Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 18 U 17/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 B 257/08 U ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt/ Oder vom 05. April 2008 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird auf 25 367, 89 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) Beschwerde der Antragstellerin (Ast) ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt/Oder im angefochtenen Beschluss vom 05. April 2008 die Anträge der Ast
1. auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 16. Januar 2008 gegen den Beitragsvorschussbescheid der Antragsgegnerin (Ageg) vom 02. Januar 2008 anzuordnen, (hilfsweise) 2. der Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung (eA) aufzugeben, den Beitragsvorschussbescheid vom 02. Januar 2008 nicht zu vollziehen, bis über den Antrag auf Neuveranlagung durch die Ageg entschieden wurde,
nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGG abgelehnt.
1. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Vorschrift ist auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar, denn nach § 164 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), der eine Regelung im Sinne von § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG trifft, entfällt die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage u. a. bei Entscheidungen über Versicherungs- und Beitragspflichten sowie der Anforderung von Beiträgen einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten.
Jedoch liegen die sonstigen Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Ob die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen ist oder nicht, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, wobei das private Interesse des Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Um eine Entscheidung zugunsten des Bescheidadressaten zu treffen, ist zumindest erforderlich, dass bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides bestehen (vgl zum Meinungsstand: Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2005, RdNr 197 ff). Ist in diesem Sinne eine Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens zu bejahen, ist weiterhin Voraussetzung, dass dem Betroffenen das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann, also ein gewisses Maß an Eilbedürftigkeit besteht.
Vorliegend bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des nach §§ 164, 168 SGB VII erlassenen Beitragsvorschussbescheides vom 02. Januar 2008. Die Ageg hat darin die Beitragsvorauszahlungen für das Jahr 2007 und die ersten beiden Teilbeträge für 2008 entsprechend den von der Ast mit Schreiben vom 21. Dezember 2007 angemeldeten Brutto-Arbeitsentgelten für 2007 berechnet und festgesetzt. Soweit die Ageg in ihrem Widerspruchsschreiben betreffend den Beitragsvorschussbescheid vom 02. Januar 2008 darauf hinweist, dass in der Gefahrklasse 4,5 Reinigung auch ihre Mitarbeiter aus dem Bereich Patientenmanagement (ausschließlich Bürotätigkeiten), Technik, Logistik (z. B. Kraftfahrzeugführer, Lagerarbeiter und Mitarbeiter des Hol- und Bringedienstes) und Service/Catering (hier: Köche und Küchenmitarbeiter sowie Stationshilfen) enthalten seien, für die es eine separate Einstufung geben müsse, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Dies sind Einwendungen, die die Ast im Rahmen einer Anfechtung des Veranlagungsbescheides vom 12. November 2007 hätte geltend machen müssen. Dieser Bescheid ist jedoch bestandskräftig geworden. Aus demselben Grund greift auch der Einwand der sachlichen Unzuständigkeit der Ast, der erstmals mit dem anwaltlichen Schreiben vom 11. Februar 2008 erhoben wurde, nicht durch. Denn der Aufnahmebescheid vom 12. November 2007, mit dem die Ageg auf die Anzeige der Ast über die Geschäftsaufnahme (Schreiben vom 05. Juli 2007) - nach Durchführung von Ermittlungen, u. a. einer Anfrage bei der von ihr zunächst für zuständig erachteten Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (Schreiben vom 18. Juli 2007) - ihre Zuständigkeit bejaht hat, ist bestandskräftig geworden.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. § 67 SGG gegen die Versäumung der Anfechtungsfristen bezüglich des Veranlagungsbescheides vom 12. November 2007 und des Aufnahmebescheides vom 12. November 2007 sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Eine Durchbrechung der Bestandskraft aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kommt nicht in Betracht. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zutreffende und ausführliche Darlegung in dem angefochtenen Beschluss [S. 6 ff. zu 2. c) aa) und cc)] verwiesen.
