Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 42 RA 554/04
Datum
-
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 R 150/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufungen werden zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist die Statusfeststellung, dass der Kläger seit April 2000 bei dem Beigeladenen abhängig beschäftigt war.
Der 1944 in P. geborene Kläger ist von Beruf Goldschmied. Er war vom 1. April 1959 bis 31. Dezember 1966 in der Rentenversicherung der Arbeiter mit Pflichtbeiträgen, vom 1. Januar 1967 bis 31. Dezember 1969 mit freiwilligen Beiträgen und vom 1. Juli 1975 bis 30. September 1975 wieder mit Pflichtbeiträgen versichert. 1977 und 1978 und in den Jahren 1980 bis 1984 entrichtete er Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Angestellten. Den von der Beklagten in Ablichtung vorgelegten Verwaltungsvorgängen (die Original-Verwaltungsakten sind bei ihr abhanden gekommen) ist zu entnehmen, dass der Kläger, als er in N./Kreis N1 lebte, der dortigen Allgemeinen Ortskrankenkasse im Jahre 1991 Gesamtsozialversicherungsbeiträge schuldete.
Am 2. Mai 2000 beantragte der Beigeladene (F. S. c/o F1) bei der Beklagten die Statusfeststellung, dass der Kläger, der als Auftragnehmer eine Tätigkeit als Zeitungszusteller bei ihm ausübe, eine selbstständige Tätigkeit verrichte und keine Beschäftigung vorliege.
Die Beklagte stellte nach erfolgter Anhörung mit Bescheid vom 15. Juli 2002 fest, dass der Kläger seit 1. April 2000 die Tätigkeit als Zeitungszusteller für den Beigeladenen als abhängig Beschäftigter ausübe und eine Beschäftigung vorliege. Bei Gesamtwürdigung aller Tatsachen überwögen die Merkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen.
Hiergegen erhoben der Kläger und der Beigeladene Widerspruch. Der Kläger führte aus, er sei nicht in die betriebliche Organisation des Beigeladenen eingebunden, sei weder persönlich noch wirtschaftlich von ihm abhängig und unterliege nicht seinem Direktionsrecht. Dass die Zustellung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. innerhalb eines festgelegten Zeitraumes zu erfolgen habe, sei der Zeitungszustellung immanent. Die von der Agentur des Beigeladenen, für die er nicht mehr tätig sei, erhaltenen Einnahmen habe er in seinen Geschäftsbüchern verbucht.
Die Beklagte wies die Widersprüche zurück (Widerspruchsbescheide vom 28. Juni 2004). Die Eingliederung des Klägers in den Betrieb des Beigeladenen zeige sich bereits in der ihm gemachten Arbeitszeitvorgabe. Die Zustellung habe innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens erfolgen müssen. Hinsichtlich der Arbeitszeit sei dem Kläger nur scheinbar Gestaltungsfreiheit eingeräumt gewesen. Der vorgegebene zeitliche Rahmen sei zwar nicht exakt nach Stunden oder Minuten bestimmt gewesen, aber doch derart hinreichend eingegrenzt, dass er im Sinne der Rechtsprechung als Merkmal der persönlichen Abhängigkeit, also als Arbeitnehmereigenschaft, zu qualifizieren sei. Weil dies für die Zeitungszustellung typisch sei, werde diese Tätigkeit grundsätzlich im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt. Außerdem habe der Beigeladene dem Kläger ein Kundenverzeichnis zur Verfügung gestellt, das von ihm sorgfältig zu behandeln und ständig zu aktualisieren gewesen sei. Anhand dieses Kundenverzeichnisses seien auch das Einsatzgebiet und damit der Arbeitsort vorgegeben gewesen. Der Kläger sei ausschließlich im Namen und auf Rechnung des Beigeladenen tätig gewesen. Nach außen sei er als dessen Mitarbeiter erschienen und im allgemeinen Geschäftsverkehr nicht als selbstständig Tätiger wahrgenommen worden. Der Kläger habe seine eigene Arbeitskraft nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, auch wenn eine Vergütung nach Abnahme der Arbeit erfolgt sei. Die Bezahlung lediglich nach dem Erfolg der Arbeit sei kein zwingender Grund für den Ausschluss einer persönlichen Abhängigkeit des Beschäftigten. Die Nutzung eines privateigenen PKW (bzw. eigenen Fahrrades) bei der Zustellung der Zeitungen rechtfertige nicht die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Dies sei auch bei anderen Beschäftigten bzw. handwerklich Arbeitenden üblich. Durch den nahezu ausschließlichen Einsatz der eigenen Arbeitskraft sei der Kläger funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig gewesen. Ihm hätten untergeordnete Arbeiten oblegen. Ein Direktionsrecht des Beigeladenen ihm gegenüber habe insofern vorgelegen, als bei einfachen Arbeiten - wie bei der Zeitungszustellung - schon organisatorische Dinge betreffende Weisungen den Auftragnehmer in der Ausübung der Arbeit festlegten und damit in den Organismus des Betriebes eingliederten. Der Kläger habe zwar frei entscheiden können, ob er Aufträge annehme oder ablehne. Bei Annahme seien ihm jedoch Arbeitsort und Arbeitszeit vorgegeben gewesen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Betriebes des Beigeladenen erfolgt. Dass der Kläger, wie er vortrage, die Einnahmen von der Agentur des Beigeladenen in seinen Geschäftsbüchern ausgewiesen habe, habe keinen Einfluss auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit als Zeitungszusteller.
Gegen den am 30. Juni 2004 abgesendeten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 2. August 2004 Klage erhoben, nicht aber der im Klageverfahren beigeladene F. S ...
Zur Klagebegründung hat der Kläger vorgebracht, dass seine Tätigkeit (Zeitungszustellung der F1) von Anfang an als eine selbstständige Tätigkeit zu betrachten gewesen sei. So sei es mit dem damaligen Agenturleiter abgemacht gewesen. Er habe keinerlei Lohnfortzahlung, Urlaubsgeld oder ähnliches zu erwarten gehabt, sondern sein Geld nur für geleistete Arbeit bekommen. Dieses Geld habe jeden Monat in der Höhe geschwankt, weil es sich nach dem Zeitungsaufkommen gerichtet habe. Er habe dem Beigeladenen eine Rechnung, die Umsatzsteuer ausgewiesen habe, erteilt, habe sein Geld bekommen, dieses verbucht und davon Umsatzsteuer abgeführt. Auch Selbstständige hätten sich nach Gegebenheiten zu richten, hätten Lieferzeiten, Adressen und Termine zu berücksichtigen und könnten nicht nach Gutdünken schalten und walten.
Der Beigeladene hat ausgeführt, dass der Kläger nach den mit ihm getroffenen Absprachen die Aufträge nicht habe höchstpersönlich erfüllen müssen, sondern sich Erfüllungsgehilfen habe bedienen können. Ihm seien weder Beginn noch Ende der Arbeitszeit oder Pausen vorgeschrieben gewesen. Er habe Art und Umfang der Tätigkeit frei gestalten, dass heißt die Zustellungen der ihm übergebenen Zeitungen und Produkte völlig selbstständig und ohne Weisungen durchführen können. Ihm seien tatsächlich auch keinerlei Weisungen erteilt worden. Er sei in keiner Weise in seine, des Beigeladenen, Arbeitsorganisation oder in diejenige seines Betriebes, der F1, eingegliedert, sei nicht von seiner Personalverwaltung erfasst und auch nicht in irgendwelchen seiner Betriebsstätten tätig geworden. Vielmehr habe der Kläger die Arbeiten von eigenen Büroräumen aus erledigt und seine Dienstleistungen mit eigenen Fahrzeugen oder zu Fuß erbracht, habe eigene Betriebsmittel dabei verwendet (Computer, Telefon, Telefax), habe daher auch eigenes Kapital eingesetzt. Der Kläger sei jederzeit und ohne zeitliche Begrenzung befugt gewesen, seine Tätigkeit für ihn, den Beigeladenen, zu Urlaubs- und sonstigen Zwecken einzustellen. Des Klägers Vergütung habe sich auf das Entgelt für tatsächlich ausgeführte Aufträge beschränkt. Es seien feste Stückhonorare vereinbart gewesen, ein Mindesteinkommen sei nicht garantiert worden. Bei Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit hätte der Kläger einen absoluten Einnahmeausfall erlitten. Anspruch auf Lohnfortzahlung und Urlaubsanspruch habe dieser nicht gehabt.
