Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 7 RA 788/03
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 680/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Hauptzweck des VE Kreisbetrieb für Landtechnik Sonneberg war am 30. Juni 1990 nicht die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (sog. fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - Az.: B 4 RA 57/03 R).
Bei dem VE Kreisbetrieb für Landtechnik Sonneberg handelte es sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-techInt, denn er war keine Maschinen-Ausleih-Station (MAS). Eine über den Wortlaut hinausgehende erweiternde Auslegung (z.B. im Wege der Analogie) der abschließend aufgezählten Betriebe ist nicht zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2006 - Az.: B 4 RA 39/05 R).
Bei dem VE Kreisbetrieb für Landtechnik Sonneberg handelte es sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-techInt, denn er war keine Maschinen-Ausleih-Station (MAS). Eine über den Wortlaut hinausgehende erweiternde Auslegung (z.B. im Wege der Analogie) der abschließend aufgezählten Betriebe ist nicht zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2006 - Az.: B 4 RA 39/05 R).
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 9. August 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) die Beschäftigungszeiten vom 1. Juli 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.
Der 1936 geborene Kläger erlernte den Beruf des Schmieds und qualifizierte sich im Dezember 1961 als Landmaschinen- und Traktorenschlossermeister. 1975 schloss er im Rahmen eines Fernstudiums die Fachschulausbildung an der Ingenieurschule für Landtechnik Nordhausen ab und erhielt das Recht, die Berufsbezeichnung "Ingenieur für Landtechnik" zu führen (Urkunde vom 20. Juni 1975). Danach war er als Abteilungsleiter Neuproduktion, anschließend als Abteilungsleiter Produktion (September 1977 bis März 1985) bzw. Abteilungsleiter Wissenschaft und Technik (April 1985 bis September 1990) beim VE Kreisbetrieb für Landtechnik S. (seit 1986 VE Kreisbetrieb für Landtechnik) tätig. Eine Versorgungszusage erhielt er vor Schließung der Versorgungssysteme nicht. Seit 1972 zahlte er Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR).
Der Kreisbetrieb für Landtechnik (KfL) S. nahm am 1. Juli 1964 seine Tätigkeit auf. Die Eintragung in das Register der volkseigenen Wirtschaft des Bezirks Suhl (Registernummer: 111-11-221) erfolgte am 7. September 1973. Mit Wirkung vom 1. Juni 1975 wurde der VE KfL als VEB in den neu gebildeten VEB Kombinat für Landtechnische Instandhaltung eingegliedert, der zum 1. Januar 1984 als VEB Kombinat Landtechnik S. eingetragen wurde. Der VE KfL wurde am 6. September 1990 von Amts wegen gelöscht. Rechtsnachfolger war die LBT Land- und Bautechnik GmbH S.
Den Antrag des Klägers vom Juni 2000 auf Feststellung der Beschäftigungszeiten vom. 1. Juli 1975 bis 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. März 2002 mit der Begründung ab, die Tätigkeit sei nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2003 wies sie den Widerspruch zurück.
Auf die Klageerhebung hat das Sozialgericht u.a. die Registerakte des VE Kreisbetriebs für Landtechnik S., des VEB Kombinats Landtechnik S., einen Registerauszug der LBT Land- und Bautechnik GmbH S. (HRB 415) sowie eine Bestätigung des Zeugen Dr. R. vom 21. Oktober 2004 beigezogen und mit Urteil vom 9. August 2005 die Klage abgewiesen. Der VE KfL sei angesichts der Nr. 2 des Statuts des VEB Kombinat für Landtechnische Instandhaltung S. kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie gewesen, weil die Produktionsaufgaben nicht den Hauptzweck des Betriebes gebildet hätten. Ein gleichgestellter Betrieb liege nicht vor und der Kläger könne aus etwaigen positiven Entscheidungen der Beklagten in vergleichbaren Fällen keinen Anspruch auf Einbeziehung herleiten.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und ausgeführt, der VE KfL sei aus der Maschinen-Ausleih-Station (MAS) S. und der Maschinen-Traktor-Station (MTS) hervorgegangen. Nachdem die MAS als gleichgestellte Betriebe in der Verordnung aufgeführt seien, müsse auch seine Tätigkeit beim Rechtsnachfolger VE KfL berücksichtigt werden. Aus den Angaben des Zeugen Dr. R. in der schriftlichen Stellungnahme vom 10. August 2006 und seinen Angaben im Erörterungstermin ergebe sich, dass dieser ein Produktionsbetrieb entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 9. August 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 1. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeiten vom 1. Juli 1975 bis 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie die während dessen erzielten Entgelte und sonstigen Sachverhalte im Sinne des AAÜG festzustellen und dem Rentenversicherungsträger mitzuteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und die Gründe des in erster Instanz ergangenen Urteils. Eine massenhafte industrielle Sachproduktion ergebe sich auch nicht aus den Angaben des Zeugen Dr. R.
