L 9 R 5982/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 292/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5982/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Umstritten ist die Gewährung von Versichertenrente.

Die 1951 im ehemaligen Jugoslawien geborene Klägerin, die seit Mai 1969 in Deutschland lebt, hat nach ihren Angaben in Bosnien nach der Schule eine Berufsschule für Gastronomie besucht und war in Deutschland - unterbrochen durch Zeiten der Schwangerschaft bzw. des Mutterschutzes und der Kindererziehung - von Mai 1969 bis 1973 als Serviererin und von 1973 bis 1980 als Metallarbeiterin beschäftigt. Von 1980 bis Januar 1996 arbeitete sie - unterbrochen durch Sozialleistungsbezug wegen Krankheit - als Näherin in Akkord. Seitdem war sie nicht mehr berufstätig und bezog Leistungen wegen Arbeitslosigkeit bzw. Sozialleistungen.

Die Klägerin, deren Eltern etwa 1985/1986 Suizid begangen haben, leidet im wesentlichen unter einem Diabetes mellitus, Wirbelsäulen (WS)-Beschwerden, einer somatoformen Schmerzstörung und einer psychischen Erkrankung mit depressiven Episoden.

Den Rentenantrag der Klägerin vom November 2000 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01. August 2001 und Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2001 ab, da die Klägerin weder erwerbs- noch berufsunfähig im Sinne des zum 31. Dezember 2000 geltenden Rentenrechts und auch nicht erwerbsgemindert im Sinne der seit 01. Januar 2001 geltenden Bestimmungen sei.

Dem lagen im wesentlichen ein nervenärztliches Gutachten des Dr. B. vom 23. Juli 2001 (Diagnosen: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Dysthymia bei anamnestischen Hinweisen für rezidivierende depressive Störungen; leichte Tätigkeiten, z.B. als Kontrolleurin oder auch Legerin in der Textilindustrie und sonstige leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien vollschichtig zumutbar) und ein Gutachten der Internistin und Sozialmedizinerin Dr. Messerschmidt vom 30. Juli 2001 (Diagnosen mit wesentlicher Bedeutung für das Leistungsvermögen: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, degenerative WS-Veränderungen, insulinbehandelter Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Dysthymia mit anamnestischen Hinweisen für wiederkehrende depressive Störungen, chronische Reizerscheinungen des Muskel-Sehnenmantels der rechten Schulter mit endgradiger Bewegungseinschränkung; leichte Arbeiten ohne Nachtschicht, besonderen Zeitdruck und überwiegend einseitige Körperhaltung sowie ohne überwiegendes Knien bzw. Hocken seien vollschichtig möglich bzw. für die Zeit ab Januar 2001 mindestens sechs Stunden und länger möglich) sowie - nach Beiziehung von dem Hausarzt Dr. Arleth vorliegenden Berichten - des Dr. Reich vom 06. November 2001 (es bleibe bei den bisherigen Leistungsbeurteilungen) zu Grunde.

Wegen des am 11. Januar 2002 abgesandten Widerspruchsbescheids hat die Klägerin am 01. Februar 2002 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, sie könne wegen eines Fibromyalgiesyndroms mit Schmerzen im ganzen Körper sowie Beschwerden an den Händen, einer somatoformen Schmerzstörung und einer psychischen Erkrankung einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen.

Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. hat am 24. Juni 2002 über die erhobenen Befunde berichtet und mitgeteilt, er habe die Klägerin seit Juni 2001 einmal, nämlich am 26. Februar 2002, gesehen. Der Allgemeinmediziner Dr. A. hat am 04. Juli 2002 über die erhobenen Befunde berichtet und den Schwerpunkt der Leiden auf psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet gesehen. Die Klägerin könne einer vollschichtigen Tätigkeit nicht nachgehen und müsste die Möglichkeit haben, eine intensivierte Insulintherapie mit vier Injektionen pro Tag nach vorausgehender Blutzuckerbestimmung durchzuführen.

