Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 244/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 360/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 17. September 2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen eines versicherten Unfalles vom 25. Januar 2002.
Der 1988 geborene Kläger erlitt am 25. Januar 2002 beim schulischen Fußballspiel eine distale Femurfraktur rechts, die am gleichen Tag operativ versorgt wurde. Nach stationärer Behandlung des Klägers vom 25. Januar bis 28. Januar 2002 berichtete der Chirurg Dr. S. , der intra- und postoperative Verlauf sei komplikationslos gewesen. Am 20. März 2002 erklärte Dr. S. , die Fraktur sei in idealer Stellung fest knöchern verheilt. Am 5. März 2003 äußerte Dr. S. den Verdacht auf einen frühzeitig beginnenden Schluss der Wachstumsfuge, ebenso am 12. Dezember 2003. Festgestellt wurde eine angedeutete Längendifferenz von etwa 1 cm im Sinne einer Verkürzung rechts. Bei einer Untersuchung am 13. Oktober 2004 fiel dem Chirurgen Privatdozent Dr. E. eine Beinlängenverkürzung von 3 cm auf mit einem Beckenschiefstand und erheblicher Skoliose, Thoraxdeformität und Rippenbuckel. Es handle sich um Unfallfolgen. Der Orthopäde Dr. S. stellte am 1. Dezember 2004 die Diagnosen: posttraumatische Beinverkürzung rechts bei Zustand nach osteosynthetisch versorgter Femurfraktur mit Beteiligung der Wachstumsfuge.
Im Gutachten vom 2. Januar 2005 führte Privatdozent Dr. E. aus, die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei bis 28. Februar 2002 auf 100 v.H., bis 11. April 2002 auf 30 v.H., ab 12. April 2002 auf 10 v.H. und ab Sommer 2004 bis auf weiteres auf 20 v.H. einzuschätzen.
Der beratende Arzt der Beklagten, der Chirurg Dr. B. , erklärte in der Stellungnahme vom 19. April 2005, es sei nicht eindeutig festzustellen, ob die Skoliose ganz oder überwiegend in Unfallzusammenhang entstanden sei. Beigezogen wurde ein Gutachten des Dr. E. für die W. Versicherungs AG vom 24. Oktober 2004, in dem die MdE ab Sommer 2004 mit 20 v.H. eingeschätzt wurde. Dr. S. erklärte am 20. Juni 2005, er habe den Kläger nur einmal am 30. November 2004 gesehen. Dr. B. schlug die Einholung eines weiteren Gutachtens vor.
Der Orthopäde Dr. S. führte im Gutachten vom 14. Oktober 2005 aus, der Skoliosewinkel nach Cobb betrage etwa 22°. Die Wirbelkörper seien kubisch geformt, wobei an eine alte Scheuermann-Erkrankung zu denken sei. Es finde sich eine Beinverkürzung von 3 cm, außerdem ein ausgeprägter Beckenschiefstand. Es könne nicht genau festgestellt werden, ob kurz nach dem Unfall bereits eine Beinlängendifferenz vorgelegen habe und ob zum Unfallzeitpunkt schon eine Skoliose vorgelegen habe, die allerdings niemals beschrieben worden sei. Man müsse davon ausgehen, dass die Skoliose im Verlauf des nach dem Unfall folgenden Wachstumsschubes entstanden sei und sie als Unfallfolge anerkennen. Die Skoliose könne derzeit durch Höhenausgleich teilweise kompensiert werden und habe keine behindernde Bedeutung. Die MdE betrage unter 20 v.H ... Dabei sei die Beinverkürzung um 3 cm mit 10 v.H. berücksichtigt.
Dr. B. stimmte dieser Beurteilung am 27. Januar 2006 zu.
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 22. Februar 2006 den Unfall als Versicherungsfall an. Ein Anspruch auf Rente bestehe nicht. Unfallfolgen seien: Bruch der körperfernen Wachstumsfuge nach Salter Harris II des rechten Oberschenkels, rechtsbetonte Verbiegung der Wirbelsäule mit Drehung der einzelnen Wirbelkörper (Lumbalskoliose), Beinverkürzung rechts um 3 cm.