Der Senat hat im Erörterungstermin am 16. Oktober 2006 Dr. G. R., seit 1985 Betriebsdirektor des VE KfL, als Zeugen vernommen. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift (Bl. 117 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Beschäftigungszeit vom 1. Juli 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einschließlich der in diesem Zeitraum nachgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Das AAÜG ist auf ihn nicht anwendbar.
Vom persönlichen Anwendungsbereich nach der maßgeblichen Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG werden die Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deshalb eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.
Der Kläger erfüllt beide Voraussetzungen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Er war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Er hatte keine positive Statusentscheidung der Beklagten und/oder eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrags (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakts erhalten. Er war auch nicht auf Grund eines Einzelvertrags oder einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Ein Anwendungsfall einer gesetzlich fingierten Anwartschaft ist nicht schon dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Beschäftigung in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatte; vielmehr muss der Betroffene nach den Regeln des Versorgungssystems tatsächlich einbezogen worden und nach erfolgter Einbeziehung später ausgeschieden sein (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29. Juli 2004 - Az.: B 4 RA 12/04 R, nach juris). Nach § 3 Abs. 5 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (nachfolgend: 2. DB z. ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 62 (S. 487)) erfolgte die Erteilung einer Versorgungszusage ausschließlich durch Aushändigung eines "Dokuments über die zusätzliche Altersversorgung". Ein solches Dokument (Versicherungsurkunde) ist dem Kläger nicht ausgehändigt worden. Mangels Einbeziehung konnte er nicht aus einem Versorgungssystem in diesem Sinne ausscheiden.
Er war am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, wie sie sich aus der vom 4. Senat des BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG herleitet. Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in einem Versorgungssystem einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (z. B. Art. 17 EV) einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2002 - Az.: B 4 RA 31/01 R, Az.: B 4 RA 41/01, Az.: B 4 RA 3/02 R, BSG, Urteil vom 10. April 2002 - Az.: B 4 RA 34/01 R - Az.: B 4 RA 10/02 R, nach juris).
Der Kläger hat am 1. August 1991 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (nachfolgend ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 93 (S. 844)) nicht erfüllt. Dies ist nur dann der Fall, wenn nach § 1 ZAVO-techInt i.V.m. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss am 30. Juni 1990 eine bestimmte Berufsbezeichnung (persönlichen Voraussetzung) und eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) verrichtet haben und die Tätigkeit oder Beschäftigung muss am 30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens verrichtet worden sein (betriebliche Voraussetzung – BSG, Urteile vom 29. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 4/04 R, 18. Juni 2003 - Az.: B 4 RA 1/03 R; ebenso z.B.: BSG, Urteil vom 9. April 2002 –Az.: B 4 RA 32/01 R und vom 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 10/02 R, alle nach juris).
Mit Erwerb des Ingenieurtitels am 20. Juni 1975 erfüllt der Kläger die persönliche Voraussetzung. Ob er angesichts seiner Tätigkeit als Abteilungsleiter Wissenschaft und Technik die sachliche Voraussetzung erfüllt, kann dahingestellt bleiben, weil jedenfalls die betriebliche Voraussetzung nicht gegeben ist; der Kläger war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens und nicht in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt.
Die Zuordnung eines VEB zur industriellen Produktion (bzw. zum Bauwesen) hängt entscheidend davon ab, welche Aufgabe ihm das Gepräge gegeben hat. Der verfolgte Hauptzweck (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – Az.: B 4 RA 18/03 R, nach juris) des VEB muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion (sog. fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002, a.a.O.). Dies war beim VE KfL nicht der Fall.
