Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
23
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 23 AS 217/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die aufschiebende Wirkung der Klage mit dem AZ S 23 AS 218/09 gegen den Bescheid vom 07. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. Juni 2008 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe:
I. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II).
Die Antragstellerin hatte bereits im Oktober 2004 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt, danach jedoch Mitwirkungspflichten nicht erfüllt, so dass mit Bescheid vom 07.06.2005 Leistungen unter Bezugnahme auf § 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) versagt wurden. Als Adresse hatte sie damals "G Straße 00 b" in S1 angegeben. Im Januar 2007 hatte die Antragstellerin erneut Leistungen nach dem SGB II beantragt. Im Antrag war als Adresse noch "I1 Straße 00" in S1 angegeben. Sie reichte jedoch mit dem Antrag einen Mietvertrag zu den Akten, wonach sie ab dem 20.01.2007 eine Wohnung in der "I2straße 00" in S1 angemietet hatte. Die Antragsgegnerin bewilligte Leistungen nach dem SGB II.
Im März 2007 hatte die Antragsgegnerin erstmals den Verdacht, die Antragstellerin habe ihre Wohnung nur zum Schein angemietet, um SGB-II Leistungen zu erhalten. Diesen Verdacht stützte die Antragsgegnerin darauf, dass die Antragstellerin in früheren Jahren mit jemandem zusammengewohnt habe. Ein Besuch des Außendienstes der Antragsgegnerin bei der Antragstellerin am 30.03.2007 ergab nach Ansicht des Außendienstmitarbeiters keine Auffälligkeiten.
Am 26.11.2007 ging bei der Antragsgegnerin ein anonymes Schreiben ein. Darin heißt es, die Antragstellerin hole in der "I2straße" nur ihre Post ab, ansonsten halte sie sich bei Herrn S2 T auf. In der "I2straße" wohne eine andere Person zur Untermiete. Auf den Fortzahlungsantrag der Antragstellerin vom 07.12.2007 bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 11.12.2007 für den Zeitraum 01.02.2007 bis 31.07.2007 Leistungen nach dem SGB II:
Am 15.04.2008 suchte der Außendienst der Antragsgegnerin ausweislich des Berichts vom 16.04.2008 die Adresse des S2 T in der "I1 Straße 00" in S1 auf. Dort habe die Antragstellerin um 17.45 Uhr die Haustür geöffnet. Sie habe Wohnungskleidung und Pantoffel getragen. Gemeinsam sei man zur Wohnung der Antragstellerin, die eine Straße weiter liegt, gegangen. Die Wohnung sei möbliert gewesen, habe aber einen unterkühlten Eindruck gemacht, als sei die Heizung längere Zeit nicht in Betrieb gewesen. Der vom Strom abgeschaltete Kühlschrank sei leer und unbenutzt gewesen. In der Küche seien keine weiteren Nahrungsmittel gewesen. Der Kleiderschrank sei überwiegend leer gewesen, bis auf ca. 2 Hände voll Kleinwäscheteile. Der Haushaltsstromverbrauch( ohne Nachtspeicher) habe von 01/07 bis 05/07 400 KW betragen, der Nachtspeicherstrom 2.071 KW. Die Antragstellerin habe gegenüber dem Ermittlungsdienst angegeben, sie wohne seit 1-2 Wochen bei Herrn T. Sie habe letztes Jahr mal die Beziehung zu Herrn T beendet, sei seit ca. 5 Monaten aber wieder mit ihm zusammen.
