Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 1544/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 2010/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. März 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung des Ereignisses vom 22. Juni 2004 als Arbeitsunfall sowie die Gewährung einer Verletztenrente.
Der Kläger ist 1951 geboren und als Kfz-Elektrikermeister in einer Omnibus-Werkstatt tätig. Mit Unfallanzeige vom 11. Oktober 2004 teilte der Beschäftigungsbetrieb, die J. GmbH, mit, der Kläger habe am 8. April 2004 einen Unfall erlitten, als an einem Linienbus, der auf dem Betriebsgelände zur Abfahrt bereit gestanden habe, plötzlich ein Reifen geplatzt sei. Später wurde der Unfallhergang dergestalt geschildert, dass ein Reifen an einer Führungsrolle der Buswaschanlage geplatzt sei. Der Kläger habe daneben gestanden und dadurch einen Ohrenschaden erlitten. Mit Schreiben vom 7. März 2005 korrigierte der Beschäftigungsbetrieb den Unfallzeitpunkt auf den 22. Juni 2004.
Die Beklagte holte vom behandelnden Ohrenarzt Dr. v. W. den Hals-, Nasen-, Ohren-Arztbericht vom 22. Dezember 2004 ein. Darin führte Dr. v. W. aus, der Kläger habe sich im Februar 2004 und am 5. Juli 2004 bei ihm vorgestellt. Mikrootoskopisch seien die Trommelfelle beidseits reizlos und intakt gewesen. Die übrigen Spiegelbefunde seien regelrecht gewesen. Audiometrisch habe sich die bekannte linksbetonte Hochtonschwerhörigkeit ergeben. Der Kläger habe ein Knalltrauma erlitten bei bekanntem Hochtonabfall beidseits. Im ergänzenden Bericht vom 18. April 2005 führte er aus, im August 2004 sei wegen eines persistierenden Tinnitus eine Infusionstherapie erfolgt. Auf weitere Frage der Beklagten teilte Dr. v. W. unter dem 29. Juni 2005 mit, am 5. Juli 2004 sei der HNO-Status unauffällig gewesen; insbesondere habe die Mikrootoskopie keinen Anhalt für ein Explosionstrauma bei beidseits reizlosem und intaktem Trommelfell ergeben. Der Kläger habe sich beim ihm erstmals am 24. November 1999 wegen beidseitig klingeldem Tinnitus auf beiden Ohren vorgestellt. In der Folgezeit sei mehrfach eine Beratung und Untersuchung bei therapieresistentem beidseitigem Tinnitus erfolgt.
Der Kläger gab auf weitere Fragen der Beklagten Auskunft und legte zahlreiche Arztbriefe und Tonaudiogramme vor. U.a. war im Arztbrief der Klinik für HNO-Heilkunde T. vom 13. Oktober 2004 ausgeführt, der Kläger habe mitgeteilt, dass seit dem Knalltrauma das Ohrgeräusch links mehr als rechts lauter, das Hören schlechter, die Hyperakusis ausgeprägter und das teilweise verzerrte Hören stärker geworden sei. Diese Angaben finden sich im Wesentlichen auch im Arztbrief der Klinik für Psychiatrie R. vom 11. November 2004 wieder.
Im Auftrag der Beklagten erstellte am 29. August 2005 der Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Dr. d. V. ein Gutachten. Dieser kam nach ausführlichen Untersuchungen zum Schluss, dass auf seinem Fachgebiet der Unfall keine Gesundheitsstörungen verursacht habe, insbesondere eine wesentliche Verschlechterung nicht eingetreten sei. Es zeigte sich eine seitengleiche Hochton-Innenohrschwerhörigkeit; die Hörprüfungen zeigten das Bild einer Lärmschwerhörigkeit. Der Tinnitus habe schon lange vor dem Unfallereignis vorgelegen. Die geschilderten Klagen müssten von psychiatrischer Seite begutachtet werden. Auf dem hno-fachärztlichen Gebiet betrage die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) weniger als 10 v.H., für das Unfallereignis 0 v.H.