Das SG hat sodann ein Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. H. vom 27. November 2002 eingeholt. Er hat mit Hinweis auf Diskrepanzen zwischen den anamnestischen Angaben und teilweise auch den demonstrierten Befunden gegenüber der Untersuchung funktionelle WS-Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) und der Lendenwirbelsäule (LWS) mit Gefühlsstörungen in den Unterarmen und Händen, ebenso in den Beinen und Füßen, ohne sichere organische Grundlage, funktionelle Knieschmerzen beidseits mit anamnestisch angegebener Instabilität ohne sicheres organisches Korrelat und funktionelle Schulter-Arm-Schmerzen ohne sicheres organisches Korrelat diagnostiziert. Zu diskutieren sei die Symptomatik als Folge einer Fibromyalgie oder einer somatoformen Schmerzstörung, wobei er eher zu einer somatoformen Schmerzstörung, also einer primär psychologisch-psychiatrischen Erkrankung neige. Die Klägerin könne noch acht Stunden täglich fünf Tage in der Woche zumindest leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, mit Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg, gelegentlich auch bis 10 kg, ohne Akkord- und Fließbandarbeiten sowie ohne Arbeiten in anhaltenden Zwangshaltungen der WS und der Kniegelenke, in geschlossenen, klimatisch nicht belastenden Räumen vollschichtig verrichten.

Nach Beiziehung weiterer Berichte des Dr. M. hat das SG sodann ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten des Dr. N. vom 10. September 2003 eingeholt. Dieser ist zum Ergebnis gelangt, es bestünden ein depressiver Verstimmungszustand mit psychosomatischer Symptombildung, wobei die depressive Störung leichtgradig sei, cervikale Wurzelreizbeschwerden, die auf kernspintomographisch nachweisbare degenerative Veränderungen, unter anderem einen Bandscheibenvorfall HWK 6/7, zurückzuführen seien, sowie eine leichte Polyneuropathie ohne Relevanz. Es liege eine gewisse Reduktion des Leistungsvermögens insgesamt sowie eine herabgesetzte Belastbarkeit der WS vor. Leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über fünf kg seien weiterhin vollschichtig möglich, Überkopfarbeiten sollten vermieden werden, ebenso Arbeiten unter Zeitdruck sowie Schicht- oder Nachtarbeit.

Nach Eingang eines Berichtes über eine stationäre Heilbehandlung vom 29. Januar bis 26. Februar 2004 des PD Dr. G.-Z. vom 09. März 2004 (Diagnosen: Knöcherne Stenose des Spinalkanals im Lumbalbereich, cervikaler Bandscheiben (BS)-Schaden mit Radikulopathie; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Stehen und Gehen und Sitzen, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne tiefes Bücken, ohne vornübergebeugte Tätigkeiten, ohne extreme Oberkörperrotationsbewegungen und ohne Überkopftätigkeiten seien vollschichtig möglich), Eingang eines Berichtes über eine stationäre Behandlung vom 05. bis 10. März 2005 des Dr. Neher vom 12. April 2005 (u. a. Verdacht auf leichten linkshirnigen Schlaganfall mit brachiofazialer Hemihypästhesie und Facialismundastschwäche rechts, insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit diabetischer Polyneuropathie, leichte Arteriosklerose, rezidivierende depressive Störung, mittelgradige Episode, somatoforme Schmerzstörung bei chronischem WS-Schmerzsyndrom, chronischer Kopfschmerz und Migräne, Penizillinallergie (anamnestisch), Hämangiom der Leber) und Vorlage von Berichten u. a. des Dr. S., Chefarzt der Abteilung Psychiatrie des Vinzenz von Paul Hospitals, vom 05. April 2005 (stationäre Behandlung vom 25. Januar bis 5. März 2005) sowie des Dr. M. vom 03. Mai 2005 hat die Beklagte eine Stellungnahme des Dr. Stark vom 19. Mai 2005 (leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen weiter vollschichtig möglich) vorgelegt.

