L 10 AL 872/96

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 11 Ar 1769/95
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 872/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29. Mai 1996 sowie der Bescheid der Beklagten vom 7. März 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. August 1995 aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beigeladenen zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg) gemäß § 117 Abs. 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) für die Zeit vom 24. August 1991 bis zum 30. November 1991 in Höhe von 9.639,00 DM im Streit.

Der im Jahre 1948 geborene Kläger meldete sich am 28. Mai 1991 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. Ausweislich der Arbeitsbescheinigung der Beigeladenen vom 7. Juni 1991 war der Kläger dort vom 1. November 1973 bis zum 31. Mai 1991 als Leiter der Ersatzteil- und Serviceabteilung beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei durch Kündigung seitens der Beigeladenen am 28. Mai 1991 zum 31. Mai 1991 wegen eines Verstoßes gegen den Arbeitsvertrag erfolgt. Das Bruttomonatsentgelt wurde mit 7.900,00 DM für die Monate März 1991 bis Mai 1991 angegeben. Der Kläger erklärte hierzu, ihm sei sowohl am 22. Mai 1991 mündlich als auch am 29. Mai 1991 schriftlich fristlos gekündigt worden und er habe gegen beide Kündigungen Kündigungsschutzklage erhoben. Mit Leistungsverfügung vom 24. Juni 1991 bewilligte die Beklagte unter Festsetzung einer Sperrzeit Alg ab 24. August 1991 mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 630,00 DM; dem lag ein Bemessungsentgelt von 1.520,00 DM sowie die Leistungsgruppe C und das Kindermerkmal 0 zugrunde. Mit Bescheid vom 19. Februar 1992 änderte die Beklagte ab 24. August 1991 unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages den wöchentlichen Leistungssatz auf 680,40 DM und brachte die Differenz zur Auszahlung.

Die Kündigungsschutzklagen endeten nach klageabweisenden Urteilen in 1. Instanz in der mündlichen Verhandlung vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht (Az.: 6/11 Sa 706/94) vom 9. August 1994 durch folgenden Vergleich:

1) "Die Parteien sind darüber einig, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers durch ordentliche Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 30. November 1991 sein Ende gefunden hat.
2) Die Parteien sind darüber einig, daß die Fortzahlungsansprüche des Klägers bis zum 30.11.1991 erledigt sind.
3) Die Beklagte verpflichtet sich, als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes 40.000,00 DM steuerlich günstig auszuzahlen.
4) Damit sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten.
5) Die Kosten (beider) Verfahren werden gegeneinander aufgehoben.”

Der Betrag von 40.000,00 DM kam zur Auszahlung an den Kläger.

Mit Schreiben vom 19. September 1994 machte die Beklagte, die sowohl den Kläger als auch die Beigeladene mit Schreiben vom 20. Juni 1991 auf den Anspruchsübergang nach § 115 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs: Verwaltungsverfahren (SGB X) hingewiesen hatte, gegenüber der Beigeladenen eine Gesamtforderung von 13.133,56 DM geltend, in der das für die Zeit vom 24. August 1991 bis zum 30. November 1991 gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 9.639,00 DM enthalten war. Nachdem die Beigeladene die Forderung der Beklagten unter Hinweis auf die Ausschlußklausel des gemeinsamen Manteltarifvertrages für Arbeiter und Angestellte in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen (GMTV) abgelehnt hatte, nahm die Beklagte mit Bescheid vom 7. März 1995 den Kläger auf Erstattung des Betrages von 9.639,00 DM in Anspruch. Ausweislich der Verwaltungsakte wurde dieser Bescheid am 2. April 1995 abgesandt. Der Kläger widersprach am 21. April 1995 mit der Begründung, für die Zeit von Juni 1991 bis November 1991 habe er keine Gehaltszahlung erhalten.

