Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 R 287/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 682/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) vom 01.02.2003 bis zum 31.08.2007 streitig.
Die 1952 geborene Klägerin ist kroatische Staatsangehörige und lebt seit 1970 in Deutschland. Bis September 1998 arbeitete die Klägerin versicherungspflichtig als Küchenhilfe. Seit Oktober 1998 ist sie abwechselnd arbeitslos und arbeitsunfähig.
Auf den Antrag der Klägerin vom 16.01.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 20.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2004 ab. Die Beklagte stützte diese Entscheidung auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte internistische Gutachten von Dr. K. im Februar 2003 und das orthopädische Gutachten von Dr. O. vom April 2004. Die Gutachter haben als wesentliche Diagnosen eine langjährige somatoforme Schmerzstörung, rezidivierende depressive Störung, sekundär insulinpflichtige Typ II Zuckerkrankheit, Neigung zu Nacken-, Rücken- und Kreuzschmerzen, ein beidseitiges Schultersyndrom, beginnende Zehendeformität beidseits, leichte Senk-Spreiz-Füße, links einen Fersensporn und Neigung zu Ellebogen- und Knieschmerzen beidseits festgestellt. Beide Gutachter waren jedoch der Meinung, dass die Klägerin trotz dieser Gesundheitsstörungen noch in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus zwischen Stehen und Gehen zu verrichten.
Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob mit Schreiben vom 17.05.2004 gegen diese Entscheidung der Beklagten Klage zum Sozialgericht Augsburg. Das Sozialgericht Augsburg holte Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin ein und ließ den Gesundheitszustand der Klägerin auf nervenfachärztlichem Gebiet von Dr. A. untersuchen. Im Gutachten vom 30.12.2004 stellte Dr. A. nach Untersuchung der Klägerin am 09.11.2004 und am 26.11.2004 folgende Diagnosen: - Wirbelsäulensyndrom mit Betonung im Bereich der Halswirbel säule ohne neurologischen Ausfall mit chronifiziertem Schmerzsyndrom, Verdacht auf psychogene Komponente im Sinne einer Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Grün den. - Insulinpflichtiger Diabetes mellitus. - Diabetische Polyneuropathie. - Schultersyndrom beidseits bei leichten degenerativen Verände rungen der Weichteile beidseits und des linken Schultereckge lenkes, beginnende Zehendeformitäten beidseits, leichte Senk- Spreiz-Füße, hinterer Fersensporn links, Neigung zu Ellenbo gen- und Knieschmerzen beidseits.
Dr. A. führte in seinem Gutachten aus, dass die Klägerin trotz dieser Diagnosen noch leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten könne. Vermeiden müsse sie Zwangshaltungen, schwere Hebe- und Tragearbeiten, Arbeiten mit häufigem Bücken, Treppen- und Leiternsteigen sowie unter Einwirkung von Zugluft, Kälte und Nässe. Außerdem seien Tätigkeiten mit waagrechter Stellung der Arme nicht zumutbar, ebenso Tätigkeiten unter besonderer nervlicher Belastung oder in Wechsel- und Nachtschicht.
Mit Urteil vom 21.07.2005 wies das Sozialgericht Augsburg die Klage ab, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung habe, weil sie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der oben angeführten Leistungseinschränkungen mehr als sechs Stunden täglich verrichten könne.
Gegen dieses Urteil hat der Klägerbevollmächtigte am 22.09.2005 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt.
Der Senat hat Befunde der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt.
Anschließend ist die Klägerin auf internistischem Fachgebiet von Dr. G. begutachtet worden. Im Gutachten vom 05.08.2006 hat Dr. G. folgende Gesundheitsstörungen auf internistischem Fachgebiet festgestellt: - Diabetes mellitus Typ 2, seit 2002 insulinpflichtig mit guter Stoffwechseleinstellung, ohne Hinweis auf Augen- oder Nieren beteiligung, kein Hinweis für Durchblutungsstörungen an bei den Beinen. - Diabetische Polyneuropathie an den unteren Unterschenkelhälf ten beidseits und an beiden Füßen mit der Notwendigkeit, spe ziell angefertigte Schuhe zu tragen.
Auf Grund dieser internistischen Gesundheitsstörungen könne die Klägerin seit Januar 2003 nur noch leichte und mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Sie könne keine schweren Arbeiten mehr ausüben, schweres Heben und Tragen, Arbeiten mit häufigem Bccken, Überkopfarbeit, Treppen- und Leiternsteigen, Einwirkung von Zugluft, Kälte und Nässe und Arbeiten unter Akkord müssten vermieden werden.