Das SG hat sodann Dr. M. erneut schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört, der am 6. Juni 2005 über monatliche bis zweimonatliche Behandlungen berichtet hat und die erhobenen Befunde mitgeteilt hat. Eine gewinnbringende Tätigkeit sei auch unter leichtesten Bedingungen nicht vorstellbar. Allein schon wegen der ausgedehnten stationären Behandlungszeiträume innerhalb der letzten zwei Jahre, der Polymorbidität sowie einer sehr schweren endogen bedingten Störung bei Suizid der Eltern und mehreren Suizidversuchen der Klägerin selbst. Außerdem hat das SG einen Bericht der Dr. B., Zollernalbklinikum, vom 11. April 2005 (stationäre Behandlung vom 09. bis 23. September 2004; hypoglykämiesches Koma bei Diabetes mellitus, Verdacht auf Grand-Mal-Anfall, anamnestisch Allergie auf Penicillin, Suizidversuch in der Vergangenheit) beigezogen.

Danach hat das SG ein weiteres nervenärztliches Gutachten des Dr. S. vom 28. Dezember 2005 eingeholt. Er hat eine Zuckerkrankheit, einen Bluthochdruck, eine Stress-Inkontinenz, eine leichte Polyneuropathie, eine Somatisierungsstörung und eine chronische, ins depressive gehende Grundstimmung im Sinne einer Dysthymia als Restzustand nach verSch.enen leichten bzw. mittelgradigen depressiven Episoden festgestellt. Unter Berücksichtigung dessen sollten der Klägerin ein Klettern auf Leitern und Gerüsten, ein Gehen auf unebenem Boden, besonders in der Dämmerung, und Tätigkeiten im Akkord sowie Heben von Lasten über 5 kg nicht zugemutet werden und Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung eher unterbleiben. Unter Mitberücksichtigung der von Dr. H. angeführten qualitativen Einschränkungen sei die Klägerin in der Lage, 7,5 bis 8 Stunden täglich an 5 Tagen in der Woche einer regelmäßigen Tätigkeit nachzugehen, wofür sie auch die notwendige Energie und Konzentrationsfähigkeit habe. Er stimme hinsichtlich der Diagnostik, der Leistungsbeurteilung und der Feststellung eines Aggravationsverhaltens mit Dr. B., Dr. N. und Dr. H. überein. Soweit Dr. M. von einer schweren Depression ausgehe, stehe dies im Gegensatz zur Selbsteinschätzung der Klägerin und decke sich dies auch nicht mit dem Ergebnis seiner Untersuchung. Eine Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter drei Stunden täglich sei nicht nachvollziehbar. Das von Dr. M. zu Grunde gelegte schwergradige Störungsbild habe sich nicht als anhaltend erwiesen. Es bestehe eher eine leichte psychische Grundstörung, die aggravatorisch ausgestaltet werde, mit gelegentlichen vorübergehenden Verschlechterungsphasen, die aber behandelbar seien.

Während Dr. S. in der Stellungnahme vom 13. März 2006 für die Beklagte der Beurteilung zustimmte, traten ihr die die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. M. und Dr. A. entgegen.

Nach Einholung einer Auskunft des Dr. Sch. vom 10. April 2006, wonach am 05. März 2005 (Zeitpunkt der Entlassung aus stationärer Behandlung) aus psychiatrischer Sicht eine leichte Erwerbsarbeit von vier bis sechs Stunden täglich vorstellbar gewesen sei, hat Dr. S. in einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 21. April 2006 an seiner Einschätzung festgehalten; ebenso hat Dr. S. in einer weiteren vorgelegten Stellungnahme vom 27. Juni 2006 an seiner Stellungnahme und Einschätzung festgehalten.