Im Termin des Sozialgerichts am 30. Juni 2006 hat der Kläger angegeben: Er habe einen schriftlichen Vertrag mit dem Beigeladenen in seinen eigenen Unterlagen nicht zu finden vermocht. Die Tätigkeit für den Beigeladenen habe vielleicht eineinhalb bis zwei Jahre gedauert. Er habe vor dieser Zeit Kontakt zu Herrn B., dem Vorgänger des Beigeladenen, aufgenommen gehabt, weil er Geld zur Finanzierung des Studiums seines Sohnes gebraucht habe und er mit den Einnahmen aus der Goldschmiedewerkstatt dieses nicht allein habe finanzieren können. Er sei damals zu Herrn B. gegangen und habe die Arbeit aufgenommen. Die Tätigkeit sei so abgelaufen, dass er Zeitungen, circa 200 Stück pro Tag, mit seinem eigenen Auto bei einer Tankstelle gegen 2:00 Uhr morgens abgeholt habe. Die Route habe sich aus der Adressenliste ergeben, die der Beigeladene erstellt und die der Austräger mitgebracht habe, der die Zeitungen zur Tankstelle brachte. Er sei die Route mit seinem Auto, später mit dem Rad gefahren. Der Beigeladene habe die Gebiete in ihm, dem Kläger, übergebenen Touren eingeteilt. Innerhalb dieser Tour habe er die Reihenfolge selbst wählen können. Er habe kein Faxgerät gehabt, jedoch ein Telefon, aber nicht extra für die Arbeit für den Beigeladenen. Er sei während der Zeit der Zeitungszustellung nie krank gewesen. Wenn das der Fall gewesen wäre, hätten seine Frau oder seine Kinder oder auch von ihm beauftragte Dritte die Tour machen können. Wenn niemand von seiner Familie und auch andere Personen dies für ihn hätten tun können, hätte sich der Beigeladene darum kümmern müssen. Im Falle des Urlaubs hätte es kein Geld gegeben. Er wisse aber nicht, ob er während der damaligen Zeit überhaupt Urlaub gemacht habe. Ihm habe die Tätigkeit in der Nacht gelegen, weil er morgens seinen Laden habe öffnen müssen. Im Übrigen wünschten die Leute, ihre Zeitungen morgens zu erhalten, so dass sich die Frage nach einer anderen Arbeitszeit nicht gestellt habe. Andere Tätigkeiten habe er für den Beigeladenen nicht durchgeführt (kein Werben von Neukunden oder Werbeaktionen). Von Anfang an sei abgemacht gewesen, dass er selbstständig sei. Dem Beigeladenen, dessen damalige Einzelfirma für den Vertrieb der F1 in Hamburg verantwortlich gewesen sei, sei es egal gewesen, wer die Zeitungen zustellte. Er, der Kläger, hätte auch jemand anders schicken können, wenn er einmal verhindert gewesen wäre. Eine besondere Absprache darüber, auch eine schriftliche, habe es seines Wissens nicht gegeben. Die Frage einer zusätzlichen Tour habe sich nicht gestellt, weil er das zeitlich neben seiner Goldschmiedetätigkeit nicht geschafft hätte.
Durch Urteil vom 30. Juni 2006 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung würden Zeitungszusteller beziehungsweise Zeitungsausträger überwiegend als abhängig beschäftigt angesehen. Zeitungszusteller, die Zeitungen eines Verlags zu bestimmten Zeiten in einem bestimmten Ort austrügen und die Bezugsgebühren erhöben, unterlägen der Sozialversicherungspflicht. Dies gelte selbst dann, wenn sie beim Austragen Hilfskräfte verwenden dürften und ein gewisses Inkassorisiko trügen. Die Tätigkeit des Klägers gebe keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, auch wenn er nicht in der Betriebsstätte des Beigeladenen tätig gewesen sei. Ihm seien Arbeitszeit und Arbeitsort vom Beigeladenen vorgegeben gewesen. Dies entspreche seiner Angabe im Antragsformular, dass er regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeiten von zwei Stunden einzuhalten (gehabt) habe. Hierzu fügten sich die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Er sei jedenfalls insoweit in die Arbeitsorganisation des Beigeladenen eingegliedert gewesen, als er die Zeitungen an einem vorgegebenen Treffpunkt von einem anderen Zusteller habe abholen und die Zeitungen bei den vorgegebenen Abonnenten habe zustellen müssen und als Zeitungsausträger nicht Mittelpunkt eines eigenen Unternehmens, sondern ein Glied im Betrieb des Beigeladenen gewesen sei. Ein Unternehmerrisiko habe der Kläger nicht getragen. Er sei nach Stücklohn bezahlt worden, habe keinen Anteil an Gewinn oder Verlust des Beigeladenen gehabt. Vielmehr habe dieser ihm für den Einsatz des eigenen Autos ein zusätzliches Entgelt gegeben. Die Möglichkeit, Hilfskräfte beschäftigen zu können, beeinflusse das Gesamtbild der Beschäftigung nicht entscheidend (BSG 15. März 1979 – 2 RU 80/78, juris). Dieser Aspekt trete bei einer Gesamtwürdigung zurück. Der Kläger sei nicht gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kostenpflichtig, da er zum Kreis der privilegierten Kläger nach § 183 SGG gehöre.
Gegen das ihnen am 24. Juli 2006 zugestellte Urteil haben der Kläger und der Beigeladene am 22. August 2006 bzw. am 24. August 2006 Berufung eingelegt.