Mit Widerspruch vom 15. März 2006 wandte der Kläger ein, bei einer Beinverkürzung von über 2,5 cm ergebe sich ein GdB von 10, eine MdE von unter 10 v.H. sei somit nicht gerechtfertigt. Die private Unfallversicherung habe die dauernde Beeinträchtigung des Beines mit 1/4 angegeben. Zu berücksichtigen seien auch die von Dr. E. festgestellten Folgeerkrankungen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2006 zurück. Die Beurteilungen für die W. Versicherungs AG gingen von einer MdE kleiner als 10 v.H. aus. Weitere wesentliche Unfallfolgen seien nicht anzuerkennen, zumal das unsymmetrische Gangbild und der Beckenschiefstand eine Folge der Beinverkürzung seien und nicht noch einmal aufgeführt werden müssten. Durch Längenausgleich werde dieser Zustand im Übrigen weitgehend aufgehoben. Die Aufnahme des Rippenbuckels als Unfallfolge verbiete sich, da Dr. S. auf eine Scheuermann sche Erkrankung hingewiesen habe.
Der im Klageverfahren vom Sozialgericht zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Chirurg Dr. W. führte im Gutachten vom 1. Dezember 2006 aus, Unfallfolgen seien ein Zustand nach operativ versorgter körperferner Oberschenkelfraktur rechts mit Wachstumsfugenbeteiligung. Durch den vorzeitigen Wachstumsfugenverschluss sei es zu einer bleibenden Verkürzung des rechten Oberschenkelknochens von 3 cm gekommen. Dies habe zu einer nur mäßig ausgeprägten Skoliose der Wirbelsäule geführt. Solange der Kläger den Schuhhöhenausgleich von 2,5 cm trage, liege kein wesentlicher Beckenschiefstand vor und damit auch keine wesentliche Wirbelsäulenskoliose. Die MdE habe bis zum 11. April 2002 30 v.H. betragen, danach unter 10 v.H ...
Der auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Chirurg Dr. F. erklärte im Gutachten vom 28. April 2007, durch die Beinlängendifferenz sei es mit dem Wachstum zu einer zunehmenden Verkrümmung der Wirbelsäule und zumindest zu einer teilweisen Fixation der Fehlstellung gekommen. Für die Skoliose sei der Unfall wesentliche Teilursache oder allein ursächlich. Auch bei Höhenausgleich bestehe ein Beckenschiefstand und eine Verbiegung der Wirbelsäule, allerdings etwas geringer als ohne Höhenausgleich. Die MdE sei ab Oktober 2002 mit 20 v.H. zu bewerten.
Der Kläger wies mit Schreiben vom 9. August 2007 darauf hin, dass bei einer ärztlichen Untersuchung von 1993 Schäden am Skelettsystem nicht festgestellt worden seien. Dr. F. erklärte in der Stellungnahme vom 27. August 2007, die Beinlängendifferenz mit Fehlstellung habe offensichtlich schon längere Zeit vor der ersten Beschreibung durch Dr. E. bestanden, so dass es zu einer fixierten Skoliose gekommen sei. Dr. W. habe die Röntgenaufnahmen nicht unter Belastung, sondern im Liegen durchgeführt, dadurch erklärten sich radiologische Abweichungen.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 17. September 2007 ab. Die am 13. Oktober 2004 erstmals festgestellte Beinlängenverkürzung um 3 cm sei hinreichend wahrscheinlich auf den Unfall vom 25. Januar 2002 zurückzuführen. Auch die Skoliose sei Unfallfolge. Es handle sich jedoch nur um eine funktionelle, nicht um eine fixierte oder strukturelle Skoliose, wie dies Dr. F. angenommen habe. Wenn tatsächlich eine fixierte Skoliose vorliegen würde, wäre diese sowohl ohne als auch mit Schuhhöhenausgleich und auch im Liegen zu erkennen, denn eine fixierte Skoliose sei weitgehend unabhängig von der Belastung. Dr. F. habe einen Skoliose-Winkel nach Cobb von 22° gemessen, hierbei handle sich um eine mittelgradige Skoliose im unteren Bereich. Unter Berücksichtigung der maßgeblichen Begutachtungsliteratur und der objektiven Feststellungen sei eine rentenberechtigende MdE nicht zu begründen.
