L 22 U 36/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 15 U 101/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 U 36/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 03. Juni 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist die Gewährung berufsfördernder Leistungen zur Rehabilitation des Klägers aus Anlass seines Arbeitsunfalls vom 22. Januar 1993.

Der Kläger verletzte sich am 22. Januar 1993 beim Absturz aus ca. 5 Meter Höhe von einem Baugerüst. Mit Bescheid vom 17. September 1999 erkannte die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Rente auf unbestimmte Zeit vom 11. Februar 1994 bis auf weiteres an. Als Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls wurden anerkannt:

Statisch dekompensierte sekundäre Skoliose, posttraumatische Osteochrondrose Th 12/L 1/L 1/L2 mit Spondylarthrose und posttraumatischer segmentaler Spinalkanalstenose bei L1 nach Bruch des 1. Lendenwirbelkörpers.

Der Kläger ist nach seinen Angaben aufgrund einer Berufsausbildung als Gasinstallateur/Klempner (1976-1978) zunächst von 1978 bis 1993 und damit auch am Unfalltag sowie ab 1996 bis zu der vom Arbeitgeber erfolgten Kündigung im Jahr 2000 und anschließend weiter bis ca. 3 Wochen vor dem 17. Juli 2008 als Bauklempner tätig gewesen.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalls Maßnahmen zur Berufsfindung und Arbeitserprobung mit Bescheid vom 12. Februar 1996 und Berufshilfe mit Bescheid vom 06. September 1996. Zuvor hatte der beratende Arzt Prof. Dr. S die Wirbelsäule des Klägers auf Dauer für nicht ausreichend belastbar und den Kläger in seinem Beruf für nicht ausreichend konkurrenzfähig erachtet. Der Kläger nahm an den Maßnahmen nicht teil und begründete dies nachträglich mit seiner Arbeitsunfähigkeit.

Der Kläger beantragte bei der Beklagten mit Schreiben vom 07. September 2000 eine Umschulung und begründete seinen Antrag mit Beschwerden im geschädigten Wirbelsäulenbereich, vor allem bei der beruflichen Belastung auf dem Bau.

Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. W ein, der berufliche Rehabilitationsmaßnahmen aus Anlass der Folgen des Unfalls vom 22. Januar 1993 nicht für indiziert erachtete. Die LWK- Fraktur sei ausgeheilt, Beschwerden seien auf unfallunabhängige Veränderungen zurückzuführen.

Mit Bescheid vom 20. Juni 2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation aus Anlass des Unfalls vom 22. Januar 1993 ab. Diese Leistungen seien gemäß §§ 26,35 SGB VII zu bewilligen, wenn der Versicherte wegen Art und Schwere der Folgen seines Unfalls an der Fortsetzung seiner bisherigen, vor dem Unfall ausgeübten Tätigkeit gehindert sei oder diese nur wesentlich erschwert wettbewerbsfähig erbringen könne. Der Kläger könne noch die zum Zeitpunkt des Unfalls ausgeübte Tätigkeit als Bauklempner bzw. eine gleichartige Tätigkeit auf Dauer verrichten. Aufgrund der verbliebenen Unfallfolgen ergebe sich keine Notwendigkeit für berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation, zumal er die Tätigkeit als Bauklempner seit dem Mai 1997 wieder ausgeübt habe. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 31. Juli 2001 zurück.

Mit der am 17. August 2001 beim Sozialgericht (SG) Cottbus eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst einen Anspruch auf Gewährung berufsfördernder Leistungen zur Rehabilitation aus Anlass des Unfalls vom 22. Januar 1993 weiter verfolgt: Vom Arbeitsamt Cottbus sei eine kaufmännische Umschulung vorgeschlagen worden.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Juni 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2001 zu verpflichten, ihm eine Umschulungsmaßnahme zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigte ihre Entscheidungen.