Mit Schreiben vom 27. Juni 1995 hörte die Beklagte den Kläger, Bezug nehmend auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 14. Juli 1994 (Aktenzeichen: ), an und wies seinen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. August 1995 zurück. Auf die Begründung des Widerspruchsbescheides wird Bezug genommen.

Mit am 23. August 1995 beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhobener Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Vom Sozialgericht Frankfurt am Main wurde der Rechtsstreit mit Beschluss vom 20. September 1995 an das Sozialgericht Darmstadt (SG) verwiesen. Vom SG wurden die Akten des Arbeitsgerichts Offenbach beigezogen und die Klage mit Urteil vom 29. Mai 1996 abgewiesen. Die Kammer war der Auffassung, daß der befreienden Zahlung von Arbeitsentgelt durch den Arbeitgeber trotz des Rechtsübergangs nach § 115 Abs. 1 SGB X der Fall gleichgestellt werden müsse, bei dem der arbeitslose frühere Arbeitnehmer auf Arbeitsentgeltansprüche gegen seinen früheren Arbeitgeber verzichtet habe, erst recht dann, wenn wie vorliegend eine Abfindung gezahlt worden sei, die nahezu dem Bruttoarbeitsentgelt für den strittigen Zeitraum entspreche. Andernfalls könnten frühere Arbeitgeber und inzwischen arbeitslos gewordene frühere Arbeitnehmer zu Lasten der Bundesanstalt für Arbeit Vergleiche dahingehend erzielen, daß auf Ansprüche auf Arbeitsentgelt zugunsten höherer Abfindungen verzichtet werde. Entgegen der Auffassung des Klägers hätten ihm ohne den in dem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 9. August 1994 unter Ziff. 2 erklärten Verzicht auf Arbeitsentgelt bis zum 30. November 1991 ("Fortzahlungsansprüche”) Ansprüche auf Arbeitsentgelt bis einschließlich November 1991 zugestanden. Soweit sich der Kläger auf § 27 GMTV stütze, greife diese Regelung im vorliegenden Fall nicht ein. Zwar seien gemäß § 27 Abs. 1 b Manteltarifvertrag Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, soweit es sich nicht um Ansprüche auf Zuschläge oder Mehrarbeitsvergütungen handele, innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit geltend zu machen, jedoch sei eine Geltendmachung nach Ablauf dieser Frist nicht ausgeschlossen, wenn ihre Einhaltung wegen eines unabwendbaren Zufalls nicht möglich sei. Nach dieser Vorschrift müsse darüber hinaus ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis, selbst wenn er rechtzeitig erhoben, dann jedoch von der Gegenseite seine Erfüllung abgelehnt worden sei, innerhalb von drei Monaten seit der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden; eine spätere Geltendmachung sei ausgeschlossen (§ 27 Abs. 2 GMTV). Weil der Kläger einen Anspruch auf Fortzahlung seines Arbeitslohnes bis zum 30. November 1991 vor dem Zeitpunkt des Abschlusses des gerichtlichen Vergleichs gar nicht habe geltend machen können, weil der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade zwischen den Beteiligten streitig gewesen sei, griffen diese Ausschlußfristen weder nach Abs. 1 noch nach Abs. 3 GMTV ein. Eine tarifvertragliche Verfallklausel komme bei einer durch gerichtlichen Vergleich erst begründeten Forderung nicht zur Anwendung. Dieser Auffassung seien im übrigen auch die Parteien des gerichtlichen Vergleichs gewesen, da sie ausdrücklich vereinbart hätten, daß die Fortzahlungsansprüche des Klägers, also der Anspruch auf Arbeitsentgelt, vom Zeitpunkt der zunächst fristlosen Kündigung bis zum 30. November 1991 erledigt gewesen seien. Wie die Beklagte hierzu zutreffend ausgeführt habe, hätte es eines solchen Passus nicht bedurft, wenn gar keine (weiteren) Ansprüche auf Arbeitsentgelt für diesen Zeitraum bestanden hätten. Im übrigen stellte die Kammer fest, daß vorliegend eventuelle Ansprüche auf Weiterzahlung des Arbeitsentgelts mit Erhebung der Kündigungsschutzklage am 18. Juni 1991 ausdrücklich, zumal gerichtlich, geltend gemacht worden seien, denn mit dem Klageschriftsatz sei auch beantragt worden, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen (also gerade auch unter Fortzahlung des bisherigen Arbeitsentgelts) weiterzubeschäftigen. Dem sei der bisherige Arbeitgeber des Klägers auch nicht mit dem Hinweis auf § 27 GMTV entgegengetreten, sondern habe sich ausschließlich zu den Kündigungsgründen geäußert, weshalb der Hinweis auf die Regelungen des § 27 GMTV ins Leere ging. Nachdem die Beklagte wegen der unter Ziff. 2 des arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 9. August 1994 ausgesprochenen Erledigungserklärung ihre Forderung gegenüber dem Arbeitgeber nicht mehr habe geltend machen können, sei der Kläger gemäß § 117 Abs. 4 Satz 2 AFG zur Erstattung des ihm dadurch zu Unrecht zugekommenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 9.639,00 DM verpflichtet. Auf die Entscheidungsgründe im übrigen wird ergänzend Bezug genommen.