Der Kläger führt aus: seine Tätigkeit sei eine selbstständige gewesen und nicht nur deshalb, weil er es mit dem damaligen Agenturleiter B., dem der Beigeladene als Agenturleiter gefolgt sei, so ausgemacht habe. Mit B. habe er einen Vertrag ausgehandelt, dessen es aber nicht bedurft habe. Seiner Erinnerung nach habe er eine schriftliche Abmachung mit dem Beigeladenen nicht getroffen, die Tätigkeit sei einfach weiter gelaufen. Er habe vorgeschrieben bekommen, wer welche Zeitungen erhalte, und habe dafür sein Geld (Umsatz) bekommen. Mit B. sei klipp und klar ausgemacht gewesen, dass das Zustellen nur in den frühen Morgenstunden erfolgen konnte. Falls die Zeitungen aus irgendwelchen Gründen viel zu spät kamen, was in den ganzen Jahren vielleicht zwei bis dreimal vorgekommen sei, habe er passen müssen. Dann habe keiner mehr einspringen können, weder aus seiner Familie noch Freunde/Bekannte. Dann sei nach Rücksprache entschieden und seien die Zeitungen mittags, abends und am nächsten Morgen verteilt worden. Sein Laden beziehungsweise die Schule der Kinder seien dann vorgegangen. Der Beigeladene habe, nachdem er - der Kläger - gesundheitliche Probleme angedeutet habe, ihm schriftlich gekündigt. Mit Werbeaktionen habe er nur indirekt, aber mit Graus, zu tun gehabt, weil jedem die F1 zur Probe aufgedrängt worden sei und die zuständigen Zusteller dies auszubaden gehabt hätten. Die Beklagte möge nicht glauben, dass es sich bei den "ausgewiesenen Beträgen" um Verdienst oder Gewinn gehandelt habe. Es habe sich ganz eindeutig um Umsatz gehandelt. Hiervon seien erhebliche Kosten abgegangen, etwa die anteiligen Kosten für das Büro und die dortige Verwaltungstätigkeit oder die Kosten für sein eigenes Kraftfahrzeug, die keinesfalls mit dem Kilometergeld beglichen, aber in seinem Geschäft als Kosten verbucht worden seien. Die Werkstattkosten seien so erheblich gewesen, dass sich die Tätigkeit angesichts einer circa 200maligen Starterei pro Nacht fast nicht rentiert habe. Er habe sich deshalb entschieden, einen Fahrradanhänger von seinem eigenen Geld anzuschaffen. Dafür habe er keinen Pfennig vom Beigeladenen erhalten. Eines Tages sei ihm der Anhänger gestohlen worden. Dann sei es mit dem eigenen PKW weitergegangen. Wenn dieses Fahrzeug ausfiel, was öfter geschehen sei, habe er sich auf seine eigenen Kosten einen Leihwagen beschaffen müssen. Wenn dieser plötzlich ausgefallen sei, hätten Herr B. bzw. der Beigeladene ihm einen ihrer PKW gegen Bezahlung zur Verfügung stellen können. Er habe auch die Taxikosten getragen, wenn er diesen Wagen nachts um 2:00 Uhr habe holen dürfen. Nach seiner Erinnerung habe er so ziemlich zum Schluss dem Beigeladenen für einen geliehenen (gemieteten) Wagen über 200 DM bezahlen dürfen. Weil er doch alle diese Kosten selbst getragen habe, sei für ihn nicht nachvollziehbar, dass er dennoch eine unselbstständige Tätigkeit ausgeübt haben solle. Vielmehr habe er eine klare Abmachung mit B. und später mit dem Beigeladenen gehabt, die man sehr wohl mit seiner Gewerbetätigkeit habe vergleichen können. Rechnungen an Abonnenten habe er selbst nicht ausgestellt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Juni 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass er bei dem Beigeladenen nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.
Der Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Juni 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass der Kläger seit dem 1. April 2000 nicht bei ihm beschäftigt war.
Er hat sich nur dahingehend eingelassen, durch das angefochtene Urteil beschwert zu sein, weil die Feststellung der abhängigen Beschäftigung gegenüber dem Kläger auch ihm gegenüber Wirkung entfalte. Über sein Vermögen ist nach der Angabe seines früheren Prozessbevollmächtigten vom 3. Mai 2007 die Insolvenz eröffnet worden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, insbesondere die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 30. Januar 2008, und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen sind statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 151 SGG).
Der Zulässigkeit der Berufung des Beigeladenen nicht entgegen, dass er gegen den ihm erteilten Widerspruchsbescheid nicht selbst Klage erhoben hat. Als im erstinstanzlichen Verfahren Beigeladener und als früherer (möglicher) Arbeitgeber des Klägers in Betracht kommender Beteiligter ist er durch die erstinstanzliche Entscheidung beschwert und kann auch Berufungsführer sein.
Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Der Senat schließt sich im Ergebnis dem Sozialgericht an. Dieses hat zutreffend entschieden, dass die Arbeit des Klägers bei der Firma des Beigeladenen (F. S. c/o F1) eine abhängige Beschäftigung war.
Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften (SGB IV) – können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung – was hier nicht der Fall war - eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28 h Abs. 2 SGB IV die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (§ 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV a. F., jetzt gemäß § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV n. F. die Deutsche Rentenversicherung Bund). Die damals zuständige Rechtsvorgängerin der Beklagten hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger bei dem Beigeladenen ab 1. April 2000 beschäftigt war.
Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesssozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt sie oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgeblich ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus der von ihnen getroffenen Vereinbarung ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (vgl. BSG 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 = NZS 2007, 648).
Eine schriftliche Vereinbarung über ein Vertragsverhältnis haben der Kläger und der Beigeladene allerdings nicht vorzulegen vermocht. Nach Angaben des Klägers hat es mit dem Beigeladenen eine schriftliche Vereinbarung nicht gegeben. Auch der Beigeladene hat dies nicht behauptet. Zwar hat der Kläger ausgeführt, dass er mit Herrn B., dem "Vorgänger" des Beigeladenen, eine schriftliche Abmachung getroffen habe und dass später die Arbeit für den Beigeladenen entsprechend dieser Vereinbarung "weitergelaufen" sei. Auch diese Vereinbarung hat der Kläger aber nicht vorzulegen vermocht. Der Senat kann folglich rechtserhebliche Feststellungen auf eine schriftliche Vertragsvereinbarung nicht stützen. Er kann aber auch keine bestimmten mündlichen Vertragsvereinbarungen als tatsächlich getroffen unterstellen. So hat z. B. der Beigeladene davon gesprochen, dass eine Absprache dahingehend getroffen worden sei, dass der Kläger sich für die Erfüllung der Zustellarbeit der Hilfe Dritter habe bedienen dürfen. Der Kläger hat hingegen vorgebracht, dass keine besondere Absprache darüber getroffen worden sei. Dass mündliche Vereinbarungen etwa über den Ausschluss eines Urlaubsanspruches, Urlaubsgeldes, einer Lohnfortzahlung etc. getroffen worden sind, lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Die mögliche mündliche Vereinbarung des Klägers und des Beigeladenen, dass die Tätigkeit des Klägers eine selbständige habe sein sollen, bietet keinen tragbaren Grund für eine konstitutive Feststellung in dem Sinne, dass der Kläger tatsächlich eine selbständige Tätigkeit ausgeführt hat.
Die Rechtsprechung hat sich wiederholt mit dem versicherungsrechtlichen Status des Zeitungszustellers befasst (vgl. BSG 26. Februar 1960 – 3 RK 41/57, Breithaupt 1960, 663 = SozR Nr. 16 zu § 165 RVO; 19. Januar 1968 – 3 RK 101/64, USK 6801; 15. März 1979 - 2 RK 80/78, USK 7935 = SozSich 1979, 187; 30. April 1981 – 8/8a RU 12/80, SozR 2200 § 539 Nr. 80 ( Ortsagent ), Hessisches Landessozialgericht ( LSG ) 27. April 2006 - L 1 KR 124/05, juris). Unterliegen Zeitungszusteller einem Weisungsrecht hinsichtlich Zeit, Art und Ort der Arbeitsausführung, wird ihnen ein bestimmter Zustellbezirk zugeteilt und haben sie weder eigenes Kapital noch eigene Betriebsmittel einzusetzen bzw. verfügen sie auch über keine eigene Betriebsstätte, so unterliegen sie der Sozialversicherungspflicht. Die Gesamtwürdigung aller Umstände, unter denen vorliegend die Zeitungszustellung durch den Kläger erfolgte, bietet keinen überzeugenden Anhalt, von diesem Grundsatz abzuweichen. Denn es überwiegen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung.