Zur Begründung der Berufung vom 12. Oktober 2007 übersandte der Kläger ein Schreiben des Dr. F. vom 4. November 2007. Die zunehmende Beinlängendifferenz habe im letzten und wesentlichen Wachstumsschub eine Fehlbelastung für die Wirbelsäule dargestellt, die die Skoliose hervorgerufen habe und auch zu einer Fehlstellung und zu Fehlwachstum im Bereich der Bänder und Gelenke geführt habe. Dies erkläre das Entstehen der fixierten Skoliose als Unfallfolge. Auch die Röntgenaufnahmen mit Ausgleich der Beinlängendifferenz zeigten daher eine Verkrümmung der Wirbelsäule.
Der vom Senat zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr. F. führte im Gutachten vom 21. Dezember 2007 aus, die Primärkrümmung der Lendenwirbelsäule betrage im Stehen mit nicht ausgeglichenen Beckenschiefstand 20 ° nach Cobb, an der Brustwirbelsäule 10°. Erst ab einem Winkel von 30° bis 60° werde eine mittelschwere Skoliose diagnostiziert, bei darunter liegenden Winkelgraden, wie beim Kläger, bestehe eine leichtgradige Skoliose. Die Wirbelkörper wiesen eine Drehfehlstellung auf, wie sie sich entwickele, wenn die seitliche Verbiegung vor Abschluss des Wachstumsalters zustandekomme. Dass die Verkürzung nicht sofort durch eine Schuherhöhung ausgeglichen worden sei, habe sich ungünstig auf die Entwicklung der Skoliose ausgewirkt. Unabhängig von dieser Skoliose zeigten sich zusätzlich deutliche Zeichen einer Wachstumsstörung der Brustwirbelsäule, die durch den Beckenschiefstand nicht erklärt werden könnten. Es handle sich um Folgen einer Scheuermann-Erkrankung mit sogenannten Schmorl-Knötchen, Keilwirbeln und einer Asymmetrie eines mittleren Brustwirbelkörpers. Durch die unfallunabhängige Scheuermann-Erkrankung erklärten sich die vermehrte Vorwärtskrümmung der Brustwirbelsäule sowie ein Teil der Ausgleichsbiegung in diesem Abschnitt. Von einer fixierten statischen seitlichen Verbiegung der Lendenwirbelsäule könne nicht gesprochen werden. Eine fixierte Verbiegung sei durch sich entwickelnde Randspornbildungen gekennzeichnet, die beim Kläger nicht vorlägen. Dass ein völliger Ausgleich durch Schuherhöhung oder Brettchenunterlage nicht möglich sei, bedeute nicht, dass die seitliche Verbiegung als fixiert betrachtet werden könne. Gegen die Fixierung spreche die Tatsache, dass durch Schuherhöhung eine deutlich geringere Verbiegung zu sehen sei. Die leichtgradige Skoliose bedinge keine messbare MdE. Eine Beinverkürzung zwischen 2,6 cm und 4 cm bedinge eine MdE um 10 v.H ... Die unfallbedingte MdE sei also mit 10 v.H. einzuschätzen.
Der Kläger stellt die Anträge
aus dem Schriftsatz vom 11. Oktober 2007 mit der Abänderung, dass statt Aufhebung der angefochtenen Bescheide deren Abänderung beantragt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie die Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Augsburg die Klage mit Urteil vom 17. September 2007 abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren sowie die im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen konnten. Der vom Senat zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr. F. hat die Beurteilung des Orthopäden Dr. S. im Verwaltungsverfahren sowie des Chirurgen Dr. W. im Klageverfahren im Wesentlichen bestätigt. Unstreitig hat der Kläger am 25. Januar 2002 einen kniegelenksnahen Oberschenkelbruch rechts erlitten, der inzwischen knöchern fest verheilt ist. Infolge des Bruchs kam es zu einer posttraumatischen vorzeitigen Schließung der Wachstumsfuge, aus der eine Beinverkürzung rechts von 3 cm resultiert. Folge der Beinverkürzung wiederum ist eine durch den Beckenschiefstand verursachte Ausgleichsverbiegung der Lendenwirbelsäule.
