei. Es seien aktuell Nervenwurzelreizerscheinungen nachgewiesen. Das Nervenwurzeldehnungszeichen nach Lasègue sei rechts bei 45° positiv, links negativ. Bei der Prüfung der Motorik sei eine mäßige Schwäche der Fuß- und Zehenheber festgestellt worden. Entgegen der Auffassung von Prof. Dr. P liege ein radikuläres Zeichen vor. Bei dessen Untersuchung sei auch versäumt worden, die beschriebene Fuß- und Zehenheberschwäche diagnostisch weiter zu verfolgen. Das aktuell angefertigte EMG weise eindeutig eine mäßig deutliche, nicht frische Läsion radikulärer Genese L4/5 rechts aus. Aufgrund dieser Befunde sei zum aktuellen Zeitpunkt die MdE mit 20 v.H. einzuschätzen. Seit dem 14. September 1994 sei die MdE mit 10 v.H. als korrekt anzusehen, erst im chirurgischen Befundbericht von Dr. K werde eine Minderung der groben Kraft beschrieben. Entsprechend dieser Befundangabe sei davon auszugehen, dass eine Fuß- und Zehenheberschwäche seit November 1997 bestanden habe und somit ab diesem Zeitpunkt eine MdE von 20 v.H. anzunehmen sei.

In einer Stellungnahme vom 15. Juli 2000 hat Prof. Dr. P dagegen eingewandt, ein einfacher Kreuzschmerz beim Lasègue Manöver sei kein positiver Indikator für eine radikuläre Symptomatik, sondern nur dann, wenn er als projezierter Schmerz im Dermatom auftrete. Aus der diskreten Verminderung der groben Kraft des Fußhebers ergebe sich keine MdE von mehr als 10 v.H.

Durch Urteil vom 20. Oktober 2000 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide geändert und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin ab 14. Januar 1997 eine Verletztenteilrente nach einer MdE von 20 v.H. wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO zu gewähren. Die Kammer folge dem Gutachten von Dr. E. Dieser habe darauf hingewiesen, dass bereits eine Beeinträchtigung der nervösen Strukturen im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie des rechten Beines vorliege. Damit sei eine MdE von 20 v.H. weniger durch Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule charakterisiert, sondern durch wiederkehrende, zum Teil erhebliche Schmerzzustände im Bereich der Lendenwirbelsäule. Demgegenüber seien die Ausführungen von Prof. Dr. P in den entscheidenden Punkten nicht überzeugend. So stelle auch Prof. Dr. P eine Verminderung der groben Kraft des Fußhebers rechts fest, schließe hieraus jedoch nicht auf eine radikuläre Symptomatik. Auch würden keine Sensibilitätsabschwächungen als typisches Zeichen einer radikulären Symptomatik festgestellt, obwohl diese durchgängig in dem übrigen Aktenmaterial beschrieben worden seien. Im Gegensatz zu Dr. E liege eine rentenberechtigende MdE seit Mitte Januar 1997 vor. Abzustellen sei auf die Bewilligung eines TENS-Geräts durch den Krankenversicherungsträger vom 13. Januar 1997. Dies objektiviere eine Verschlimmerung der bei der Klägerin bestehenden bandscheibenbedingten Nervenwurzelreizsymptomatik. Das Abstellen auf den am 20. November 1997 erstellten Befundbericht des Chirurgen Dr. K sei nicht überzeugend, da diesem Attest zu entnehmen sei, dass die Fuß- und Zehenheberschwäche bereits im April 1994 vorgelegen habe. Zu diesem Zeitpunkt hätten aber die Lendenwirbelsäulenbeschwerden lediglich zu relativ kurzzeitigen Arbeitsunfähigkeitszeiten geführt.