Das SG hat Befundberichte behandelnder Ärzte eingeholt und nahm die Berufsinformationskarten BO 261, 261/1 und 261/b für Feinblechner, Klempner zu den Akten.

Das SG holte ein Gutachten ein, das der Facharzt für Orthopädie Dr. B am 07. November 2002 aufgrund der Untersuchung vom 06. November 2002 erstattete. Er stellte eine Veränderung im Bereich des lumbosakralen Übergangs fest, eine radiologisch nachweisbare Veränderung, die mit Sicherheit ausschließlich auf schicksalshafte degenerative Prozesse, nicht aber auf Unfallfolgen zurückzuführen sei. Wesentlich sei, dass bei einer radiologischen Untersuchung in der Gemeinschaftspraxis K und A vom 13. März 2001 bei einer Darstellung der BWS in der Etage Th12 bis L3 sich eine frakturbedingte Einengung des Spinalkanals bis auf 9 mm habe nachweisen lassen. Hinweise für einen Bandscheibenprolaps seien (dort) nicht festgestellt worden. In der Etage L3/L4 sowie L4/ L5 seien unauffällige Verhältnisse vorhanden gewesen. Hingegen sei in der Etage L5/S1 ein dorso-medianer 6 mm großer Prolaps diagnostiziert worden. Der Kläger könne aufgrund der Unfallfolgen seine bisherige vor dem Unfall ausgeübte Tätigkeit als Bauklempner weiter ohne Einschränkungen fortsetzen. Allerdings bestünden unabhängig weitere Beeinträchtigungen im Bereich der Lendenwirbelsäule, die diese Tätigkeit nicht mehr möglich machten.

Mit dem am 03. Juni 2004 verkündeten Urteil hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung bezog sich das Gericht auf das Gutachten von Dr. B.

Gegen das dem Kläger am 26. Juni 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 20. Juli 2004 beim SG Cottbus eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, der Kläger leide unfallbedingt an erheblichen Rückenschmerzen bei gebeugter Tätigkeit. Er habe somit Anspruch auf eine angemessene Umschulung. Das Gutachten von Dr. H vom 07. Dezember 1998, das dieser aufgrund der Beweisanordnung vom 20. Mai 1997 im Verfahren L 1 U 19/95 erstattet hatte, sei nicht berücksichtigt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 03. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Juni 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2001, eine Umschulungsmaßnahme zu bewilligen, hilfsweise den Kläger nach der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf das Gutachten von Dr. B.

Unterlagen wurden zur Akte genommen, die im Rechtsstreit zum Geschäftszeichen L 27 U 69/04 beigezogen worden waren.

Ein ärztliches Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. T, das dieser für die LVA Brandenburg am 15. Juli 2002 erstellte hatte, gelangte zu den Gerichtsakten L 22 U 35/08. Dr. T nahm darin zur Frage der Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit Stellung. Er erachtete die Erwerbsfähigkeit des Klägers als "allenfalls leicht gefährdet". Eine Verbesserung der Erwerbsfähigkeit könne durch konservative Maßnahmen ambulant oder stationär mit großer Wahrscheinlichkeit erreicht werden. Das Leistungsvermögen des Klägers bezüglich des letzten Berufes als Klempner betrage 3 bis 6 Stunden. Eine vollschichtige Tätigkeit im Baugewerbe sei aus seiner Sicht nicht zu befürworten, mittel- bis langfristig würde die Tätigkeit mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Beschwerdezunahme und Wirbelsäulendekompensation führen können.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete der Facharzt für Orthopädie Dr. L am 17. Oktober 2006 ein Gutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers. Im Bereich des Bewegungsapparates stellte er als Gesundheitsstörungen aufgrund des Unfalls vom 22. Januar 1993 fest:

1. Ein posttraumatisches Lumbal- und Thorakalsyndrom bei in Fehlstellung in 2 Ebenen mit posttraumatischer Osteochondrose TH 12/L 1 und L 1/L 2 und Spondylarthrose nach knöchern verheilter Berstungsfraktur L 1 mit Verletzung der Bandscheibe TH 12/L 1.