Mit Bescheid vom 28. September 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 22. Juni 2004 ab; ein Arbeitsunfall habe nicht vorgelegen, da nach der Auskunft von Dr. v. W. und dem Gutachten von Dr. d. V. ein Gesundheitsschaden durch das angeschuldigte Ereignis nicht verursacht worden sei.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und brachte vor, er habe nach dem Ereignis anfangs sehr starke Ohrenschmerzen gehabt und massive Hörprobleme; danach sei er schwer depressiv gewesen und leide noch immer unter eingeschränktem Hörvermögen.
Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. M. schlug in seiner Stellungnahme vom 3. Februar 2006 vor, eine Bewertung der Voraudiogramme bezüglich Hörverlust und Tinnitus-Intensität durch die HNO-Klinik T. vornehmen zu lassen.
Die Beklagte zog daraufhin zahlreiche Arztbriefe und Befunde, auch im Rahmen stationärer Behandlungen erstellte Entlassungsberichte, bei und gab bei Prof. Dr. Z., Direktor der Universitäts-HNO-Klinik T. ein Gutachten nach Aktenlage in Auftrag. In seinem Gutachten vom 28. August 2006 führte Prof. Dr. Z. aus, ein Vergleich der vor dem angeschuldigten Knalltrauma im Sommer 2004 und der kurz danach angefertigten Audiogramme zeige, dass zunächst eine Veränderung der Hörschwelle nicht stattgefunden habe, vielmehr eine seitengleiche Hörschwelle vorgelegen habe. Erstmalig sei im August 2004 im Vinzenz von P. Hospital in R. eine deutliche Seitendifferenz der Hörschwellen belegt, danach auch im Tonschwellenaudiogramm der Uniklinik T. vom 13. Oktober 2004 und vom 15. November 2005. Andererseits hätten auch Audiogramme aus der Zeit nach dem Unfall seitengleiche Hörschwellen festgestellt, nämlich das Audiogramm der Uniklinik F. vom 22. April 2005 und das des Dr. d. V. vom 24. August 2005. Daher könne eine unfallbedingte Zunahme des Hörschadens nicht belegt werden. Auch ein Vergleich der vor und nach dem Knalltrauma angegebenen Tinnitusfrequenzen zeige Angaben über höhere aber auch tiefere Frequenzen nach dem Knalltrauma. Beim Vergleich der Tinnitus-Verdeckbarkeiten zeige sich, dass nach dem erfolgten Knalltrauma deutlich höhere dB-Werte aufgeführt werden. Dies sei aber nicht allein ausschlaggebend für die Tinnituslautheit. Vielmehr sei zu berücksichtigen, um wie viel dB lauter als die Hörschwelle das Verdeckungsgeräusch gewählt werden müsse. Vergleiche man unter dieser Prämisse die Tinnitus-Verdeckbarkeit vor dem Knalltrauma mit der Verdeckbarkeit wenige Monate danach, so zeige sich, dass sowohl vor als auch nach dem Knallereignis eine Tinnitus-Verdeckung bereits im Bereich der Hörschwelle bzw. nur wenige dB oberhalb davon möglich gewesen sei. Erst im November 2005 bedurfte es eines Verdeckungsgeräuschs von 15 bzw. 20 dB oberhalb der Schwelle. Zusammenfassend beschrieb Prof. Dr. Z. den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Knallereignis und der Zunahme der bestehenden Hörstörung und der Tinnituslautheit zwar als möglich, wegen der fehlenden nachweisenden Audiometriebefunde aber nicht als überwiegend wahrscheinlich. Die unfallbedingte MdE schlug er mit 0 v.H. vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2007 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 20. April 2007 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, durch das Knalltrauma sei eine richtunggebende Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens eingetreten. Darüber hinaus sei auch nach Auffassung von Prof. Dr. Z. noch eine neurologisch-psychiatrische Untersuchung zur Beurteilung der individuellen Belästigung durch den Tinnitus erforderlich. Seit dem Trauma verstehe er bestimmte Laute schlechter (z.B. "ST-Laute"). Darin liege die durch das Ereignis vom 22. Juni 2004 verursachte Gesundheitsstörung.