Der Kläger bekam von einem Dritten, dem Austräger, der von dem Beigeladenen beauftragt war, nachts gegen 2.00 Uhr die Zeitungen, ca. 200 Stück, an die Tankstelle geliefert, holte sie dort ab und trug sie an die Abonnenten, deren Namen auf der Liste, die der Beigeladene erstellt und die der Dritte an die Tankstelle mitgebracht hatte, standen, aus. Er erhielt für jede ausgetragene Zeitung ca. 15 Pfennig und stellte dem Beigeladenen einen entsprechenden Betrag einschließlich Umsatzsteuer in Rechnung. Den erhaltenen Betrag verbuchte er nach seinen glaubhaften Angaben in seinen Geschäftsbüchern, die er als selbständiger Goldschmied ohnehin zu führen hatte, und versteuerte die Einnahme. Eigene Werbeaktionen, den Abonnentenstamm zu erhöhen, führte der Kläger nicht durch, er war gegenüber den Abonnenten nicht verantwortlich, dass die Zeitung ausgeliefert wurde, sondern nur dem Beigeladenen gegenüber verantwortlich, dass die gelieferten Zeitungen an die Abonnenten ausgetragen wurden. Ein Vertragsverhältnis des Klägers zu den Abonnenten bestand nicht; Rechnungen an sie stellte er dementsprechend auch nicht aus.
In die Betriebs- und Vertriebsorganisation des Beigeladenen war der Kläger schon deshalb eingegliedert, weil er die auszutragenden Zeitungen über den Beigeladenen und von diesem auch die Liste mit den Namen der Abonnenten erhielt, die er zu bedienen hatte. Weisungen an den Kläger waren hier zwar einfacher Art, weil sie sich im Wesentlichen darauf beschränkten und beschränken konnten, dass er die Zeitungen pünktlich an die Abonnenten der Liste auszutragen habe. Sie reichen aber für die Annahme der Ausübung eines gewissen Weisungsrechtes aus. Arbeitszeit und Arbeitsort waren dem Kläger vorgegeben. Dass der Beigeladene dem Kläger "kündigte", als dieser von gesundheitlichen Problemen, die die weitere Zeitungszustellung erschwerten, berichtete, ist ein Indiz dafür, dass beide von einem Beschäftigungsverhältnis ausgingen. Ein eigenes Unternehmerrisiko trug der Kläger nicht. In der schwankenden Abonnentenzahl, die die Höhe des Lohnes beeinflusste, lag kein solches Risiko. Selbst für den Fall, dass einmal keine Zeitung ausgeliefert worden wäre und der Kläger dann u. U. nichts verdient hätte, weil er keine Zeitungen hätte austragen können, ließe sich ein echtes "Unternehmerrisiko" daraus nicht herleiten. Der Kläger sollte eben nur dann ein Entgelt erhalten, wenn er auch eine entsprechende Leistung erbracht hatte. Im Übrigen sind diese Überlegungen rein theoretischer Art. Die tatsächlichen Umstände lagen nämlich anders. Denn nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 30. Januar 2008 ist ein solcher Fall überhaupt nicht aufgetreten. Und für den seltenen Fall der zu späten Anlieferung trug der Kläger die Zeitungen erst mittags oder im Verlauf des Abends oder - zusammen mit der schon neuen Zeitung - in der folgenden Nacht aus. Im Übrigen mag der Kläger zwar eigene Mittel (eigener Wagen, Fahrrad, Anhänger) beim Austragen der Zeitungen eingesetzt haben. Das macht seine Tätigkeit aber nicht zu einer unternehmerischen, für die er eigene Betriebsmittel verwendete. Auf welche Weise der Kläger die Zeitungsausstellung vornahm, war ihm nach Angaben des Beigeladenen überlassen. Das entspricht der üblichen Praxis bei der Zeitungszustellung. Die Angaben des Klägers, dass er hin und wieder Kosten für einen Leihwagen habe aufwenden müssen, wenn sein eigener Wagen ausgefallen sei, bzw. Taxikosten habe aufbringen müssen, um einen Wagen, den ihm B. oder der Beigeladene zur Verfügung gestellt hätten, abzuholen, lassen sich nicht mit Sicherheit seiner Tätigkeit beim Beigeladenen zuordnen. Dieser Vorfall kann ebenso gut auch während der Tätigkeit des Klägers für B., die hier nicht im Streit ist, stattgefunden haben. Zwar mag es zutreffen, dass der Kläger für ein Fahrzeug, das ihm der Beigeladene zur Verfügung gestellt hatte, einmal 200,- DM an diesen entrichtet hat. Daraus kann aber nicht auf ein Unternehmerrisiko und den Einsatz unternehmerischer Mittel geschlossen werden. Vielmehr wollte der Kläger, dem es frei gestellt war, auf welche Weise er die Zeitungen austrägt, sich seine Arbeit erleichtern. Wollte er die Zeitungen nicht zu Fuß austragen, so musste er zwangsläufig die Kosten, die ihm durch den Einsatz eines Fahrzeuges entstanden, selbst tragen. Dafür war dann die Arbeitszeit kürzer und der Verdienst des Klägers, so betrachtet, höher. Über eine eigene Betriebsstätte verfügte der Kläger bezüglich des Zeitungsaustragens nicht. Daraus, dass er, wenn einmal die Zeitungen zu spät (oder nicht) angeliefert wurden, zum eigenen privaten Telefon griff, um den Beigeladenen anzurufen, und daraus, dass er dort, wo er seine Goldschmiedewerkstatt hatte, Rechnungen an den Beigeladenen aufsetzte, lässt sich beim besten Willen nicht auf eine Betriebsstätte "Zeitungszustellung" schließen.
Zwar stellen der Umstand der Rechnungsausstellung mit Ausweisung der Umsatzsteuer und die eventuell mündlich getroffene Verabredung, die Zustellung der Zeitungen im Falle der Verhinderung (oder auch allgemein) von einer Ersatzkraft vornehmen zu lassen, Gesichtspunkte dar, die für eine gewisse selbstständige Tätigkeit sprechen könnten. Sie schlagen aber nicht durch. Die bloße Rechtsauffassung des Klägers und des Beigeladenen, ein Anspruch auf Urlaub, Urlaubsgeld und Lohnfortzahlung habe nicht bestanden, steht nicht entscheidend gegen die Qualifizierung der klägerischen Arbeit als abhängige Beschäftigung. Schriftliche Vereinbarungen über den Ausschluss solcher Ansprüche liegen, wie ausgeführt, nicht vor. Wenn der Kläger mit dem Beigeladenen verabredet hatte, dass seine Tätigkeit eine selbständige sein solle, bestand für die Vertragsparteien auch kein Anlass, dies zu problematisieren, zumal der Kläger in den maximal zwei bis zweieinhalb Jahren seiner Tätigkeit als Zeitungszusteller für den Beigeladenen nicht arbeitsunfähig gewesen ist. Insgesamt überwiegen damit die Merkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen.
Nach alledem haben die Berufungen keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Für sie ist diese Norm und nicht § 197a Abs. 1 SGG einschlägig. § 183 Satz 3 SGG steht dem nicht entgegen. Zwar gehörte der Kläger im Falle seines Obsiegens gerade nicht zu den Versicherten. Indes hat das BSG unter dem 5. Oktober 2006 (B 10 LW 5/05 R, SozR 4- 1500 § 183 Nr. 4 = NZS 2007, 443) unter ausdrücklichem Hinweis auf LSG Hamburg 28. Juni 2005 – L 3 B 138/05 (ASR 2005, 133), dem sich die Rechtsprechung der Landessozialgerichte angeschlossen habe, klargestellt, dass auch derjenige, der nach der Entscheidung des Versicherungsträgers Versicherter ist und diese angreift, als Versicherter im Sinne des § 183 Abs. 1 Satz 1 SGG gilt. Folglich findet auf den Beigeladenen § 193 SGG ebenfalls Anwendung, da die Voraussetzung, dass in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG), nicht gegeben ist.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür fehlen.