2. Eine statische dekompensierte sekundäre Skoliose geringgradiger Ausprägung.

3. Die posttraumatische segmentale Spinalkanalstenose bei L 1 mit querobaler Deformierung des Duralsacks (Aktenstudium).

Er führte aus, dass zum Zeitpunkt der klinischen Untersuchung vom 17.10.2006 keine schwerwiegenden Schädigungen im Bereich der Lendenwirbelsäule bis auf die beschriebene angedeutete grossbogige rechtskonvexe Skoliose geringgradiger Ausprägung festgestellt werden könnten. Anhaltspunkte für eine Irritation, die den Nervenbahnen des Segments BWK 12/LWK 1 sowie LWK 1/LWK 2 zuzuordnen wäre, sei zum Zeitpunkt der klinischen Untersuchung nicht festgestellt worden. Der neurologische Untersuchungsbefund sei insgesamt unauffällig. Es seien keine Zeichen der Nervenwurzelirritation eines Segmentes der Lendenwirbelsäule gefunden worden. Der Reflexstatus sei seitengleich. Sensibilitätsstörungen seien nicht gefunden.Die Beweglichkeit des Achsenorgans sei insgesamt in allen Ebenen noch altersentsprechend erhalten. Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass die von dem Kläger geschilderten Beschwerden zum Zeitpunkt der klinischen Untersuchung zwar nicht aufgetreten seien, jedoch im Zusammenhang mit den Residuen der LWK 1-Kompressionsfraktur gesehen werden könnten. Der Kläger könne aufgrund des Unfalls seine bisher ausgeübte Tätigkeit als Bauklempner entsprechend BO 216 b unter der Voraussetzung weiter ausüben, dass gemäß BO 261/l Nr. 10 schwerste Arbeiten in Zwangshaltungen, speziell im Bücken vermieden würden.

Der Kläger verwies darauf, dass es für seinen Beruf zwingend erforderlich sei, in gebückter Haltung tätig zu sein und schwere Lasten zu heben, so dass er aufgrund dieser Einschränkung berufsunfähig sei. Auf die Nachfrage des Gerichts nahm Dr. L Stellung am 26. Juni 2007.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten zu den Geschäftszeichen S 7 U 148/99, S 7 U 40/94, S 7 U 40/94 (L 1 U 19/95, S 7 U 66/96, S 7 U 41/96, L 22 U 35/08), auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten 4/01831/93-7, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige und im Übrigen statthafte Berufung ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation aus Anlass des Unfalls vom 22. Januar 1993, auch nicht auf die konkret beantragte "Umschulungsmaßnahme".

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII). Die Vorschriften des ersten und Fünften Abschnitts des Dritten Kapitels (des SGB VII) gelten auch für Versicherungsfälle, die vor dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingetreten sind; dies gilt nicht für die Vorschrift über Leistungen an Berechtigte im Ausland, § 214 Abs. 1 S.1 SGB VII.

Nach § 26 Abs.1 SGB VII (zugehörig zum Ersten Abschnitt des Dritten Kapitels) haben Versicherte nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buchs Anspruchs auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, auf ergänzende Leistungen. Die Unfallversicherungsträger bestimmen im Einzelfall Leistungen zur Teilhabe, wie die Einrichtungen, die diese Leistungen erbringen, nach pflichtgemäßem Ermessen, § 26 Abs. 5 SGB VII.

Die Unfallversicherungsträger erbringen die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 33 bis 38 des Neunten Buches (SGB IX), soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts Abweichendes bestimmt ist, § 35 Abs. 1 SGB VII.