Mit Urteil vom 12. März 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es mangle vorliegend am Nachweis eines durch das Ereignis vom 22. Juni 2004 verursachten Gesundheitsschadens. Der Kläger habe zwei Wochen nach dem Ereignis Dr. v. W. aufgesucht, der einen unauffälligen HNO-Befund erhoben und auch keinen Nachweis für ein Knalltrauma erbracht habe. Eine Verschlimmerung des vorbestehenden Tinnitus sei daher nicht nachweisbar. Darüber hinaus sei aktenkundig, dass der Tinnitus im Jahr 1999 mit dem Auszug seiner Frau und dreier Kinder aus der Ehewohnung aufgetreten sei und es im Sommer 2004 mit der endgültigen Trennung seiner Frau von ihm erneut zu einer starken psychischen Dekompensation mit stationärem psychiatrischem Aufenthalt gekommen sei. Die vom Kläger zeitgleich empfundene Zunahme des Tinnitus könne daher ebenso gut auf der psychischen Belastung wie auch dem Knalltrauma beruhen. Jedenfalls habe sich die Kammer nicht davon überzeugen können, dass allein der Knall durch den geplatzten Reifen beim Kläger zu einem weiteren Gesundheitsschaden geführt habe. Darüber hinaus hätten sowohl Dr. d. V. wie auch Prof. Dr. Z. aufgrund der vorliegenden Tonaudiogramme einen entsprechenden Zusammenhang schlüssig verneint.
Gegen das am 27. März 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. April 2008, einem Montag, Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er aus, er sei nach wie vor der Auffassung, sein Tinnitus habe sich durch das Knalltrauma verschlimmert und ihm sei deshalb eine Verletztenrente zu gewähren. Auch sei ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten zur abschließenden Sachaufklärung geboten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. März 2008 und den Bescheid vom 28. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 22. Juni 2004 Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen. Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern, und die Entscheidung einstimmig ergeht.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII). Dem Unfallbegriff immanent ist seit jeher, dass das auf den Körper einwirkende Ereignis zu einem sog. Erstschaden - und sei er auch gering - führt. Später zusätzlich eintretende Folgen des Unfalls sind ihm selbstverständlich auch zuzurechnen. Führt das auf den Körper einwirkende Ereignis nicht zu einem Erstschaden, handelt es sich nicht um einen Unfall im Sinne des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII.
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Wie das SG in der angefochtenen Entscheidung unter Hinweis auf die Auskunft von Dr. v. W. und die Gutachten von Dr. d. V. und Prof. Dr. Z. zutreffend und schlüssig ausgeführt hat, fehlt es vorliegend bereits am Nachweis der Verursachung eines Gesundheitserschadens oder einer richtunggebenden Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens durch das Knalltrauma mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit.
Die von Prof. Dr. Z. in seinem Gutachten ausgewerteten zahlreichen Befunde vor und nach dem Trauma lassen weder den Nachweis der Verschlimmerung des Tinnitus noch den Nachweis der Verschlimmerung des Hörschadens zu. Vielmehr zeigen die zunächst unmittelbar nach dem Knalltrauma gefertigten Tonaudiogramme gleichbleibende Befunde, verglichen mit den Befunden vor dem Trauma. Im zeitlichen Verlauf danach sind die Befunde schwankend und haben teilweise gleichbleibende, teilweise sich verändernde Hörschwellen bzw. Tinnitusverdeckfrequenzen ergeben. Diese Ergebnisse können daher nicht als objektiver Nachweis einer Verschlimmerung dienen.
