L 12 AL 928/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 2704/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 928/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24.01.2008 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 14.02.2000 bis zum 31.12.2004 im Streit.

Der 1954 geborene Kläger hat eine Schreinerlehre absolviert und einen Abschluss als Diplomdesigner (FH) erreicht. Anschließend hat er von 1987 bis 1993 als Verkaufsleiter gearbeitet. Seither ist er im wesentlichen arbeitslos. Nach dem Bezug von Krankengeld und Übergangsgeld bezog er bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 29.6.1996 Arbeitslosengeld und anschließend ab dem 1.7.1996 Arbeitslosenhilfe. Die Zahlung von Arbeitslosenhilfe wurde nach dem 5.10.1999 aufgrund eines neuerlichen Anspruchs auf Krankengeld eingestellt.

Am 28.12.1999 beantragte der Kläger die Wiederbewilligung von Arbeitslosenhilfe. Gleichzeitig legte er indes eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 21.12.1999 bis zum 21.1.2000 vor.

Mit Bescheid vom 19.1.2000 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe aufgrund der Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab.

Am 4.1.2000 sprach der Kläger bei der Beklagten vor und wies darauf hin, dass er keinen Antrag auf Arbeitslosenhilfe benötige, da er derzeit wieder Krankengeld erhalte. Dennoch hielt der Kläger seinen Widerspruch gegen die Ablehnung von Arbeitslosenhilfe aufrecht, woraufhin der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.3.2000 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Die deswegen zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Klage (S 9 AL 1154/00, verbunden zu dem Aktenzeichen S 9 AL 980/99 betreffend eine Reisekostenerstattung bzw. eine Förderung durch freie Mittel nach § 10 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB 3 -) wurde mit Urteil vom 23.5.2001 abgewiesen. Der Kläger sei wegen gesundheitlicher Probleme und anderweitiger Aktivitäten und Verstrickungen (z. B. in laufende Rechtsstreitigkeiten) derartig in Anspruch genommen gewesen, dass er im streitbefangenen Zeitraum ab Dezember 1999 für die Vermittlung in eine zumutbare berufliche Tätigkeit oder auch nur in eine Trainings- oder Fortbildungsmaßnahme zur Verbesserung der Eingliederungschancen in den Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden habe. Aus den Akten ergebe sich, dass der Kläger sich nicht einmal in der Lage gesehen habe, Anfragen der Beklagten betreffend seine Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung zeitnah - ohne Antrag auf Fristverlängerung - zu beantworten. Dies werde auch durch die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer des SG bestätigt. Die Berufung zum Landessozialgericht (L 5 AL 3492/01) gegen diese Entscheidung wurde mit Beschluss vom 2.9.2002 als unbegründet zurückgewiesen. Die Angabe des Klägers bei seiner Vorsprache am 4.1.2000 könne bereits als Rücknahme seines Antrags auf Arbeitslosenhilfe angesehen werden. Aber auch wenn insoweit keine Rücknahme vorliege, bestehe kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe ab dem 15.12.1999, da der Kläger bei seiner Antragsstellung selbst angegeben habe, er sei arbeitsunfähig erkrankt, und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 21.1.2000 vorgelegt habe. Auch in der Folgezeit habe der Kläger immer wieder geltend gemacht, er sei krank geschrieben, so etwa bei einer persönlichen Vorsprache am 7.11.2000, und er sei unter Hinweis auf seine Krankschreibung der Aufforderung des Arbeitsamtes zur Vorsprache nicht nachgekommen. Damit habe es im streitgegenständigen Zeitraum an der subjektiven Verfügbarkeit gefehlt. Soweit sich die deswegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) gegen die Ablehnung von Arbeitslosenhilfe in der Entscheidung des Landessozialgerichts richtete, wurde diese mit Beschluss des BSG vom 30.4.2003 (B 11 AL 203/02 B) als unzulässig verworfen.

Am 14.2.2000 meldete sich der Kläger laut einem Eintrag im Bewerberangebot der Beklagten (BewA) erneut arbeitslos und beantragte die erneute Zahlung von Arbeitslosenhilfe.