Die s-förmige Krümmung der Lendenwirbelsäule zur Seite des verkürzten Beines erfährt, wie Dr. F. erläutert, in der Brustwirbelsäule einen Ausgleichschwung. Die Primärkümmung liegt in der Lendenwirbelsäule und beträgt im Stehen mit nicht ausgeglichenem Beckenschiefstand 20° nach Cobb, an der Brustwirbelsäule 10°. Hierbei handelt es sich, so Dr. F. , um eine statische Ausgleichbiegung. Erst ab einem Winkel von 30° bis 60° wird eine mittelschwere Skoliose diagnostiziert, bei darunter liegenden Winkelgraden, wie beim Kläger - auch Dr. F. hat lediglich einen Winkel von 22° festgestellt - eine leichtgradige Skoliose, wie Dr. F. betont. Durch die seitliche Verbiegung der Lendenwirbelsäule vor Abschluss des Wachstumsalters, die zunächst nicht durch eine Schuherhöhung ausgeglichen wurde, entwickelte sich eine Drehfehlstellung der Wirbelkörper. Unabhängig von dieser Ausgleichbiegung der Lendenwirbelsäule mit Gegenschwung der Brustwirbelsäule sind aber deutliche Zeichen einer Wachstumsstörung der Brustwirbelsäule vorhanden, die durch den Beckenschiefstand nicht erklärt werden können. Hier lag eine Scheuermann-Erkrankung vor, auf die schon Dr. S. im Gutachten vom 14. Oktober 2005 hingewiesen hat. Durch diese Erkrankung kam es zu den sogenannten Schmorl schen Knötchen, Keilwirbeln und einer Asymmetrie eines mittleren Brustwirbelkörpers. Dadurch erklären sich die vermehrte Vorwärtskrümmung der Brustwirbelsäule sowie ein Teil der Ausgleichsbiegung in diesem Wirbelsäulenabschnitt. Somit ist die Deformierung des Brustkorbes überwiegend Folge der Wachstumsstörung und nicht des Beckenschiefstandes, so Dr. F ...
Dr. F. geht von einer fixierten Verbiegung der Lendenwirbelsäule aus. Es fehlen aber die typischen sich konkavseits entwickelnden Randspornbildungen, die mit der Zeit zu einer Verklammerung der Wirbelkörper führen. Dass sich ein völliger Ausgleich der Seitverbiegung durch Behebung des Beckenschiefstands in Form der Schuherhöhung nicht erzielen lässt, liegt im Wesen der Seitverbiegung. Eine Fixierung ist damit aber nicht bewiesen. Denn gegen die Fixierung spricht, worauf Dr. F. hinweist, dass nach Schuherhöhung jedenfalls eine deutlich geringere Verbiegung zu sehen ist. Dies ist auch auf den im Liegen angefertigten Röntgenaufnahmen von Dr. W. im Gutachten vom 1. Dezember 2006 beschrieben. Bei fixierter seitlicher Verbiegung könnte weder durch Röntgenaufnahmen im Liegen noch durch Beinlängenausgleich eine Änderung des Skoliosewinkels erzielt werden.
Die leichtgradige Skoliose bedingt keine messbare MdE. Die Beinverkürzung von 3 cm bedingt eine MdE um 10 v.H ... Eine höhere MdE als 10 v.H. ist daher nicht zu begründen.
Im Hinblick auf die vorliegenden umfangreichen ärztlichen Unterlagen, Stellungnahmen und Gutachten in den Akten war eine weitere Beweiserhebung nicht veranlasst. Insbesondere das Vorliegen divergierender Gutachten zwingt nicht zur Einholung weiterer Gutachten, da das Gericht seine Entscheidung auf die Gutachten von Dr. W. und Dr. F. stützen kann.