Nach § 106 SGG ist ein weiteres Gutachten von Dr. L. eingeholt worden. Dr. L. hat in seinem Gutachten vom 12.12.2006 auf orthopädischem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen bei der Klägerin festgestellt: - Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule bei statischer Seitbie gung der Lendenwirbelsäule und leichten degenerativen Verän derungen mit Neigung zu Nacken-, Schulter- und Kreuzschmer zen. - Schmerzhafte Bewegungsbehinderung ohne wesentliche Bewegungs einschränkung der Schultergelenke bei degenerativen Verände rungen der Schultergelenke und Schultersehnen. - Muskelansatzreizung beider Ellbogen, beginnender Verschleiß der Fingergelenke. - Beginnende Verschleißerscheinungen der Kniegelenke und Senk- Spreiz-Füße beidseits.
Zum Leistungsvermögen der Klägerin hat Dr. L. ausgeführt, dass die Klägerin seit Januar 2003 aus orthopädischer Sicht, aber auch in Zusammenschau mit den internistischen und nervenärztlichen Befunden täglich noch mehr als sechs Stunden arbeiten könne. Hierbei seien folgende Leistungseinschränkungen zu beachten: Die Klägerin könne keine schwere und dauernd mittelschwere körperliche Arbeit verrichten; sie könne nicht in häufig gebückter oder sonstiger Wirbelsäulenzwangshaltung arbeiten, ebenso wenig in frei erhobener Armhaltung in oder über Kopfhöhe. Ihr seien fließband- und taktgebundene Arbeiten, Arbeiten mit häufigem Gehen auf unebenem Gelände, häufiges Treppen-, Leitern- oder Gerüstesteigen nicht mehr zuzumuten. Die Einwirkung von Hautreizstoffen sei zu vermeiden. Auf Grund des Diabetes seien besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, Zeitdruck- und Akkordarbeit sowie Tätigkeiten in Nachtschicht und unter Einwirkung von Nässe und Kälte nicht mehr möglich.
Mit Bescheid vom 23.03.2007 hat die Beklagte der Klägerin stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in O. genehmigt. Im Reha-Entlassungsbericht vom 10.7.2007 wird die Klägerin als arbeitsfähig für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entlassen.
Dr. S. , der behandelnde Orthopäde der Klägerin, erstattete am 20.08.2007 nach § 109 SGG ein Gutachten. In diesem Gutachten kommt Dr. S. auf orthopädischem Fachgebiet zu folgenden Diagnosen: - chronisches Engpasssyndrom im Bereich beider Schultergelenke, - degeneratives HWS- und LWS-Syndrom bei degenerativen Verände rungen mit Neigung zu Nacken- und Kreuzschmerzen, - Muskelansatzreizung beider Ellenbogengelenke im Sinne eines Tennisellenbogens beidseits, - Initiale Gonarthrose mit belastungsabhängigen Schmerzen.
Zum Leistungsvermögen der Klägerin hat Herr Dr. S. erklärt, dass sie seit Januar 2003 auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weniger als sechs Stunden täglich, jedoch mehr als drei Stunden arbeiten könne. Dieser Einschätzung liege eine Befundverschlechterung im Bereich beider Schultern zu Grunde. Im Vergleich zum Vorgutachten sei es trotz Operation der rechten Schulter am 13.2.2007 zu keiner wesentlichen Befundverbesserung gekommen. Im Vergleich zum letzten orthopädischen Gutachten von Dr. L. aus dem Dezember 2006 habe er bei der heutigen Untersuchung eine deutliche eingeschränkte Beweglichkeit beider Schultergelenke mit typischen Schmerzen im Sinne eines Engpasssyndroms festgestellt. Eine Besserung sei jedoch wahrscheinlich, so dass die Leistungsbreite in etwa einem Jahr neu beurteilt werden müsse. Die Klägerin könne leichte körperliche Tätigkeiten mit folgenden Einschränkungen verrichten: Heben und Tragen von Lasten über 7,5 kg könne die Klägerin nicht mehr. Ebenso seien Arbeiten in häufiger gebückter oder sonstiger Wirbelsäulenzwangshaltung nicht mehr zumutbar, auch Arbeiten unter ständiger Verwendung beider Arme, in Armvorhaltung und Überkopfarbeiten seien der Klägerin nicht mehr möglich. Arbeiten mit häufigem Gehen auf unebenem Gelände unter Benützung von Treppen, Leitern und Gerüsten könne die Klägerin auch nicht mehr verrichten. Dr. S. hat als Zeitpunkt für eine neue Beurteilung des Gesundheitszustandes der Klägerin den Juni 2008 vorgeschlagen.
