L 4 KR 97/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 221/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 97/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 23. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin in der Zeit vom 01.08.1995 bis 20.10.1996 bei der Beigeladenen zu 4) in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungs(ausbildungs)verhältnis stand oder selbständige Versicherungsvertreterin gewesen war.

Die 1951 geborene Klägerin, die nach ihrer Übersiedlung nach Deutschland seit 1982 überwiegend als Pharmareferentin und Vertreterin tätig war, machte sich gemäß ihren Angaben nach vorangegangener Arbeitslosigkeit zum 01.08.1995 selbständig und meldete sich zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten zur freiwilligen Krankenversicherung an wie auch bei der Gemeinde als Gewerbetreibende. Sie hat am 06.07.1995 mit der Beigeladenen zu 4) einen "Vertretervertrag" und einen "Vereinbarung" genannten Vertrag geschlossen, als "Vertriebspartnerin" Versicherungsverträge zu vermitteln und für deren Bestehenbleiben zu sorgen. Der Vertrag war mit einer Konkurrenzklausel versehen und sah zur Einarbeitung die Absolvierung eines Ausbildungsprogrammes vor, dessen Kosten bei vorzeitiger Vertragsbeendigung von der Klägerin zu erstatten waren. Die Ausbildung selbst fand in Seminaren an unterschiedlichen Orten in Deutschland statt sowie im Rahmen einer intensiven Einweisung durch einen B. Mitarbeiter der Beigeladenen zu 4), Herrn E ... Im ersten Jahr wurde die Zahlung einer abschmelzenden Ausbildungsvergütung vereinbart, auf die teilweise evtl. Provisionsgutschriften angerechnet werden sollten. Gezahlt wurden der Klägerin ab August 1995 16.500,00 DM und 1996 ca. 20.000,00 DM.

Nach Freistellung ohne weitere Zahlung der Bezüge zum 31.10.1996 erfolgte die Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 31.01.1997, wobei die Vertragsparteien den Begriff "Arbeitsverhältnis" für die vorangegangenen Vertragsbeziehungen verwendeten. Einkommensteuerrechtlich hatte die Klägerin 1995 und 1996 nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb versteuert und zwar waren diese für 1995 mit 9.997,00 und für 1996 mit 15.207,00 DM nach Abzug der Betriebsausgaben angegeben worden.

Mit Schreiben vom 04.05.1999 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung ihrer Arbeitnehmereigenschaft während der Tätigkeit für das Versicherungsunternehmen. Auch solle die Beklagte die Sozialversicherungsbeiträge einziehen. Das lehnte die Beklagte mit dem streitigen Bescheid vom 30.12.1999 ab. Die Klägerin widersprach dem am 25.01.2000. Sie habe eine feste Vergütung erhalten und sich in einem weisungsgebundenen Ausbildungsverhältnis befunden. In Abwägung des Für und Wider des Bestehens einer abhängigen Beschäftigung kam die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 14.09.2000 erneut zur Auffassung, dass eine solche seinerzeit nicht vorgelegen habe.

Zu demselben Ergebnis ist auch das von der Klägerin angerufene Sozialgericht Bayreuth in seinem Urteil vom 23.02.2005 gelangt. Die von der Klägerin herausgestellte tägliche Ausbildung durch den Mitarbeiter E. sah das Sozialgericht als nicht so bedeutsam an, um die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Merkmale zu verdrängen. So hätte ein fester Arbeitsplatz im Betrieb des Versicherungsunternehmens gefehlt sowie feste Arbeitszeiten und Urlaubs- und Entgeltfortzahlungsansprüche. Die Einschaltung von Untervermittlern wäre möglich gewesen, auch habe die Klägerin sich steuer- und gewerberechtlich als Selbständige ausgegeben. Die Merkmale betrieblicher Berufsausbildung seien bei der Einarbeitung nicht im Vordergrund gestanden.

Mit Hinweisen auf die strikten zeitlichen Vorgaben bei den Unterweisungen durch Herrn E. und dessen Weisungen hat die Klägerin Berufung einlegen lassen. In ihrer von der Beigeladenen zu 4) durchgeführten Qualifizierung zu einer Außendienstmitarbeiterin läge ein betriebliches Beschäftigungsverhältnis. Derartige Versicherungsunternehmen würden im Normalfall Vertreterverträge nur mit fertigen, ausgebildeten Versicherungsvertretern abschließen. Auch sei ihr verwehrt gewesen, gleichzeitig für andere Versicherungsunternehmen tätig zu werden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 23.02.2005 und den zu Grunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 30.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2000 aufzuheben und festzustellen, dass sie in der Zeit vom 01.08.1995 bis 20.10.1996 bei der Beigeladenen zu 4) in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die übrigen Beteiligten haben keinen Antrag gestellt.

Im Übrigen wird zur weiteren Darstellung des Sachverhalts auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf den restlichen Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

In der Sache selbst ist sie nicht begründet, wobei der Senat auch das gesonderte Feststellungsinteresse für die vorangegangene Klage als gegeben ansieht und diese nicht als bloßes Element zur Erreichung einer höheren gesetzlichen Rente.

Maßgeblich für die Beurteilung der Tätigkeit der Klägerin im streitigen Zeitraum ist der den Beteiligten bekannte § 7 SGB IV in der in den Jahren 1995 und 1996 geltenden Fassung, hier die Absätze 1 und 2.