Darüber hinaus hat das SG zutreffend darauf hingewiesen, dass anhand der aktenkundigen Arztbriefe insbesondere nach stationären Aufenthalten des Klägers in psychiatrischen Kliniken ein deutlicher zeitlicher Zusammenhang mit nicht nur psychischer Dekompensation, sondern auch der Tinnitusproblematik mit den Eheproblemen des Klägers besteht. In diesen Berichten wird auch deutlich, dass der Kläger dazu neigt, den psychischen Problemen ein organisches Korrelat zuzuschreiben und dies auch im Tinnitus, der erstmals aufgetreten war, als sich seine Frau von ihm getrennt hatte, gefunden hat. Der zeitliche Verlauf mit einem vom Kläger berichteten verstärkten Auftreten im Sommer 2004 entspricht diesem Verhaltensmuster, da auch im Sommer 2004 die endgültige Trennung durch die Ehefrau erfolgt ist.
Auch der Vortrag im Berufungsverfahren vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen.
Soweit vorgetragen wird, es müsste zur umfassenden Sachaufklärung ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt werden, verkennt der Kläger die Grundsätze der gesetzlichen Unfallversicherung. Ihm ist zwar insoweit zuzustimmen, dass sowohl der Beratungsarzt Dr. M. wie auch Prof. Dr. Z. davon ausgegangen sind, ein solches Gutachten sollte eingeholt werden bzw. werde eingeholt. Ein Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet zur Feststellung der "Belästigungsschwelle", wie es von Prof. Dr. Z. vorgeschlagen worden ist, ist jedoch nur dann erforderlich, wenn der Zusammenhang der Entstehung bzw. Verschlimmerung des Tinnitus mit dem angeschuldigten Ereignis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht. Denn erst dann wird die Frage der Beeinträchtigung und damit auch der Minderung der Erwerbsfähigkeit relevant. Da aber aus den aufgeführten Gesichtspunkten sowohl das SG wie auch der Senat diese an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit nicht gewinnen konnte, konnte und kann die Einholung eines entsprechenden Gutachtens von Amts wegen unterbleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung des Ereignisses vom 22. Juni 2004 als Arbeitsunfall sowie die Gewährung einer Verletztenrente.
Der Kläger ist 1951 geboren und als Kfz-Elektrikermeister in einer Omnibus-Werkstatt tätig. Mit Unfallanzeige vom 11. Oktober 2004 teilte der Beschäftigungsbetrieb, die J. GmbH, mit, der Kläger habe am 8. April 2004 einen Unfall erlitten, als an einem Linienbus, der auf dem Betriebsgelände zur Abfahrt bereit gestanden habe, plötzlich ein Reifen geplatzt sei. Später wurde der Unfallhergang dergestalt geschildert, dass ein Reifen an einer Führungsrolle der Buswaschanlage geplatzt sei. Der Kläger habe daneben gestanden und dadurch einen Ohrenschaden erlitten. Mit Schreiben vom 7. März 2005 korrigierte der Beschäftigungsbetrieb den Unfallzeitpunkt auf den 22. Juni 2004.
Die Beklagte holte vom behandelnden Ohrenarzt Dr. v. W. den Hals-, Nasen-, Ohren-Arztbericht vom 22. Dezember 2004 ein. Darin führte Dr. v. W. aus, der Kläger habe sich im Februar 2004 und am 5. Juli 2004 bei ihm vorgestellt. Mikrootoskopisch seien die Trommelfelle beidseits reizlos und intakt gewesen. Die übrigen Spiegelbefunde seien regelrecht gewesen. Audiometrisch habe sich die bekannte linksbetonte Hochtonschwerhörigkeit ergeben. Der Kläger habe ein Knalltrauma erlitten bei bekanntem Hochtonabfall beidseits. Im ergänzenden Bericht vom 18. April 2005 führte er aus, im August 2004 sei wegen eines persistierenden Tinnitus eine Infusionstherapie erfolgt. Auf weitere Frage der Beklagten teilte Dr. v. W. unter dem 29. Juni 2005 mit, am 5. Juli 2004 sei der HNO-Status unauffällig gewesen; insbesondere habe die Mikrootoskopie keinen Anhalt für ein Explosionstrauma bei beidseits reizlosem und intaktem Trommelfell ergeben. Der Kläger habe sich beim ihm erstmals am 24. November 1999 wegen beidseitig klingeldem Tinnitus auf beiden Ohren vorgestellt. In der Folgezeit sei mehrfach eine Beratung und Untersuchung bei therapieresistentem beidseitigem Tinnitus erfolgt.