Gemäß § 33 Abs. 1 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit Behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Die Leistungen erfassen insbesondere:

1. Hilfen zur Erhaltung und Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich Leistungen zur Beratung und Vermittlung, Trainingsmaßnahmen und Mobilitätshilfen,

2. Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung,

3. Berufliche Anpassung und Weiterbildung, auch soweit die Leistungen einen zur Teilnahme erforderlichen schulischen Abschluss einschließen,

4. Berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden,

5. Gründungszuschuss entsprechend § 57 des Dritten Buches durch die Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 5,

6. Sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um behinderten Menschen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten.

Bei der Auswahl der Leistungen werden Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigt. Soweit erforderlich, wird dabei die berufliche Eignung abgeklärt.

Ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung besteht, wenn der Versicherte durch den Arbeitsunfall seinen Arbeitsplatz verloren hat bzw. zu verlieren droht oder wenn er seine bisherige Arbeit auf Dauer nicht mehr wettbewerbsfähig ausüben kann (Hauck/ Römer, SGB VII, K § 35 Rdz.3)

Der Unfallversicherungsträger bestimmt im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Leistungen zur Teilhabe sowie die Einrichtungen, die diese Leistungen erbringen, nach pflichtgemäßem Ermessen, § 26 Abs. 5 Satz 1 SGB VII, sodass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf "Umschulung", der nach § 33 Abs. 3 Ziffer 4 als berufliche Ausbildung in Betracht käme, nur dann begründbar wäre, wenn nicht nur die oben genannten Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben feststellbar wären sondern wenn zusätzlich der Ermessensspielraum der Beklagten aufgrund der tatsächlichen Umstände des vorliegenden Falles derart eingeschränkt wäre, dass die Beklagte nur eine einzige Entscheidung im Sinne des Klägers betreffen dürfte (so genannte Ermessensreduzierung auf Null).

Allerdings hat der Kläger bereits keinen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe gegen die Beklagte, da die oben genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Der Kläger hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass der Kläger infolge seines Arbeitsunfalls seine Arbeit verloren hat. Auch lässt sich nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 S.1 SGG) nicht zur Überzeugung des Senats zweifelsfrei feststellen, dass der Kläger seinen bisherigen Beruf auf Dauer nicht mehr wettbewerbsfähig ausüben kann. Keines der aktenkundigen Gutachten lässt diese Beurteilung zu.

Dr. B hat in seinem erstinstanzlich erstatteten Gutachten vom 07. November 2002 zwar ausgeführte, dass der Kläger eine Einschränkung für die Berufstätigkeit eines Bauklempners aufweise. Hierfür ist nach seiner dazu erfolgten Begründung eine körpereigene Ursache unfallunabhängig ursächlich, sodass nicht der Arbeitunfall wesentliche Ursache des Bandscheibenvorfalls und damit auch nicht dafür ist, dass der Kläger seinen Beruf nicht mehr ausüben kann.

Nach der im Unfallversicherungsrecht geltenden maßgeblichen Lehre von der wesentlichen Bedingung ist eine Bedingung als (mit-)ursächlich anzusehen, wenn sie im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen hat (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), BSGE 1, 76 ff.). Der Begriff der rechtlich wesentlichen Bedingung ist ein Wertbegriff. Die Frage, ob eine Bedingung für den Erfolg wesentlich ist, beurteilt sich nach dem Wert, den ihr die Auffassung des täglichen Lebens gibt (BSGE 12, 242, 245). Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen schädigender Einwirkung und Erkrankung ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend. Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Gewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286).

Dr. B hat auf der Grundlage des von ihm veranlassten MRT und des Befundes aus der radiologischen Gemeinschaftpraxis Dres. vom 13. März 2001 in der Etage L5/S1 einen Prolaps diagnostiziert, der nicht durch den Arbeitsunfall wesentlich verursacht wurde. Er wies darauf hin, dass beim Kläger der Nachweis eines lumbalen Bandscheibenvorfalls fernab vom ehemaligen Frakturgebiet und ein degenerativer Verschleiß mit Einengung des Neuroforamens L 5/S 1 vorliege, was bei dem Kläger die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hervorrufe und die Ursache dafür seien, dass er in seinem Beruf eingeschränkt sei.

