L 28 B 952/08 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 26 AS 245/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 952/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Potsdam vom 6. Februar 2008 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die nach § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 173 SGG eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht (SG) nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung), ist unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Voraussetzungen einer solchen Anordnung, die das SG im angefochtenen Beschluss im Einzelnen zutreffend dargelegt hat, liegen hier nicht vor.

Der Antragsteller, der die Übernahme von monatlichen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 433,85 Euro (davon Schuldzinsen in Höhe von 247,55 Euro und Heizkosten in Höhe von 78,00 Euro, die nach seinen Angaben stetig steigen) für die von ihm bewohnte, 75 qm große Eigentumswohnung geltend macht, mag durchaus einen Anspruch auf die (teilweise) Übernahme weiterer Kosten haben, die über die vom Antragsgegner für den Bewilligungsabschnitt vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. Mai 2008 bewilligten 280,00 Euro monatlich (176,00 Euro Grundmiete für einen 1 Personen Haushalt, 54,00 Euro Betriebskosten und 50,00 Euro Heizkosten) hinaus gehen. Zutreffend hat das Sozialgericht aber darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Angemessenheitsprüfung nach § 22 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), der allein als Rechtsgrundlage für einen solchen Anspruch in Betracht kommt, eine Privilegierung von Eigentümern gegenüber Mietern nicht zu rechtfertigen ist und also die angemessenen Kosten darauf zu begrenzen sind, was die Antragsgegnerin für einen 1 Personen Haushalt als angemessene Mietkosten zu übernehmen hätte. Aus der vom Antragsteller zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 7. November 2006 (B 7b AS 2/05 R, SozR 4-4200 § 12 Nr. 3 RdNr. 24) lässt sich das Gegenteil gerade nicht entnehmen. Das BSG hat im Anschluss an diese Entscheidung wiederholt entschieden, dass zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung von Mietern und Eigentümern von Immobilien nur auf die Größe einer angemessenen Mietwohnung abgestellt werden kann (Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 34/06 R und vom 18. Juni 2008 - B 14/11b AS 67/06 R, jeweils zitiert nach der Pressemitteilung). Allerdings entspricht die Vorgehensweise der Antragsgegnerin zur Bestimmung angemessener Unterkunftskosten im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II, die allein auf eine Richtlinie abstellt, nicht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 7. November 2006, B 7b AS 10/07 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 2 und B 7b AS 18/07 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 3), der sich der Senat in ständiger Rechtsprechung bereits angeschlossen hat. Es wird im Hauptsacheverfahren – wovon das SG zutreffend ausgegangen ist – zu ermitteln sein, in welcher Höhe Mietkosten im Wohnbereich des Antragstellers als angemessen anzusehen und von der Antragsgegnerin zu übernehmen sind. Dabei spricht einiges dafür, dass insbesondere die Angaben zur Kaltmiete den in Bezug genommenen Mietmarkt nicht zutreffend widerspiegeln und daher höhere Kosten zu übernehmen sind. Warmwasserkosten und (fiktive) Reinigungskosten, die der Antragsteller mit insgesamt 22,65 Euro monatlich beziffert hat, gehören allerdings keinesfalls zu den angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung.

Ein Anordnungsgrund besteht jedoch nicht, da wesentliche Nachteile, die mit einem Abwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache verbunden sind, dem Antragsteller nicht drohen. In einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO], 12. Ergänzungslieferung 2005, § 123 RdNrn. 165, 166 mit weiteren Nachweisen zur Parallelproblematik in § 123 VwGO). Die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und dementsprechend die Bejahung eines Anordnungsgrundes scheidet damit in aller Regel aus, soweit diese Dringlichkeit vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorgelegen hat. Hier ist schon nicht erkennbar, dass während des mittlerweile abgelaufenen Bewilligungszeitraumes bis zum 31. Mai 2008 ein Grund für eine besondere Eilbedürftigkeit vorgelegen hat. Erst recht ist nicht erkennbar, dass solche wesentlichen Nachteile über den Ablauf des Bewilligungsabschnitts hinaus zu nicht hinnehmbaren Einschränkungen führen. Der Antragsteller hat hierzu nichts vorgetragen. Es ist lediglich pauschal der Vortrag erfolgt, die bewilligten Leistungen deckten den laufenden Unterhalt nicht. Der Hypotheken-Darlehensvertrag ist mit einer Privatperson abgeschlossen. Sofern überhaupt derzeit Schuldzinsen gezahlt werden müssen, die über die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Antragstellers hinausgehen, ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass eine nicht mehr hinnehmbare Verschuldung des Antragstellers eingetreten ist oder gar die Zwangsversteigerung der Wohnung und damit Obdachlosigkeit droht. Bislang konnten der Lebensunterhalt und die Unterkunftskosten aus den zur Verfügung stehenden Einnahmen offenbar im Wesentlichen gedeckt werden. Im Falle seines (teilweisen) Obsiegens in der Hauptsache werden dem Antragsteller ggf. zu Unrecht vorenthaltene Leistungen nachgezahlt. Allein die Verfahrensdauer des Hauptsacheverfahrens vermag einen Anordnungsgrund nicht zu begründen.

Zutreffend hat das SG auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) mit einem weiteren Beschluss vom 6. Februar 2008 für das Antragsverfahren abgelehnt, denn die Bewilligung von PKH scheidet aus den genannten Gründen wegen fehlender Erfolgsaussicht (vgl. § 73a SGG in Verbindung mit §§ 114 ff Zivilprozessordnung [ZPO]) aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung und § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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