Außerdem sprach der Kläger am 23.12.2004 bei der Beklagten persönlich vor und beantragte, die Ablehnung von Arbeitslosenhilfe aus dem Jahr 2000 nach § 44 SGB X zu überprüfen. Bei der Ablehnung sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden. Durch die zwischenzeitlich durchgeführten Rechtsverfahren hätten sich neue Erkenntnisse ergeben. Der Antrag des Klägers auf Arbeitslosenhilfe vom 14.2.2000 ging bei der Beklagten erst am 30.12.2004 auf dem Antragsformular der Beklagten mit der Unterschrift des Klägers ein.

Mit Bescheid vom 4.1.2005 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag vom 23.12.2004 hinsichtlich der Überprüfung des Bescheides vom 19.1.2000 über die Ablehnung von Arbeitslosenhilfe ab dem 28.12.1999 ab, da sich ein anderer Sachverhalt nicht ergeben habe und auch die Rechtslage sich nicht geändert habe.

Mit weiterem Bescheid vom 4.1.2005 wurde die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe aufgrund des Antrags vom 14.2.2000, welcher am 30.12.2004 bei der Beklagten eingegangen ist, ebenfalls abgelehnt. Der Kläger habe seine Antragsunterlagen erst nach fast vier Jahren abgegeben, wobei ein Hinderungsgrund für eine rechtzeitige Antragsabgabe nicht erkennbar sei. Der Kläger habe daher seinen Lebensunterhalt seit der Antragsstellung anderweitig als durch den Bezug von Arbeitslosenhilfe bestreiten können. Der Kläger sei damit nicht bedürftig gewesen und habe keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Des weiteren sei der Kläger nach seinem damaligen Vorbringen anlässlich seiner Vorsprachen bei der Beklagten noch nicht in der Lage gewesen, der Arbeitsvermittlung aktuell zur Verfügung zu stehen.

Am 12.1.2005 legte der Kläger gegen beide Bescheide der Beklagten Widerspruch ein. Der Kläger trug vor, dass er seit 2000 seinen Lebensunterhalt durch die Aufnahme erheblicher Darlehen und Grundbuchbelastungen seines selbstbewohnten 1-Familienhauses habe sichern müssen, obwohl es sich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung insoweit um Schonvermögen handele. Fehlerhaft sei auch, dass die Beklagte aufgrund ihrer unrichtigen Aktennotizen und falschen Auslegungen von einer fehlenden Verfügbarkeit im streitgegenständigen Zeitraum ausgehe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.7.2005 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 4.1.2005 betreffend die Ablehnung des Antrags auf Arbeitslosenhilfe als unbegründet zurückgewiesen. Da der Kläger nach seinem Antrag vom 14.2.2000 die Antragsunterlagen erst am 30.12.2004 bei der Beklagten vorgelegt habe, sei zu vermuten, dass er seinen Lebensunterhalt und denjenigen seiner Familie auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestritten haben. Diese Vermutung sei nicht widerlegt worden.

Am 10.8.2005 hat der Kläger beim SG Klage gegen den Bescheid vom 4.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.7.2005 erhoben. Zur Begründung seiner Bedürftigkeit legte der Kläger ein Zwangsvollstreckungsbeschluss in sein Grundeigentum über eine Grundschuldhauptforderung in Höhe von 5.879,86 EUR + 6 % Zinsen ab dem 16.6.1958 vor.