Tatbestand:
Im Streit ist die Statusfeststellung, dass der Kläger seit April 2000 bei dem Beigeladenen abhängig beschäftigt war.
Der 1944 in P. geborene Kläger ist von Beruf Goldschmied. Er war vom 1. April 1959 bis 31. Dezember 1966 in der Rentenversicherung der Arbeiter mit Pflichtbeiträgen, vom 1. Januar 1967 bis 31. Dezember 1969 mit freiwilligen Beiträgen und vom 1. Juli 1975 bis 30. September 1975 wieder mit Pflichtbeiträgen versichert. 1977 und 1978 und in den Jahren 1980 bis 1984 entrichtete er Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Angestellten. Den von der Beklagten in Ablichtung vorgelegten Verwaltungsvorgängen (die Original-Verwaltungsakten sind bei ihr abhanden gekommen) ist zu entnehmen, dass der Kläger, als er in N./Kreis N1 lebte, der dortigen Allgemeinen Ortskrankenkasse im Jahre 1991 Gesamtsozialversicherungsbeiträge schuldete.
Am 2. Mai 2000 beantragte der Beigeladene (F. S. c/o F1) bei der Beklagten die Statusfeststellung, dass der Kläger, der als Auftragnehmer eine Tätigkeit als Zeitungszusteller bei ihm ausübe, eine selbstständige Tätigkeit verrichte und keine Beschäftigung vorliege.
Die Beklagte stellte nach erfolgter Anhörung mit Bescheid vom 15. Juli 2002 fest, dass der Kläger seit 1. April 2000 die Tätigkeit als Zeitungszusteller für den Beigeladenen als abhängig Beschäftigter ausübe und eine Beschäftigung vorliege. Bei Gesamtwürdigung aller Tatsachen überwögen die Merkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen.
Hiergegen erhoben der Kläger und der Beigeladene Widerspruch. Der Kläger führte aus, er sei nicht in die betriebliche Organisation des Beigeladenen eingebunden, sei weder persönlich noch wirtschaftlich von ihm abhängig und unterliege nicht seinem Direktionsrecht. Dass die Zustellung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. innerhalb eines festgelegten Zeitraumes zu erfolgen habe, sei der Zeitungszustellung immanent. Die von der Agentur des Beigeladenen, für die er nicht mehr tätig sei, erhaltenen Einnahmen habe er in seinen Geschäftsbüchern verbucht.
Die Beklagte wies die Widersprüche zurück (Widerspruchsbescheide vom 28. Juni 2004). Die Eingliederung des Klägers in den Betrieb des Beigeladenen zeige sich bereits in der ihm gemachten Arbeitszeitvorgabe. Die Zustellung habe innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens erfolgen müssen. Hinsichtlich der Arbeitszeit sei dem Kläger nur scheinbar Gestaltungsfreiheit eingeräumt gewesen. Der vorgegebene zeitliche Rahmen sei zwar nicht exakt nach Stunden oder Minuten bestimmt gewesen, aber doch derart hinreichend eingegrenzt, dass er im Sinne der Rechtsprechung als Merkmal der persönlichen Abhängigkeit, also als Arbeitnehmereigenschaft, zu qualifizieren sei. Weil dies für die Zeitungszustellung typisch sei, werde diese Tätigkeit grundsätzlich im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt. Außerdem habe der Beigeladene dem Kläger ein Kundenverzeichnis zur Verfügung gestellt, das von ihm sorgfältig zu behandeln und ständig zu aktualisieren gewesen sei. Anhand dieses Kundenverzeichnisses seien auch das Einsatzgebiet und damit der Arbeitsort vorgegeben gewesen. Der Kläger sei ausschließlich im Namen und auf Rechnung des Beigeladenen tätig gewesen. Nach außen sei er als dessen Mitarbeiter erschienen und im allgemeinen Geschäftsverkehr nicht als selbstständig Tätiger wahrgenommen worden. Der Kläger habe seine eigene Arbeitskraft nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, auch wenn eine Vergütung nach Abnahme der Arbeit erfolgt sei. Die Bezahlung lediglich nach dem Erfolg der Arbeit sei kein zwingender Grund für den Ausschluss einer persönlichen Abhängigkeit des Beschäftigten. Die Nutzung eines privateigenen PKW (bzw. eigenen Fahrrades) bei der Zustellung der Zeitungen rechtfertige nicht die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Dies sei auch bei anderen Beschäftigten bzw. handwerklich Arbeitenden üblich. Durch den nahezu ausschließlichen Einsatz der eigenen Arbeitskraft sei der Kläger funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig gewesen. Ihm hätten untergeordnete Arbeiten oblegen. Ein Direktionsrecht des Beigeladenen ihm gegenüber habe insofern vorgelegen, als bei einfachen Arbeiten - wie bei der Zeitungszustellung - schon organisatorische Dinge betreffende Weisungen den Auftragnehmer in der Ausübung der Arbeit festlegten und damit in den Organismus des Betriebes eingliederten. Der Kläger habe zwar frei entscheiden können, ob er Aufträge annehme oder ablehne. Bei Annahme seien ihm jedoch Arbeitsort und Arbeitszeit vorgegeben gewesen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Betriebes des Beigeladenen erfolgt. Dass der Kläger, wie er vortrage, die Einnahmen von der Agentur des Beigeladenen in seinen Geschäftsbüchern ausgewiesen habe, habe keinen Einfluss auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit als Zeitungszusteller.
Gegen den am 30. Juni 2004 abgesendeten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 2. August 2004 Klage erhoben, nicht aber der im Klageverfahren beigeladene F. S ...
Zur Klagebegründung hat der Kläger vorgebracht, dass seine Tätigkeit (Zeitungszustellung der F1) von Anfang an als eine selbstständige Tätigkeit zu betrachten gewesen sei. So sei es mit dem damaligen Agenturleiter abgemacht gewesen. Er habe keinerlei Lohnfortzahlung, Urlaubsgeld oder ähnliches zu erwarten gehabt, sondern sein Geld nur für geleistete Arbeit bekommen. Dieses Geld habe jeden Monat in der Höhe geschwankt, weil es sich nach dem Zeitungsaufkommen gerichtet habe. Er habe dem Beigeladenen eine Rechnung, die Umsatzsteuer ausgewiesen habe, erteilt, habe sein Geld bekommen, dieses verbucht und davon Umsatzsteuer abgeführt. Auch Selbstständige hätten sich nach Gegebenheiten zu richten, hätten Lieferzeiten, Adressen und Termine zu berücksichtigen und könnten nicht nach Gutdünken schalten und walten.
Der Beigeladene hat ausgeführt, dass der Kläger nach den mit ihm getroffenen Absprachen die Aufträge nicht habe höchstpersönlich erfüllen müssen, sondern sich Erfüllungsgehilfen habe bedienen können. Ihm seien weder Beginn noch Ende der Arbeitszeit oder Pausen vorgeschrieben gewesen. Er habe Art und Umfang der Tätigkeit frei gestalten, dass heißt die Zustellungen der ihm übergebenen Zeitungen und Produkte völlig selbstständig und ohne Weisungen durchführen können. Ihm seien tatsächlich auch keinerlei Weisungen erteilt worden. Er sei in keiner Weise in seine, des Beigeladenen, Arbeitsorganisation oder in diejenige seines Betriebes, der F1, eingegliedert, sei nicht von seiner Personalverwaltung erfasst und auch nicht in irgendwelchen seiner Betriebsstätten tätig geworden. Vielmehr habe der Kläger die Arbeiten von eigenen Büroräumen aus erledigt und seine Dienstleistungen mit eigenen Fahrzeugen oder zu Fuß erbracht, habe eigene Betriebsmittel dabei verwendet (Computer, Telefon, Telefax), habe daher auch eigenes Kapital eingesetzt. Der Kläger sei jederzeit und ohne zeitliche Begrenzung befugt gewesen, seine Tätigkeit für ihn, den Beigeladenen, zu Urlaubs- und sonstigen Zwecken einzustellen. Des Klägers Vergütung habe sich auf das Entgelt für tatsächlich ausgeführte Aufträge beschränkt. Es seien feste Stückhonorare vereinbart gewesen, ein Mindesteinkommen sei nicht garantiert worden. Bei Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit hätte der Kläger einen absoluten Einnahmeausfall erlitten. Anspruch auf Lohnfortzahlung und Urlaubsanspruch habe dieser nicht gehabt.