Mit Urteil vom 18. Oktober 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. - ab 01. Januar 2001 - für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da die Klägerin leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig bzw. ab 01. Januar 2001 jedenfalls wenigstens sechs Stunden täglich verrichten könne und auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorlägen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe verwiesen.

Gegen das am 06. November 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30. November 2006 Berufung eingelegt. Wie durch die Aussagen der Dres. A. und M. belegt, sei sie als polymorbide Patientin mit schwerer chronifizierter Depression und somatischem Syndrom sowie suizidaler Gefährdung und bei fehlender Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit in rentenberechtigendem Ausmaß in ihrer Leistungsfähigkeit gemindert.

Die Klägerin beantragt, zum Teil sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2001 zu verurteilen, ihr ab 01. November 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hilfsweise Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört, der am 19. März 2007 über die von ihm erhobenen Befunde und durchgeführten Behandlungsmaßnahmen berichtet hat.

Außerdem hat der Senat ein nervenärztliches Gutachten des Dr. H. vom 17. Juli 2007 eingeholt. Er ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, die Klägerin leide unter degenerativen Veränderungen der WS ohne Nachweis neurologischer Ausfallerscheinungen, einer leichten sensiblen diabetischen Polyneuropathie, einer vaskulären Encephalopathie ohne darauf beziehbare relevante neurologische Ausfallerscheinungen sowie auf psychiatrischem Gebiet unter einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer leichten depressiven Episode, ohne dass Kriterien einer mittelschweren oder gar schweren depressiven Erkrankung feststellbar seien. Hinweise auf eine Demenz oder ein hirnorganisches Psychosyndrom ergäben sich nicht und bei der Untersuchung hätten sich auch keine Störungen der Auffassung, der Konzentration, des Durchhaltevermögens, der Merkfähigkeit oder des Gedächtnisses gezeigt. Die Klägerin sei im freien Gebrauch ihrer körperlichen und seelischen Kräfte leichtgradig gehindert. Die Beschwerdeschilderung sei teilweise etwas demonstrativ gewesen, eine Aggravation oder Simulation habe sich aber nicht gefunden. Unter Berücksichtigung der Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet kämen noch leichte körperliche Tätigkeiten in Betracht, wobei auf Grund der degenerativen Veränderungen der WS schwere Lasten über 10 kg nicht getragen werden und gleichförmige Körperhaltungen sowie Überkopfarbeiten vermieden werden sollten. Günstig seien Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen. Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken oder häufiges Treppensteigen sowie Arbeiten in Kälte, unter Kälteeinfluß oder im Freien sollten nicht erfolgen. Eine Überforderung durch Akkord-Wechselschicht- oder Nachtarbeit sowie Arbeiten unter besonderem Zeitdruck sollten vermieden werden, ebenso besondere Ansprüche an Auffassung und Konzentration sowie eine erhöhte Verantwortung und eine besonders hohe geistige Beanspruchung. Unter Berücksichtigung dessen könne die Klägerin ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkes 8 Stunden täglich bzw. 40 Stunden wöchentlich arbeiten. Besondere Arbeitsbedingungen wie betriebsunübliche Pausen oder besonders gestaltetes Arbeitsgerät seien nicht erforderlich und die Klägerin sei auch noch in der Lage, sich auf Anforderungen einzustellen, die mit der Aufnahme jeder neuen Tätigkeit verbunden seien. Sie könne vier Mal täglich eine Wegstrecke von 500 Metern in höchstens 15 bis 20 Minuten zurücklegen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Von gewissen Fluktuationen abgesehen sei im Laufe des Rentenverfahrens keine wesentliche Änderung des Zustands eingetreten. Entgegen Dr. M. sei nun keine schwergradig depressive Symptomatik festzustellen. Das von diesem konstatierte untervollschichtige Leistungsvermögen lasse sich auf dem Boden der erhobenen Befunde nicht nachvollziehen. Mit Dr. S. bestehe hinsichtlich der Einschätzung des Leistungsvermögens Übereinstimmung.