Der Kläger gab auf weitere Fragen der Beklagten Auskunft und legte zahlreiche Arztbriefe und Tonaudiogramme vor. U.a. war im Arztbrief der Klinik für HNO-Heilkunde T. vom 13. Oktober 2004 ausgeführt, der Kläger habe mitgeteilt, dass seit dem Knalltrauma das Ohrgeräusch links mehr als rechts lauter, das Hören schlechter, die Hyperakusis ausgeprägter und das teilweise verzerrte Hören stärker geworden sei. Diese Angaben finden sich im Wesentlichen auch im Arztbrief der Klinik für Psychiatrie R. vom 11. November 2004 wieder.
Im Auftrag der Beklagten erstellte am 29. August 2005 der Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Dr. d. V. ein Gutachten. Dieser kam nach ausführlichen Untersuchungen zum Schluss, dass auf seinem Fachgebiet der Unfall keine Gesundheitsstörungen verursacht habe, insbesondere eine wesentliche Verschlechterung nicht eingetreten sei. Es zeigte sich eine seitengleiche Hochton-Innenohrschwerhörigkeit; die Hörprüfungen zeigten das Bild einer Lärmschwerhörigkeit. Der Tinnitus habe schon lange vor dem Unfallereignis vorgelegen. Die geschilderten Klagen müssten von psychiatrischer Seite begutachtet werden. Auf dem hno-fachärztlichen Gebiet betrage die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) weniger als 10 v.H., für das Unfallereignis 0 v.H.
Mit Bescheid vom 28. September 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 22. Juni 2004 ab; ein Arbeitsunfall habe nicht vorgelegen, da nach der Auskunft von Dr. v. W. und dem Gutachten von Dr. d. V. ein Gesundheitsschaden durch das angeschuldigte Ereignis nicht verursacht worden sei.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und brachte vor, er habe nach dem Ereignis anfangs sehr starke Ohrenschmerzen gehabt und massive Hörprobleme; danach sei er schwer depressiv gewesen und leide noch immer unter eingeschränktem Hörvermögen.
Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. M. schlug in seiner Stellungnahme vom 3. Februar 2006 vor, eine Bewertung der Voraudiogramme bezüglich Hörverlust und Tinnitus-Intensität durch die HNO-Klinik T. vornehmen zu lassen.