Mit Bescheid vom 07.05.2008 hob die Antragsgegnerin den Bescheid vom 11.12.2007 ab dem 01.04.2008 auf und forderte die Antragstellerin auf, überzahlte Leistungen für den Zeitraum 01.04.2008 bis 31.05.2008 in Höhe von 1523,20 EUR zu erstatten. Sie stützte die Aufhebung darauf, dass die Antragstellerin seit 01.04.2008 mit Herrn T wieder in eheähnlicher Gemeinschaft lebe. Sie habe diese Veränderung der Verhältnisse zumindest grob fahrlässig nicht mitgeteilt (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X). Unabhängig davon habe die Antragstellerin wissen müssen, dass der ihr zuerkannte Anspruch zum Ruhen gekommen sei oder ganz oder teilweise weggefallen sei (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X). Den Widerspruch vom 16.05.2008 stützte die Antragstellerin darauf, dass sie mit Herrn T nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe. Insofern habe auch keine Pflicht bestanden, eine Veränderung mitzuteilen. Herr T sei zwar ihr Lebensabschnittsgefährte, sie wohne mit ihm jedoch nicht zusammen, so dass eine Einstandsgemeinschaft nicht bestehe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2008 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Antragstellerin habe gegenüber dem Ermittlungsdienst am 15.04.2008 angegeben, seit 2 Wochen wieder bei Herrn T zu wohnen. Zwischen der Antragstellerin und Herrn T bestehe eine Einstandsgemeinschaft nach §7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II. Da Herr T und die Antragstellerin bereits bis Anfang 2007 eine Beziehung gehabt hätten sei davon auszugehen, dass Herr T die Antragstellerin zumindest ab dem Einzug bei ihm im April 2008 wieder unterstütze. Da die Antragstellerin in der Zeit des Zusammenlebens mit Herrn T bis Anfang 2007 keine SGB II Leistungen erhalten habe, sei davon auszugehen, dass Herr T zur Unterstützung in der Lage sei. Damit sei der Anspruch auf SGB II-Leistungen mit dem Zusammenziehen der Antragstellerin mit Herrn T im April 2007 erloschen. Dies habe die Antragstellerin zumindest wissen können. Sie habe auch gewusst, diesen Umstand mitteilen zu müssen.
Am 16.06.2008 beantragte die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am gleichen Tag eingereichten Klage. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids. Sie wohne nach wie vor in der "I2straße 00". Seit zwei Monaten finde wieder eine Annäherung zu Herrn T statt, von dem sie sich am 18. Januar 2007 getrennt habe. Es liege aber weiterhin eine Trennung der Lebensbereiche vor. Sie verweile nur gelegentlich in der Wohnung von Herrn T. Die Aussage des Ermittlungsdienstes, sie habe beim Besuch am 15.04.2008 angegeben, seit zwei Wochen wieder bei Herrn T zu wohnen, sei falsch. Es sei zudem nicht verwunderlich, Mitte April nicht mehr zu heizen. Zudem hätten sich entgegen der Aussage des Ermittlungsdienstes Lebensmittel in der Wohnung befunden, nämlich Brot, Margarine, verschiedene Sorten Marmelade, Mineralwasser und Kaffee. Bei Herrn T handele es sich um einen "Lebensgefährten" im Sinne eines "guten Bekannten", bei dem sie schon übernachtet hat. Sie habe in der Vergangenheit 12 Jahre einen gemeinsamen Haushalt mit ihm gehabt, lebe nunmehr aber getrennt von ihm. Sie beabsichtige auch weiterhin nicht, mit Herrn T eine Lebensgemeinschaft im Sinne eines gemeinschaftlichen Wohnens einzugehen. Herr T könne ihren Unterhalt auch nicht bestreiten. Er habe hohe Verbindlichkeiten, kürzlich sei wegen einer Forderung in Höhe von 16.000 EUR gegen ihn eine Pfändung vorgenommen worden. Zu dem im Antragsverfahren von der Antragsgegnerin gemachten Vorwurf, eine weitere Person, nämlich O M, wohne nunmehr ebenfalls in der Wohnung "I2straße 00". führt die Antragstellerin aus, bei O M handele es sich um die am 3. August 1990 geborene Stieftochter ihres Bruders. Diese habe sich mit ihrer Mutter zerstritten. Das Jugendamt sei darüber informiert, dass O M nun bei ihr wohne. Es habe aber Probleme mit O M gegeben, so dass diese ab dem 10. Juli wieder ausgezogen sei. Für die Zeit 6. Juni 2008 bis 10. Juli 2008 solle O M die hälftigen Wohnkosten tragen. Ein entsprechender Antrag auf Leistungen nach dem SGB II sei von O M bereits bei der Antragsgegnerin gestellt worden.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die aufschiebende der Klage gegen den Bescheid vom 07.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2008 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin wiederholt und vertieft die Ausführungen des Widerspruchsbescheids. Die Antragstellerin bilde mit Herrn T eine Einstandsgemeinschaft. Bei der Wohnung in der "I2straße 00" handele es sich um Scheinwohnung, um von der Antragsgegnerin staatliche Transferleistungen zu erhalten. Aus dem Bericht des Ermittlungsdienstes ergebe sich, dass die Wohnung von der Antragstellerin nicht bewohnt werde. Herr T könne den Lebensunterhalt der Antragstellerin auch sicherstellen., so dass die Antragstellerin nicht mehr hilfebedürftig sei. Seit dem 06.06.2008 wohne zudem eine O M in der Wohnung der Antragstellerin. Ab diesem Zeitpunkt habe die Antragstellerin also allenfalls Anspruch auf die hälftigen Kosten der Unterkunft.