Das SG forderte den Kläger mit Verfügung vom 15.12.2005 auf, seine Kontoauszüge zu den maßgeblichen Darlehenskonten vorzulegen sowie über den Stand des Vollstreckungsverfahrens bzgl. seines Hausgrundstückes zu berichten. Der Kläger hat hierauf trotz Erinnerung des SG bis zur mündlichen Verhandlung des SG nicht reagiert.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 24.1.2008 als unbegründet abgewiesen. Der Kläger sei im streitgegenständlichen Zeitraum vom 14.2.2000 bis zum 31.12.2004 weder arbeitslos noch bedürftig gewesen, weswegen ein Anspruch für diese Zeit nicht bestehe. Nach den §§ 118, 119 SGB III i. V. m. § 198 Satz 2 Nr. 1 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung sei ein Arbeitnehmer arbeitslos, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehe und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentliche umfassende Beschäftigung suche. Eine Beschäftigung suche, wer alle Möglichkeiten nutze und nutzen wolle, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden, und den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur zur Verfügung stehe. Den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur stehe zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit sei. Der Kläger sei im Sinne dieser Bestimmungen im streitigen Zeitraum nicht arbeitsfähig gewesen. Sowohl das SG (S 9 AL 1154/00) als auch das Landessozialgericht (L 5 AL 3492/01) hätten für die seinerzeit bereits streitbefangenen Zeiträume entschieden, dass der Kläger wegen gesundheitlicher Probleme und anderweitiger Aktivitäten und Verstrickungen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden habe. Ferner sei der Kläger auch bis mindestens 21.1.2000 arbeitsunfähig krank gewesen. Aufforderungen der Arbeitsagentur zur Vorsprache unter Hinweis auf seine Krankschreibung sei der Kläger nicht nachgekommen. Damit habe es an seiner subjektiven Verfügbarkeit gefehlt. Dem Mangel an subjektiver Verfügbarkeit habe es entsprochen, dass der Kläger bereits ab dem 24.4.1995 Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit beansprucht habe und bis zur Entscheidung des Landessozialgerichts in dieser Angelegenheit am 12.12.2002 (L 10 RA 734/00) davon ausgegangen sei, dass er erwerbsgemindert und daher aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeitsfähig sei. Auch in der Folgezeit habe sich an dieser eigenen Einschätzung des Klägers bis Ende 2004 nichts geändert. Dies werde dadurch offenkundig, dass der Kläger das Antragsformular zur Arbeitslosenhilfe vom 14.2.2000 bei der Beklagten jahrelang nicht eingereicht habe. Offenbar sei dies erst unter dem Druck drohender Verjährung des Anspruchs am 30.12.2004 erfolgt. Damit werde zusätzlich offenbar, dass der Kläger sich während des gesamten Zeitraums der Vermittlung in eine zumutbare berufliche Tätigkeit oder auch nur in eine Training- oder Fortbildungsmaßnahme (zur Verbesserung seiner Eingliederungschancen) nicht zur Verfügung habe stellen wollen.

Außerdem sei das SG auch davon überzeugt, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum nicht bedürftig gewesen sei. Nach § 193 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung sei ein Arbeitsloser bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreite oder bestreiten könne und das zu berücksichtigende Einkommen die Arbeitslosenhilfe nicht erreiche. Nicht bedürftig sei ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt sei. Ebenso wie die Beklagte sei das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger während des fraglichen Zeitraums seinen Lebensunterhalt und den seiner Tochter auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestritten habe. Diese Annahme rechtfertige sich bereits allein dadurch, dass er den Antragsvordruck bzgl. der Zahlung von Arbeitslosenhilfe ab dem 14.2.2000 erst nach fast 5 Jahren am 30.12.2004 bei der Arbeitsagentur eingereicht habe. Die derart verspätete Vorlage des Antrages, welche einer Verwirkung des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe nahe komme, sei ohne ersichtlichen Grund erfolgt. Die von der Beklagten verfolgte Annahme, der Kläger habe seinen Lebensunterhalt auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestritten, sei nicht widerlegt worden. Die im Verfahren vor dem SG gemachte Aufforderung der Beklagten und des Gerichts (Verfügung vom 15.12.2005), der Kläger möge seine Kontoauszüge zu den maßgeblichen Darlehenskonten vorlegen sowie über den Stand des Vollstreckungsverfahrens bzgl. seines Hausgrundstückes berichten, sei der Kläger nicht nachgekommen. Der Kläger habe offenbar das ihm gehörende Hausgrundstück, das er nach § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 der Alhi-VO nicht hätte verwerten müssen, aus eigenen Stücken mit Grundpfandrechten belastet und von Bankdarlehen gelebt. Der Kläger habe dies offenbar freiwillig getan und könne sich daher nun nicht mehr darauf berufen, dass das von ihm selbst bewohnte Hausgrundstück nach der genannten Bestimmung privilegiert sei und bei der Bedürftigkeitsprüfung nicht hätte berücksichtigt werden können und dürfen. Solange eine solche Überprüfung mangels der Vorlage von Unterlagen nicht durchführbar sei, bleibe es bei der Vermutung, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestritten habe. Das Urteil des SG wurde dem Kläger am 2.2.2008 zugestellt.

Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 26.2.2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG lägen die Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe im streitgegenständlichen Zeitraum vor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24.1.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.7.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 14.2.2000 bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe im gesetzlichen Umfang zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet.

Streitgegenstand ist vorliegend die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab dem 14.2.2000, die mit Bescheid vom 4.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.7.2005 von der Beklagten abgelehnt worden ist. Der andere Bescheid der Beklagten vom 4.1.2005 betreffend den Überprüfungsantrag nach § 44 SBG X hinsichtlich der Gewährung von Arbeitslosenhilfe bereits ab dem 28.12.1999 (Überprüfung des nach dem Beschluss des BSG vom 30.4.2003 - B 11 AL 203/02 B - bestandskräftigen Ablehnungsbescheides vom 19.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.3.2000) ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, nachdem der Kläger vor dem SG ausschließlich den Bescheid vom 4.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.7.2005 angegriffen hat, und der Widerspruchsbescheid insofern lediglich die Ablehnung von Arbeitslosenhilfe und keine Überprüfung nach § 44 SGB X betrifft. Das SG hat über den anderen Bescheid vom 4.1.2005 über die Überprüfung nach § 44 SGB X jedenfalls auch nicht entschieden, was vom Kläger bisher auch nicht gerügt worden ist. Eine Einbeziehung des anderen Bescheides vom 4.1.2005 ergibt sich auch weder aus § 86 SGG noch aus § 96 SGG. Die Klage hinsichtlich des anderen Bescheides vom 4.1.2005 nach § 44 SGB X zum SGG wäre daher auch unzulässig gewesen, weil insofern das nach § 78 SGG erforderliche Vorverfahren als Zulässigkeitsvoraussetzung für ein Klageverfahren nicht durchgeführt worden ist. Dass zwar auch hinsichtlich des anderen Bescheides nach § 44 SGB X ein Widerspruch eingelegt worden ist, ist bei dieser Sachlage unbeachtlich.

Endpunkt des streitgegenständlichen Zeitraums ist vorliegend der 31.12.2004 entsprechend dem diesbezüglichen Antrag des Klägers vor dem SG und der Entscheidung des SG. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung zur Arbeitslosenhilfe (BSG, Urt. v. 27.01.2005 - B 7a/7 AL 34/04 R -) und nunmehr auch für die Nachfolgeleistung, die Grundsicherung für Arbeitsuchende, eine Anwendung der Regelfrist für die Leistungsgewährung (jetzt: § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) auf die Leistungsversagung abgelehnt (BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R -), was vorliegend auch dem Verständnis des Ablehnungsbescheides nach dem Empfängerhorizont entspricht.