Das Sozialgericht hat die Tätigkeit der Klägerin korrekt an den dort aufgestellten Maßstäben geprüft und die dazu entscheidungserheblichen Kriterien aufgelistet und auf den vorliegenden Sachverhalt richtig angewandt. Insoweit folgt der Senat den dort getroffenen Ausführungen in Anwendung des § 153 Abs.2 SGG.

Einwände gegen die Ausführungen des Sozialgerichts sind klägerseits nur hinsichtlich der Schlussfolgerungen zur Arbeitszeit und der Weisungsbefugnis in der Ausbildungsphase gemacht worden. Das heißt, die zutreffende rechtliche Würdigung des Sozialgerichts hinsichtlich des Arbeitsplatzes, des fehlenden Urlaubs- und Entgeltfortzahlungsanspruchs, der steuer- und gewerberechtlichen Behandlung, die fehlende Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung sind von der Klägerseite nicht angegriffen worden. Der Senat bestätigt die dazu vom Sozialgericht angestellten Überlegungen.

Es kann letztlich aber offen bleiben, ob in den beiden kritisierten Punkten der klägerischen Schilderung zu folgen ist oder nicht. Sie stützen sich auf die schriftliche Einlassung des Herrn E ... Daraus allein lässt sich aber weder eine Eingliederung in einen fremden Betrieb noch ein betriebliches Ausbildungsverhältnis folgern. Wie von der Beigeladenen im Verwaltungsverfahren vorgetragen, waren die Schulungen auf eine selbständige Tätigkeit hin ausgerichtet.

Es handelt sich im vorliegenden Fall um den ganz alltäglichen Vorgang, dass jemand, die bislang als Pharmavertreterin in einem Angestelltenverhältnis tätig war, selbständige Versicherungsvertreterin wird und ihr zur Einarbeitung seitens des Versicherungsunternehmens für den Branchenwechsel auch finanzielle Hilfestellung geleistet wird. Arbeitsentgelt i.S. des § 14 SGB IV wurde nicht gezahlt.

Alles was dazu vom Versicherungsunternehmen geleistet wurde, kann den Charakter des auf den Beruf der selbständigen Versicherungsmaklerin gerichteten Tätigkeitsbildes der Klägerin nicht zu dem einer unselbständigen Tätigkeit machen, die in eigener Betriebsstätte verrichtet wurde.

Die Klägerin hat gegenüber dem Finanzamt wie auch gegenüber der Beklagten ihre Tätigkeit uneingeschränkt als selbständig angegeben. Bei Abgabe der Erklärung war sie bereits mit einem in Sozialversicherungsfragen bewanderten Ehemann verheiratet. Sie ist nach ihrem Meinungswechsel bezüglich des Charakters ihrer Tätigkeit offensichtlich nicht an das Finanzamt herangetreten, hält also dieser Behörde gegenüber noch an ihrer Erklärung der Selbständigkeit mit all den sich daraus ergebenden steuerrechtlichen Vorteilen fest.

Dass es sich hier wegen des Konkurrenzschutzes um eine sog. "Einfirmenvertreterin" gehandelt hat, lässt die Arbeit noch nicht zu einer abhängigen werden (vgl. BAG vom 15.12.1999 VersR 2000 S.1496).

Auch wenn man die klägerischen Argumente hinsichtlich der zeitlichen Bindung und den Vorgaben des Ausbilders/Betreuers stärker betont und darüber hinaus auch die finanzielle Unterstützung in der Anfangszeit, die sog. Ausbildungsvergütung als Übernahme des finanziellen Risikos ansieht, stünden sich die Merkmale abhängige/selbständige Tätigkeite etwa gleichwertig gegenüber. In solchen Fällen ist dann auf das seinerzeit Gewollte abzustellen, zumal auf beiden Seiten Mißbrauchsabsicht auszuschließen ist. In den tatsächlichen Verträgen und dem anschließenden Verhalten der Klägerin trat deutlich der Wille zur selbständigen Tätigkeit zutage (vgl. BSG vom 13.07.1978, SozR 2200 § 1227 Nr.17 S.38; BSG vom 14.05.1981 - USK 8199; BSG vom 29.01.1981 - BSGE 51, 164, 168 oder neuerdings BSG vom 24.01.2007 - Beil. Beiträge 07, 212). Klägerin und Versicherungsunternehmen wollten von Anfang an und noch etliche Jahren danach die Zusammenarbeit auf der Grundlage einer selbständigen Versicherungstätigkeit. Dazu verpflichtete sich das Versicherungsunternehmen zu einer gewissen Anschubfinanzierung, damit die Klägerin in ihrem neuen Beruf Fuß fassen konnte. Damit ging einher die Verpflichtung, unter bestimmten Umständen die dafür aufgewendeten Kosten dem Versicherungsunternehmen zu erstatten, ohne dass es auf einen Nachweis für einen dadurch eingetretenen Schaden angekommen wäre.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG, wobei der Senat davon abgesehen hat, die Klägerin an den Kosten ihres früheren Vertragspartners zu beteiligen, weil diesem nur unwesentliche Ausgaben entstanden sein können und er das Verfahren nicht betrieben hat.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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