Auf Hinweis des Gerichts, eine Anhörung nach § 24 SGB X habe soweit ersichtlich bisher nicht stattgefunden, schreibt die Antragsgegnerin mit Schreiben an das Gericht vom 18.07.2008, sie gebe der Antragstellerin hiermit gem. § 24 SGB X Gelegenheit sich zu dem vorgeworfenen Sachverhalt bis zum 30.07.2008 zu äußern. Zwischenzeitlich habe sie die anteilige Miete auf das Konto der Vermieter überwiesen, durch den Zuzug der Frau M habe die Antragstellerin aber nur Anspruch auf den hälftigen Anteil. Hinsichtlich der fehlenden Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin führt die Antragsgegnerin aus, es sei davon auszugehen, dass Herr T Erwerbseinkommen habe. Die Antragstellerin habe bei einer persönliche Vorsprache mitgeteilt, dass Herr T sich weigere, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu offenbaren. Diese Weigerung spreche aus Sicht der Antragsgegnerin dafür, dass ausreichende finanzielle Mittel vorhanden seien um den eigenen und den Unterhalt der Antragstellerin zu sichern.
Die Antragstellerin erwidert hierzu mit Schreiben vom 23. Juli 2008 , sie habe mit der Antragsgegnerin ihres Wissens nach nicht über die Leistungsfähigkeit des Herrn T gesprochen. Dieser habe im letzten Monat nur ca. 1200 EUR verdient. Bei seinem Arbeitgeber, - den B - liege eine Lohnpfändung der D über ca. 20.000 EUR vor. An Herrn T werde daher nur der nicht der Pfändung unterliegende Betrag ausgezahlt. Zwischenzeitlich sei auch ein Folgeantrag von ihr von der Antragsgegnerin abgelehnt worden. Der Ablehnungsbescheid vom 18.07.2008 stütze sich darauf, dass Zweifel an der Bedürftigkeit bestünden.
II. Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist begründet.
Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Nach § 86a Abs. 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt nach § 86 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGG in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet keine aufschiebende Wirkung. Der Verfügungssatz des Bescheids vom 07.05.2008, der den Bewilligungsbescheid vom 11.12.2007 ab dem 01.04.2008 aufhebt, ist ein solcher Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet. Hinsichtlich des Verfügungssatzes, der zur Erstattung der überzahlten Leistung auffordert, gilt § 39 SGB II nicht. Hier hat die Klage schon nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung.
Auf Antrag kann das Gericht die aufschiebende Wirkung in Fällen des § 86 a Abs. 2 SGG anordnen (§ 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG). § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG gibt selbst keinen Maßstab vor, wann die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist. Diese Lücke ist durch einen analoge Anwendung des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG zu schließen. Das Gericht nimmt also eine eigenständige Abwägung der Beteiligteninteressen vor. Es wägt das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug und das private Aufschubinteresse ab. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Denn im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sollen keine Positionen eingeräumt werden, die im Hauptsacheverfahren erkennbar nicht standhalten. Bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit der Bescheide ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen, bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsbehelfs die Anordnung hingegen abzulehnen. Bei der Anordnung der aufschiebenden Wirkung in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG, in denen wie hier der Rechtsbehelf von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hat, ist diese Entscheidung des Gesetzgebers, den abstrakten öffentlichen Interessen den Vorrang einzuräumen, zu beachten. In analoger Anwendung des § 86a Abs. 3 S. 2 SGG sind Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zugunsten des Antragstellers nur zu berücksichtigen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen, der Erfolg in der Hauptsache also überwiegend wahrscheinlich ist (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Juli 2006 - L 13 AS 1709/06 ER-B -). Wegen des grundrechtlichen Gewichts der Leistungen nach dem SGB II, die die Menschenwürde des Empfängers sichern sollen, muss hier im Rahmen der Abwägungsentscheidung die gesetzgeberische Wertung für die sofortige Vollziehbarkeit im Einzelfall zurücktreten, auch wenn keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (BVerfG NVwZ 2005, 927 zum Maßstab bei der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG). Dabei kommt es darauf an, ob die Leistung vollständig oder zu einem erheblichen Teil entzogen wird oder nur geringfügige Einschränkungen vorgenommen werden (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. April 2008 - L 7 AS 1161/08 ER-B).
Das Gericht hat bei der gebotenen summarischen Überprüfung erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids vom 07.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2008.