Im Termin des Sozialgerichts am 30. Juni 2006 hat der Kläger angegeben: Er habe einen schriftlichen Vertrag mit dem Beigeladenen in seinen eigenen Unterlagen nicht zu finden vermocht. Die Tätigkeit für den Beigeladenen habe vielleicht eineinhalb bis zwei Jahre gedauert. Er habe vor dieser Zeit Kontakt zu Herrn B., dem Vorgänger des Beigeladenen, aufgenommen gehabt, weil er Geld zur Finanzierung des Studiums seines Sohnes gebraucht habe und er mit den Einnahmen aus der Goldschmiedewerkstatt dieses nicht allein habe finanzieren können. Er sei damals zu Herrn B. gegangen und habe die Arbeit aufgenommen. Die Tätigkeit sei so abgelaufen, dass er Zeitungen, circa 200 Stück pro Tag, mit seinem eigenen Auto bei einer Tankstelle gegen 2:00 Uhr morgens abgeholt habe. Die Route habe sich aus der Adressenliste ergeben, die der Beigeladene erstellt und die der Austräger mitgebracht habe, der die Zeitungen zur Tankstelle brachte. Er sei die Route mit seinem Auto, später mit dem Rad gefahren. Der Beigeladene habe die Gebiete in ihm, dem Kläger, übergebenen Touren eingeteilt. Innerhalb dieser Tour habe er die Reihenfolge selbst wählen können. Er habe kein Faxgerät gehabt, jedoch ein Telefon, aber nicht extra für die Arbeit für den Beigeladenen. Er sei während der Zeit der Zeitungszustellung nie krank gewesen. Wenn das der Fall gewesen wäre, hätten seine Frau oder seine Kinder oder auch von ihm beauftragte Dritte die Tour machen können. Wenn niemand von seiner Familie und auch andere Personen dies für ihn hätten tun können, hätte sich der Beigeladene darum kümmern müssen. Im Falle des Urlaubs hätte es kein Geld gegeben. Er wisse aber nicht, ob er während der damaligen Zeit überhaupt Urlaub gemacht habe. Ihm habe die Tätigkeit in der Nacht gelegen, weil er morgens seinen Laden habe öffnen müssen. Im Übrigen wünschten die Leute, ihre Zeitungen morgens zu erhalten, so dass sich die Frage nach einer anderen Arbeitszeit nicht gestellt habe. Andere Tätigkeiten habe er für den Beigeladenen nicht durchgeführt (kein Werben von Neukunden oder Werbeaktionen). Von Anfang an sei abgemacht gewesen, dass er selbstständig sei. Dem Beigeladenen, dessen damalige Einzelfirma für den Vertrieb der F1 in Hamburg verantwortlich gewesen sei, sei es egal gewesen, wer die Zeitungen zustellte. Er, der Kläger, hätte auch jemand anders schicken können, wenn er einmal verhindert gewesen wäre. Eine besondere Absprache darüber, auch eine schriftliche, habe es seines Wissens nicht gegeben. Die Frage einer zusätzlichen Tour habe sich nicht gestellt, weil er das zeitlich neben seiner Goldschmiedetätigkeit nicht geschafft hätte.
Durch Urteil vom 30. Juni 2006 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung würden Zeitungszusteller beziehungsweise Zeitungsausträger überwiegend als abhängig beschäftigt angesehen. Zeitungszusteller, die Zeitungen eines Verlags zu bestimmten Zeiten in einem bestimmten Ort austrügen und die Bezugsgebühren erhöben, unterlägen der Sozialversicherungspflicht. Dies gelte selbst dann, wenn sie beim Austragen Hilfskräfte verwenden dürften und ein gewisses Inkassorisiko trügen. Die Tätigkeit des Klägers gebe keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, auch wenn er nicht in der Betriebsstätte des Beigeladenen tätig gewesen sei. Ihm seien Arbeitszeit und Arbeitsort vom Beigeladenen vorgegeben gewesen. Dies entspreche seiner Angabe im Antragsformular, dass er regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeiten von zwei Stunden einzuhalten (gehabt) habe. Hierzu fügten sich die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Er sei jedenfalls insoweit in die Arbeitsorganisation des Beigeladenen eingegliedert gewesen, als er die Zeitungen an einem vorgegebenen Treffpunkt von einem anderen Zusteller habe abholen und die Zeitungen bei den vorgegebenen Abonnenten habe zustellen müssen und als Zeitungsausträger nicht Mittelpunkt eines eigenen Unternehmens, sondern ein Glied im Betrieb des Beigeladenen gewesen sei. Ein Unternehmerrisiko habe der Kläger nicht getragen. Er sei nach Stücklohn bezahlt worden, habe keinen Anteil an Gewinn oder Verlust des Beigeladenen gehabt. Vielmehr habe dieser ihm für den Einsatz des eigenen Autos ein zusätzliches Entgelt gegeben. Die Möglichkeit, Hilfskräfte beschäftigen zu können, beeinflusse das Gesamtbild der Beschäftigung nicht entscheidend (BSG 15. März 1979 – 2 RU 80/78, juris). Dieser Aspekt trete bei einer Gesamtwürdigung zurück. Der Kläger sei nicht gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kostenpflichtig, da er zum Kreis der privilegierten Kläger nach § 183 SGG gehöre.
Gegen das ihnen am 24. Juli 2006 zugestellte Urteil haben der Kläger und der Beigeladene am 22. August 2006 bzw. am 24. August 2006 Berufung eingelegt.