Gegen dieses ihm am 19. Juni 1996 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. Juli 1996 eingelegte Berufung des Klägers. Er trägt vor, das SG habe verkannt, daß es sich bei der Ausschlußfrist des § 27 GMTV um eine sog. zweistufige Verfallfrist handele. Der Lauf der zweiten Stufe der tariflichen Ausschlußfrist habe am 2. Juli 1991 begonnen, denn an diesem Tag sei dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers in dem Kündigungsschutzverfahren der Schriftsatz der damaligen Prozeßgegnerin vom 26. Juni 1991 – die Beigeladene dieses Verfahrens – zugegangen, in dem diese nicht nur Klageabweisung beantragt, sondern auch ausdrücklich alle von der Gegenseite geltend gemachten Ansprüche abgelehnt hätte. Damit habe der Lauf der Frist zur gerichtlichen Geltendmachung begonnen. Im Gütetermin vom 9. Januar 1992 habe die Beklagtenseite des arbeitsgerichtlichen Verfahrens denn auch auf die Verfristung der Ansprüche hingewiesen und lediglich mit Blick auf künftige Ansprüche den Verzicht auf den Einwand des tariflichen Verfalls erklärt. Damit sei allenfalls der Vergütungsanspruch für den Juni 1991 fristgerecht geltend gemacht worden. Für diesen Zeitraum habe der Kläger aber kein Alg erhalten. Der Abfindungsbetrag sei allein im Hinblick auf die lange Beschäftigungsdauer ausgehandelt worden. Hinsichtlich des Beschäftigungsdatums sei man schließlich dem Vorschlag des Vorsitzenden Richters Dr. H. gefolgt, damit der Kläger in seinen Papieren ein "sauberes” Austrittsdatum ausweisen könne. Um dabei auszuschließen, daß aus der formalen Festlegung des Beendigungsdatums nochmals von einer Seite Ansprüche hergeleitet werden könnten, habe der Vorsitzende sodann die Formulierung der Ziff. 2 des Vergleichs vorgeschlagen, auf welche sich die Parteien geeinigt hätten.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29. Mai 1996 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. März 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. August 1995 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und genehmigt die Anzahlung der Abfindung durch die Beigeladene an den Kläger. Die Verfristung ginge jedenfalls ebenso zu Lasten des Klägers wie der vergleichsweise getroffene Verzicht auf die Durchsetzung der Ansprüche. Der Kläger habe so oder so zu vertreten, daß nunmehr keine Ansprüche seinerseits gegenüber der Beigeladenen gestellt werden könnten.

Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten sowie der beigezogenen Akten des Arbeitsgerichts Offenbach (Az.: und des Hessischen Landesarbeitsgerichts und ) der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Vom Senat wurde die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers, die Firma C., L., Deutsche Niederlassung, zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene bestreitet zunächst, daß die Zusendung einer formularmäßigen Mitteilung eines möglichen Forderungsüberganges nach § 115 Abs. 1 SGB X durch die Beklagte eine tariflich vorgeschriebene schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen beinhalte, wenn nicht gleichzeitig die Ansprüche unter Aufführung des jeweiligen Arbeitnehmers und des einzelnen Forderungsüberganges aufgezeigt würden. Eine derartige Konkretisierung sei erst mit Schreiben der Beklagten vom 19. September 1994 und damit, bezogen auf den Endzeitpunkt des hier in Frage stehenden Zeitraums, fast drei Jahre nach dem Zeitraum, für welchen Leistungen von hier begehrt würden. Damit seien aber alle Ansprüche, die die Beklagte jemals gegen die Beigeladene gehabt haben könnte, in jedem Fall verfristet.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und in der Sache begründet.

Der Anspruch des Klägers auf Arbeitsentgelt kann nur dann gemäß § 115 Abs. 1 SGB X auf die Beklagte übergegangen sein, wenn der Anspruch des Arbeitslosen auf Arbeitsentgelt grundsätzlich besteht und deswegen der Anspruch auf Alg gemäß § 117 Abs. 1 AFG für diesen Zeitraum ruht. Nur dann, wenn die Beklagte in diesem Fall "gleichwohl” Arbeitslosengeld geleistet hätte, könnte sie diese sich aus § 117 Abs. 4 AFG ergebenen Ansprüche geltend machen. Entgegen der Auffassung des SG besteht ein derartiger Anspruch der Beklagten gemäß § 117 Abs. 4 AFG jedoch nicht. Geht man nämlich davon aus, daß der Anspruch des Kläger auf Arbeitsentgelt infolge Zahlung des Arbeitslosengeldes auf die Beklagte tatsächlich übergegangen und entweder durch die Klageerhebung des Klägers selbst beim Arbeitsgericht Offenbach am 18. Juni 1991 oder von der Beklagten durch ihre Überleitungsanzeige vom 20. Juni 1991 rechtzeitig erhoben wurde, so ist jedenfalls festzustellen, daß die Beigeladene gegenüber dem Kläger die Erfüllung mit ihrem Klageabweisungsantrag vom 30. September 1991 bzw. gegenüber der Beklagten spätestens mit Schriftsatz vom 4. November 1994 die Erfüllung abgelehnt hat. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers unstreitig den Regelungen des Gemeinsamen Manteltarifvertrages für Arbeiter und Angestellte in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen unterfiel, hätte die Aufrechterhaltung des Anspruchs deswegen gemäß § 27 Ziff. 3 des Manteltarifvertrages innerhalb von drei Monaten seit der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden müssen. Zwar hat das SG zu Recht angenommen daß durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage eine tarifliche Ausschlußfrist für Ansprüche des Arbeitnehmers, die vom Ausgang des Kündigungsschutzprozesses abhängen, durchaus gewahrt werden kann, jedoch beginnt eine daran anknüpfende weitere tarifliche Ausschlußfrist für die gerichtliche Geltendmachung mit der Erklärung des Arbeitgebers, er beantrage die Kündigungsschutzklage abzuweisen, wenn nach dem Tarifvertrag der Fristbeginn nur von der Ablehnung der Ansprüche des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abhängt. Einer unmittelbar auf die Ansprüche selbst bezogenen ausdrücklichen Ablehnungserklärung des Arbeitgebers bedarf es dann nicht (vgl. BAG, Urteil vom 13. September 1984 – 6 AZR 379/81 in: AP § 4 TVG Nr. 86 Ausschlußfristen). Weder der Kläger selbst noch die Beklagte haben aber die damit gemäß § 27 Ziff. 3 GMTV notwendige Leistungsklage erhoben, weshalb die Ansprüche des Klägers gegen die Beigeladene, sollten sie jemals bestanden haben, verfallen sind.