Die Antragsgegnerin stützt die Aufhebung auf § 48 SGB X, also auf eine wesentliche Änderung der Verhältnisse. Der Aufhebungsbescheid vom 07.05.2008 nennt als solche wesentliche Änderung der Verhältnisse, dass sich die Antragstellerin wieder in der Wohnung "I1 Straße" aufhalte und mit Herrn T eine eheähnliche Gemeinschaft bilde. Den weiteren Schluss, dass deshalb Einkommen und Vermögen des Herrn T nach den §§ 11,12 SGB II anzurechnen sei und diese Anrechnung dazu führe, dass die Antragstellerin nicht mehr hilfebedürftig nach § 7 Abs. 1 Nr.3 SGB II sei, nennt der Aufhebungsbescheid nicht. Erst der Widerspruchsbescheid vom 06.06.2008 lässt erkennen, dass die Antragstellerin aus der Tatsache, dass Herr T bis zum Jahr 2007 den Unterhalt für die Antragstellerin geleistet habe, entnehme, dass er hierzu in der Lage sei. Konkrete Angaben zum Einkommen oder Vermögen des Herrn T enthält auch der Widerspruchsbescheid nicht.
Die Antragsgegnerin trägt bei der Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X jedoch die Beweislast für die wesentliche Änderung der Verhältnisse. Sie hat zu der Frage der Wohnverhältnisse der Antragstellerin im Widerspruchsbescheid und im Gerichtsverfahren umfangreich vorgetragen und die entsprechenden Mitarbeiter des Ermittlungsdienstes als Zeugen angeboten. Aber auch wenn sich die Wohnverhältnisse so wie von der Antragsgegnerin vorgetragen verhalten, ist damit noch nicht eine Änderung der Verhältnisse gegeben, die zur Aufhebung der Bewilligungsentscheidung führen würde. Erst wenn dargelegt und bewiesen wäre, dass die Antragstellerin wegen des Zusammenlebens nicht mehr hilfebedürftig wäre, wäre auch die Aufhebungsentscheidung rechtmäßig. An einem solchen Beweis fehlt es jedoch bei summarischer Prüfung.
Es ist schon nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin konkrete Ermittlungsschritte zur Klärung dieser Frage unternommen hätte. Aus den Akten geht insbesondere nicht hervor, dass die Antragsgegnerin den Herrn T nach § 60 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB II zur Auskunftserteilung über Einkommen oder Vermögen aufgefordert hätte. Auch die Mutmaßung der Antragsgegnerin, aus der - von der Antragstellerin bestrittenen - Aussage, Herr T weigere sich seine Einkünfte offen zu legen, sei der Schluss zu ziehen, dass ausreichende finanzielle Mittel vorhanden seien, entbehrt jeder Grundlage. Zudem kann das Gericht bei Durchsicht der dem Gericht vorliegenden Akten eine entsprechende Aussage des Herrn T, er verweigere die Auskünfte, nicht auffinden. Schließlich kann aus Sicht des Gerichts auch aus der Tatsache, dass die Antragstellerin während der Zeit des Zusammenlebens mit Herrn T bis zum Jahr 2007 keine SGB II-Leistungen bezogen habe, nicht der Schluss gezogen werden, die Antragstellerin habe zu dieser Zeit wegen Einkommen oder Vermögen des Herrn T keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen gehabt. Auch hierbei handelt es sich um reine Mutmaßungen der Antragsgegnerin. Aber auch wenn diese Mutmaßungen stimmen sollten ist nicht erwiesen, dass die Einkommen- und Vermögensverhältnisse des Herrn T eine entsprechende Unterstützungsleistung der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung weiterhin zulassen. Die Antragstellerin hat zu der aktuellen Vermögenssituation des Herrn T vorgetragen und auf Gehaltspfändungen hingewiesen. Schließlich lässt auch die Begründung der Ablehnungsentscheidung vom 18.07.2008 hinsichtlich des Folgeantrags der Antragstellerin erkennen, dass die Antragsgegnerin lediglich Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin hat, aber keine positive Kenntnis von der fehlenden Hilfebedürftigkeit.
Bei dieser Sachlage kann es aus Sicht des Gerichts dahingestellt bleiben, inwiefern sich die Wohnverhältnisse der Antragstellerin verändert haben. Auch bei tatsächlicher Änderung der Wohnverhältnisse der Antragstellerin zum 01.04.2008 hätte die Antragsgegnerin nicht nachgewiesen, dass damit auch die Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II entfallen wäre und der Bescheid vom 11.12.2007 deshalb nach § 48 SGB X hätte aufgehoben werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung von § 193 SGG.