Bestandskräftige Verwaltungsakte sind für die erlassende Behörde und den Adressaten verbindlich (§ 77 SGG). Sie gestalten, selbst wenn sie rechtswidrig sind, die Rechtslage, denn sie werden mit ihrer Bekanntgabe wirksam [§ 39 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)] und bleiben – sofern sie nicht offensichtlich an einem besonders schwerwiegenden Fehler leiden (§ 39 Abs. 3, § 40 Abs. 1 SGB X) – wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt sind (§ 39 Abs. 2 SGB X). Anhaltspunkte dafür, dass der Aufnahmebescheid vom 12. November 2007 wegen sachlicher Unzuständigkeit der Ageg nichtig wäre und deshalb von vornherein keine Bindungswirkung entfaltete (vgl. § 39 Abs. 3 SGB X), liegen nicht vor. Selbst wenn die Ageg nicht die sachlich zuständige BG wäre – wie es von der Ast behauptet wird –, führte dies nicht dazu, dass der Aufnahmebescheid vom 12. November 2007 deshalb offensichtlich an einem besonders schwerwiegenden Fehler litte und damit nichtig wäre. Es gibt – wie das SG zutreffend ausgeführt hat - Gründe, die für eine sachliche Zuständigkeit der Ageg sprechen (S. 7 unter 2. bb) des Beschlusses). Sollte das Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X ergeben, dass die Ageg tatsächlich die unzuständige BG ist, wird sie das hierfür nach § 136 Abs. 1 S. 4 und 5, Abs. 2 SGB VII vorgesehene Überweisungsverfahren an die dann zuständige BG in die Wege leiten. Auch insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Beschluss [S. 6 ff. zu 2. c) bb) und dd)] sowie ergänzend auf die Stellungnahme der Ageg vom 06. März 2008.
Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Vollziehung des Beitragsvorschuss-bescheides für die Ast eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Hierfür ist zu fordern, dass die Ast durch die Zahlung des von der Ageg verlangten Beitragsvorschusses in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten geriete oder sogar in ihrer Existenz gefährdet wäre. Die Ast hat dies zwar vorgetragen, jedoch nicht glaubhaft gemacht. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers J in dem Schreiben vom 18. Februar 2008 genügt nicht diesen Anforderungen. Herr J trägt lediglich vor, die Ast schließe das Wirtschaftsjahr 2007 mit einem Ergebnis nach Steuern in Höhe von 5.700 EUR ab. Diese knappe Begründung lässt jedoch keinen Rückschluss auf die tatsächliche Liquiditätssituation der Ast zu wie das SG zutreffend ausgeführt hat [vgl. S. 8, 9 zu 2. c)]. Zudem hat die Ageg zu Recht darauf hingewiesen, dass die Umlage zur gesetzlichen Unfallversicherung wie die Sozialversicherungsbeiträge Teil der Lohnkosten sind und daher sowohl in die Preiskalkulation eingeflossen als auch bei der Gewinnermittlung eingestellt sind. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Beitragsforderung für das Jahr 2007 durch den Umlagebescheid (§ 168 SGB VII) vom 25. April 2008 und den Änderungsbescheid vom 15. Mai 2008 unter Berücksichtigung der Ergebnisse der im April 2008 durchgeführten Betriebsprüfung auf 76.617,26 EUR reduziert worden ist.
2. Der (nach dem Vorbringen im Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 05. März 2008 hilfsweise gestellte) Antrag, der Ageg im Wege der eA aufzugeben, den Beitragsvorschussbescheid vom 02. Januar 2008 nicht zu vollziehen, bis über den Antrag auf Neuveranlagung durch die Ageg entschieden wurde, hat ebenfalls keinen Erfolg.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Eine solche Regelungsanordnung ist geboten, wenn der Anordnungsanspruch, d.h. die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren begehrt wird, und der Anordnungsgrund, d.h. die Eilbedürftigkeit der begehrten vorläufigen Regelung, mit Wahrscheinlichkeit vorliegen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO-). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die zu treffende Eilentscheidung kann, wie das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung in Zusammenhang mit Leistungen nach dem Zweiten und dem Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB II bzw. XII) betont hat (Beschluss vom 12. Mai 2005, NVwZ 2005, S. 927 ff), sowohl auf eine Folgenabwägung (Folgen einer Stattgabe gegenüber den Folgen bei Ablehnung des Eilantrages) als auch alternativ auf eine Überprüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Im Vordergrund steht dabei für den Senat die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache (Anordnungsanspruch), ergänzt um das Merkmal der Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund), um differierende Entscheidungen im Eil- und Hauptsachever-fahren möglichst zu vermeiden. Die Antragstellerin hat für die von ihr begehrte eA unter Berücksichtigung der Bestandskraft des Aufnahmebescheids vom 12. November 2007 und des Veranlagungsbescheids vom 12. November 2007 einerseits und - wie bereits dargelegt - des fehlenden Nachweises drohender existentieller wirtschaftlicher Schwierigkeiten bei Vollzug der Beitragsvorschussforderung andererseits weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund in einem die (zeitweise) Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Maße glaubhaft gemacht. Im Rahmen der Folgenabwägung ist zudem zu Lasten der Ast zu berücksichtigen, dass diese auch bei – unterstellter – Unzuständigkeit der Ageg verpflichtet wäre, der zuständigen BG Beiträge zu entrichten, des Weiteren, dass die Ageg bis zu einer Entscheidung nach § 136 Abs. 1 S. 4 und 5 SGB VII die gemeldeten Arbeitsunfälle der Arbeitnehmer der Ast (vgl. die sich in der Verwaltungsakte befindlichen Durchgangsarztberichte) zu entschädigen hat (§ 137 SGB VII), also für die Ast haftungsbefreiend (§ 104 SGB VII) Leistungen zu erbringen hat.