Die Beklagte hat sich den Feststellungen des nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen angeschlossen. Sie hat den Leistungsfall der verminderten Erwerbsfähigkeit im Februar 2007 anerkannt und der Klägerin die entsprechenden gesetzlichen Leistungen dem Grunde nach ab 01.09.2007 bis einschließlich 30.06.2008 mit Rentenbescheid vom 22.10.2007 bewilligt.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt in der mündlichen Verhandlung am 30.01.2008, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.07.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab 01.02.2003 bis zum 31.08.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu zahlen.
Der Vertreter der Beklagten beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Klägerbevollmächtigten form- und fristgerecht eingelegte statthafte Berufung ist gemäß der §§ 143, 151 SGG zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 43 Abs.1 bzw. Abs.2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise/voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäf gung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Bei der Klägerin sind zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und auch die allgemeine Wartezeit nach § 50 Abs.1 Satz 1 SGB VI erfüllt.
Nach § 43 Abs.2 SGB VI liegt volle Erwerbsminderung nur vor, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten auf unter drei Stunden täglich gesunken ist. Abweichend von diesem Grundsatz liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. z.B. BSGE 30, 167 und BSGE 43, 75) volle Erwerbsminderung auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann und der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist. Bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Arbeitsmarkt für Teilzeitarbeit verschlossen ist, wenn die Versicherte keinen Teilzeitarbeitsplatz inne hat (vgl. hierzu KassKomm-Niesel, § 43 SGB VI Rdnr.32).
Nach § 43 Abs.1 SGB VI ist teilweise erwerbsgemindert der Versicherte, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Das gesundheitliche Leistungsvermögen der Klägerin war nach den Feststellungen im Verfahren bis Februar 2007 qualitativ, nicht aber quantitativ eingeschränkt. Die Klägerin konnte seit Rentenantragstellung bis zum 13.2.2007 leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als sechs Stunden täglich verrichten, unter Beachtung der von den im Verfahren gehörten Gutachtern vorgenommenen Leistungseinschränkungen.
Die Klägerin konnte im Zeitraum ab dem 01.02.2003 bis zum 13.02.2007 nach den Feststellungen von Dr. L. , Dr. G. und auch Dr. S. vollschichtig arbeiten. Ein eingeschränktes Leistungsvermögen hat sich erst nach der Schulteroperation am 13.02.2007 eingestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt liegen insgesamt vier Gutachten vor, die bei der Klägerin eine Belastbarkeit für leichte Tätigkeiten von mehr als sechs Stunden unter dem Vermeiden von Zwangshaltungen, schweren Hebe- und Tragearbeiten, häufigem Bücken, Treppen- und Leitersteigen sowie unter Einwirkung von Zugluft, Kälte und Nässe feststellen. Darüber hinaus soll die Klägerin keine Tätigkeiten über Kopfhöhe oder mit frei erhobener Armhaltung verrichten. Auch die Einwirkung von Hautreizstoffen sowie Tätigkeiten in Nachtschicht und unter Einwirkung von Nässe und Kälte muss die Klägerin vermeiden. Unter Berücksichtigung dieser Leistungseinschränkung konnte die Klägerin aber täglich noch mehr als sechs Stunden arbeiten. Dies haben übereinstimmend die in beiden Instanzen gehörten Gutachter, Dr. A. , Dr. G. und Dr. L. ausgeführt. Diese Gutachten sind in sich stimmig und haben den Senat überzeugt. Auch das Gutachten von Dr. S. , dem behandelnden Orthopäden der Klägerin, bestätigt diese Vorgutachten. Dr. S. hat erstmals feststellen können, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin durch eine Dekompressionsoperation der rechten Schulter am 13.02.2007 erheblich verschlechtert hat. Aufgrund dieser Operation kann die Klägerin nur noch unter sechs Stunden täglich arbeiten. Dr. S. führt zwar in seinem Gutachten auch aus, dass bei der Klägerin eine zeitliche Leistungseinschränkung seit dem Rentenantrag im Februar 2003 besteht, begründet dies aber nicht überzeugend. Dr. S. kommt im Gutachten zu dem Ergebnis, dass im Vergleich zum Vorgutachten von Dr. L. , trotz der Schulteroperation, eindeutig ein verschlechterter Gesundheitszustand bestehen würde. Er stimmt dem Gutachten von Dr. L. in der Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin bis zum Dezember 2006 zu, und führt außerdem aus, dass auf internistischem Fachgebiet und auf nervenärztlichem Fachgebiet die von Dr. G. und Dr. A. erstatteten Gutachten ausreichend seien und neue Untersuchungen zur Abklärung des beruflichen Leistungsvermögens nicht erforderlich seien.
