Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 EG 3317/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EL 1498/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Elterngeld im Sinne des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) für ihr am 18. Oktober 2006 geborenes Kind M. H ...
Die Beklagte lehnte den Antrag der Kläger vom 18. Januar 2007 auf Elterngeld für das Kind M. H. mit der Begründung ab, nach § 27 Abs 1 BEEG gelte für vor dem 1. Januar 2007 geborene Kinder weiterhin das Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) und Anspruch auf Elterngeld bestehe in diesen Fällen nicht (Bescheid vom 15. März 2007; Widerspruchsbescheid vom 31. August 2007).
Die Kläger haben hiergegen am 28. September 2007 Klage bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und geltend gemacht, die Stichtagsregelung des § 27 Abs. 1 BEEG sei verfassungswidrig. Sie verstoße gegen Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass das BEEG auch auf vor dem 1. Januar 2007 geborene Kinder anzuwenden sei mit der Maßgabe, dass Elterngeld für die Zeit ab 1. Januar 2007 bis höchstens zur Vollendung des zwölften bzw. vierzehnten Lebensmonats Anwendung finde. Die Höhe des Elterngeldes sei derart anzupassen, dass Erziehungszeiten für ältere Geschwisterkinder nicht zu einer Benachteiligung der Antragstellerin führten.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2008 unter Hinweis auf die Entscheidung des Sozialgerichts Aachen vom 26. Juni 2007, S 13 EG 10/07, und die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. Januar 2008 (B 10 EG 3 bis 5/07 R) abgewiesen.
Die Kläger haben hiergegen am 19. März 2008 Berufung eingelegt und ihren bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft.
Sie beantragen sachdienlich gefasst,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Februar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen Elterngeld für das Kind M. H. ab 1. Januar 2007 zu gewähren, hilfsweise das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsrechts zur Vereinbarkeit des § 27 Abs. 1 BEEG mit dem Grundgesetz einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Entscheidungen des BSG vom 23. Januar 2008, a.a.O.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Kläger haben keinen Anspruch auf Elterngeld für das Kind M. H ...
Die Klage des Klägers ist schon deswegen unbegründet, da mit dem Antrag bestimmt worden ist, dass das Elterngeld allein durch die Klägerin beansprucht wird (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 BEEG). Dem Kläger kann daher kein Anspruch zustehen.
Der Anspruch besteht aber auch im Übrigen nicht.
§ 27 Abs 1 BEEG und § 24 Abs 4 BErzGG (in der Fassung vom 5. Dezember 2006, BGBl I S. 2748) regeln den Übergang vom Erziehungsgeld auf das Elterngeld, indem sie - abgesehen von den hier nicht interessierenden Fällen einer Aufnahme des Kindes mit dem Ziel der Adoption - bestimmen, dass für nach dem 31. Dezember 2006 geborene Kinder das BEEG und für vor dem 1. Januar 2007 geborene Kinder die Vorschriften des BErzGG weiterhin anzuwenden sind. Ein Anspruch auf Elterngeld besteht in den letztgenannten Fällen nicht.
Der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass § 27 Abs 1 BEEG mit diesem Inhalt gegen die Verfassung verstößt. Die Frage ist durch die Entscheidungen des BSG vom 23. Januar 2008, a.a.O., die den Beteiligten bekannt sind, geklärt. Der Senat schließt sich dem an.
Danach ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs 1 GG verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. § 27 Abs 1 BEEG behandelt die Eltern - noch - im Jahr 2006 und - erst - im Jahr 2007 geborener Kinder unterschiedlich. Diese ungleiche Behandlung ist aber sachlich gerechtfertigt.
Mit dem BEEG hat der Gesetzgeber die familienpolitischen Leistungen neu ausgerichtet und dazu das bedürftigkeitsabhängige Erziehungsgeld durch ein verstärkt Einkommenseinbußen ersetzendes Elterngeld mit dem Ziel abgelöst, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn Eltern vorrangig ihre Kinder betreuen. Bei diesem Systemwechsel war - abgesehen von dem Zeitpunkt seiner Einführung - auch darüber zu entscheiden, wie Lebenssachverhalte zu behandeln sind, die vor Geltung des neuen Rechts begonnen, aber nach altem Recht noch nicht abgewickelt waren. Der Gesetzgeber hat sie ab Inkrafttreten des neuen Rechts am 1. Januar 2007 nicht abrupt diesem unterworfen, sondern es insoweit für die Geburtsjahrgänge 2006 und früher übergangsweise bei der Weitergeltung des alten Rechts belassen.