Im Ergebnis ist das an den Senat herangetragene einstweilige Rechtsschutzbegehren nicht anders zu beurteilen, wenn man an Stelle des ursprünglich angefochtenen Beitragsvorschussbescheides vom 02. Januar 2008 den endgültigen Beitrags( Umlage)bescheid vom 25. April 2008 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 15. Mai 2008 der Prüfung zu Grunde legen würde. Der Beitragsvorschussbescheid vom 02. Januar 2008 dürfte durch den endgültigen Beitrags(Umlage)bescheid vom 25. April 2008 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 15. Mai 2008 ersetzt worden sein (§ 86 SGG) und diesen gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt haben. Soweit gegen diese Bescheide von der Ast im laufenden Widerspruchsverfahren ebenfalls der Einwand der fehlenden Zuständigkeit der Ageg vorgebracht wird, gilt das zuvor für den Beitragsvorschussbescheid Ausgeführte. Insbesondere fehlt es sowohl für eine Anordnung nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG als auch nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG nach wie vor an der Glaubhaftmachung einer unbilligen Härte bzw. eines erheblichen Nachteils. Insoweit wird ebenfalls auf die zuvor gemachten Ausführungen bzgl. des Beitragsvorschussbescheides Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 197a Abs 1 S. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Streitwert in Höhe eines Viertels der Beitragsforderung bestimmt sich nach § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) und trägt dem Umstand Rechnung, dass vorliegend nicht die Hauptsache, sondern eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren streitbefangen ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
Die zulässige (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) Beschwerde der Antragstellerin (Ast) ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt/Oder im angefochtenen Beschluss vom 05. April 2008 die Anträge der Ast
1. auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 16. Januar 2008 gegen den Beitragsvorschussbescheid der Antragsgegnerin (Ageg) vom 02. Januar 2008 anzuordnen, (hilfsweise) 2. der Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung (eA) aufzugeben, den Beitragsvorschussbescheid vom 02. Januar 2008 nicht zu vollziehen, bis über den Antrag auf Neuveranlagung durch die Ageg entschieden wurde,
nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGG abgelehnt.
1. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Vorschrift ist auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar, denn nach § 164 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), der eine Regelung im Sinne von § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG trifft, entfällt die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage u. a. bei Entscheidungen über Versicherungs- und Beitragspflichten sowie der Anforderung von Beiträgen einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten.
Jedoch liegen die sonstigen Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Ob die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen ist oder nicht, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, wobei das private Interesse des Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Um eine Entscheidung zugunsten des Bescheidadressaten zu treffen, ist zumindest erforderlich, dass bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides bestehen (vgl zum Meinungsstand: Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2005, RdNr 197 ff). Ist in diesem Sinne eine Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens zu bejahen, ist weiterhin Voraussetzung, dass dem Betroffenen das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann, also ein gewisses Maß an Eilbedürftigkeit besteht.