Die frühere zeitliche Leistungseinschränkung der Klägerin wird von Dr. S. nicht überzeugend begründet, da er im Gutachten ausführt, dass die Klägerin aufgrund der gesundheitlichen Verschlechterung seit der Dekompresionsoperation an der rechten Schulter im Februar 2007 nur noch unter sechs Stunden arbeiten könne. Einen früheren Leistungsfall hat Dr. S. nicht mit entsprechenden Befunden und deren Auswirkung auf das Leistungsvermögen der Klägerin begründet. Dr. S. hat die von Dr. L. gestellten Diagnosen voll bestätigt und weicht lediglich hinsichtlich der zeitlichen Leistungseinschätzung vom Gutachten von Dr. L. ab. Daher steht für den Senat fest, dass die Klägerin bis Februar 2007 täglich mehr als sechs Stunden arbeiten konnte und sich ein früherer Eintritt des Leistungsfalles, vor dem 13.02.2007, nicht nachweisen lässt. Vermeiden muss die Klägerin schwere und mittelschwere Tätigkeiten, das Heben und Tragen von Lasten über 7 kg, Wirbelsäulenzwangshaltungen, frei erhobene Armhaltung in oder über Kopfhöhe, fließband- und taktgebundene Arbeit, häufiges Gehen auf unebenem Gelände, Treppen-, Leitern- oder Gerüstesteigen sowie die Einwirkungen von Hautreizstoffen. Wegen des Diabetes darf die Klägerin keine Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, Zeitdruck- und Akkordarbeit sowie Tätigkeiten in Nachtschicht, unter Einwirkung von Kälte und Nässe mehr verrichten.
Daher war die Klägerin nicht teilweise erwerbsgemindert nach § 43 Abs.1 SGB VI, da sie noch mehr als sechs Stunden täglich bis Februar 2007 arbeiten konnte. Eine Summierung von Leistungseinschränkungen, die die Beklagte zur Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten verpflichten würde, liegt nicht vor (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, SozR 3-2600 § 44 Nr.8). Die Klägerin konnte mit ihrem Restleistungsvermögen leichte Tätigkeiten wie Zureichen, Abnehmen, Sortieren oder Kleben von kleinen Teilen verrichten.
Da die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hat, hat sie erst Recht keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs.2 SGB VI. Eine volle Erwerbsminderungsrente würde ihr nur zustehen, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI besteht nicht.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben solche Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren sind, unter weiteren Voraussetzungen, wenn ihre Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer seine letzte Tätigkeit oder eine zumutbare Verweisungstätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann.
Die Klägerin kann nach den Feststellungen des Senats ihre letzte Tätigkeit als Küchenhilfe nicht mehr ausüben, da es sich hierbei um eine Tätigkeit handelt, bei der auch schwere Lasten gehoben werden müssen. Trotzdem ist sie nicht berufsunfähig, da sie als ungelernte Arbeiterin nach dem vom Bundessozialgericht entwickelten Mehrstufenschema auf der untersten Stufe der ungelernten Tätigkeiten anzusiedeln ist. Sie muss sich daher auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar verweisen lassen. Die Benennung eines konkreten Verweisungsberufes ist nicht erforderlich. Da die Klägerin bis Februar 2007 noch mehr als sechs Stunden täglich arbeiten konnte, hat sie keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI.
Ein Rentenanspruch der Klägerin für den Zeitraum ab Februar 2007 bis zum 31.08.2007 besteht ebenfalls nicht. Zwar ist die Klägerin seit Februar 2007 teilweise erwerbsgemindert. Dies hat die Beklagte auch mit Bescheid vom 22.10.2007 anerkannt. Da Dr. S. in seinem Gutachten allerdings ausführt, dass der Gesundheitszustand der Klägerin sich etwa in einem Jahr bessern wird, war nach § 102 SGB VI die Rente zu befristen.
Nach den Feststellungen von Dr. S. ist die aktuelle Einschätzung der Befundverschlechterung im Bereich beider Schultern aufgrund der deutlich eingeschränkten Beweglichkeiten beider Schultergelenke festgestellt worden. Eine Besserung ist jedoch wahrscheinlich, so dass die Klägerin in einem Jahr neu begutachtet werden sollte. Daraus ergibt sich, dass die Voraussetzung des § 102 Abs.2 Satz 5 SGB VI, wonach nur Renten, auf die Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, unbefristet geleistet werden, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann, nicht vorliegt. Der Gesundheitszustand der Klägerin kann sich wieder bessern, so dass die Rente auch aus diesem Grunde zu befristen ist. Nach § 101 Abs.1 SGB VI beginnen befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit. Daher hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung für den Zeitraum von Februar 2007 bis zum 31.08.2007.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe, gemäß § 160 Abs.2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) vom 01.02.2003 bis zum 31.08.2007 streitig.