Gründe:
I. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II).
Die Antragstellerin hatte bereits im Oktober 2004 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt, danach jedoch Mitwirkungspflichten nicht erfüllt, so dass mit Bescheid vom 07.06.2005 Leistungen unter Bezugnahme auf § 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) versagt wurden. Als Adresse hatte sie damals "G Straße 00 b" in S1 angegeben. Im Januar 2007 hatte die Antragstellerin erneut Leistungen nach dem SGB II beantragt. Im Antrag war als Adresse noch "I1 Straße 00" in S1 angegeben. Sie reichte jedoch mit dem Antrag einen Mietvertrag zu den Akten, wonach sie ab dem 20.01.2007 eine Wohnung in der "I2straße 00" in S1 angemietet hatte. Die Antragsgegnerin bewilligte Leistungen nach dem SGB II.
Im März 2007 hatte die Antragsgegnerin erstmals den Verdacht, die Antragstellerin habe ihre Wohnung nur zum Schein angemietet, um SGB-II Leistungen zu erhalten. Diesen Verdacht stützte die Antragsgegnerin darauf, dass die Antragstellerin in früheren Jahren mit jemandem zusammengewohnt habe. Ein Besuch des Außendienstes der Antragsgegnerin bei der Antragstellerin am 30.03.2007 ergab nach Ansicht des Außendienstmitarbeiters keine Auffälligkeiten.
Am 26.11.2007 ging bei der Antragsgegnerin ein anonymes Schreiben ein. Darin heißt es, die Antragstellerin hole in der "I2straße" nur ihre Post ab, ansonsten halte sie sich bei Herrn S2 T auf. In der "I2straße" wohne eine andere Person zur Untermiete. Auf den Fortzahlungsantrag der Antragstellerin vom 07.12.2007 bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 11.12.2007 für den Zeitraum 01.02.2007 bis 31.07.2007 Leistungen nach dem SGB II:
Am 15.04.2008 suchte der Außendienst der Antragsgegnerin ausweislich des Berichts vom 16.04.2008 die Adresse des S2 T in der "I1 Straße 00" in S1 auf. Dort habe die Antragstellerin um 17.45 Uhr die Haustür geöffnet. Sie habe Wohnungskleidung und Pantoffel getragen. Gemeinsam sei man zur Wohnung der Antragstellerin, die eine Straße weiter liegt, gegangen. Die Wohnung sei möbliert gewesen, habe aber einen unterkühlten Eindruck gemacht, als sei die Heizung längere Zeit nicht in Betrieb gewesen. Der vom Strom abgeschaltete Kühlschrank sei leer und unbenutzt gewesen. In der Küche seien keine weiteren Nahrungsmittel gewesen. Der Kleiderschrank sei überwiegend leer gewesen, bis auf ca. 2 Hände voll Kleinwäscheteile. Der Haushaltsstromverbrauch( ohne Nachtspeicher) habe von 01/07 bis 05/07 400 KW betragen, der Nachtspeicherstrom 2.071 KW. Die Antragstellerin habe gegenüber dem Ermittlungsdienst angegeben, sie wohne seit 1-2 Wochen bei Herrn T. Sie habe letztes Jahr mal die Beziehung zu Herrn T beendet, sei seit ca. 5 Monaten aber wieder mit ihm zusammen.
Mit Bescheid vom 07.05.2008 hob die Antragsgegnerin den Bescheid vom 11.12.2007 ab dem 01.04.2008 auf und forderte die Antragstellerin auf, überzahlte Leistungen für den Zeitraum 01.04.2008 bis 31.05.2008 in Höhe von 1523,20 EUR zu erstatten. Sie stützte die Aufhebung darauf, dass die Antragstellerin seit 01.04.2008 mit Herrn T wieder in eheähnlicher Gemeinschaft lebe. Sie habe diese Veränderung der Verhältnisse zumindest grob fahrlässig nicht mitgeteilt (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X). Unabhängig davon habe die Antragstellerin wissen müssen, dass der ihr zuerkannte Anspruch zum Ruhen gekommen sei oder ganz oder teilweise weggefallen sei (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X). Den Widerspruch vom 16.05.2008 stützte die Antragstellerin darauf, dass sie mit Herrn T nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe. Insofern habe auch keine Pflicht bestanden, eine Veränderung mitzuteilen. Herr T sei zwar ihr Lebensabschnittsgefährte, sie wohne mit ihm jedoch nicht zusammen, so dass eine Einstandsgemeinschaft nicht bestehe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2008 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Antragstellerin habe gegenüber dem Ermittlungsdienst am 15.04.2008 angegeben, seit 2 Wochen wieder bei Herrn T zu wohnen. Zwischen der Antragstellerin und Herrn T bestehe eine Einstandsgemeinschaft nach §7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II. Da Herr T und die Antragstellerin bereits bis Anfang 2007 eine Beziehung gehabt hätten sei davon auszugehen, dass Herr T die Antragstellerin zumindest ab dem Einzug bei ihm im April 2008 wieder unterstütze. Da die Antragstellerin in der Zeit des Zusammenlebens mit Herrn T bis Anfang 2007 keine SGB II Leistungen erhalten habe, sei davon auszugehen, dass Herr T zur Unterstützung in der Lage sei. Damit sei der Anspruch auf SGB II-Leistungen mit dem Zusammenziehen der Antragstellerin mit Herrn T im April 2007 erloschen. Dies habe die Antragstellerin zumindest wissen können. Sie habe auch gewusst, diesen Umstand mitteilen zu müssen.