Ein Anspruch auf Rente ist nicht zu begründen. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 17. September 2007 war zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen eines versicherten Unfalles vom 25. Januar 2002.
Der 1988 geborene Kläger erlitt am 25. Januar 2002 beim schulischen Fußballspiel eine distale Femurfraktur rechts, die am gleichen Tag operativ versorgt wurde. Nach stationärer Behandlung des Klägers vom 25. Januar bis 28. Januar 2002 berichtete der Chirurg Dr. S. , der intra- und postoperative Verlauf sei komplikationslos gewesen. Am 20. März 2002 erklärte Dr. S. , die Fraktur sei in idealer Stellung fest knöchern verheilt. Am 5. März 2003 äußerte Dr. S. den Verdacht auf einen frühzeitig beginnenden Schluss der Wachstumsfuge, ebenso am 12. Dezember 2003. Festgestellt wurde eine angedeutete Längendifferenz von etwa 1 cm im Sinne einer Verkürzung rechts. Bei einer Untersuchung am 13. Oktober 2004 fiel dem Chirurgen Privatdozent Dr. E. eine Beinlängenverkürzung von 3 cm auf mit einem Beckenschiefstand und erheblicher Skoliose, Thoraxdeformität und Rippenbuckel. Es handle sich um Unfallfolgen. Der Orthopäde Dr. S. stellte am 1. Dezember 2004 die Diagnosen: posttraumatische Beinverkürzung rechts bei Zustand nach osteosynthetisch versorgter Femurfraktur mit Beteiligung der Wachstumsfuge.
Im Gutachten vom 2. Januar 2005 führte Privatdozent Dr. E. aus, die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei bis 28. Februar 2002 auf 100 v.H., bis 11. April 2002 auf 30 v.H., ab 12. April 2002 auf 10 v.H. und ab Sommer 2004 bis auf weiteres auf 20 v.H. einzuschätzen.
Der beratende Arzt der Beklagten, der Chirurg Dr. B. , erklärte in der Stellungnahme vom 19. April 2005, es sei nicht eindeutig festzustellen, ob die Skoliose ganz oder überwiegend in Unfallzusammenhang entstanden sei. Beigezogen wurde ein Gutachten des Dr. E. für die W. Versicherungs AG vom 24. Oktober 2004, in dem die MdE ab Sommer 2004 mit 20 v.H. eingeschätzt wurde. Dr. S. erklärte am 20. Juni 2005, er habe den Kläger nur einmal am 30. November 2004 gesehen. Dr. B. schlug die Einholung eines weiteren Gutachtens vor.
Der Orthopäde Dr. S. führte im Gutachten vom 14. Oktober 2005 aus, der Skoliosewinkel nach Cobb betrage etwa 22°. Die Wirbelkörper seien kubisch geformt, wobei an eine alte Scheuermann-Erkrankung zu denken sei. Es finde sich eine Beinverkürzung von 3 cm, außerdem ein ausgeprägter Beckenschiefstand. Es könne nicht genau festgestellt werden, ob kurz nach dem Unfall bereits eine Beinlängendifferenz vorgelegen habe und ob zum Unfallzeitpunkt schon eine Skoliose vorgelegen habe, die allerdings niemals beschrieben worden sei. Man müsse davon ausgehen, dass die Skoliose im Verlauf des nach dem Unfall folgenden Wachstumsschubes entstanden sei und sie als Unfallfolge anerkennen. Die Skoliose könne derzeit durch Höhenausgleich teilweise kompensiert werden und habe keine behindernde Bedeutung. Die MdE betrage unter 20 v.H ... Dabei sei die Beinverkürzung um 3 cm mit 10 v.H. berücksichtigt.
Dr. B. stimmte dieser Beurteilung am 27. Januar 2006 zu.
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 22. Februar 2006 den Unfall als Versicherungsfall an. Ein Anspruch auf Rente bestehe nicht. Unfallfolgen seien: Bruch der körperfernen Wachstumsfuge nach Salter Harris II des rechten Oberschenkels, rechtsbetonte Verbiegung der Wirbelsäule mit Drehung der einzelnen Wirbelkörper (Lumbalskoliose), Beinverkürzung rechts um 3 cm.