Die 1952 geborene Klägerin ist kroatische Staatsangehörige und lebt seit 1970 in Deutschland. Bis September 1998 arbeitete die Klägerin versicherungspflichtig als Küchenhilfe. Seit Oktober 1998 ist sie abwechselnd arbeitslos und arbeitsunfähig.
Auf den Antrag der Klägerin vom 16.01.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 20.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2004 ab. Die Beklagte stützte diese Entscheidung auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte internistische Gutachten von Dr. K. im Februar 2003 und das orthopädische Gutachten von Dr. O. vom April 2004. Die Gutachter haben als wesentliche Diagnosen eine langjährige somatoforme Schmerzstörung, rezidivierende depressive Störung, sekundär insulinpflichtige Typ II Zuckerkrankheit, Neigung zu Nacken-, Rücken- und Kreuzschmerzen, ein beidseitiges Schultersyndrom, beginnende Zehendeformität beidseits, leichte Senk-Spreiz-Füße, links einen Fersensporn und Neigung zu Ellebogen- und Knieschmerzen beidseits festgestellt. Beide Gutachter waren jedoch der Meinung, dass die Klägerin trotz dieser Gesundheitsstörungen noch in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus zwischen Stehen und Gehen zu verrichten.
Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob mit Schreiben vom 17.05.2004 gegen diese Entscheidung der Beklagten Klage zum Sozialgericht Augsburg. Das Sozialgericht Augsburg holte Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin ein und ließ den Gesundheitszustand der Klägerin auf nervenfachärztlichem Gebiet von Dr. A. untersuchen. Im Gutachten vom 30.12.2004 stellte Dr. A. nach Untersuchung der Klägerin am 09.11.2004 und am 26.11.2004 folgende Diagnosen: - Wirbelsäulensyndrom mit Betonung im Bereich der Halswirbel säule ohne neurologischen Ausfall mit chronifiziertem Schmerzsyndrom, Verdacht auf psychogene Komponente im Sinne einer Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Grün den. - Insulinpflichtiger Diabetes mellitus. - Diabetische Polyneuropathie. - Schultersyndrom beidseits bei leichten degenerativen Verände rungen der Weichteile beidseits und des linken Schultereckge lenkes, beginnende Zehendeformitäten beidseits, leichte Senk- Spreiz-Füße, hinterer Fersensporn links, Neigung zu Ellenbo gen- und Knieschmerzen beidseits.
Dr. A. führte in seinem Gutachten aus, dass die Klägerin trotz dieser Diagnosen noch leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten könne. Vermeiden müsse sie Zwangshaltungen, schwere Hebe- und Tragearbeiten, Arbeiten mit häufigem Bücken, Treppen- und Leiternsteigen sowie unter Einwirkung von Zugluft, Kälte und Nässe. Außerdem seien Tätigkeiten mit waagrechter Stellung der Arme nicht zumutbar, ebenso Tätigkeiten unter besonderer nervlicher Belastung oder in Wechsel- und Nachtschicht.
Mit Urteil vom 21.07.2005 wies das Sozialgericht Augsburg die Klage ab, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung habe, weil sie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der oben angeführten Leistungseinschränkungen mehr als sechs Stunden täglich verrichten könne.
Gegen dieses Urteil hat der Klägerbevollmächtigte am 22.09.2005 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt.
Der Senat hat Befunde der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt.
Anschließend ist die Klägerin auf internistischem Fachgebiet von Dr. G. begutachtet worden. Im Gutachten vom 05.08.2006 hat Dr. G. folgende Gesundheitsstörungen auf internistischem Fachgebiet festgestellt: - Diabetes mellitus Typ 2, seit 2002 insulinpflichtig mit guter Stoffwechseleinstellung, ohne Hinweis auf Augen- oder Nieren beteiligung, kein Hinweis für Durchblutungsstörungen an bei den Beinen. - Diabetische Polyneuropathie an den unteren Unterschenkelhälf ten beidseits und an beiden Füßen mit der Notwendigkeit, spe ziell angefertigte Schuhe zu tragen.
Auf Grund dieser internistischen Gesundheitsstörungen könne die Klägerin seit Januar 2003 nur noch leichte und mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Sie könne keine schweren Arbeiten mehr ausüben, schweres Heben und Tragen, Arbeiten mit häufigem Bccken, Überkopfarbeit, Treppen- und Leiternsteigen, Einwirkung von Zugluft, Kälte und Nässe und Arbeiten unter Akkord müssten vermieden werden.