Vorliegend bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des nach §§ 164, 168 SGB VII erlassenen Beitragsvorschussbescheides vom 02. Januar 2008. Die Ageg hat darin die Beitragsvorauszahlungen für das Jahr 2007 und die ersten beiden Teilbeträge für 2008 entsprechend den von der Ast mit Schreiben vom 21. Dezember 2007 angemeldeten Brutto-Arbeitsentgelten für 2007 berechnet und festgesetzt. Soweit die Ageg in ihrem Widerspruchsschreiben betreffend den Beitragsvorschussbescheid vom 02. Januar 2008 darauf hinweist, dass in der Gefahrklasse 4,5 Reinigung auch ihre Mitarbeiter aus dem Bereich Patientenmanagement (ausschließlich Bürotätigkeiten), Technik, Logistik (z. B. Kraftfahrzeugführer, Lagerarbeiter und Mitarbeiter des Hol- und Bringedienstes) und Service/Catering (hier: Köche und Küchenmitarbeiter sowie Stationshilfen) enthalten seien, für die es eine separate Einstufung geben müsse, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Dies sind Einwendungen, die die Ast im Rahmen einer Anfechtung des Veranlagungsbescheides vom 12. November 2007 hätte geltend machen müssen. Dieser Bescheid ist jedoch bestandskräftig geworden. Aus demselben Grund greift auch der Einwand der sachlichen Unzuständigkeit der Ast, der erstmals mit dem anwaltlichen Schreiben vom 11. Februar 2008 erhoben wurde, nicht durch. Denn der Aufnahmebescheid vom 12. November 2007, mit dem die Ageg auf die Anzeige der Ast über die Geschäftsaufnahme (Schreiben vom 05. Juli 2007) - nach Durchführung von Ermittlungen, u. a. einer Anfrage bei der von ihr zunächst für zuständig erachteten Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (Schreiben vom 18. Juli 2007) - ihre Zuständigkeit bejaht hat, ist bestandskräftig geworden.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. § 67 SGG gegen die Versäumung der Anfechtungsfristen bezüglich des Veranlagungsbescheides vom 12. November 2007 und des Aufnahmebescheides vom 12. November 2007 sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Eine Durchbrechung der Bestandskraft aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kommt nicht in Betracht. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zutreffende und ausführliche Darlegung in dem angefochtenen Beschluss [S. 6 ff. zu 2. c) aa) und cc)] verwiesen.
Bestandskräftige Verwaltungsakte sind für die erlassende Behörde und den Adressaten verbindlich (§ 77 SGG). Sie gestalten, selbst wenn sie rechtswidrig sind, die Rechtslage, denn sie werden mit ihrer Bekanntgabe wirksam [§ 39 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)] und bleiben – sofern sie nicht offensichtlich an einem besonders schwerwiegenden Fehler leiden (§ 39 Abs. 3, § 40 Abs. 1 SGB X) – wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt sind (§ 39 Abs. 2 SGB X). Anhaltspunkte dafür, dass der Aufnahmebescheid vom 12. November 2007 wegen sachlicher Unzuständigkeit der Ageg nichtig wäre und deshalb von vornherein keine Bindungswirkung entfaltete (vgl. § 39 Abs. 3 SGB X), liegen nicht vor. Selbst wenn die Ageg nicht die sachlich zuständige BG wäre – wie es von der Ast behauptet wird –, führte dies nicht dazu, dass der Aufnahmebescheid vom 12. November 2007 deshalb offensichtlich an einem besonders schwerwiegenden Fehler litte und damit nichtig wäre. Es gibt – wie das SG zutreffend ausgeführt hat - Gründe, die für eine sachliche Zuständigkeit der Ageg sprechen (S. 7 unter 2. bb) des Beschlusses). Sollte das Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X ergeben, dass die Ageg tatsächlich die unzuständige BG ist, wird sie das hierfür nach § 136 Abs. 1 S. 4 und 5, Abs. 2 SGB VII vorgesehene Überweisungsverfahren an die dann zuständige BG in die Wege leiten. Auch insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Beschluss [S. 6 ff. zu 2. c) bb) und dd)] sowie ergänzend auf die Stellungnahme der Ageg vom 06. März 2008.
Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Vollziehung des Beitragsvorschuss-bescheides für die Ast eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Hierfür ist zu fordern, dass die Ast durch die Zahlung des von der Ageg verlangten Beitragsvorschusses in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten geriete oder sogar in ihrer Existenz gefährdet wäre. Die Ast hat dies zwar vorgetragen, jedoch nicht glaubhaft gemacht. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers J in dem Schreiben vom 18. Februar 2008 genügt nicht diesen Anforderungen. Herr J trägt lediglich vor, die Ast schließe das Wirtschaftsjahr 2007 mit einem Ergebnis nach Steuern in Höhe von 5.700 EUR ab. Diese knappe Begründung lässt jedoch keinen Rückschluss auf die tatsächliche Liquiditätssituation der Ast zu wie das SG zutreffend ausgeführt hat [vgl. S. 8, 9 zu 2. c)]. Zudem hat die Ageg zu Recht darauf hingewiesen, dass die Umlage zur gesetzlichen Unfallversicherung wie die Sozialversicherungsbeiträge Teil der Lohnkosten sind und daher sowohl in die Preiskalkulation eingeflossen als auch bei der Gewinnermittlung eingestellt sind. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Beitragsforderung für das Jahr 2007 durch den Umlagebescheid (§ 168 SGB VII) vom 25. April 2008 und den Änderungsbescheid vom 15. Mai 2008 unter Berücksichtigung der Ergebnisse der im April 2008 durchgeführten Betriebsprüfung auf 76.617,26 EUR reduziert worden ist.