Mit ihrer Berufung vom 17. Januar 2001 gegen das ihr am 19. Dezember 2000 zugestellte Urteil macht die Beklagte geltend, das Sozialgericht habe sich mit der Frage, ob ein Vorschaden bestehe, nicht auseinandergesetzt. Das erstmalige Auftreten von Rückenschmerzen im Alter von 20 Jahren erfordere eine Abgrenzung nach anlagebedingtem und beruflich verursachtem Schaden. Nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit 1994 sei eine Stabilisierung des Krankheitsbildes zu erwarten gewesen; eine Beschwerdezunahme 1 1/2 Jahre nach der Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit spreche gegen eine berufliche Verursachung. Eine MdE von 20 v.H. sei nur bei Bestehen von starken Funktionseinschränkungen gegeben, die Dr. E nicht habe feststellen können. Die Bewertung einer MdE aufgrund von Schmerzzuständen könne nur nach einer neurologisch-psychiatrischen Begutachtung vorgenommen werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat den Chefarzt der Neurochirurgischen Klinik des Klinikums B, Prof. Dr. K zum medizinischen Sachverständigen ernannt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 15. Januar 2002 ausgeführt, die klinisch-neurologische Untersuchung habe im Bereich der Lendenwirbelsäule einen deutlichen Klopf- und Druckschmerz und einen reduzierten Finger-Boden-Abstand auf 30 cm erbracht. Ein motorisches Defizit lasse sich bei deutlicher Schmerzüberlagerung nicht herausarbeiten, es bestehe jedoch eine Hypästhesie im Dermatom L5 rechts. Wenn die Beklagte ausführe, dass das Sozialgericht sich nicht mit der Frage des Vorschadens auseinandergesetzt habe und eine Stabilisierung des Krankheitsbildes zu erwarten gewesen wäre, gehe diese Argumentation aus fachneurochirurgisch gutachterlicher Sicht an der Sache vorbei. Vielmehr komme der morphologischen Veränderung der Bandscheibe für sich allein kein Krankheitswert zu. So sei erklärlich, dass trotz der bereits im Mai 1994 nachgewiesenen Bandscheibenvorfälle keine wesentliche Klinik hierzu korreliert habe und dass sich der große Bandscheibenvorfall LWK 4/5 rechts erst 1997 manifestiert habe und die Patientin zu diesem Zeitpunkt klinisch schwer erkrankt sei. Es werde eine MdE von 20 v.H. verursacht. Von dem Gutachten von Dr. E weiche er nur in unwesentlichen Punkten ab. Bei deutlicher Schmerzüberlagerung habe er entgegen den Vorbefunden keine deutliche Fußheberschwäche feststellen können. Wenngleich Dr. E diese Parese als begründend für die Erreichung einer MdE von 20 v.H. heranziehe, denke er, dass mit einer Maximalbewertung von 20 (nach den Anhaltspunkten) in der Synopsis der Befunde das schwere, chronifizierte Lendenwirbelsäulenleiden der Klägerin hinreichend gewürdigt werde.

Auf eine beratungsärztliche Stellungnahme von Prof. Dr. S vom 25. Juni 2002, die die angegebenen Daten zum Teil nicht für plausibel hielt und kritisierte, dass keine Funktionseinschränkungen benannt würden, hat sich Prof. Dr. K in einer Stellungnahme vom 22. Oktober 2002 ergänzend geäußert. Die von ihm beschriebenen Befunde stellten eine starke Funktionseinschränkung der LWS dar, die nach Schönberger, Mehrtens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage 1998, S. 540 mit einer MdE von 20 zu bewerten sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des SG - S 69 U 168/99 -) und die Verwaltungsakten der Beklagten (3 Bände zu ) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgemäß eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch überwiegend nicht begründet. Das Sozialgericht hat sie zu Recht verurteilt, der Klägerin wegen der anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO eine Verletztenteilrente nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren.

Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch ist § 56 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII, der gemäß § 214 Abs. 3 SGB VII Anwendung findet, da die Rente erstmals nach dem In-Kraft-Treten des SGB VII festzusetzen ist.

Wegen der gesundheitlichen Folgen eines Arbeitsunfalls bzw. einer Berufskrankheit wird gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Verletztenrente gewährt, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge des Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist.

Die Bemessung des Grades der MdE richtet sich bei Berufskrankheiten einerseits nach der Schwere des noch vorhandenen akuten Krankheitszustandes und andererseits nach dem Umfang der dem Erkrankten verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen Fähigkeiten des an einer Berufskrankheit Erkrankten durch die Folgen der Berufskrankheit beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Außerdem sind die bei der Bewertung der MdE von der Rechtsprechung und im versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind, aber Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden und einem ständigen Wandel unterliegen (vgl. BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sie auf wissenschaftlicher Grundlage von Fachgremien ausschließlich aufgrund der zusammengefassten Sachkunde und Erfahrung ihrer sachverständigen Mitglieder erstellt worden sind. Allgemeine Wertungen zur MdE bei Berufskrankheiten sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8) nur dann als Richtwerte im Sinne allgemeiner Erfahrungssätze anzusehen, wenn darin die Folgen einer Berufskrankheit für die Erwerbsfähigkeit so weitgehend abgeklärt sind, dass eine Beurteilung durch medizinische Sachverständige im Einzelfall hinsichtlich der Anwendung dieser Richtwerte, der Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls sowie der Prüfung, ob wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, dass diese „Richtwerte“ einer erneuten Überprüfung bedürfen, ausreichen. Zur Berufskrankheit Nr. 2108 liegen nach der Auffassung des Bundessozialgerichts jedoch noch nicht Erfahrungswerte vor, welche wie die vorgenannten Empfehlungen die Voraussetzungen für allgemeine Erfahrungssätze erfüllen.