Mit Widerspruch vom 15. März 2006 wandte der Kläger ein, bei einer Beinverkürzung von über 2,5 cm ergebe sich ein GdB von 10, eine MdE von unter 10 v.H. sei somit nicht gerechtfertigt. Die private Unfallversicherung habe die dauernde Beeinträchtigung des Beines mit 1/4 angegeben. Zu berücksichtigen seien auch die von Dr. E. festgestellten Folgeerkrankungen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2006 zurück. Die Beurteilungen für die W. Versicherungs AG gingen von einer MdE kleiner als 10 v.H. aus. Weitere wesentliche Unfallfolgen seien nicht anzuerkennen, zumal das unsymmetrische Gangbild und der Beckenschiefstand eine Folge der Beinverkürzung seien und nicht noch einmal aufgeführt werden müssten. Durch Längenausgleich werde dieser Zustand im Übrigen weitgehend aufgehoben. Die Aufnahme des Rippenbuckels als Unfallfolge verbiete sich, da Dr. S. auf eine Scheuermann sche Erkrankung hingewiesen habe.
Der im Klageverfahren vom Sozialgericht zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Chirurg Dr. W. führte im Gutachten vom 1. Dezember 2006 aus, Unfallfolgen seien ein Zustand nach operativ versorgter körperferner Oberschenkelfraktur rechts mit Wachstumsfugenbeteiligung. Durch den vorzeitigen Wachstumsfugenverschluss sei es zu einer bleibenden Verkürzung des rechten Oberschenkelknochens von 3 cm gekommen. Dies habe zu einer nur mäßig ausgeprägten Skoliose der Wirbelsäule geführt. Solange der Kläger den Schuhhöhenausgleich von 2,5 cm trage, liege kein wesentlicher Beckenschiefstand vor und damit auch keine wesentliche Wirbelsäulenskoliose. Die MdE habe bis zum 11. April 2002 30 v.H. betragen, danach unter 10 v.H ...
Der auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Chirurg Dr. F. erklärte im Gutachten vom 28. April 2007, durch die Beinlängendifferenz sei es mit dem Wachstum zu einer zunehmenden Verkrümmung der Wirbelsäule und zumindest zu einer teilweisen Fixation der Fehlstellung gekommen. Für die Skoliose sei der Unfall wesentliche Teilursache oder allein ursächlich. Auch bei Höhenausgleich bestehe ein Beckenschiefstand und eine Verbiegung der Wirbelsäule, allerdings etwas geringer als ohne Höhenausgleich. Die MdE sei ab Oktober 2002 mit 20 v.H. zu bewerten.
Der Kläger wies mit Schreiben vom 9. August 2007 darauf hin, dass bei einer ärztlichen Untersuchung von 1993 Schäden am Skelettsystem nicht festgestellt worden seien. Dr. F. erklärte in der Stellungnahme vom 27. August 2007, die Beinlängendifferenz mit Fehlstellung habe offensichtlich schon längere Zeit vor der ersten Beschreibung durch Dr. E. bestanden, so dass es zu einer fixierten Skoliose gekommen sei. Dr. W. habe die Röntgenaufnahmen nicht unter Belastung, sondern im Liegen durchgeführt, dadurch erklärten sich radiologische Abweichungen.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 17. September 2007 ab. Die am 13. Oktober 2004 erstmals festgestellte Beinlängenverkürzung um 3 cm sei hinreichend wahrscheinlich auf den Unfall vom 25. Januar 2002 zurückzuführen. Auch die Skoliose sei Unfallfolge. Es handle sich jedoch nur um eine funktionelle, nicht um eine fixierte oder strukturelle Skoliose, wie dies Dr. F. angenommen habe. Wenn tatsächlich eine fixierte Skoliose vorliegen würde, wäre diese sowohl ohne als auch mit Schuhhöhenausgleich und auch im Liegen zu erkennen, denn eine fixierte Skoliose sei weitgehend unabhängig von der Belastung. Dr. F. habe einen Skoliose-Winkel nach Cobb von 22° gemessen, hierbei handle sich um eine mittelgradige Skoliose im unteren Bereich. Unter Berücksichtigung der maßgeblichen Begutachtungsliteratur und der objektiven Feststellungen sei eine rentenberechtigende MdE nicht zu begründen.