Auch der Arzt im Krankenhaus N hat am 13.Marz 2001 eine Überweisung des Klägers in die Neurologische Station aufgrund "unfallunabhängiger Symptomatik L5/S1" veranlasst.

Zwar entnimmt Dr. L in seinem Befund zu einem MRT der LWS vom 07. November 2001 lediglich den Nachweis einer Protrusion, jedoch wird damit nicht bewiesen, dass der Kläger aufgrund von Folgen des Arbeitsunfalls seine Arbeit nicht mehr wettbewerbsfähig ausführen kann. Soweit Dr. T keine Hinweise für eine Bandscheibenschädigung bei L5/S1 eruiert hat, bleibt festzustellen, dass seinem Gutachten nicht zu entnehmen ist, dass ihm der Befundbericht vom 13. März 2001 vorgelegen hat. Er beurteilte Röntgenfremdaufnahmen der LWS vom 16. Juni 2000 und 08. November 2000. Er selbst veranlasste keine weiteren Aufnahmen.

Auch der Hinweis des Klägers auf das Gutachten von Dr. H vom 07. Dezember 1998 verhilft ihm nicht zum Erfolg im vorliegenden Rechtsstreit. Die Beklagte hat in Anlehnung an die von Dr. H festgestellten Unfallfolgen mit Bescheid vom 17. September 1999 diesem Gutachten Rechnung getragen. Dr. H hat eine posttraumatische Spinalkanalstenose bei L 1 mit Unfallfolge festgestellt. Diese hat die Beklagte mit Bescheid vom 17. September 1999 anerkannt. Auch hat er eine stabile höhergradige Wirbel- und Bandscheibenverletzung mit einem statisch wirksamen Achsenknick in zwei Ebenen und Ausheilung in dieser Fehlstellung mit sekundärer statisch kompensierter Skoliose festgestellt. Auch dies hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 17. September 1999 anerkannt: Statisch dekompensierte sekundäre Skoliose. Auch ein posttraumatisches Lumbal- und Thorakalsyndrom bei in Fehlstellung in zwei Ebenen mit posttraumatischer Osteochrondrose Th 12/L 1 und L 1/L 2 mit Spondylarthrose nach knöchern verheilter Berstungsfraktur L 1 mit Verletzung der Bandscheiben Th 12/L 1 hat die Beklagte die anerkannten Unfallfolgen übernommen. Des Weiteren hatte Dr. Hausgeführt:

Ob es durch die Spinalkanalstenose zu einer symptomatischen Nervenwurzelirritation kommt oder ob ggf. eine intrathekale Irritation vorliegt, mit den von Herrn M beklagten Sensibilitätsstörungen, ist durch eine neurologische Begutachtung zu klären.

Die Ursache hat der Gutachter damit offen gelassen.

Auch eine Auskunft von Dres. H und H an das SG Cottbus vom 15. April 2000 in dem Rechtsstreit 7 U 148/99, die den Kläger zuletzt am 09. April 1999 gesehen hatten, enthält die Angaben, Befunde hätten sich nicht erheblich verschlechtert. Auch ist dort von einer Instabilität nicht die Rede.