Der Kläger führt aus: seine Tätigkeit sei eine selbstständige gewesen und nicht nur deshalb, weil er es mit dem damaligen Agenturleiter B., dem der Beigeladene als Agenturleiter gefolgt sei, so ausgemacht habe. Mit B. habe er einen Vertrag ausgehandelt, dessen es aber nicht bedurft habe. Seiner Erinnerung nach habe er eine schriftliche Abmachung mit dem Beigeladenen nicht getroffen, die Tätigkeit sei einfach weiter gelaufen. Er habe vorgeschrieben bekommen, wer welche Zeitungen erhalte, und habe dafür sein Geld (Umsatz) bekommen. Mit B. sei klipp und klar ausgemacht gewesen, dass das Zustellen nur in den frühen Morgenstunden erfolgen konnte. Falls die Zeitungen aus irgendwelchen Gründen viel zu spät kamen, was in den ganzen Jahren vielleicht zwei bis dreimal vorgekommen sei, habe er passen müssen. Dann habe keiner mehr einspringen können, weder aus seiner Familie noch Freunde/Bekannte. Dann sei nach Rücksprache entschieden und seien die Zeitungen mittags, abends und am nächsten Morgen verteilt worden. Sein Laden beziehungsweise die Schule der Kinder seien dann vorgegangen. Der Beigeladene habe, nachdem er - der Kläger - gesundheitliche Probleme angedeutet habe, ihm schriftlich gekündigt. Mit Werbeaktionen habe er nur indirekt, aber mit Graus, zu tun gehabt, weil jedem die F1 zur Probe aufgedrängt worden sei und die zuständigen Zusteller dies auszubaden gehabt hätten. Die Beklagte möge nicht glauben, dass es sich bei den "ausgewiesenen Beträgen" um Verdienst oder Gewinn gehandelt habe. Es habe sich ganz eindeutig um Umsatz gehandelt. Hiervon seien erhebliche Kosten abgegangen, etwa die anteiligen Kosten für das Büro und die dortige Verwaltungstätigkeit oder die Kosten für sein eigenes Kraftfahrzeug, die keinesfalls mit dem Kilometergeld beglichen, aber in seinem Geschäft als Kosten verbucht worden seien. Die Werkstattkosten seien so erheblich gewesen, dass sich die Tätigkeit angesichts einer circa 200maligen Starterei pro Nacht fast nicht rentiert habe. Er habe sich deshalb entschieden, einen Fahrradanhänger von seinem eigenen Geld anzuschaffen. Dafür habe er keinen Pfennig vom Beigeladenen erhalten. Eines Tages sei ihm der Anhänger gestohlen worden. Dann sei es mit dem eigenen PKW weitergegangen. Wenn dieses Fahrzeug ausfiel, was öfter geschehen sei, habe er sich auf seine eigenen Kosten einen Leihwagen beschaffen müssen. Wenn dieser plötzlich ausgefallen sei, hätten Herr B. bzw. der Beigeladene ihm einen ihrer PKW gegen Bezahlung zur Verfügung stellen können. Er habe auch die Taxikosten getragen, wenn er diesen Wagen nachts um 2:00 Uhr habe holen dürfen. Nach seiner Erinnerung habe er so ziemlich zum Schluss dem Beigeladenen für einen geliehenen (gemieteten) Wagen über 200 DM bezahlen dürfen. Weil er doch alle diese Kosten selbst getragen habe, sei für ihn nicht nachvollziehbar, dass er dennoch eine unselbstständige Tätigkeit ausgeübt haben solle. Vielmehr habe er eine klare Abmachung mit B. und später mit dem Beigeladenen gehabt, die man sehr wohl mit seiner Gewerbetätigkeit habe vergleichen können. Rechnungen an Abonnenten habe er selbst nicht ausgestellt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Juni 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass er bei dem Beigeladenen nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.
Der Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Juni 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass der Kläger seit dem 1. April 2000 nicht bei ihm beschäftigt war.
Er hat sich nur dahingehend eingelassen, durch das angefochtene Urteil beschwert zu sein, weil die Feststellung der abhängigen Beschäftigung gegenüber dem Kläger auch ihm gegenüber Wirkung entfalte. Über sein Vermögen ist nach der Angabe seines früheren Prozessbevollmächtigten vom 3. Mai 2007 die Insolvenz eröffnet worden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, insbesondere die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 30. Januar 2008, und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen sind statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 151 SGG).
Der Zulässigkeit der Berufung des Beigeladenen nicht entgegen, dass er gegen den ihm erteilten Widerspruchsbescheid nicht selbst Klage erhoben hat. Als im erstinstanzlichen Verfahren Beigeladener und als früherer (möglicher) Arbeitgeber des Klägers in Betracht kommender Beteiligter ist er durch die erstinstanzliche Entscheidung beschwert und kann auch Berufungsführer sein.
Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Der Senat schließt sich im Ergebnis dem Sozialgericht an. Dieses hat zutreffend entschieden, dass die Arbeit des Klägers bei der Firma des Beigeladenen (F. S. c/o F1) eine abhängige Beschäftigung war.
Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften (SGB IV) – können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung – was hier nicht der Fall war - eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28 h Abs. 2 SGB IV die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (§ 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV a. F., jetzt gemäß § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV n. F. die Deutsche Rentenversicherung Bund). Die damals zuständige Rechtsvorgängerin der Beklagten hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger bei dem Beigeladenen ab 1. April 2000 beschäftigt war.
Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesssozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt sie oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgeblich ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus der von ihnen getroffenen Vereinbarung ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (vgl. BSG 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 = NZS 2007, 648).
Eine schriftliche Vereinbarung über ein Vertragsverhältnis haben der Kläger und der Beigeladene allerdings nicht vorzulegen vermocht. Nach Angaben des Klägers hat es mit dem Beigeladenen eine schriftliche Vereinbarung nicht gegeben. Auch der Beigeladene hat dies nicht behauptet. Zwar hat der Kläger ausgeführt, dass er mit Herrn B., dem "Vorgänger" des Beigeladenen, eine schriftliche Abmachung getroffen habe und dass später die Arbeit für den Beigeladenen entsprechend dieser Vereinbarung "weitergelaufen" sei. Auch diese Vereinbarung hat der Kläger aber nicht vorzulegen vermocht. Der Senat kann folglich rechtserhebliche Feststellungen auf eine schriftliche Vertragsvereinbarung nicht stützen. Er kann aber auch keine bestimmten mündlichen Vertragsvereinbarungen als tatsächlich getroffen unterstellen. So hat z. B. der Beigeladene davon gesprochen, dass eine Absprache dahingehend getroffen worden sei, dass der Kläger sich für die Erfüllung der Zustellarbeit der Hilfe Dritter habe bedienen dürfen. Der Kläger hat hingegen vorgebracht, dass keine besondere Absprache darüber getroffen worden sei. Dass mündliche Vereinbarungen etwa über den Ausschluss eines Urlaubsanspruches, Urlaubsgeldes, einer Lohnfortzahlung etc. getroffen worden sind, lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Die mögliche mündliche Vereinbarung des Klägers und des Beigeladenen, dass die Tätigkeit des Klägers eine selbständige habe sein sollen, bietet keinen tragbaren Grund für eine konstitutive Feststellung in dem Sinne, dass der Kläger tatsächlich eine selbständige Tätigkeit ausgeführt hat.
Die Rechtsprechung hat sich wiederholt mit dem versicherungsrechtlichen Status des Zeitungszustellers befasst (vgl. BSG 26. Februar 1960 – 3 RK 41/57, Breithaupt 1960, 663 = SozR Nr. 16 zu § 165 RVO; 19. Januar 1968 – 3 RK 101/64, USK 6801; 15. März 1979 - 2 RK 80/78, USK 7935 = SozSich 1979, 187; 30. April 1981 – 8/8a RU 12/80, SozR 2200 § 539 Nr. 80 ( Ortsagent ), Hessisches Landessozialgericht ( LSG ) 27. April 2006 - L 1 KR 124/05, juris). Unterliegen Zeitungszusteller einem Weisungsrecht hinsichtlich Zeit, Art und Ort der Arbeitsausführung, wird ihnen ein bestimmter Zustellbezirk zugeteilt und haben sie weder eigenes Kapital noch eigene Betriebsmittel einzusetzen bzw. verfügen sie auch über keine eigene Betriebsstätte, so unterliegen sie der Sozialversicherungspflicht. Die Gesamtwürdigung aller Umstände, unter denen vorliegend die Zeitungszustellung durch den Kläger erfolgte, bietet keinen überzeugenden Anhalt, von diesem Grundsatz abzuweichen. Denn es überwiegen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung.