Allerdings hat dies vorliegend auch zur Folge, dass für die Zeit bis zur letzten Tatsachenentscheidung - hier des Beschlusses des Landessozialgerichts vom 2.9.2002 (L 5 AL 3492/01) bereits eine rechtskräftige Entscheidung über die Ablehnung von Arbeitslosenhilfe vorliegt. Die Klage zum SG ist daher für die Gewährung von Leistungen bis zum 2.9.2002 bereits aus diesem Grund aussichtslos. Hieraus ergibt sich aber auch die Aussichtslosigkeit der darüber hinausgehenden Klage für die Zeit ab dem 3.9.2002, weil insoweit ein wirksamer Antrag für eine Leistungsgewährung seit dem 3.9.2002 nicht vorliegt, vgl. § 323 SGB III, wonach Leistungen der Arbeitsförderung grundsätzlich nur auf Antrag erbracht werden. Zwar gelten Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe nach § 323 Abs. 1 Satz 2 SGB III bereits mit der persönlichen Arbeitslosmeldung als beantragt, wenn der Arbeitslose keine andere Erklärung abgibt. Da aber das Nichtbestehen eines Anspruchs durch das Landessozialgericht bis zum 2.9.2002 rechtskräftig festgestellt worden ist, wäre es für die Weitergewährung nach diesem Zeitpunkt erforderlich gewesen, sich erneut arbeitslos zu melden und (ggf. schlüssig, vgl. § 323 Abs. 1 Satz 2 SGB III) Arbeitslosenhilfe erneut zu beantragen. Neben der seitdem fehlenden Antragstellung steht der Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab dem 2.9.2002 aber auch entgegen, dass der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe selbst im Falle einer erneuten Antragstellung nach § 196 Satz 1 Nr. 2 SGB III in der im Jahr 2002 geltenden Fassung erloschen ist, weil seit dem letzten Tag des Bezugs von Arbeitslosenhilfe mehr als ein Jahr vergangen ist.

Der Kläger ist auf diese Gesichtspunkte, die bisher weder die Beklagte noch das SG ausdrücklich gewürdigt haben, in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 24.07.2008 gesondert hingewiesen worden und hatte Gelegenheit, zu diesen neu aufgetretenen rechtlichen Aspekten Stellung zu nehmen.

Abgesehen von diesen prozessualen Aspekten sind für den streitgegenständlichen Zeitraum auch die weiteren materiellen Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe nicht erfüllt.

Nach § 198 SGB III in der ab dem 1.1.2000 geltenden Fassung gelten der Anspruch auf Arbeitslosengeld, der Anspruch auf Anschlussunterhaltsgeld und der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, soweit nichts anderes bestimmt ist, als einheitlicher Anspruch auf Entgeltersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit. Auf die Arbeitslosenhilfe sind die Vorschriften über das Arbeitslosengeld insbesondere hinsichtlich der Arbeitslosigkeit und der persönlichen Arbeitslosmeldung entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten der Arbeitslosenhilfe nicht entgegenstehen.

Arbeitslos als Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ist nach § 118 Abs. 1 SGB III in der Fassung vom 1.1.1998 bis zum 31.12.2004 ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Nach § 119 SGB III in der im gleichen Zeitraum geltenden Fassung sucht eine Beschäftigung, wer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

Als weitere Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe gilt das Merkmal der Bedürftigkeit. § 193 SGB III in der vom 1.1.1998 bis zum 31.7.2001 geltenden Fassung definiert einen Arbeitslosen als bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Arbeitslosenhilfe nicht erreicht. Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt ist

Das SG hat vorliegend zutreffend entschieden, dass der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 14.2.2000 bis zum 31.12.2004 weder das Erfordernis der Verfügbarkeit noch das Erfordernis der Erreichbarkeit erfüllt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt.

Sowohl bei der Bedürftigkeit als auch bei der Verfügbarkeit handelt es sich um Leistungsvoraussetzungen, deren Nichterweislichkeit sich zu Lasten des Antragstellers auswirken.