Zur Begründung der Berufung vom 12. Oktober 2007 übersandte der Kläger ein Schreiben des Dr. F. vom 4. November 2007. Die zunehmende Beinlängendifferenz habe im letzten und wesentlichen Wachstumsschub eine Fehlbelastung für die Wirbelsäule dargestellt, die die Skoliose hervorgerufen habe und auch zu einer Fehlstellung und zu Fehlwachstum im Bereich der Bänder und Gelenke geführt habe. Dies erkläre das Entstehen der fixierten Skoliose als Unfallfolge. Auch die Röntgenaufnahmen mit Ausgleich der Beinlängendifferenz zeigten daher eine Verkrümmung der Wirbelsäule.
Der vom Senat zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr. F. führte im Gutachten vom 21. Dezember 2007 aus, die Primärkrümmung der Lendenwirbelsäule betrage im Stehen mit nicht ausgeglichenen Beckenschiefstand 20 ° nach Cobb, an der Brustwirbelsäule 10°. Erst ab einem Winkel von 30° bis 60° werde eine mittelschwere Skoliose diagnostiziert, bei darunter liegenden Winkelgraden, wie beim Kläger, bestehe eine leichtgradige Skoliose. Die Wirbelkörper wiesen eine Drehfehlstellung auf, wie sie sich entwickele, wenn die seitliche Verbiegung vor Abschluss des Wachstumsalters zustandekomme. Dass die Verkürzung nicht sofort durch eine Schuherhöhung ausgeglichen worden sei, habe sich ungünstig auf die Entwicklung der Skoliose ausgewirkt. Unabhängig von dieser Skoliose zeigten sich zusätzlich deutliche Zeichen einer Wachstumsstörung der Brustwirbelsäule, die durch den Beckenschiefstand nicht erklärt werden könnten. Es handle sich um Folgen einer Scheuermann-Erkrankung mit sogenannten Schmorl-Knötchen, Keilwirbeln und einer Asymmetrie eines mittleren Brustwirbelkörpers. Durch die unfallunabhängige Scheuermann-Erkrankung erklärten sich die vermehrte Vorwärtskrümmung der Brustwirbelsäule sowie ein Teil der Ausgleichsbiegung in diesem Abschnitt. Von einer fixierten statischen seitlichen Verbiegung der Lendenwirbelsäule könne nicht gesprochen werden. Eine fixierte Verbiegung sei durch sich entwickelnde Randspornbildungen gekennzeichnet, die beim Kläger nicht vorlägen. Dass ein völliger Ausgleich durch Schuherhöhung oder Brettchenunterlage nicht möglich sei, bedeute nicht, dass die seitliche Verbiegung als fixiert betrachtet werden könne. Gegen die Fixierung spreche die Tatsache, dass durch Schuherhöhung eine deutlich geringere Verbiegung zu sehen sei. Die leichtgradige Skoliose bedinge keine messbare MdE. Eine Beinverkürzung zwischen 2,6 cm und 4 cm bedinge eine MdE um 10 v.H ... Die unfallbedingte MdE sei also mit 10 v.H. einzuschätzen.
Der Kläger stellt die Anträge
aus dem Schriftsatz vom 11. Oktober 2007 mit der Abänderung, dass statt Aufhebung der angefochtenen Bescheide deren Abänderung beantragt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie die Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Augsburg die Klage mit Urteil vom 17. September 2007 abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren sowie die im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen konnten. Der vom Senat zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr. F. hat die Beurteilung des Orthopäden Dr. S. im Verwaltungsverfahren sowie des Chirurgen Dr. W. im Klageverfahren im Wesentlichen bestätigt. Unstreitig hat der Kläger am 25. Januar 2002 einen kniegelenksnahen Oberschenkelbruch rechts erlitten, der inzwischen knöchern fest verheilt ist. Infolge des Bruchs kam es zu einer posttraumatischen vorzeitigen Schließung der Wachstumsfuge, aus der eine Beinverkürzung rechts von 3 cm resultiert. Folge der Beinverkürzung wiederum ist eine durch den Beckenschiefstand verursachte Ausgleichsverbiegung der Lendenwirbelsäule.