Nach § 106 SGG ist ein weiteres Gutachten von Dr. L. eingeholt worden. Dr. L. hat in seinem Gutachten vom 12.12.2006 auf orthopädischem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen bei der Klägerin festgestellt: - Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule bei statischer Seitbie gung der Lendenwirbelsäule und leichten degenerativen Verän derungen mit Neigung zu Nacken-, Schulter- und Kreuzschmer zen. - Schmerzhafte Bewegungsbehinderung ohne wesentliche Bewegungs einschränkung der Schultergelenke bei degenerativen Verände rungen der Schultergelenke und Schultersehnen. - Muskelansatzreizung beider Ellbogen, beginnender Verschleiß der Fingergelenke. - Beginnende Verschleißerscheinungen der Kniegelenke und Senk- Spreiz-Füße beidseits.
Zum Leistungsvermögen der Klägerin hat Dr. L. ausgeführt, dass die Klägerin seit Januar 2003 aus orthopädischer Sicht, aber auch in Zusammenschau mit den internistischen und nervenärztlichen Befunden täglich noch mehr als sechs Stunden arbeiten könne. Hierbei seien folgende Leistungseinschränkungen zu beachten: Die Klägerin könne keine schwere und dauernd mittelschwere körperliche Arbeit verrichten; sie könne nicht in häufig gebückter oder sonstiger Wirbelsäulenzwangshaltung arbeiten, ebenso wenig in frei erhobener Armhaltung in oder über Kopfhöhe. Ihr seien fließband- und taktgebundene Arbeiten, Arbeiten mit häufigem Gehen auf unebenem Gelände, häufiges Treppen-, Leitern- oder Gerüstesteigen nicht mehr zuzumuten. Die Einwirkung von Hautreizstoffen sei zu vermeiden. Auf Grund des Diabetes seien besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, Zeitdruck- und Akkordarbeit sowie Tätigkeiten in Nachtschicht und unter Einwirkung von Nässe und Kälte nicht mehr möglich.
Mit Bescheid vom 23.03.2007 hat die Beklagte der Klägerin stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in O. genehmigt. Im Reha-Entlassungsbericht vom 10.7.2007 wird die Klägerin als arbeitsfähig für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entlassen.
Dr. S. , der behandelnde Orthopäde der Klägerin, erstattete am 20.08.2007 nach § 109 SGG ein Gutachten. In diesem Gutachten kommt Dr. S. auf orthopädischem Fachgebiet zu folgenden Diagnosen: - chronisches Engpasssyndrom im Bereich beider Schultergelenke, - degeneratives HWS- und LWS-Syndrom bei degenerativen Verände rungen mit Neigung zu Nacken- und Kreuzschmerzen, - Muskelansatzreizung beider Ellenbogengelenke im Sinne eines Tennisellenbogens beidseits, - Initiale Gonarthrose mit belastungsabhängigen Schmerzen.
Zum Leistungsvermögen der Klägerin hat Herr Dr. S. erklärt, dass sie seit Januar 2003 auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weniger als sechs Stunden täglich, jedoch mehr als drei Stunden arbeiten könne. Dieser Einschätzung liege eine Befundverschlechterung im Bereich beider Schultern zu Grunde. Im Vergleich zum Vorgutachten sei es trotz Operation der rechten Schulter am 13.2.2007 zu keiner wesentlichen Befundverbesserung gekommen. Im Vergleich zum letzten orthopädischen Gutachten von Dr. L. aus dem Dezember 2006 habe er bei der heutigen Untersuchung eine deutliche eingeschränkte Beweglichkeit beider Schultergelenke mit typischen Schmerzen im Sinne eines Engpasssyndroms festgestellt. Eine Besserung sei jedoch wahrscheinlich, so dass die Leistungsbreite in etwa einem Jahr neu beurteilt werden müsse. Die Klägerin könne leichte körperliche Tätigkeiten mit folgenden Einschränkungen verrichten: Heben und Tragen von Lasten über 7,5 kg könne die Klägerin nicht mehr. Ebenso seien Arbeiten in häufiger gebückter oder sonstiger Wirbelsäulenzwangshaltung nicht mehr zumutbar, auch Arbeiten unter ständiger Verwendung beider Arme, in Armvorhaltung und Überkopfarbeiten seien der Klägerin nicht mehr möglich. Arbeiten mit häufigem Gehen auf unebenem Gelände unter Benützung von Treppen, Leitern und Gerüsten könne die Klägerin auch nicht mehr verrichten. Dr. S. hat als Zeitpunkt für eine neue Beurteilung des Gesundheitszustandes der Klägerin den Juni 2008 vorgeschlagen.
