L 16 R 195/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 1376/06 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 195/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 31. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung statt einer Altersrente für Frauen, hilfsweise die Zahlung einer höheren Altersrente für Frauen.

Die 1938 geborene Klägerin ist Staatsangehörige der Republik Slowenien und dort wohnhaft. Sie hatte von September 1959 bis April 1964 - mit kurzen Unterbrechungen - in Deutschland insgesamt 51 Kalendermonate Pflichtbeiträge an den deutschen Rentenversicherungsträger und von März 1956 bis September 1959 sowie von April 1966 bis November 1995 – mit Unterbrechungen - in Slowenien insgesamt 281 Kalendermonate Pflichtbeiträge an den slowenischen Rentenversicherungsträger entrichtet.

Am 21.05.2001 beantragte die Klägerin über den slowenischen Versicherungsträger die Gewährung von Altersrente für langjährig Versicherte. Da sie die Voraussetzungen für eine Altersrente für langjährig Versicherte nicht erfüllte, bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 28.11.2001 Altersrente für Frauen ab 01.05.2001 in Höhe von 154,42 DM (ohne Abschläge). Die Rente errechnete sich aus 3,1787 persönlichen Entgeltpunkten, einem aktuellen Rentenwert zum Zeitpunkt der Antragstellung in Höhe von 48,58 DM und dem Rentenartfaktor 1,0. Berücksichtigt waren auch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit von April bis September 1964.

Mit Schreiben vom 30.01.2002 beantragte die Klägerin die Gewährung von Altersrente ab dem 63. Lebensjahr ohne Abzüge. Sie war der Ansicht, dass sie zwischen einer Altersrente mit Abzügen nach Vollendung des 60. Lebensjahres und einer Altersrente ohne Abzüge ab dem 63. Lebensjahr wählen könne. Ferner machte sie die Berücksichtigung von weiteren Zeiten der Arbeitsunfähigkeit über September 1964 hinaus bis Oktober 1976 und von Mai 1979 bis August 1981 sowie durchgehende deutsche Beitragszeiten vom 13.09.1959 bis 15.04.1964 geltend. Das Klageverfahren gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 27.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.2002 war erfolglos. Das Berufungsverfahren mit dem Az. L 5 R 398/04 wurde durch den Vergleich vom 22.03.2006, auch die über den September 1964 hinausgehende Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis Oktober 1976 anzuerkennen, abgeschlossen. Die Beklagte führte diesen Vergleich mit Bescheid vom 19.06.2006 aus; aufgrund der persönlichen Entgeltpunkte von nunmehr 4,1007 erhöhte sich der monatliche Zahlbetrag für die Altersrente für Frauen ab 01.05.2001 auf 199,21 DM.

Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch wandte sie sich gegen die Höhe des Zahlbetrags der Rente und gegen die Rentenart. Sie verstehe nicht, warum die Rentenerhöhung trotz der Berücksichtigung weiterer 145 Monate Arbeitsunfähigkeit so gering ausgefallen sei und sich wegen der weiteren Versicherungszeiten die Rentenart nicht geändert habe. Der Widerspruch wurde nach Aktenlage nicht Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006 als unbegründet zurückgewiesen. Die Rentenhöhe sei unter Anwendung der Rentenformel (persönliche Entgeltpunkte x Rentenartfaktor x aktueller Rentenwert) zutreffend berechnet worden. Die beitragsfreien Zeiten der Arbeitsunfähigkeit seien nach dem begrenzten Gesamtleistungswert zu bewerten. Durch die zusätzliche Anrechnung weiterer 145 Monate der Arbeitsunfähigkeit von Oktober 1964 bis Oktober 1976 als Anrechnungszeit ergäben sich zusätzlich 0,9220 Entgeltpunkte.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut begehrte die Klägerin unter Bezugnahme auf das vom Bayerischen Landessozialgericht eingeholte Gutachten von Dr. L. vom 31.12.2005 sowie unter Vorlage ärztlicher Unterlagen erstmals die Gewährung einer Invalidenrente, weil sie länger als 18 Monate ununterbrochen krank (Tuberkulose) gewesen sei und die Erkrankung in Deutschland begonnen habe.

Die Beklagte stellte wegen des Beitritts Sloweniens zur Europäischen Union unter Anwendung von EU-Recht die Altersrente für Frauen mit Bescheid vom 25.07.2007 neu fest und erhöhte den Zahlbetrag rückwirkend ab 01.05.2001 auf monatlich EUR 193,87.

Das Sozialgericht wies die Klage nach entsprechenden Anhörungsmitteilungen mit Gerichtsbescheid vom 31.10.2007 ab. Die Rente der Klägerin, die keine konkreten Einwände hinsichtlich der Berechnung erhebe, sei korrekt ohne Abschläge berechnet worden. Da nach einer bindenden Bewilligung einer Rente wegen Alters gemäß § 34 Abs.4 SGB VI der Wechsel in eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ebenso ausgeschlossen sei wie der Wechsel in eine andere Altersrente, stehe der Klägerin keine "Invalidenrente" zu. Im Übrigen wäre der Zahlbetrag einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen (wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit) nicht höher als der jetzige Zahlbetrag der Altersrente für Frauen.