Die s-förmige Krümmung der Lendenwirbelsäule zur Seite des verkürzten Beines erfährt, wie Dr. F. erläutert, in der Brustwirbelsäule einen Ausgleichschwung. Die Primärkümmung liegt in der Lendenwirbelsäule und beträgt im Stehen mit nicht ausgeglichenem Beckenschiefstand 20° nach Cobb, an der Brustwirbelsäule 10°. Hierbei handelt es sich, so Dr. F. , um eine statische Ausgleichbiegung. Erst ab einem Winkel von 30° bis 60° wird eine mittelschwere Skoliose diagnostiziert, bei darunter liegenden Winkelgraden, wie beim Kläger - auch Dr. F. hat lediglich einen Winkel von 22° festgestellt - eine leichtgradige Skoliose, wie Dr. F. betont. Durch die seitliche Verbiegung der Lendenwirbelsäule vor Abschluss des Wachstumsalters, die zunächst nicht durch eine Schuherhöhung ausgeglichen wurde, entwickelte sich eine Drehfehlstellung der Wirbelkörper. Unabhängig von dieser Ausgleichbiegung der Lendenwirbelsäule mit Gegenschwung der Brustwirbelsäule sind aber deutliche Zeichen einer Wachstumsstörung der Brustwirbelsäule vorhanden, die durch den Beckenschiefstand nicht erklärt werden können. Hier lag eine Scheuermann-Erkrankung vor, auf die schon Dr. S. im Gutachten vom 14. Oktober 2005 hingewiesen hat. Durch diese Erkrankung kam es zu den sogenannten Schmorl schen Knötchen, Keilwirbeln und einer Asymmetrie eines mittleren Brustwirbelkörpers. Dadurch erklären sich die vermehrte Vorwärtskrümmung der Brustwirbelsäule sowie ein Teil der Ausgleichsbiegung in diesem Wirbelsäulenabschnitt. Somit ist die Deformierung des Brustkorbes überwiegend Folge der Wachstumsstörung und nicht des Beckenschiefstandes, so Dr. F ...
Dr. F. geht von einer fixierten Verbiegung der Lendenwirbelsäule aus. Es fehlen aber die typischen sich konkavseits entwickelnden Randspornbildungen, die mit der Zeit zu einer Verklammerung der Wirbelkörper führen. Dass sich ein völliger Ausgleich der Seitverbiegung durch Behebung des Beckenschiefstands in Form der Schuherhöhung nicht erzielen lässt, liegt im Wesen der Seitverbiegung. Eine Fixierung ist damit aber nicht bewiesen. Denn gegen die Fixierung spricht, worauf Dr. F. hinweist, dass nach Schuherhöhung jedenfalls eine deutlich geringere Verbiegung zu sehen ist. Dies ist auch auf den im Liegen angefertigten Röntgenaufnahmen von Dr. W. im Gutachten vom 1. Dezember 2006 beschrieben. Bei fixierter seitlicher Verbiegung könnte weder durch Röntgenaufnahmen im Liegen noch durch Beinlängenausgleich eine Änderung des Skoliosewinkels erzielt werden.
Die leichtgradige Skoliose bedingt keine messbare MdE. Die Beinverkürzung von 3 cm bedingt eine MdE um 10 v.H ... Eine höhere MdE als 10 v.H. ist daher nicht zu begründen.
Im Hinblick auf die vorliegenden umfangreichen ärztlichen Unterlagen, Stellungnahmen und Gutachten in den Akten war eine weitere Beweiserhebung nicht veranlasst. Insbesondere das Vorliegen divergierender Gutachten zwingt nicht zur Einholung weiterer Gutachten, da das Gericht seine Entscheidung auf die Gutachten von Dr. W. und Dr. F. stützen kann.
Ein Anspruch auf Rente ist nicht zu begründen. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 17. September 2007 war zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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