2. Der (nach dem Vorbringen im Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 05. März 2008 hilfsweise gestellte) Antrag, der Ageg im Wege der eA aufzugeben, den Beitragsvorschussbescheid vom 02. Januar 2008 nicht zu vollziehen, bis über den Antrag auf Neuveranlagung durch die Ageg entschieden wurde, hat ebenfalls keinen Erfolg.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Eine solche Regelungsanordnung ist geboten, wenn der Anordnungsanspruch, d.h. die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren begehrt wird, und der Anordnungsgrund, d.h. die Eilbedürftigkeit der begehrten vorläufigen Regelung, mit Wahrscheinlichkeit vorliegen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO-). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die zu treffende Eilentscheidung kann, wie das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung in Zusammenhang mit Leistungen nach dem Zweiten und dem Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB II bzw. XII) betont hat (Beschluss vom 12. Mai 2005, NVwZ 2005, S. 927 ff), sowohl auf eine Folgenabwägung (Folgen einer Stattgabe gegenüber den Folgen bei Ablehnung des Eilantrages) als auch alternativ auf eine Überprüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Im Vordergrund steht dabei für den Senat die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache (Anordnungsanspruch), ergänzt um das Merkmal der Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund), um differierende Entscheidungen im Eil- und Hauptsachever-fahren möglichst zu vermeiden. Die Antragstellerin hat für die von ihr begehrte eA unter Berücksichtigung der Bestandskraft des Aufnahmebescheids vom 12. November 2007 und des Veranlagungsbescheids vom 12. November 2007 einerseits und - wie bereits dargelegt - des fehlenden Nachweises drohender existentieller wirtschaftlicher Schwierigkeiten bei Vollzug der Beitragsvorschussforderung andererseits weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund in einem die (zeitweise) Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Maße glaubhaft gemacht. Im Rahmen der Folgenabwägung ist zudem zu Lasten der Ast zu berücksichtigen, dass diese auch bei – unterstellter – Unzuständigkeit der Ageg verpflichtet wäre, der zuständigen BG Beiträge zu entrichten, des Weiteren, dass die Ageg bis zu einer Entscheidung nach § 136 Abs. 1 S. 4 und 5 SGB VII die gemeldeten Arbeitsunfälle der Arbeitnehmer der Ast (vgl. die sich in der Verwaltungsakte befindlichen Durchgangsarztberichte) zu entschädigen hat (§ 137 SGB VII), also für die Ast haftungsbefreiend (§ 104 SGB VII) Leistungen zu erbringen hat.
Im Ergebnis ist das an den Senat herangetragene einstweilige Rechtsschutzbegehren nicht anders zu beurteilen, wenn man an Stelle des ursprünglich angefochtenen Beitragsvorschussbescheides vom 02. Januar 2008 den endgültigen Beitrags( Umlage)bescheid vom 25. April 2008 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 15. Mai 2008 der Prüfung zu Grunde legen würde. Der Beitragsvorschussbescheid vom 02. Januar 2008 dürfte durch den endgültigen Beitrags(Umlage)bescheid vom 25. April 2008 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 15. Mai 2008 ersetzt worden sein (§ 86 SGG) und diesen gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt haben. Soweit gegen diese Bescheide von der Ast im laufenden Widerspruchsverfahren ebenfalls der Einwand der fehlenden Zuständigkeit der Ageg vorgebracht wird, gilt das zuvor für den Beitragsvorschussbescheid Ausgeführte. Insbesondere fehlt es sowohl für eine Anordnung nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG als auch nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG nach wie vor an der Glaubhaftmachung einer unbilligen Härte bzw. eines erheblichen Nachteils. Insoweit wird ebenfalls auf die zuvor gemachten Ausführungen bzgl. des Beitragsvorschussbescheides Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 197a Abs 1 S. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Streitwert in Höhe eines Viertels der Beitragsforderung bestimmt sich nach § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) und trägt dem Umstand Rechnung, dass vorliegend nicht die Hauptsache, sondern eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren streitbefangen ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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