Die Beklagte zog daraufhin zahlreiche Arztbriefe und Befunde, auch im Rahmen stationärer Behandlungen erstellte Entlassungsberichte, bei und gab bei Prof. Dr. Z., Direktor der Universitäts-HNO-Klinik T. ein Gutachten nach Aktenlage in Auftrag. In seinem Gutachten vom 28. August 2006 führte Prof. Dr. Z. aus, ein Vergleich der vor dem angeschuldigten Knalltrauma im Sommer 2004 und der kurz danach angefertigten Audiogramme zeige, dass zunächst eine Veränderung der Hörschwelle nicht stattgefunden habe, vielmehr eine seitengleiche Hörschwelle vorgelegen habe. Erstmalig sei im August 2004 im Vinzenz von P. Hospital in R. eine deutliche Seitendifferenz der Hörschwellen belegt, danach auch im Tonschwellenaudiogramm der Uniklinik T. vom 13. Oktober 2004 und vom 15. November 2005. Andererseits hätten auch Audiogramme aus der Zeit nach dem Unfall seitengleiche Hörschwellen festgestellt, nämlich das Audiogramm der Uniklinik F. vom 22. April 2005 und das des Dr. d. V. vom 24. August 2005. Daher könne eine unfallbedingte Zunahme des Hörschadens nicht belegt werden. Auch ein Vergleich der vor und nach dem Knalltrauma angegebenen Tinnitusfrequenzen zeige Angaben über höhere aber auch tiefere Frequenzen nach dem Knalltrauma. Beim Vergleich der Tinnitus-Verdeckbarkeiten zeige sich, dass nach dem erfolgten Knalltrauma deutlich höhere dB-Werte aufgeführt werden. Dies sei aber nicht allein ausschlaggebend für die Tinnituslautheit. Vielmehr sei zu berücksichtigen, um wie viel dB lauter als die Hörschwelle das Verdeckungsgeräusch gewählt werden müsse. Vergleiche man unter dieser Prämisse die Tinnitus-Verdeckbarkeit vor dem Knalltrauma mit der Verdeckbarkeit wenige Monate danach, so zeige sich, dass sowohl vor als auch nach dem Knallereignis eine Tinnitus-Verdeckung bereits im Bereich der Hörschwelle bzw. nur wenige dB oberhalb davon möglich gewesen sei. Erst im November 2005 bedurfte es eines Verdeckungsgeräuschs von 15 bzw. 20 dB oberhalb der Schwelle. Zusammenfassend beschrieb Prof. Dr. Z. den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Knallereignis und der Zunahme der bestehenden Hörstörung und der Tinnituslautheit zwar als möglich, wegen der fehlenden nachweisenden Audiometriebefunde aber nicht als überwiegend wahrscheinlich. Die unfallbedingte MdE schlug er mit 0 v.H. vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2007 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 20. April 2007 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, durch das Knalltrauma sei eine richtunggebende Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens eingetreten. Darüber hinaus sei auch nach Auffassung von Prof. Dr. Z. noch eine neurologisch-psychiatrische Untersuchung zur Beurteilung der individuellen Belästigung durch den Tinnitus erforderlich. Seit dem Trauma verstehe er bestimmte Laute schlechter (z.B. "ST-Laute"). Darin liege die durch das Ereignis vom 22. Juni 2004 verursachte Gesundheitsstörung.
Mit Urteil vom 12. März 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es mangle vorliegend am Nachweis eines durch das Ereignis vom 22. Juni 2004 verursachten Gesundheitsschadens. Der Kläger habe zwei Wochen nach dem Ereignis Dr. v. W. aufgesucht, der einen unauffälligen HNO-Befund erhoben und auch keinen Nachweis für ein Knalltrauma erbracht habe. Eine Verschlimmerung des vorbestehenden Tinnitus sei daher nicht nachweisbar. Darüber hinaus sei aktenkundig, dass der Tinnitus im Jahr 1999 mit dem Auszug seiner Frau und dreier Kinder aus der Ehewohnung aufgetreten sei und es im Sommer 2004 mit der endgültigen Trennung seiner Frau von ihm erneut zu einer starken psychischen Dekompensation mit stationärem psychiatrischem Aufenthalt gekommen sei. Die vom Kläger zeitgleich empfundene Zunahme des Tinnitus könne daher ebenso gut auf der psychischen Belastung wie auch dem Knalltrauma beruhen. Jedenfalls habe sich die Kammer nicht davon überzeugen können, dass allein der Knall durch den geplatzten Reifen beim Kläger zu einem weiteren Gesundheitsschaden geführt habe. Darüber hinaus hätten sowohl Dr. d. V. wie auch Prof. Dr. Z. aufgrund der vorliegenden Tonaudiogramme einen entsprechenden Zusammenhang schlüssig verneint.