Der Kläger bekam von einem Dritten, dem Austräger, der von dem Beigeladenen beauftragt war, nachts gegen 2.00 Uhr die Zeitungen, ca. 200 Stück, an die Tankstelle geliefert, holte sie dort ab und trug sie an die Abonnenten, deren Namen auf der Liste, die der Beigeladene erstellt und die der Dritte an die Tankstelle mitgebracht hatte, standen, aus. Er erhielt für jede ausgetragene Zeitung ca. 15 Pfennig und stellte dem Beigeladenen einen entsprechenden Betrag einschließlich Umsatzsteuer in Rechnung. Den erhaltenen Betrag verbuchte er nach seinen glaubhaften Angaben in seinen Geschäftsbüchern, die er als selbständiger Goldschmied ohnehin zu führen hatte, und versteuerte die Einnahme. Eigene Werbeaktionen, den Abonnentenstamm zu erhöhen, führte der Kläger nicht durch, er war gegenüber den Abonnenten nicht verantwortlich, dass die Zeitung ausgeliefert wurde, sondern nur dem Beigeladenen gegenüber verantwortlich, dass die gelieferten Zeitungen an die Abonnenten ausgetragen wurden. Ein Vertragsverhältnis des Klägers zu den Abonnenten bestand nicht; Rechnungen an sie stellte er dementsprechend auch nicht aus.
In die Betriebs- und Vertriebsorganisation des Beigeladenen war der Kläger schon deshalb eingegliedert, weil er die auszutragenden Zeitungen über den Beigeladenen und von diesem auch die Liste mit den Namen der Abonnenten erhielt, die er zu bedienen hatte. Weisungen an den Kläger waren hier zwar einfacher Art, weil sie sich im Wesentlichen darauf beschränkten und beschränken konnten, dass er die Zeitungen pünktlich an die Abonnenten der Liste auszutragen habe. Sie reichen aber für die Annahme der Ausübung eines gewissen Weisungsrechtes aus. Arbeitszeit und Arbeitsort waren dem Kläger vorgegeben. Dass der Beigeladene dem Kläger "kündigte", als dieser von gesundheitlichen Problemen, die die weitere Zeitungszustellung erschwerten, berichtete, ist ein Indiz dafür, dass beide von einem Beschäftigungsverhältnis ausgingen. Ein eigenes Unternehmerrisiko trug der Kläger nicht. In der schwankenden Abonnentenzahl, die die Höhe des Lohnes beeinflusste, lag kein solches Risiko. Selbst für den Fall, dass einmal keine Zeitung ausgeliefert worden wäre und der Kläger dann u. U. nichts verdient hätte, weil er keine Zeitungen hätte austragen können, ließe sich ein echtes "Unternehmerrisiko" daraus nicht herleiten. Der Kläger sollte eben nur dann ein Entgelt erhalten, wenn er auch eine entsprechende Leistung erbracht hatte. Im Übrigen sind diese Überlegungen rein theoretischer Art. Die tatsächlichen Umstände lagen nämlich anders. Denn nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 30. Januar 2008 ist ein solcher Fall überhaupt nicht aufgetreten. Und für den seltenen Fall der zu späten Anlieferung trug der Kläger die Zeitungen erst mittags oder im Verlauf des Abends oder - zusammen mit der schon neuen Zeitung - in der folgenden Nacht aus. Im Übrigen mag der Kläger zwar eigene Mittel (eigener Wagen, Fahrrad, Anhänger) beim Austragen der Zeitungen eingesetzt haben. Das macht seine Tätigkeit aber nicht zu einer unternehmerischen, für die er eigene Betriebsmittel verwendete. Auf welche Weise der Kläger die Zeitungsausstellung vornahm, war ihm nach Angaben des Beigeladenen überlassen. Das entspricht der üblichen Praxis bei der Zeitungszustellung. Die Angaben des Klägers, dass er hin und wieder Kosten für einen Leihwagen habe aufwenden müssen, wenn sein eigener Wagen ausgefallen sei, bzw. Taxikosten habe aufbringen müssen, um einen Wagen, den ihm B. oder der Beigeladene zur Verfügung gestellt hätten, abzuholen, lassen sich nicht mit Sicherheit seiner Tätigkeit beim Beigeladenen zuordnen. Dieser Vorfall kann ebenso gut auch während der Tätigkeit des Klägers für B., die hier nicht im Streit ist, stattgefunden haben. Zwar mag es zutreffen, dass der Kläger für ein Fahrzeug, das ihm der Beigeladene zur Verfügung gestellt hatte, einmal 200,- DM an diesen entrichtet hat. Daraus kann aber nicht auf ein Unternehmerrisiko und den Einsatz unternehmerischer Mittel geschlossen werden. Vielmehr wollte der Kläger, dem es frei gestellt war, auf welche Weise er die Zeitungen austrägt, sich seine Arbeit erleichtern. Wollte er die Zeitungen nicht zu Fuß austragen, so musste er zwangsläufig die Kosten, die ihm durch den Einsatz eines Fahrzeuges entstanden, selbst tragen. Dafür war dann die Arbeitszeit kürzer und der Verdienst des Klägers, so betrachtet, höher. Über eine eigene Betriebsstätte verfügte der Kläger bezüglich des Zeitungsaustragens nicht. Daraus, dass er, wenn einmal die Zeitungen zu spät (oder nicht) angeliefert wurden, zum eigenen privaten Telefon griff, um den Beigeladenen anzurufen, und daraus, dass er dort, wo er seine Goldschmiedewerkstatt hatte, Rechnungen an den Beigeladenen aufsetzte, lässt sich beim besten Willen nicht auf eine Betriebsstätte "Zeitungszustellung" schließen.
Zwar stellen der Umstand der Rechnungsausstellung mit Ausweisung der Umsatzsteuer und die eventuell mündlich getroffene Verabredung, die Zustellung der Zeitungen im Falle der Verhinderung (oder auch allgemein) von einer Ersatzkraft vornehmen zu lassen, Gesichtspunkte dar, die für eine gewisse selbstständige Tätigkeit sprechen könnten. Sie schlagen aber nicht durch. Die bloße Rechtsauffassung des Klägers und des Beigeladenen, ein Anspruch auf Urlaub, Urlaubsgeld und Lohnfortzahlung habe nicht bestanden, steht nicht entscheidend gegen die Qualifizierung der klägerischen Arbeit als abhängige Beschäftigung. Schriftliche Vereinbarungen über den Ausschluss solcher Ansprüche liegen, wie ausgeführt, nicht vor. Wenn der Kläger mit dem Beigeladenen verabredet hatte, dass seine Tätigkeit eine selbständige sein solle, bestand für die Vertragsparteien auch kein Anlass, dies zu problematisieren, zumal der Kläger in den maximal zwei bis zweieinhalb Jahren seiner Tätigkeit als Zeitungszusteller für den Beigeladenen nicht arbeitsunfähig gewesen ist. Insgesamt überwiegen damit die Merkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen.
Nach alledem haben die Berufungen keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Für sie ist diese Norm und nicht § 197a Abs. 1 SGG einschlägig. § 183 Satz 3 SGG steht dem nicht entgegen. Zwar gehörte der Kläger im Falle seines Obsiegens gerade nicht zu den Versicherten. Indes hat das BSG unter dem 5. Oktober 2006 (B 10 LW 5/05 R, SozR 4- 1500 § 183 Nr. 4 = NZS 2007, 443) unter ausdrücklichem Hinweis auf LSG Hamburg 28. Juni 2005 – L 3 B 138/05 (ASR 2005, 133), dem sich die Rechtsprechung der Landessozialgerichte angeschlossen habe, klargestellt, dass auch derjenige, der nach der Entscheidung des Versicherungsträgers Versicherter ist und diese angreift, als Versicherter im Sinne des § 183 Abs. 1 Satz 1 SGG gilt. Folglich findet auf den Beigeladenen § 193 SGG ebenfalls Anwendung, da die Voraussetzung, dass in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG), nicht gegeben ist.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür fehlen.
Rechtskraft
Aus
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HAM
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