L 6 EG 1686/98

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 22 EG 2802/96
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 EG 1686/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. November 1998 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von gezahltem Erziehungsgeld in Höhe von 10.800,– DM.

Die Klägerin ist mit ihrem Prozeßbevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt , verheiratet. Aus dieser Ehe sind die Kinder M. (geb. 1983), U. (geb. 1986), A. (geb. 1990), I. (geb. 1993) und J. (geb. 1995) hervorgegangen. Für I., die im streitbefangenen Zeitraum von ihrer Mutter erzogen und betreut wurde, beantragte die Klägerin am 12. März 1993 die Gewährung von Erziehungsgeld für die Höchstdauer von 24 Monaten unter Berücksichtigung des Einkommens aus dem vorletzten Kalenderjahr vor der Geburt ihrer Tochter. Durch Bescheid des beklagten Landes vom 30. März 1993 wurde diesem Antrag für die ersten sechs Lebensmonate von I. entsprochen; der Klägerin wurde ein monatliches Erziehungsgeld von 600,– DM gewährt.

Durch Bescheid vom 9. Mai 1994 bewilligte das beklagte Land der Klägerin auch für die Zeit vom 5. August 1993 bis zum 14. Februar 1995 – also für den 7. bis 24. Lebensmonat von I. – ein monatliches Erziehungsgeld von 600,– DM. Die Bewilligung erfolgte unter dem Vorbehalt der späteren Entscheidung nach endgültiger Feststellung des anrechenbaren Einkommens. Das beklagte Land berief sich in diesem Bescheid auf § 6 Abs. 1 Satz 3 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG). Es ging – nachdem der Einkommensteuerbescheid für 1991 noch nicht vorlag – für dieses Jahr 1991, unter Berücksichtigung der in § 6 Abs. 2 und Abs. 2a BErzGG vorgesehenen Absetzungsbeträge, von einem glaubhaft gemachten anrechenbaren Einkommen aus, das unterhalb der Anrechnungsbeträge des § 5 Abs. 2 BErzGG lag. Der Bescheid enthielt den Hinweis, daß eine sich aus der endgültigen Feststellung evtl. ergebende Überzahlung zurückgefordert werden müsse. Insgesamt erfolgte aus diesem Bescheid eine Zahlung von Erziehungsgeld in Höhe von 10.800,– DM.

Nach Vorlage des die Eheleute K. betreffenden Einkommensteuerbescheides des Finanzamtes GX. für das Jahr 1991 vom 13. Juli 1995, aus dem sich ein zu versteuerndes Einkommen von – 144.464,– DM ergab, erfolgte durch Bescheid vom 14. August 1995 eine endgültige Entscheidung über die Höhe des Erziehungsgeldes, das mit dem Betrag 0,– DM festgesetzt wurde. Nach Maßgabe dieser Einkommensteuerbescheide vom 13. Juli 1995 ging das beklagte Land dabei von folgender Berechnungsgrundlage aus:

Positive Einkünfte des Ehemannes aus
- Kapitalvermögen 1.245,–
- Vermietung und Verpachtung 86.399,–
Gesamtbetrag der Einkünfte 87.644,–
./. steuerlich anerkannte
Vorsorgeaufwendungen/Vorsorgepauschale 15.020,–
Einkommen i.S.v. § 6 Abs. 1 BErzGG 72.624,–
./. Grundfreibetrag 29.400,–
./. Freibetrag für drei weitere Kinder 12.600,–
Übersteigender Betrag 30.624,–
davon 40 % 12.249,60
davon 1/12 (= monatl. Anrechnungsbetrag) 1.020,80
Monatliches Erziehungsgeld 0,–.

Der Bescheid vom 14. August 1995 enthielt den Hinweis, daß gemäß § 6 Abs. 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) ein Ausgleich mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten und mit Verlusten des Ehegatten bei der Feststellung des für die Festsetzung des Erziehungsgeldes maßgeblichen Einkommens nicht zulässig sei. Da der Klägerin für den 7. bis 24. Lebensmonat ihres Kindes I. Erziehungsgeld nicht zustehe, müsse der überzahlte Betrag in Höhe von 10.800,– DM von ihr zurückerstattet werden.