Das auf Antrag des Klägers erstattete Gutachten von Dr. L ergibt ebenfalls nicht, dass die anerkannten oder sonstige Unfallfolge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentliche Ursache dafür sind, dass der Kläger seinen Beruf als Bauklempner nur eingeschränkt ausüben kann. Dr. L hat in seinem Gutachten vom 07. Oktober 2006 lediglich die von der Beklagten anerkannten Unfallfolgen diagnostiziert. Der Gutachter führte aus, dass zum Zeitpunkt der klinischen Untersuchung vom 17. Oktober 2006 keine schwerwiegenden Schädigungen im Bereich der Lendenwirbelsäule bis auf die beschriebene angedeutete, großbogige rechtskonvexe Skoliose gering gradiger Ausprägung festgestellt worden seien. Anhaltspunkte für die Irritation, die die Nervenbahnen des Segments BWK 12/LWK 1 sowie LWK 1/LWK 2 zuzuordnen wären, hätten zum Zeitpunkt der klinischen Untersuchung nicht festgestellt werden können. Der neurologische Untersuchungsbefund sei insgesamt unauffällig gewesen. Es seien keine Zeichen der Nervenwurzelirritation eines Segmentes der Lendenwirbelsäule gefunden worden. Der Reflexstatus sei seitengleich gewesen. Sensibilitätsstörungen seien nicht gefunden worden. Die Beweglichkeit des Achsenorgans sei insgesamt in allen Ebenen noch altersentsprechend erhalten. Radiologisch zeige sich der Zustand der LWK 1-Kompressionsfraktur mit der daraus folgenden großbogigen rechtskonvexen Skoliose geringgradiger Ausprägung. Zusammenfassend könne daher festgestellt werden, dass die von dem Kläger geschilderten Beschwerden zum Zeitpunkt der klinischen Untersuchung zwar nicht aufgetreten seien, jedoch im Zusammenhang mit den Residuen der LWK 1-Kompressionsfraktur gesehen werden könnten.

Soweit der Gutachter meint, der Kläger könne aufgrund der Unfallfolgen seine bisher ausgeübte Tätigkeit als Bauklempner entsprechend BIK-BO bzw. gabi Nr. 216 b unter der Voraussetzung weiter ausüben, dass gemäß BO 261/l Nr. 10 schwerste Arbeiten in Zwangshaltungen, speziell im Bücken, vermieden würden, ist diese Beurteilung nicht überzeugend. Seine Begründung erschließt sich aus seiner Stellungnahme vom 26. Juni 2007, worin er ausführt:" Zum Zeitpunkt der klinischen Untersuchung lagen keine objektivierbaren neurologischen Störungen vor, die den Segmenten BWK 12/LWK 1 sowie LWK 1/LWK 2 zuzuordnen gewesen seien. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass in Zukunft aufgrund der statischen Situation der Wirbelsäule in den genannten Abschnitten es zu neurologischen Symptomatiken kommen kann, die als Folge der Unfallverletzung vom 22. Januar 1993 dann gesehen werden müssen." Damit begründet er seine Beurteilung lediglich mit der Möglichkeit einer Entwicklung.

Das Gutachten von Dr. L enthält keine Befunde, die darauf hinweisen könnten, dass der Kläger bei seiner Untersuchung überhaupt in irgendeiner Weise eingeschränkt gewesen ist. Dr. L eindeutig zum Ausdruck, dass zum Zeitpunkt seiner Untersuchung keine objektivierbaren Funktionseinschränkungen beim Kläger vorlagen. Der Gutachter hat keinen einzigen Befund dazu erhoben.