Am 16.06.2008 beantragte die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am gleichen Tag eingereichten Klage. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids. Sie wohne nach wie vor in der "I2straße 00". Seit zwei Monaten finde wieder eine Annäherung zu Herrn T statt, von dem sie sich am 18. Januar 2007 getrennt habe. Es liege aber weiterhin eine Trennung der Lebensbereiche vor. Sie verweile nur gelegentlich in der Wohnung von Herrn T. Die Aussage des Ermittlungsdienstes, sie habe beim Besuch am 15.04.2008 angegeben, seit zwei Wochen wieder bei Herrn T zu wohnen, sei falsch. Es sei zudem nicht verwunderlich, Mitte April nicht mehr zu heizen. Zudem hätten sich entgegen der Aussage des Ermittlungsdienstes Lebensmittel in der Wohnung befunden, nämlich Brot, Margarine, verschiedene Sorten Marmelade, Mineralwasser und Kaffee. Bei Herrn T handele es sich um einen "Lebensgefährten" im Sinne eines "guten Bekannten", bei dem sie schon übernachtet hat. Sie habe in der Vergangenheit 12 Jahre einen gemeinsamen Haushalt mit ihm gehabt, lebe nunmehr aber getrennt von ihm. Sie beabsichtige auch weiterhin nicht, mit Herrn T eine Lebensgemeinschaft im Sinne eines gemeinschaftlichen Wohnens einzugehen. Herr T könne ihren Unterhalt auch nicht bestreiten. Er habe hohe Verbindlichkeiten, kürzlich sei wegen einer Forderung in Höhe von 16.000 EUR gegen ihn eine Pfändung vorgenommen worden. Zu dem im Antragsverfahren von der Antragsgegnerin gemachten Vorwurf, eine weitere Person, nämlich O M, wohne nunmehr ebenfalls in der Wohnung "I2straße 00". führt die Antragstellerin aus, bei O M handele es sich um die am 3. August 1990 geborene Stieftochter ihres Bruders. Diese habe sich mit ihrer Mutter zerstritten. Das Jugendamt sei darüber informiert, dass O M nun bei ihr wohne. Es habe aber Probleme mit O M gegeben, so dass diese ab dem 10. Juli wieder ausgezogen sei. Für die Zeit 6. Juni 2008 bis 10. Juli 2008 solle O M die hälftigen Wohnkosten tragen. Ein entsprechender Antrag auf Leistungen nach dem SGB II sei von O M bereits bei der Antragsgegnerin gestellt worden.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die aufschiebende der Klage gegen den Bescheid vom 07.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2008 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin wiederholt und vertieft die Ausführungen des Widerspruchsbescheids. Die Antragstellerin bilde mit Herrn T eine Einstandsgemeinschaft. Bei der Wohnung in der "I2straße 00" handele es sich um Scheinwohnung, um von der Antragsgegnerin staatliche Transferleistungen zu erhalten. Aus dem Bericht des Ermittlungsdienstes ergebe sich, dass die Wohnung von der Antragstellerin nicht bewohnt werde. Herr T könne den Lebensunterhalt der Antragstellerin auch sicherstellen., so dass die Antragstellerin nicht mehr hilfebedürftig sei. Seit dem 06.06.2008 wohne zudem eine O M in der Wohnung der Antragstellerin. Ab diesem Zeitpunkt habe die Antragstellerin also allenfalls Anspruch auf die hälftigen Kosten der Unterkunft.