Ohne nähere Begründung legte die Klägerin dagegen Widerspruch ein, der durch Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 1996 zurückgewiesen wurde. Im Widerspruchsbescheid wurde ausgeführt, durch den angefochtenen Bescheid sei nunmehr das einkommensabhängige Erziehungsgeld unter Beachtung der tatsächlich erzielten Einkünfte endgültig festgestellt worden. Ein Zahlbetrag für das Erziehungsgeld habe sich danach nicht ergeben. Als Einkommen sei nach § 6 Abs. 1 BErzGG dasjenige Einkommen zugrunde zulegen gewesen, das im vorletzten Kalenderjahr vor der Geburt erzielt worden sei. Grundlage hierfür sei der Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes GX. für das Jahr 1991 gewesen. Ein Verlustausgleich habe bei dieser Einkommenserrechnung nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz nicht vorgenommen werden können. Da mit dem bindendem Bescheid vom 9. Mai 1994 das Erziehungsgeld lediglich unter dem Vorbehalt der späteren Entscheidung nach endgültiger Feststellung des Einkommens gewährt worden sei, sei nunmehr die entstandene Überzahlung nach § 50 Sozialgesetzbuch X (SGB X) in Höhe von 10.800,– DM von der Klägerin zu erstatten.

Mit der hiergegen erhobenen Klage begehrte die Klägerin vor dem Sozialgericht, für die Berechnung des Erziehungsgeldes im 7. bis 24. Lebensmonat von I. anstelle des Einkommens aus dem Jahr 1991 das Einkommen des Jahres 1993 zu berücksichtigen, da in diesem Jahr ein Negativeinkommen erzielt worden sei.

Durch Gerichtsbescheid vom 2. November 1998 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht auf den Inhalt der ergangenen Bescheide Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.

Gegen den der Klägerin am 12. November 1998 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 23. November 1998 eingegangene Berufung. Zur Begründung ihrer Berufung beruft sich die Klägerin auf den Inhalt des Einkommensteuerbescheides des Finanzamtes GX. für 1993 vom 30. Januar 1998. Sie ist im übrigen der Meinung, der steuerrechtliche Verlustausgleich müsse auch bei der Bemessung des Erziehungsgeldes Berücksichtigung finden.

Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. November 1998 sowie den Bescheid des beklagten Landes vom 14. August 1995 und den Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 1996 aufzuheben.

Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Land hält die ergangenen Bescheide für zutreffend. Es führt ergänzend aus, daß selbst unter Berücksichtigung des nunmehr vorliegenden Einkommensteuerbescheides aus dem Jahre 1993 keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können. Denn die im Einkommensteuerbescheid festgestellten positiven Einkünfte hätten sogar noch diejenigen Einkünfte, die dem Bescheid vom 14. August 1995 zugrunde gelegen hätten, übertroffen.

Der von der Klägerin vorgelegte Einkommensteuerbescheid für 1993 weist positive Einkünfte des Ehemannes der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 102.323,– DM aus, steuerlich anerkannte Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 19.148, DM sowie Einkünfte der Klägerin selbst aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 4.271,– DM, die nach Abzug des Arbeitnehmerpauschbetrages auf 2.271,– DM festgesetzt wurden. Wegen der im Einkommensteuerbescheid für 1993 festgestellten negativen Einkünfte des Ehemannes der Klägerin aus selbständiger Arbeit und der eigenen negativen Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung und unter Berücksichtigung von vier Kinderfreibeträgen ist in diesem Einkommensteuerbescheid das zu versteuernde Einkommen mit -16.416,– DM ausgewiesen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vertrags der Beteiligten wird im übrigen auf den gesamten weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte des beklagten Landes (GZ: ) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Nr. 1 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide des beklagten Landes sind rechtmäßig.

Bei der vorgenommenen Rückforderung kann sich das beklagte Land zu Recht auf den ergangenen Vorbehaltsbescheid vom 9. Mai 1994 berufen. Dieser Bescheid beruht auf § 6 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 BErzGG i.d.F. der Neufassung des Bundeserziehungsgeldgesetzes vom 21. Januar 1992 (BGBl. I S. 68), Bestimmungen, die nach § 39 Abs. 2 BErzGG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG) vom 23. Juni 1993 (BGBl. I S. 944) für das 1993 geborene Kind I. der Klägerin weiterhin anzuwenden sind.

Nach der dort getroffenen Regelung gilt folgendes: Zum Zeitpunkt der ursprünglichen Leistungsbewilligung (9. Mai 1994) stand die Höhe des für die Feststellung des Erziehungsgeldanspruchs maßgeblichen Einkommens noch nicht fest. Vielmehr war diese Höhe lediglich glaubhaft gemacht worden, da ein Einkommensteuerbescheid für das vorletzte Jahr vor der Geburt von I. noch nicht ergangen war. Eine Leistungsbewilligung auf der Grundlage des Einkommens aus dem vorletzten Jahr vor der Geburt von I. konnte unter diesen Voraussetzungen lediglich unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolgen, so wie dies tatsächlich geschehen ist.