Die arterielle Durchblutung der unteren Extremitäten war normal. Die Bewegungsausmaße der Zehengelenke war entsprechend frei. Bei allen Bewegungsprüfungen der oberen und unteren Sprunggelenke wurden keine deutlichen Bewegungsschmerzen angegeben oder demonstriert. Bei den Bewegungsprüfungen der Kniegelenke waren keine Bewegungsschmerzen angegeben oder demonstriert. Im Bereich beider Kniegelenke fanden sich keine Funktionseinschränkungen. Die Muskulatur beider unteren Extremitäten war annähernd seitengleich ausgebildet. Es bestand kein Hinweis für eine deutliche Muskelverschmächtigung oder Abschwächung der groben Kraft. Es lagen keine außerhalb der Fehlergrenzen liegenden Umfangsdifferenzen in gleicher Höhe vor. Die Achsen beider Beine waren annähernd regelrecht. Bei allen Bewegungsprüfungen der Hüftgelenke wurden keine Bewegungsschmerzen angegeben oder demonstriert. Die Umfangsdifferenzen im Bereich der Ober- und Unterarme waren annähernd gleich. Bei der Rumpfbeugung wurden die Fingerspitzen und dem Fußboden bis auf ein Abstand von 30 cm genähert. Die Bewegungsprüfung der Lendenwirbelsäule ergab bei der Vorneigung und Rückstreckung, der Seitneigung nach rechts und links sowie der Drehung nach rechts und links einen insgesamt altersentsprechenden Befund. Beim Vorneigen kam es zum Ausgleich der Lendenwirbelsäule in Lordose. Das Aufrichten aus gebückter Stellung erfolgte zügig und ohne Heraustreten nach einer Seite. Im Vergleich zu den Untersuchungen im Sitzen, Stehen und Liegen konnten bezogen auf die Funktion der Kreuz-Darmbeinfugen keine Auffälligkeiten festgestellt werden. Auch bei den Bewegungsprüfungen der Brustwirbelsäule wurden keine Beschwerden angegeben oder demonstriert. Im Bereich der Brustwirbelsäule war bei der Bewegungsprüfung des Rumpfes im Sinne der Vorneigung und Rückstreckung ein insgesamt altersentsprechender Befund erhoben worden. Auffälligkeiten wurden nicht beobachtet. Die Seitneigung nach rechts und links sowie die Drehbewegung der Brustwirbelsäule nach rechts und links wurden altersentsprechend demonstriert. Eine deutliche über das altersphysiologische Maß hinausgehende schmerzhafte Bewegungseinschränkung bestand nicht. Auch die erhobenen Befunde zu den Schultern und zur Halswirbelsäule waren ohne Befund.

Auch das ärztliche Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. H vom Ärztlichen Dienst des Arbeitsamtes Cottbus vom 07. September 1994 führt nicht zum erforderlichen Beweis, dass der Kläger seine Arbeit nicht mehr wettbewerbsfähig ausführen kann. Er erachtete den Kläger für geeignet, für vollschichtige Tätigkeiten in Werkhallen oder temperierten Räumen, die jedoch überwiegend sitzend mit kurzen Anteilen im Gehen und Stehen möglich seien. Übertragen werden solle eine ausschließlich leichte Tätigkeit, wobei häufiges Bücken, Tätigkeiten in Zwangshaltungen, sowie das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg zu vermeiden seien. Er erachtete eine weitere Ausübung des Berufs als Installateur oder Klempner nicht für möglich. Allerdings ist dem Gutachten eine Begründung nicht zu entnehmen.

Auch Dr. T gelangt zwar im Ergebnis zu der derselben Beurteilung wie Dres. L und H, aber auch sein Ergebnis ist nicht überzeugend begründet. Er meinte, die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei allenfalls leicht gefährdet. Ein HWS- Syndrom war in die Beurteilung einbezogen. Er differenzierte nicht nach der Ursache, da dies für sein Gutachten nicht relevant war.

Der Kläger verweist darauf, er sehe die Argumentation des Gerichts, dass der Umstand, dass er während der Verfahrensdauer von 4 Jahren gearbeitet habe, zeige, dass er arbeiten könne, als befremdlich an: wovon hätte er im schwebenden Verfahren leben und seine Familie ernähren sollen. Dies insoweit nicht nachvollziehbar, als die Beklagte dem Kläger Berufshilfe angeboten und er diese Angebote seinerzeit nicht angenommen hatte.

Zudem macht das Gutachten von Dr. L deutlich, dass der Kläger nicht auf Kosten seiner Gesundheit gearbeitet hat, da er keinerlei Befunde erhoben hat, die auf eine Verschlechterung hinweisen und hingegen nicht einen Befund zu Funktionseinsschränkungen erhoben hat.

Nach allem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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