Unter Berücksichtigung des Gesamtergebnisses der Beweisaufnahme ist jedoch im Einzelfall festzustellen, dass die berufsbedingte MdE 20 v.H. beträgt. Zu dieser Einschätzung kommen die vom Gericht gehörten Sachverständigen, die jeweils über große Erfahrungen im Bereich der Einschätzung einer MdE verfügen, übereinstimmend. Dr. E stellt in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Minderung der groben Kraft in Verbindung mit der Fuß- und Zehenheberschwäche ab. Prof. Dr. K kommt, auch wenn er die Fußheberschwäche nicht feststellen konnte, auf der Grundlage der Zusammenschau der Befunde zu demselben Ergebnis, indem er von einem schweren chronifizierten Lendenwirbelsäulenleiden der Klägerin ausgeht. Hierzu hat er in seiner ergänzenden Stellungnahme nochmals darauf hingewiesen, dass es sich um eine klopf- und druckdolente Lendenwirbelsäule mit reduziertem Finger-Boden-Abstand, einem rechtsseitigen positiven Nervendehnungszeichen nach Lasègue und einer Hypästhesie L5 handele. Dieses Krankheitsbild schätzt er auf der Grundlage seiner neurochirurgischen Erfahrungen als starke Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule ein, die auch nach dem unfallversicherungsmedizinischen Schrifttum mit einer MdE von 20 v.H. zu bewerten ist.

Die von der Beklagten dagegen erhobenen Einwände überzeugen demgegenüber nicht. In ihrer Stellungnahme vom 15. Juli 2000 legen Prof. Dr. P und Dr. M lediglich dar, wie sie zur Einschätzung einer MdE von 10 v.H. gelangt sind, setzen sich aber nicht mit dem Einwand auseinander, die beschriebene Fuß- und Zehenheberschwäche hätte weiter diagnostisch verfolgt werden müssen. Dieser Aspekt ist für die Einschätzung der MdE insofern von Bedeutung, als das von Dr. Eangeforderte EMG eine mäßig deutliche, nicht frische Läsion radikulärer Genese zu Tage gebracht hat. Die von Prof. Dr. S gegenüber dem Gutachten von Prof. Dr. K erhobene Einwendung, eine Hypästhesie im Dermatom L5 sei nicht ausreichend für die Annahme einer MdE von 20 v.H. ist von dem Sachverständigen dadurch entkräftet worden, dass er in der druckdolenten Wirbelsäule mit reduziertem Finger-Boden-Abstand gerade eine Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule festgestellt hatte, die im Zusammenwirken mit einem positiven Nervendehnungszeichen und einer Hypästhesie als starke Funktionseinschränkung zu bewerten ist.

Die Berufung hat jedoch Erfolg, soweit die Beklagte sich gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Verletztenteilrente für die Zeit vom 14. Januar 1997 bis zum 14. Mai 1997 wendet. Das Sozialgericht hat eine MdE von 20 v.H. für die Zeit ab Verordnung eines TENS-Gerätes durch die Krankenversicherung angenommen. Dem kann unter Berücksichtigung des Gutachtens von Prof. Dr. K nicht gefolgt werden. Vielmehr ist dem Gutachten von Prof. Dr. K zum Zeitpunkt, ab dem eine MdE von 20 v.H. vorgelegen hat, zu entnehmen, dass insoweit das MRT vom 15. Mai 1997 von ihm für maßgeblich gehalten wird. Durch dieses wird der die Funktionsbeeinträchtigung bewirkende Massenprolaps festgestellt.

Dr. E, der von einem Beginn der MdE von 20 v.H. ab November 1997 ausgegangen ist, kann nicht gefolgt werden. Soweit Dr. E auf den chirurgischen Befundbericht vom November 1997 Bezug nimmt und sich aus seiner Blattangabe ergibt, dass der Befundbericht von Dr. K gemeint ist, hat der Sachverständige übersehen, dass die Klägerin zuletzt im Juni 1994 bei Dr. K in Behandlung war. Aus der dort beschriebenen Fußheberschwäche allein kann jedoch kein Rentenbeginn am 14. Februar 1997 - nur darüber ist im Rahmen der Berufung zu befinden - hergeleitet werden. Zum einen hat Dr. E in seinem Gutachten vom 5. Januar 2000 ausgeführt, dass er keine Zeichen einer längerandauernden starken Minderbelastbarkeit der rechten Extremität, wie sie bei einer seit acht Jahren bestehenden Symptomatik zu erwarten gewesen wäre, gefunden hat. Zum anderen hat Frau Dr. C in ihrer Untersuchung vom 19. Februar 1996 die von Dr. E für wesentlich gehaltene Fußheberschwäche nicht feststellen können, vielmehr einen Finger-Boden-Abstand von 10 cm gemessen. Den Finger-Boden-Abstand hält andererseits Prof. Dr. K für ein maßgebliches Kennzeichen für die Bewertung der Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule. Da Prof. Dr. K darauf verweist, vom Gutachten von Dr. E nur in unwesentlichen Punkten abzuweichen, andererseits auf die Manifestation des Bandscheibenvorfalls im Jahre 1997 abstellt, ist als Beginn der Funktionseinschränkung, die eine MdE von 20 v.H. bedingt, wegen fehlender anderer Anhaltspunkte auf das Datum der MRT-Untersuchung vom 14. Mai 1997 als am ehesten geeignet abzustellen.

Die Kostenentscheidung nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) berücksichtigt den Umfang des Obsiegens und Unterliegens.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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