Mit der dagegen eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren der Zahlung einer Invalidenrente weiter mit der ergänzenden Begründung, dass sie seit Beginn ihrer Krankheit im Jahr 1964 dauernd Beschwerden mit der rechten Niere gehabt habe und sich ihr Gesundheitszustand in letzter Zeit verschlechtert habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid vom 31.10.2007 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.11.2001 in der Fassung der Bescheide vom 27.09.2002, vom 19.06.2006 und vom 25.07.2007 sowie des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 abzuändern und ihr ab 01.05.2001 Rente wegen Erwerbsminderung, hilfsweise eine höhere Altersrente für Frauen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung ist gemäß §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Das Sozialgericht hat mit seinem Gerichtsbescheid vom 31.10.2007 im Ergebnis zu Recht die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 19.06.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 und des Bescheides vom 25.07.2007 abgewiesen. Soweit die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung statt der bewilligten Altersrente für Frauen begehrt, war die Klage bereits unzulässig. Da die Klägerin entsprechend ihrem Vorbringen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren primär die Gewährung einer höheren Rente begehrt, war ihr Begehren auch dahin auszulegen, dass sie hilfsweise - falls ihr keine Rente wegen Erwerbsminderung gezahlt wird - die Gewährung einer höheren Altersrente beantragt. Hinsichtlich dieses Hilfsantrags war die Klage unbegründet.

Bezüglich des mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinn des § 54 Abs.1 und 4 SGG verfolgten Ziels der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung fehlt bereits ein anfechtbarer Verwaltungsakt im Sinn des § 31 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), so dass die Klage nach § 54 Abs.1 SGG bereits unzulässig war. Der angefochtene Bescheid vom 19.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 und des Bescheides vom 25.07.2007 enthält keine Entscheidung hinsichtlich der Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, die auf Grund des bestandskräftigen Bescheides vom 28.11.2001 und mangels Änderungsbefugnis nach § 34 Abs. 4 SGB VI nur im Wege einer Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X gewährt werden hätte können. Da der Bescheid vom 19.06.2006 allein den vor dem Bayerischen Landessozialgericht am 22.03.2006 geschlossenen Vergleich ausführt, enthält er nur hinsichtlich der Berücksichtigung der vergleichsweise anerkannten 145 Kalendermonate Anrechnungszeiten wegen Arbeitsunfähigkeit bei der Berechnung der Altersrente für Frauen einen Regelungsgehalt. Er regelt jedoch nicht das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung und ist daher insoweit auch nicht als Entscheidung und somit als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Dies ist auch der von der Beklagten angefügten Rechtsbehelfsbelehrung zu entnehmen: "Der Rechtsbehelf gegen diesen Bescheid ist nur zulässig, soweit er sich gegen die Ausführung des Vergleichs richtet". Auch der Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006 enthält keine Entscheidung über eine Rente wegen Erwerbsminderung. Entsprechend dem Vorbringen der Klägerin in ihrem Widerspruch, dass ihr auf Grund der weiteren 145 Monate zuerkannten Anrechnungszeiten wegen Arbeitsunfähigkeit die geringe Rentenerhöhung unverständlich sei, begründete die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid nur die von ihr unter Anwendung der Rentenformel und des Gesamtleistungswertes ermittelte Rentenhöhe. Der Bescheid vom 25.07.2007, der die Altersrente für Frauen wegen der Berücksichtigung der slowenischen Versicherungszeiten nach der EWGV 1408/71 neu feststellte, enthält ebenfalls keine Regelung hinsichtlich eines Anspruchs der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung. Hinsichtlich des Hauptantrags war daher die Klage mangels anfechtbaren Verwaltungsaktes bereits unzulässig.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom 28.11.2001 zum Zeitpunkt seines Erlasses nicht rechtswidrig im Sinn des § 44 SGB X war, weil die Klägerin am 21.05.2001 ausdrücklich nur die Gewährung einer Altersrente für langjährig Versicherte beantragt (zum Erfordernis der Antragstellung: § 19 SGB IV, § 115 Abs. 1 SGB VI) hatte. Da diese damals nicht die erforderliche Wartezeit von 35 Jahren (§ 36 Nr. 2 SGB VI) erfüllt hatte, deutete die Beklagte diesen Antrag zu Recht in einen Antrag auf Altersrente für Frauen, die der Klägerin damals zustand, um. Für eine Umdeutung dieses Antrags in eine Rente wegen Erwerbsminderung bestanden im Hinblick auf die eindeutige Erklärung der Klägerin, die ausdrücklich eine Altersrente beantragt hatte, und die damalige Ungeklärtheit des Vorliegens einer Erwerbsminderung der Klägerin (d.h. eines unter sechsstündigen Leistungsvermögens der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, das nicht schon bei einer ununterbrochenen 18-monatigen Arbeitsunfähigkeit vorliegt) sowie der Erfüllung der erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen keine Anhaltspunkte, so dass die Beklagte auch nicht verpflichtet war, auf eine derartige Antragstellung - die zu keiner höheren Rente der Klägerin geführt hätte - hinzuweisen. Im übrigen wird eine Rente wegen Erwerbsminderung, die kraft Gesetzes (§ 43 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGB VI) mit Vollendung des 65. Lebensjahres endet, nach Vollendung des 65. Lebensjahres von Amts wegen in eine Regelaltersrente gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 SGB VI umgewandelt, wenn der Versicherte nicht ausnahmsweise etwas anderes bestimmt.

Die Berufung war auch hinsichtlich des Hilfsantrags als unbegründet zurückzuweisen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine höhere Altersrente für Frauen. Da sie diese Altersrente nicht vorzeitig in Anspruch nahm, erfolgte entgegen ihrer Ansicht auch kein Abschlag. Die Beklagte hat den Zahlbetrag der Altersrente für Frauen zutreffend unter Anwendung des geltenden Rechts berechnet. Insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen und gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.

Die Kostenentscheidung gemäß § 193 Abs. 1 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers keinen Erfolg hatte.

Gründe, gemäß § 160 Abs.2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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