Die Klägerin hat noch eine Äußerung des Dr. M. vom 25. Januar 2008 vorgelegt, der sich auf seine früheren Äußerungen bezieht.

Die Klägerin wurde darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zu entscheiden, was nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) möglich sei, wenn der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, sich hierzu zu äußern.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Bestimmungen des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), noch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach dem ab 01. Januar 2001 geltenden Bestimmungen des SGB VI.

Soweit der Eintritt eines Leistungsfalls vor dem 01. Januar 2001 und die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit strittig ist, ist gemäß § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI das SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (SGB VI a.F.) heranzuziehen, soweit ein Leistungsfall nach dem 31. Dezember 2000 und die Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung geltend gemacht wird, ist das SGB VI in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung (SGB VI n.F.) maßgeblich. Ein Anspruch auf Rente besteht nach keiner der maßgeblichen Regelungen.

Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatten vor dem 01. Januar 2001 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Versicherte, die die allgemeine Wartezeit erfüllten, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalles drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen konnten und darüber hinaus erwerbsunfähig waren (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F.).

Erwerbsunfähig waren nach § 44 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB VI a.F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630 DM überstieg. Erwerbsunfähig war dagegen nicht, wer eine selbstständige Tätigkeit ausübte oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F.)

Nach § 43 SGB VI n.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 n.F. sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI n.F. sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nicht erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI n.F., der unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Auch diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn die Klägerin ist in der Zeit seit 01. Januar 2001 zur Überzeugung des Senats nicht außerstande, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Dass das Leistungsvermögen der Klägerin bis 31. Dezember 2000 nicht auf unter vollschichtig und seitdem auch nicht auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich herabgesunken ist, ergibt sich für den Senat schlüssig und überzeugend aus den Gutachten des Dr. B. und des Dr. M. die im Wege des Urkundenbeweises verwertbar waren, sowie den vom SG eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. H., des Dr. N. und des Dr. S., welche insofern auch durch das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. H. bestätigt worden sind.

Die Klägerin leidet im wesentlichen unter einem Diabetes mellitus mit leichter diabetischer Polyneuropathie, degenerativen Veränderungen der WS mit kernspintomographisch nachgewiesenem BSV im Bereich HWK 6/7 und einer vaskulären Encephalopathie sowie auf psychiatrischem Fachgebiet unter einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer depressiven Erkrankung von wechselnder Intensität, die allerdings dauerhaft die Kriterien einer mittelschweren oder gar schweren depressiven Erkrankung nicht erfüllt. Dies ergibt sich für den Senat schlüssig und überzeugend aus dem Sachverständigengutachten des Dr. H., wie auch den bereits vom SG eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. N. und des Dr. S. sowie dem von der Beklagten eingeholten nervenärztlichen Gutachten des Dr. B ... Bei den vielfachen Untersuchungen durch Gutachter und Sachverständige wurde keine dauerhafte mittel- oder gar schwergradige depressive Erkrankung festgestellt, wie sie der behandelnde Nervenarzt Dr. M. sieht. Nachdem sich die Sachverständigen in Kenntnis und unter Berücksichtigung der von Dr. M. mitgeteilten Befunde dessen Einschätzung einer schwergradigen depressiven Erkrankung nicht anschließen konnten, kann auch der Senat keine Erkrankung des Ausmaßes feststellen, wie es Dr. M. geschildert hat. Neue Befunde hat er im übrigen auch nicht mehr mitgeteilt, insbesondere nicht in der von der Klägerin vorgelegten Äußerung vom 25. Januar 2008, mit welcher er lediglich auf seine früheren Darstellungen verweist. Angesichts dessen vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass weitere Erkrankungen vorliegen oder auch eine schwerergradige psychiatrische Erkrankung, als sie von den Sachverständigen beschrieben wurde.