Der Gesetzgeber hat in § 206 Nr. 1 SGB III das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist und unter welchen Voraussetzungen anzunehmen ist, dass der Arbeitslose seinen Lebensunterhalt auf andere Weise bestreitet oder bestreiten kann. Konform mit dieser Verordnungsermächtigung und unter Wahrung der gesetzlichen Grenzen hat der Verordnungsgeber in § 10 Nr. 2 der Alhi-VO vom 07.08.1974 (BGBl. I S. 1929), hier einschlägig in der Fassung des Gesetzes zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG vom 18.12.1992 (BGBl. I S. 2044), eine Vermutung für die Bestreitung des Lebensunterhaltes geregelt: Es ist anzunehmen, dass der Arbeitslose seinen Lebensunterhalt und den seines Ehegatten sowie seiner Kinder auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann, wenn sich nicht feststellen lässt, ob oder in welcher Höhe der Arbeitslose Einkommen oder Vermögen hat oder die Gesamtumstände der Lebensführung des Arbeitslosen jedoch den Schluss zulassen, dass er nicht oder nur teilweise bedürftig ist (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.10.2005 - L 19 (9) AL 126/04 -). Lässt sich zudem auch nach Ausschöpfen der erreichbaren Erkenntnisquellen nicht feststellen, ob der Hilfesuchende hilfebedürftig ist, dann geht das zu seinen Lasten (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - zur Sozialhilfe, Urteil vom 5.5.1983 - 5 C 112/81 - = BVerwGE 67, 163; Urteil vom 13.4.2000 - 5 B 14/00 -). Danach trägt der Hilfesuchende die (materielle) Beweislast für das Vorliegen der Hilfebedürftigkeit bzw. Bedürftigkeit.

Da der Kläger seinen Antrag auf Arbeitslosenhilfe erst nach fast fünf Jahren, nachdem er das Antragsformular erhalten hatte, abgegeben hat, hat die Beklagte zu Recht angenommen, dass nach dem Sachverhalt im Sinne von § 193 SGB III davon auszugehen ist, dass der Kläger insoweit seinen Lebensunterhalt auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestritten hat und bestreiten konnte. Der Kläger hat auch bisher keine nachvollziehbaren Angaben dazu gemacht, weshalb es zu dieser erheblichen Verspätung der Einreichung von Antragsunterlagen gekommen ist. Dies erscheint auch kaum möglich, weil der Kläger, sollte er bereits von einer ausreichenden Antragstellung am 14.2.2000 ausgegangen sein, zumindest einmal Nachfrage bei der Beklagten gehalten hätte, zumal wenn er der Auffassung war, die Leistung zu benötigen.

Die Zweifel an der Bedürftigkeit des Klägers reichten im Übrigen bis in das Klageverfahren hinein, da der Kläger die Anfrage des SG mit Verfügung vom 15.12.2005, er möge seine Kontoauszüge zu den maßgeblichen Darlehenskonten vorlegen und damit seine Bedürftigkeit näher belegen, vom Kläger trotz Erinnerung des SG bis zur Entscheidung des SG völlig ignoriert hat.

Selbst wenn der Kläger meinte, aufgrund des bereits anhängigen Rechtsstreits wegen des Bescheides vom 19.1.2000 wegen des früheren Antrags vom 28.12.1999 seine Rechte gewahrt zu haben (Widerspruchsbescheid vom 29.3.2000; Urteil des SG vom 23.5.2001 - S 9 AL 980/99 -; Beschluss des Landessozialgerichts vom 2.9.2002 - L 5 AL 3492/01 ; Beschluss des BSG vom 30.4.2003 - B 11 AL 203/02 B -), hätte er jedoch Veranlassung gehabt, spätestens nach der Entscheidung des BSG zur Jahresmitte 2003 seine Ansprüche gegen die Beklagte weiter zu verfolgen. Dass der Kläger auch nach der Entscheidung des BSG dann noch rund eineinhalb Jahre gewartet hat, um seinen alten Antrag auf Arbeitslosenhilfe vom 14.02.2000 wieder zu aktivieren, ist ein deutliches Indiz dafür, dass der Kläger wegen der drohenden Verjährung und nicht wegen seiner tatsächlich in der Vergangenheit vorliegenden Bedürftigkeit gehandelt hat.

Aufgrund dieser Umstände hat das SG auch bereits zu Recht die Verfügbarkeit des Klägers verneint. Aus seiner fehlenden Kontaktaufnahme mit der Beklagten sowie der zögerlichen Rückmeldungen und ausweichenden Verlegungsanträge auf Terminsbestimmungen der Beklagten ergibt sich aus dem Gesamtbild der Umstände die fehlende Verfügbarkeit des Klägers für die Vermittlungsbemühungen der Beklagten im Sinne von § 119 SGB III; hierzu wird für weitere Einzelheiten auf die Ausführungen des SG Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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