Zugleich sind damit allerdings Eltern vor dem 1. Januar 2007 geborener Kinder von jeglicher Leistung - auch erst ab dem 1. Januar 2007 - ausgeschlossen, wenn sie die Einkommensgrenze des BErzGG überschritten und deshalb weiterhin keinen Anspruch auf Erziehungsgeld haben, die Anspruchsvoraussetzungen des neuen Elterngeldes aber an sich erfüllen. Dieses Ergebnis hätte sich durch eine zusätzliche Übergangsregelung zwar vermeiden lassen. Der Gesetzgeber hat sich unter hinreichender Würdigung der in Betracht kommenden Faktoren aber gegen eine solche differenzierte zeitliche Anknüpfung entschieden und allein auf den Tag der Geburt des Kindes abgestellt.
Entscheidende Gesichtspunkte für den Verzicht auf eine Übergangsregelung sind die Vermeidung von Mehrkosten und eines erhöhten Verwaltungsaufwandes. Gegen Art. 3 Abs 1 GG verstößt auch nicht, dass das Gesetz natürliche Eltern und Adoptionseltern unterschiedlich behandelt, indem es bei Adoptionseltern nicht auf den Tag der Geburt des Kindes, sondern auf den Tag dessen Aufnahme bei der berechtigten Person (§ 4 Abs. 1 BEEG) abstelle. Das Fehlen einer die Klägerin begünstigenden Übergangsregelung steht auch nicht im Widerspruch zu dem aus Art. 6 Abs 1 GG hergeleiteten Gebot zur Förderung der Familie und der damit begründeten allgemeinen Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich, sondern liegt in dem insoweit dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsspielraum, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz der Familie verwirklichen will.
Damit scheidet auch die Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 GG) aus.
Auf die Frage der Höhe des Elterngeldes, wenn in der Elternzeit ein weiteres Kind geboren wird, kommt es nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Elterngeld im Sinne des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) für ihr am 18. Oktober 2006 geborenes Kind M. H ...
Die Beklagte lehnte den Antrag der Kläger vom 18. Januar 2007 auf Elterngeld für das Kind M. H. mit der Begründung ab, nach § 27 Abs 1 BEEG gelte für vor dem 1. Januar 2007 geborene Kinder weiterhin das Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) und Anspruch auf Elterngeld bestehe in diesen Fällen nicht (Bescheid vom 15. März 2007; Widerspruchsbescheid vom 31. August 2007).
Die Kläger haben hiergegen am 28. September 2007 Klage bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und geltend gemacht, die Stichtagsregelung des § 27 Abs. 1 BEEG sei verfassungswidrig. Sie verstoße gegen Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass das BEEG auch auf vor dem 1. Januar 2007 geborene Kinder anzuwenden sei mit der Maßgabe, dass Elterngeld für die Zeit ab 1. Januar 2007 bis höchstens zur Vollendung des zwölften bzw. vierzehnten Lebensmonats Anwendung finde. Die Höhe des Elterngeldes sei derart anzupassen, dass Erziehungszeiten für ältere Geschwisterkinder nicht zu einer Benachteiligung der Antragstellerin führten.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2008 unter Hinweis auf die Entscheidung des Sozialgerichts Aachen vom 26. Juni 2007, S 13 EG 10/07, und die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. Januar 2008 (B 10 EG 3 bis 5/07 R) abgewiesen.
Die Kläger haben hiergegen am 19. März 2008 Berufung eingelegt und ihren bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft.
Sie beantragen sachdienlich gefasst,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Februar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen Elterngeld für das Kind M. H. ab 1. Januar 2007 zu gewähren, hilfsweise das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsrechts zur Vereinbarkeit des § 27 Abs. 1 BEEG mit dem Grundgesetz einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Entscheidungen des BSG vom 23. Januar 2008, a.a.O.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Kläger haben keinen Anspruch auf Elterngeld für das Kind M. H ...