Unter Berücksichtigung dessen ist das Leistungsvermögen der Klägerin zwar qualitativ eingeschränkt, nicht jedoch in quantitativer Hinsicht. Es ist nicht feststellbar, dass die Klägerin - bei Beachtung qualitativer Einschränkungen - leichte Tätigkeiten vor dem 01. Januar 2001 nicht mehr vollschichtig verrichten konnte und seither entsprechende Tätigkeiten nicht wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich ausführen kann. Soweit die behandelnden Ärzte Dr. M. und Dr. A. wiederholt die Auffassung geäußert haben, die Klägerin sei in ihrem quantitativen Leistungsvermögen erheblich gemindert, wurde diese Einschätzung von keinem der gehörten Gutachter und Sachverständigen geteilt. Eine überzeugende Begründung für die Annahme einer rentenrechtlich erheblichen quantitativen Leistungsminderung vermag der Senat den Ausführungen von Dr. M. und Dr. A. nicht zu entnehmen. Dem gegenüber ergibt sich aus den weitgehend übereinstimmenden Ausführungen der gehörten Sachverständigen schlüssig und nachvollziehbar das in den jeweiligen Gutachten niedergelegte positive und negative Leistungsbild. Danach kann die Klägerin zumindest noch leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Zwangshaltungen der WS oder der Kniegelenke, in geschlossenen, klimatisch nicht belasteten Räumen ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken, mit häufigem Treppensteigen und ohne Überforderung durch Akkord-, Wechselschicht- oder Nachtarbeit und ohne Arbeiten unter besonderem Zeitdruck sowie mit besonderen Ansprüchen auf Auffassung und Konzentration und mit erhöhter Verantwortung und besonderer hoher geistiger Beanspruchung noch acht Stunden bzw. 40 Stunden in der Woche (bzw. ab 1. Januar 2001 jedenfalls sechs Stunden je Arbeitstag) verrichten. Die Klägerin ist auch in der Lage - so Dr. H. - sich auf Anforderungen einzustellen, die mit der Aufnahme jeder neuen Tätigkeit verbunden sind. Besondere Arbeitsbedingungen wie betriebsunübliche Pausen sind nicht erforderlich. Soweit Dr. A. angegeben hat, die Klägerin müsse vier Mal täglich Blutzuckermessungen durchführen und Insulin verabreichen, ist - das als zutreffend angenommen - dies unter Inanspruchnahme der üblichen Pausen sowie bei entsprechenden Maßnahmen schon vor und nach Arbeitsaufnahme zur Überzeugung des Senats problemlos möglich.

Hinsichtlich der Fähigkeit, eine Arbeitsstelle aufzusuchen, die auch Voraussetzung für die Annahme von Erwerbsfähigkeit ist, bestehen gleichfalls keine Einschränkungen, denn die Klägerin kann vier Mal täglich eine Wegstrecke von 500 Metern in 15 bis höchstens 20 Minuten zurücklegen und auch zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Dies ergibt sich aus den vorliegenden nervenärztlichen Sachverständigengutachten, zuletzt des Dr. H., sowie auch aus dem orthopädischen Gutachten des Dr. H., der auf seinem Fachgebiet keine wesentliche Einschränkung zu objektivieren vermochte. Dass insofern in orthopädischer Hinsicht eine wesentliche Änderung seit der Begutachtung durch Dr. H. eingetreten ist, ist den vorliegenden Untersuchungsbefunden nicht zu entnehmen.

Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. Die der Klägerin noch zumutbaren Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, z.B. auch Verpacken und Kleinteilen, Sortier- Montier- Etikettier- und Klebearbeiten, werden überwiegend im Sitzen zu ebener Erde in normal temperierten Räumen in Normalarbeitszeit verrichtet und erfordern keine der der Klägerin nicht zumutbaren, oben dargestellten, Tätigkeiten. Schließlich liegt auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor.

Da die Beklagte sonach zu Recht die Gewährung von Rente abgelehnt hat und die Entscheidung des SG nicht zu beanstanden ist, weist der Senat die Berufung der Klägerin zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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