Auf Hinweis des Gerichts, eine Anhörung nach § 24 SGB X habe soweit ersichtlich bisher nicht stattgefunden, schreibt die Antragsgegnerin mit Schreiben an das Gericht vom 18.07.2008, sie gebe der Antragstellerin hiermit gem. § 24 SGB X Gelegenheit sich zu dem vorgeworfenen Sachverhalt bis zum 30.07.2008 zu äußern. Zwischenzeitlich habe sie die anteilige Miete auf das Konto der Vermieter überwiesen, durch den Zuzug der Frau M habe die Antragstellerin aber nur Anspruch auf den hälftigen Anteil. Hinsichtlich der fehlenden Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin führt die Antragsgegnerin aus, es sei davon auszugehen, dass Herr T Erwerbseinkommen habe. Die Antragstellerin habe bei einer persönliche Vorsprache mitgeteilt, dass Herr T sich weigere, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu offenbaren. Diese Weigerung spreche aus Sicht der Antragsgegnerin dafür, dass ausreichende finanzielle Mittel vorhanden seien um den eigenen und den Unterhalt der Antragstellerin zu sichern.
Die Antragstellerin erwidert hierzu mit Schreiben vom 23. Juli 2008 , sie habe mit der Antragsgegnerin ihres Wissens nach nicht über die Leistungsfähigkeit des Herrn T gesprochen. Dieser habe im letzten Monat nur ca. 1200 EUR verdient. Bei seinem Arbeitgeber, - den B - liege eine Lohnpfändung der D über ca. 20.000 EUR vor. An Herrn T werde daher nur der nicht der Pfändung unterliegende Betrag ausgezahlt. Zwischenzeitlich sei auch ein Folgeantrag von ihr von der Antragsgegnerin abgelehnt worden. Der Ablehnungsbescheid vom 18.07.2008 stütze sich darauf, dass Zweifel an der Bedürftigkeit bestünden.
II. Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist begründet.
Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Nach § 86a Abs. 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt nach § 86 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGG in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet keine aufschiebende Wirkung. Der Verfügungssatz des Bescheids vom 07.05.2008, der den Bewilligungsbescheid vom 11.12.2007 ab dem 01.04.2008 aufhebt, ist ein solcher Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet. Hinsichtlich des Verfügungssatzes, der zur Erstattung der überzahlten Leistung auffordert, gilt § 39 SGB II nicht. Hier hat die Klage schon nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung.
Auf Antrag kann das Gericht die aufschiebende Wirkung in Fällen des § 86 a Abs. 2 SGG anordnen (§ 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG). § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG gibt selbst keinen Maßstab vor, wann die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist. Diese Lücke ist durch einen analoge Anwendung des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG zu schließen. Das Gericht nimmt also eine eigenständige Abwägung der Beteiligteninteressen vor. Es wägt das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug und das private Aufschubinteresse ab. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Denn im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sollen keine Positionen eingeräumt werden, die im Hauptsacheverfahren erkennbar nicht standhalten. Bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit der Bescheide ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen, bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsbehelfs die Anordnung hingegen abzulehnen. Bei der Anordnung der aufschiebenden Wirkung in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG, in denen wie hier der Rechtsbehelf von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hat, ist diese Entscheidung des Gesetzgebers, den abstrakten öffentlichen Interessen den Vorrang einzuräumen, zu beachten. In analoger Anwendung des § 86a Abs. 3 S. 2 SGG sind Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zugunsten des Antragstellers nur zu berücksichtigen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen, der Erfolg in der Hauptsache also überwiegend wahrscheinlich ist (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Juli 2006 - L 13 AS 1709/06 ER-B -). Wegen des grundrechtlichen Gewichts der Leistungen nach dem SGB II, die die Menschenwürde des Empfängers sichern sollen, muss hier im Rahmen der Abwägungsentscheidung die gesetzgeberische Wertung für die sofortige Vollziehbarkeit im Einzelfall zurücktreten, auch wenn keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (BVerfG NVwZ 2005, 927 zum Maßstab bei der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG). Dabei kommt es darauf an, ob die Leistung vollständig oder zu einem erheblichen Teil entzogen wird oder nur geringfügige Einschränkungen vorgenommen werden (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. April 2008 - L 7 AS 1161/08 ER-B).
Das Gericht hat bei der gebotenen summarischen Überprüfung erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids vom 07.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2008.