Die Klage des Klägers ist schon deswegen unbegründet, da mit dem Antrag bestimmt worden ist, dass das Elterngeld allein durch die Klägerin beansprucht wird (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 BEEG). Dem Kläger kann daher kein Anspruch zustehen.
Der Anspruch besteht aber auch im Übrigen nicht.
§ 27 Abs 1 BEEG und § 24 Abs 4 BErzGG (in der Fassung vom 5. Dezember 2006, BGBl I S. 2748) regeln den Übergang vom Erziehungsgeld auf das Elterngeld, indem sie - abgesehen von den hier nicht interessierenden Fällen einer Aufnahme des Kindes mit dem Ziel der Adoption - bestimmen, dass für nach dem 31. Dezember 2006 geborene Kinder das BEEG und für vor dem 1. Januar 2007 geborene Kinder die Vorschriften des BErzGG weiterhin anzuwenden sind. Ein Anspruch auf Elterngeld besteht in den letztgenannten Fällen nicht.
Der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass § 27 Abs 1 BEEG mit diesem Inhalt gegen die Verfassung verstößt. Die Frage ist durch die Entscheidungen des BSG vom 23. Januar 2008, a.a.O., die den Beteiligten bekannt sind, geklärt. Der Senat schließt sich dem an.
Danach ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs 1 GG verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. § 27 Abs 1 BEEG behandelt die Eltern - noch - im Jahr 2006 und - erst - im Jahr 2007 geborener Kinder unterschiedlich. Diese ungleiche Behandlung ist aber sachlich gerechtfertigt.
Mit dem BEEG hat der Gesetzgeber die familienpolitischen Leistungen neu ausgerichtet und dazu das bedürftigkeitsabhängige Erziehungsgeld durch ein verstärkt Einkommenseinbußen ersetzendes Elterngeld mit dem Ziel abgelöst, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn Eltern vorrangig ihre Kinder betreuen. Bei diesem Systemwechsel war - abgesehen von dem Zeitpunkt seiner Einführung - auch darüber zu entscheiden, wie Lebenssachverhalte zu behandeln sind, die vor Geltung des neuen Rechts begonnen, aber nach altem Recht noch nicht abgewickelt waren. Der Gesetzgeber hat sie ab Inkrafttreten des neuen Rechts am 1. Januar 2007 nicht abrupt diesem unterworfen, sondern es insoweit für die Geburtsjahrgänge 2006 und früher übergangsweise bei der Weitergeltung des alten Rechts belassen.
Zugleich sind damit allerdings Eltern vor dem 1. Januar 2007 geborener Kinder von jeglicher Leistung - auch erst ab dem 1. Januar 2007 - ausgeschlossen, wenn sie die Einkommensgrenze des BErzGG überschritten und deshalb weiterhin keinen Anspruch auf Erziehungsgeld haben, die Anspruchsvoraussetzungen des neuen Elterngeldes aber an sich erfüllen. Dieses Ergebnis hätte sich durch eine zusätzliche Übergangsregelung zwar vermeiden lassen. Der Gesetzgeber hat sich unter hinreichender Würdigung der in Betracht kommenden Faktoren aber gegen eine solche differenzierte zeitliche Anknüpfung entschieden und allein auf den Tag der Geburt des Kindes abgestellt.
Entscheidende Gesichtspunkte für den Verzicht auf eine Übergangsregelung sind die Vermeidung von Mehrkosten und eines erhöhten Verwaltungsaufwandes. Gegen Art. 3 Abs 1 GG verstößt auch nicht, dass das Gesetz natürliche Eltern und Adoptionseltern unterschiedlich behandelt, indem es bei Adoptionseltern nicht auf den Tag der Geburt des Kindes, sondern auf den Tag dessen Aufnahme bei der berechtigten Person (§ 4 Abs. 1 BEEG) abstelle. Das Fehlen einer die Klägerin begünstigenden Übergangsregelung steht auch nicht im Widerspruch zu dem aus Art. 6 Abs 1 GG hergeleiteten Gebot zur Förderung der Familie und der damit begründeten allgemeinen Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich, sondern liegt in dem insoweit dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsspielraum, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz der Familie verwirklichen will.
Damit scheidet auch die Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 GG) aus.
Auf die Frage der Höhe des Elterngeldes, wenn in der Elternzeit ein weiteres Kind geboren wird, kommt es nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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