Für die unter Vorbehalt gewährten Leistungen bedurfte es der endgültigen Feststellung der Höhe des Erziehungsgeldes nach Vorlage des die Eheleute K. betreffenden Einkommensteuerbescheides für eben dieses vorletzte Jahr vor der Geburt von I., also für das Jahr 1991. Diese endgültige Feststellung des anrechenbaren Einkommens hat einen Zahlbetrag für das von der Klägerin beanspruchte Erziehungsgeld nicht mehr ergeben.

Rechnerisch wird dieses Ergebnis von der Klägerin auch nicht in Frage gestellt. Die Klägerin hält es jedoch für erforderlich, daß bei der Einkommensberechnung nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz sowohl hinsichtlich der einzelnen Einkunftsarten, als auch im Verhältnis zu ihrem Ehemann, der steuerrechtlich zum Tragen gekommene Verlustausgleich ebenfalls Berücksichtigung finden muß. Diese Auffassung ist jedoch unzutreffend. Ein solcher Verlustausgleich ist nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BEerzGG ausdrücklich ausgeschlossen. Dieses Verbot des Verlustausgleichs ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urt. v. 10.3.1993 – 14b REg 4/92 = SozR 3-7833 § 6 Nr. 4) auch verfassungsgemäß. Gründe, die dieser Rechtsprechung entgegenstehen könnten, wurden von der Klägerin nicht vorgetragen. Auf der Grundlage des im Jahre 1991 erzielten Einkommens steht der Klägerin deshalb unter keinem denkbaren Gesichtspunkt für die Zeit vom 7. bis 24. Lebensmonat ihres Kindes I. Erziehungsgeld zu.

Aber auch unter Zugrundelegung des im Jahre 1993 – also im Jahr der Geburt von I. – erzielten Einkommens ergibt sich kein Anspruch auf das geltend gemachte Erziehungsgeld.

Grundsätzlich hält es der Senat allerdings nicht für ausgeschlossen, daß auch ein nachträglich gestellter Antrag auf Berücksichtigung des evtl. Einkommens einen Anspruch auf Erziehungsgeld begründen kann, sofern dieses Einkommen unterhalb der Einkommensgrenzen des § 5 Abs. 2 BErzGG liegt. Denn ein Vorbehaltsbescheid, wie er hier unter dem 9. Mai 1994 ergangen ist, erwächst seinerseits nicht in Bestandskraft (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 10.8.1993 – 14b/4 REg 3/91 = SozR 3-7833 § 6 Nr. 5), so daß nach § 6 Abs. 4 BErzGG auch die nachträgliche Geltendmachung eines niedrigeren aktuellen Einkommens maßgeblich für den Anspruch auf Erziehungsgeld sein könnte.

Einer abschließenden Klärung dieser Rechtsfrage bedarf es im Falle der Klägerin jedoch nicht. Denn der Einkommensteuerbescheid für 1993 weist hinsichtlich der für die nach § 6 BErzGG maßgeblichen Berechnungselemente für dieses Jahr ein deutlich höheres Einkommen aus, als dies im Bezug auf das "historische” Einkommen des Jahres 1991 der Fall gewesen ist. Daß – worauf die Klägerin abstellt – in diesem Jahr 1993 im Einkommensteuerbescheid wegen des steuerrechtlichen Verlustausgleichs (auch) ein negatives Einkommen festgestellt worden ist, ist im Hinblick auf die in § 6 Abs. 1 Satz 2 BErzGG getroffene Regelung rechtlich irrelevant. Auf die vorhergehenden Ausführungen zu dieser Bestimmung kann insoweit Bezug genommen werden.

Die endgültige Feststellung des Erziehungsgeldes mit dem Betrag 0,– DM berechtigte das beklagte Land von dem in zulässiger Weise in den Bescheid vom 9. Mai 1994 aufgenommenen Vorbehalt Gebrauch zu machen und von der Klägerin den für den 7. bis 24. Lebensmonat von I. gezahlten Betrag zurückzufordern. Denn dieser Vorbehalt stellt eine eigenständige Anspruchsgrundlage für diese Rückforderung dar, wobei Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zukommt (vgl. insoweit zur Vorbehaltsregelung in § 11 Bundeskindergeldgesetz – BKGG – in der bis zum 31.12.1996 maßgeblichen Fassung BSG Urteil vom 8.12.1993 – 10 RKg 2/93 = DBlR 4094, BKGG § 11 m.w.N.).

Die Berufung der Klägerin gegen das sozialgerichtliche Urteil war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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