Gegen das am 27. März 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. April 2008, einem Montag, Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er aus, er sei nach wie vor der Auffassung, sein Tinnitus habe sich durch das Knalltrauma verschlimmert und ihm sei deshalb eine Verletztenrente zu gewähren. Auch sei ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten zur abschließenden Sachaufklärung geboten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. März 2008 und den Bescheid vom 28. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 22. Juni 2004 Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen. Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern, und die Entscheidung einstimmig ergeht.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII). Dem Unfallbegriff immanent ist seit jeher, dass das auf den Körper einwirkende Ereignis zu einem sog. Erstschaden - und sei er auch gering - führt. Später zusätzlich eintretende Folgen des Unfalls sind ihm selbstverständlich auch zuzurechnen. Führt das auf den Körper einwirkende Ereignis nicht zu einem Erstschaden, handelt es sich nicht um einen Unfall im Sinne des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII.
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Wie das SG in der angefochtenen Entscheidung unter Hinweis auf die Auskunft von Dr. v. W. und die Gutachten von Dr. d. V. und Prof. Dr. Z. zutreffend und schlüssig ausgeführt hat, fehlt es vorliegend bereits am Nachweis der Verursachung eines Gesundheitserschadens oder einer richtunggebenden Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens durch das Knalltrauma mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit.
Die von Prof. Dr. Z. in seinem Gutachten ausgewerteten zahlreichen Befunde vor und nach dem Trauma lassen weder den Nachweis der Verschlimmerung des Tinnitus noch den Nachweis der Verschlimmerung des Hörschadens zu. Vielmehr zeigen die zunächst unmittelbar nach dem Knalltrauma gefertigten Tonaudiogramme gleichbleibende Befunde, verglichen mit den Befunden vor dem Trauma. Im zeitlichen Verlauf danach sind die Befunde schwankend und haben teilweise gleichbleibende, teilweise sich verändernde Hörschwellen bzw. Tinnitusverdeckfrequenzen ergeben. Diese Ergebnisse können daher nicht als objektiver Nachweis einer Verschlimmerung dienen.
Darüber hinaus hat das SG zutreffend darauf hingewiesen, dass anhand der aktenkundigen Arztbriefe insbesondere nach stationären Aufenthalten des Klägers in psychiatrischen Kliniken ein deutlicher zeitlicher Zusammenhang mit nicht nur psychischer Dekompensation, sondern auch der Tinnitusproblematik mit den Eheproblemen des Klägers besteht. In diesen Berichten wird auch deutlich, dass der Kläger dazu neigt, den psychischen Problemen ein organisches Korrelat zuzuschreiben und dies auch im Tinnitus, der erstmals aufgetreten war, als sich seine Frau von ihm getrennt hatte, gefunden hat. Der zeitliche Verlauf mit einem vom Kläger berichteten verstärkten Auftreten im Sommer 2004 entspricht diesem Verhaltensmuster, da auch im Sommer 2004 die endgültige Trennung durch die Ehefrau erfolgt ist.
Auch der Vortrag im Berufungsverfahren vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen.
Soweit vorgetragen wird, es müsste zur umfassenden Sachaufklärung ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt werden, verkennt der Kläger die Grundsätze der gesetzlichen Unfallversicherung. Ihm ist zwar insoweit zuzustimmen, dass sowohl der Beratungsarzt Dr. M. wie auch Prof. Dr. Z. davon ausgegangen sind, ein solches Gutachten sollte eingeholt werden bzw. werde eingeholt. Ein Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet zur Feststellung der "Belästigungsschwelle", wie es von Prof. Dr. Z. vorgeschlagen worden ist, ist jedoch nur dann erforderlich, wenn der Zusammenhang der Entstehung bzw. Verschlimmerung des Tinnitus mit dem angeschuldigten Ereignis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht. Denn erst dann wird die Frage der Beeinträchtigung und damit auch der Minderung der Erwerbsfähigkeit relevant. Da aber aus den aufgeführten Gesichtspunkten sowohl das SG wie auch der Senat diese an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit nicht gewinnen konnte, konnte und kann die Einholung eines entsprechenden Gutachtens von Amts wegen unterbleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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