In Anbetracht dieser Tatsache kann sich der Senat auch nicht der Auffassung des erstinstanzlichen Urteils anschließen, daß in der Zahlung der Vergleichssumme durch die Beigeladene an den Kläger und deren Genehmigung durch die Beklagte eine Zahlung mit befreiender Wirkung mit der Rechtsfolge eingetreten ist, daß die Beklagte das "gleichwohl” gewährte Arbeitslosengeld nunmehr gemäß § 117 Abs. 4 Satz 2 AFG von dem Kläger verlangen könnte. Wenn das SG in den Entscheidungsgründen ausführt, der bisherige Arbeitgeber des Klägers sei dem Fortzahlungsbegehren des Klägers nicht mit dem Hinweis auf § 27 GMTV entgegengetreten, sondern habe sich ausschließlich zu den Kündigungsgründen geäußert, so berücksichtigt das SG nicht die oben zitierte einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Annahme, daß der Anspruch des Klägers auf Arbeitsentgelt aber nicht verfallen sei, war für das SG Ausgangspunkt für die Überlegung, daß die Vergleichssumme letztlich das Arbeitsentgelt für den Zeitraum der "Gleichwohl-Gewährung” enthielte. Dem vermag der Senat angesichts der, sich aus der Regelung des § 27 Ziff. 3 GMTV sowie der Rechtsprechung des BAG zu dieser Frage ergebenden Rechtslage nicht zu folgen. Deshalb spricht auch nichts für die Annahme des SG, daß die in Ziff. 2 getroffene Regelung betreffend die Erledigung der Fortzahlungsansprüche des Klägers nicht nötig gewesen wäre, wenn keine weiteren Ansprüche auf Arbeitsentgelt für diesen Zeitraum bestanden hätten. Vielmehr spricht alles für die von der Beigeladenen und dem Kläger vorgetragene Darstellung, daß hierin kein konstitutiver Verzicht auf bestehende Entgeltansprüche, sondern lediglich die deklaratorische Anerkennung der Rechtslage zu sehen ist. Dem schließt sich der Senat an. Ausgehend von seiner rechtlichen Beurteilung vermag der Senat auch keinerlei Anhaltspunkte dafür zu erkennen, daß die Vergleichssumme verdeckt die Zahlung der Lohnansprüche des Klägers beinhaltet hätte. Hiergegen spricht nämlich schon die Überlegung, daß der Kläger dann gar keine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes erhalten hätte, obwohl er zumindest teilweise obsiegt hatte. Angesichts dieser Sachlage steht für den Senat damit fest, daß es sich bei der Zahlung der Vergleichssumme deshalb nicht um noch ausstehendes Arbeitsentgelt handelte, sondern entsprechend dem übereinstimmenden Vortrag beider Arbeitsvertragsparteien allein um die Abfindungssumme. Damit sind zugleich die Voraussetzungen des Anspruchs des Beklagten gegen den Kläger gemäß § 117 Abs. 4 Satz 2 AFG nicht gegeben.

Der Kläger schuldet der Beklagten den geltend gemachten Betrag auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Eintritts einer Sperrzeit. Denn die bei Annahme dieses Falles denkbare Rücknahme des bewilligenden Verwaltungsaktes ist bislang nicht erfolgt und hätte im übrigen gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch: Verwaltungsverfahren bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden müssen, da angesichts des für den Kläger günstigen Ausgangs des Arbeitsgerichtsverfahrens nichts dafür spricht, daß der Bewilligungsbescheid auf Angaben beruhte, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder daß der Kläger die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Nach allem war daher der Berufung des Klägers stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Die Revision hat der Senat gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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