Die Beklagte hat sich den Feststellungen des nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen angeschlossen. Sie hat den Leistungsfall der verminderten Erwerbsfähigkeit im Februar 2007 anerkannt und der Klägerin die entsprechenden gesetzlichen Leistungen dem Grunde nach ab 01.09.2007 bis einschließlich 30.06.2008 mit Rentenbescheid vom 22.10.2007 bewilligt.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt in der mündlichen Verhandlung am 30.01.2008, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.07.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab 01.02.2003 bis zum 31.08.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu zahlen.
Der Vertreter der Beklagten beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Klägerbevollmächtigten form- und fristgerecht eingelegte statthafte Berufung ist gemäß der §§ 143, 151 SGG zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 43 Abs.1 bzw. Abs.2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise/voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäf gung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Bei der Klägerin sind zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und auch die allgemeine Wartezeit nach § 50 Abs.1 Satz 1 SGB VI erfüllt.
Nach § 43 Abs.2 SGB VI liegt volle Erwerbsminderung nur vor, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten auf unter drei Stunden täglich gesunken ist. Abweichend von diesem Grundsatz liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. z.B. BSGE 30, 167 und BSGE 43, 75) volle Erwerbsminderung auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann und der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist. Bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Arbeitsmarkt für Teilzeitarbeit verschlossen ist, wenn die Versicherte keinen Teilzeitarbeitsplatz inne hat (vgl. hierzu KassKomm-Niesel, § 43 SGB VI Rdnr.32).
Nach § 43 Abs.1 SGB VI ist teilweise erwerbsgemindert der Versicherte, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Das gesundheitliche Leistungsvermögen der Klägerin war nach den Feststellungen im Verfahren bis Februar 2007 qualitativ, nicht aber quantitativ eingeschränkt. Die Klägerin konnte seit Rentenantragstellung bis zum 13.2.2007 leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als sechs Stunden täglich verrichten, unter Beachtung der von den im Verfahren gehörten Gutachtern vorgenommenen Leistungseinschränkungen.
Die Klägerin konnte im Zeitraum ab dem 01.02.2003 bis zum 13.02.2007 nach den Feststellungen von Dr. L. , Dr. G. und auch Dr. S. vollschichtig arbeiten. Ein eingeschränktes Leistungsvermögen hat sich erst nach der Schulteroperation am 13.02.2007 eingestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt liegen insgesamt vier Gutachten vor, die bei der Klägerin eine Belastbarkeit für leichte Tätigkeiten von mehr als sechs Stunden unter dem Vermeiden von Zwangshaltungen, schweren Hebe- und Tragearbeiten, häufigem Bücken, Treppen- und Leitersteigen sowie unter Einwirkung von Zugluft, Kälte und Nässe feststellen. Darüber hinaus soll die Klägerin keine Tätigkeiten über Kopfhöhe oder mit frei erhobener Armhaltung verrichten. Auch die Einwirkung von Hautreizstoffen sowie Tätigkeiten in Nachtschicht und unter Einwirkung von Nässe und Kälte muss die Klägerin vermeiden. Unter Berücksichtigung dieser Leistungseinschränkung konnte die Klägerin aber täglich noch mehr als sechs Stunden arbeiten. Dies haben übereinstimmend die in beiden Instanzen gehörten Gutachter, Dr. A. , Dr. G. und Dr. L. ausgeführt. Diese Gutachten sind in sich stimmig und haben den Senat überzeugt. Auch das Gutachten von Dr. S. , dem behandelnden Orthopäden der Klägerin, bestätigt diese Vorgutachten. Dr. S. hat erstmals feststellen können, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin durch eine Dekompressionsoperation der rechten Schulter am 13.02.2007 erheblich verschlechtert hat. Aufgrund dieser Operation kann die Klägerin nur noch unter sechs Stunden täglich arbeiten. Dr. S. führt zwar in seinem Gutachten auch aus, dass bei der Klägerin eine zeitliche Leistungseinschränkung seit dem Rentenantrag im Februar 2003 besteht, begründet dies aber nicht überzeugend. Dr. S. kommt im Gutachten zu dem Ergebnis, dass im Vergleich zum Vorgutachten von Dr. L. , trotz der Schulteroperation, eindeutig ein verschlechterter Gesundheitszustand bestehen würde. Er stimmt dem Gutachten von Dr. L. in der Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin bis zum Dezember 2006 zu, und führt außerdem aus, dass auf internistischem Fachgebiet und auf nervenärztlichem Fachgebiet die von Dr. G. und Dr. A. erstatteten Gutachten ausreichend seien und neue Untersuchungen zur Abklärung des beruflichen Leistungsvermögens nicht erforderlich seien.