Die Antragsgegnerin stützt die Aufhebung auf § 48 SGB X, also auf eine wesentliche Änderung der Verhältnisse. Der Aufhebungsbescheid vom 07.05.2008 nennt als solche wesentliche Änderung der Verhältnisse, dass sich die Antragstellerin wieder in der Wohnung "I1 Straße" aufhalte und mit Herrn T eine eheähnliche Gemeinschaft bilde. Den weiteren Schluss, dass deshalb Einkommen und Vermögen des Herrn T nach den §§ 11,12 SGB II anzurechnen sei und diese Anrechnung dazu führe, dass die Antragstellerin nicht mehr hilfebedürftig nach § 7 Abs. 1 Nr.3 SGB II sei, nennt der Aufhebungsbescheid nicht. Erst der Widerspruchsbescheid vom 06.06.2008 lässt erkennen, dass die Antragstellerin aus der Tatsache, dass Herr T bis zum Jahr 2007 den Unterhalt für die Antragstellerin geleistet habe, entnehme, dass er hierzu in der Lage sei. Konkrete Angaben zum Einkommen oder Vermögen des Herrn T enthält auch der Widerspruchsbescheid nicht.
Die Antragsgegnerin trägt bei der Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X jedoch die Beweislast für die wesentliche Änderung der Verhältnisse. Sie hat zu der Frage der Wohnverhältnisse der Antragstellerin im Widerspruchsbescheid und im Gerichtsverfahren umfangreich vorgetragen und die entsprechenden Mitarbeiter des Ermittlungsdienstes als Zeugen angeboten. Aber auch wenn sich die Wohnverhältnisse so wie von der Antragsgegnerin vorgetragen verhalten, ist damit noch nicht eine Änderung der Verhältnisse gegeben, die zur Aufhebung der Bewilligungsentscheidung führen würde. Erst wenn dargelegt und bewiesen wäre, dass die Antragstellerin wegen des Zusammenlebens nicht mehr hilfebedürftig wäre, wäre auch die Aufhebungsentscheidung rechtmäßig. An einem solchen Beweis fehlt es jedoch bei summarischer Prüfung.
Es ist schon nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin konkrete Ermittlungsschritte zur Klärung dieser Frage unternommen hätte. Aus den Akten geht insbesondere nicht hervor, dass die Antragsgegnerin den Herrn T nach § 60 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB II zur Auskunftserteilung über Einkommen oder Vermögen aufgefordert hätte. Auch die Mutmaßung der Antragsgegnerin, aus der - von der Antragstellerin bestrittenen - Aussage, Herr T weigere sich seine Einkünfte offen zu legen, sei der Schluss zu ziehen, dass ausreichende finanzielle Mittel vorhanden seien, entbehrt jeder Grundlage. Zudem kann das Gericht bei Durchsicht der dem Gericht vorliegenden Akten eine entsprechende Aussage des Herrn T, er verweigere die Auskünfte, nicht auffinden. Schließlich kann aus Sicht des Gerichts auch aus der Tatsache, dass die Antragstellerin während der Zeit des Zusammenlebens mit Herrn T bis zum Jahr 2007 keine SGB II-Leistungen bezogen habe, nicht der Schluss gezogen werden, die Antragstellerin habe zu dieser Zeit wegen Einkommen oder Vermögen des Herrn T keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen gehabt. Auch hierbei handelt es sich um reine Mutmaßungen der Antragsgegnerin. Aber auch wenn diese Mutmaßungen stimmen sollten ist nicht erwiesen, dass die Einkommen- und Vermögensverhältnisse des Herrn T eine entsprechende Unterstützungsleistung der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung weiterhin zulassen. Die Antragstellerin hat zu der aktuellen Vermögenssituation des Herrn T vorgetragen und auf Gehaltspfändungen hingewiesen. Schließlich lässt auch die Begründung der Ablehnungsentscheidung vom 18.07.2008 hinsichtlich des Folgeantrags der Antragstellerin erkennen, dass die Antragsgegnerin lediglich Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin hat, aber keine positive Kenntnis von der fehlenden Hilfebedürftigkeit.
Bei dieser Sachlage kann es aus Sicht des Gerichts dahingestellt bleiben, inwiefern sich die Wohnverhältnisse der Antragstellerin verändert haben. Auch bei tatsächlicher Änderung der Wohnverhältnisse der Antragstellerin zum 01.04.2008 hätte die Antragsgegnerin nicht nachgewiesen, dass damit auch die Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II entfallen wäre und der Bescheid vom 11.12.2007 deshalb nach § 48 SGB X hätte aufgehoben werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung von § 193 SGG.
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