Die frühere zeitliche Leistungseinschränkung der Klägerin wird von Dr. S. nicht überzeugend begründet, da er im Gutachten ausführt, dass die Klägerin aufgrund der gesundheitlichen Verschlechterung seit der Dekompresionsoperation an der rechten Schulter im Februar 2007 nur noch unter sechs Stunden arbeiten könne. Einen früheren Leistungsfall hat Dr. S. nicht mit entsprechenden Befunden und deren Auswirkung auf das Leistungsvermögen der Klägerin begründet. Dr. S. hat die von Dr. L. gestellten Diagnosen voll bestätigt und weicht lediglich hinsichtlich der zeitlichen Leistungseinschätzung vom Gutachten von Dr. L. ab. Daher steht für den Senat fest, dass die Klägerin bis Februar 2007 täglich mehr als sechs Stunden arbeiten konnte und sich ein früherer Eintritt des Leistungsfalles, vor dem 13.02.2007, nicht nachweisen lässt. Vermeiden muss die Klägerin schwere und mittelschwere Tätigkeiten, das Heben und Tragen von Lasten über 7 kg, Wirbelsäulenzwangshaltungen, frei erhobene Armhaltung in oder über Kopfhöhe, fließband- und taktgebundene Arbeit, häufiges Gehen auf unebenem Gelände, Treppen-, Leitern- oder Gerüstesteigen sowie die Einwirkungen von Hautreizstoffen. Wegen des Diabetes darf die Klägerin keine Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, Zeitdruck- und Akkordarbeit sowie Tätigkeiten in Nachtschicht, unter Einwirkung von Kälte und Nässe mehr verrichten.
Daher war die Klägerin nicht teilweise erwerbsgemindert nach § 43 Abs.1 SGB VI, da sie noch mehr als sechs Stunden täglich bis Februar 2007 arbeiten konnte. Eine Summierung von Leistungseinschränkungen, die die Beklagte zur Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten verpflichten würde, liegt nicht vor (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, SozR 3-2600 § 44 Nr.8). Die Klägerin konnte mit ihrem Restleistungsvermögen leichte Tätigkeiten wie Zureichen, Abnehmen, Sortieren oder Kleben von kleinen Teilen verrichten.
Da die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hat, hat sie erst Recht keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs.2 SGB VI. Eine volle Erwerbsminderungsrente würde ihr nur zustehen, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI besteht nicht.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben solche Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren sind, unter weiteren Voraussetzungen, wenn ihre Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer seine letzte Tätigkeit oder eine zumutbare Verweisungstätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann.
Die Klägerin kann nach den Feststellungen des Senats ihre letzte Tätigkeit als Küchenhilfe nicht mehr ausüben, da es sich hierbei um eine Tätigkeit handelt, bei der auch schwere Lasten gehoben werden müssen. Trotzdem ist sie nicht berufsunfähig, da sie als ungelernte Arbeiterin nach dem vom Bundessozialgericht entwickelten Mehrstufenschema auf der untersten Stufe der ungelernten Tätigkeiten anzusiedeln ist. Sie muss sich daher auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar verweisen lassen. Die Benennung eines konkreten Verweisungsberufes ist nicht erforderlich. Da die Klägerin bis Februar 2007 noch mehr als sechs Stunden täglich arbeiten konnte, hat sie keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI.
Ein Rentenanspruch der Klägerin für den Zeitraum ab Februar 2007 bis zum 31.08.2007 besteht ebenfalls nicht. Zwar ist die Klägerin seit Februar 2007 teilweise erwerbsgemindert. Dies hat die Beklagte auch mit Bescheid vom 22.10.2007 anerkannt. Da Dr. S. in seinem Gutachten allerdings ausführt, dass der Gesundheitszustand der Klägerin sich etwa in einem Jahr bessern wird, war nach § 102 SGB VI die Rente zu befristen.
Nach den Feststellungen von Dr. S. ist die aktuelle Einschätzung der Befundverschlechterung im Bereich beider Schultern aufgrund der deutlich eingeschränkten Beweglichkeiten beider Schultergelenke festgestellt worden. Eine Besserung ist jedoch wahrscheinlich, so dass die Klägerin in einem Jahr neu begutachtet werden sollte. Daraus ergibt sich, dass die Voraussetzung des § 102 Abs.2 Satz 5 SGB VI, wonach nur Renten, auf die Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, unbefristet geleistet werden, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann, nicht vorliegt. Der Gesundheitszustand der Klägerin kann sich wieder bessern, so dass die Rente auch aus diesem Grunde zu befristen ist. Nach § 101 Abs.1 SGB VI beginnen befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit. Daher hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung für den Zeitraum von Februar 2007 bis zum 31.08.2007.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe, gemäß § 160 Abs.2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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