Dagegen spricht bereits Nr. 2 des Statuts des VEB Kombinat für Landtechnische Instandhaltung S. vom 24. Juli 1975. Nach der Einlassung des Klägers in der Sitzung am 9. August 2005 entsprachen die dort aufgeführten Aufgaben "im Großen und Ganzen" dem Aufgabenbereich des VE KfL. Danach war das Kombinat verantwortlich für die Leitung, Planung, Durchführung, Abrechnung und Kontrolle der Instandhaltung der Technik der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft; es gewährte insbesondere die volle Einsatzfähigkeit der Technik zur weiteren Intensivierung und organisierte bei seinen Kreisbetrieben für Landwirtschaft die enge Zusammenarbeit beim komplexen und mehrschichtigen Einsatz der Maschinensysteme und effektiven Nutzung der Instandhaltungskapazität, die Versorgung mit Ersatzteilen und Baugruppen für die Instandhaltung, die Weiterentwicklung der Konzentration und Spezialisierung der Instandsetzung, die Einsatzfähigkeit der Anlagen der Pflanzen- und Tierproduktion, die Produktion von Ausrüstungen für industriemäßige Anlagen der Pflanzen- und Tierproduktion, Fertigung von Rationalisierungsmitteln, landtechnische Aus- und Weiterbildung der Arbeiter und Genossenschaftsbauern. Der Schluss der Vorinstanz, daraus ergebe sich, dass nicht Produktionsaufgaben den Hauptzweck des Betriebes bildeten, sondern die Instandhaltung, Reparatur und Dienstleistungen, wird vom Senat geteilt. Auch weist die Vorinstanz zu Recht darauf hin, dass der im Handelsregister eingetragene Gegenstand des Nachfolgeunternehmens (Neuproduktion von Land-, Bau- und Fahrzeugtechnik, Handel und Service auf den Gebieten der Land-, Bau- und Fahrzeug-, Kommunal- sowie Umwelttechnik, Ingenieur-technische Entwicklungsleistungen auf den Gebieten der Instandhaltungs- und Fördertechnik, Fahrschule zum Erwerb aller Führerscheinklassen) keinen Anhalt für eine massenhafte industrielle Produktion von Sachgütern bietet.
Bestätigt wird dies durch die Angaben des Zeugen Dr. R. im Erörterungstermin vom 16. Oktober 2006. Danach hatte der Betrieb am 30. Juni 1990 ca. 250 Mitarbeiter. Unter Produktion im fordistischen Sinne könnte allenfalls der Bereich Neufertigung mit ca. 35 bis 40 Mitarbeitern und einem Anteil von ca. 30 v.H. am Umsatz fallen. Die Fertigung erfolgte in Taktstraßen. Hergestellt wurden im relevanten Zeitraum (1990) Fahrzeugabdichtungen, Baugruppen Weichenheizungen, Zargen für Fertiggaragen, Stahlformen für Betonelemente des Wohnungsbaues, Blechteile für Futterladewagen, Abgasdichte-, Mess- und Diagnosegeräte, Ausrüstungen für die fleischverarbeitende Industrie etc. Soweit der Zeuge Dr. R. in seinem Schreiben vom 10. August 2006 noch weitere Produktionen ausgeführt hat (z.B. Erstellung von Stahl-Pur-AL Toren, Einzelteilen für Stahltore, Sturzkabinen für Traktoren, Futtertrögen), sind sie für die Einschätzung unerheblich, denn sie wurden nach seinen Angaben 1990 nicht mehr hergestellt.
Die übrigen Bereiche mit der weit überwiegenden Anzahl von Mitarbeitern und dem überwiegenden Umsatz beinhaltete keine Produktion im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Sie gab dem Betrieb damit nicht das Gepräge.
Der größte Bereich, der ca. 40 v.H. des Umsatzes erwirtschaftete und in dem ca. 50 Personen beschäftigt waren, befasste sich mit der Grundinstandsetzung (Reparatur) in Nestfertigung von in der Bauindustrie und in der Landwirtschaft verwendeten Kränen. Es handelte sich im Ergebnis um einen reinen Reparaturbereich, der – allerdings in größerem Maßstab – im wesentlichen Dienstleistungen in Gestalt der Aufarbeitung von schadhaften Kränen ausführte: Diese wurden angeliefert und vollkommen demontiert, die Teile in Paletten sortiert und in einer Waschanlage gereinigt. Anschließend wurden die schadhaften Teile aussortiert und die Kräne – beginnend mit dem Rahmen – aus den reparierten und neuen Teilen wieder aufgebaut. Dass der Zeuge Dr. R. hier zwischen "operativer" und "Grundinstandsetzung" unterscheidet und damit diesen Bereich zur Produktion zählt, ist unerheblich; seine rechtliche Einschätzung ist für den Senat nicht erheblich.
Der Bereich Rationalisierungsmittel, in dem ca. 40 Mitarbeiter arbeiteten und dessen Anteil am Umsatz ca. 20 v.H. betrug, war eine reine Entwicklungs- oder Forschungsabteilung, deren Ergebnisse anderen Betrieben zur Produktion übergeben wurden. Ausschließlich Reparaturen für die landwirtschaftlichen Betriebe wurden im Bereich der operativen Instandsetzung für Betriebe der Landwirtschaft getätigt. Hier waren ca. 10 bis 15 Personen mit einem Umsatzanteil von ca. 10 v.H. beschäftigt. Die Bereiche Aus- und Weiterbildung, Wissenschaft und Technik (Produktionsvorbereitung), Ökonomie und Hauptbuchhalter sind der fordistischen Produktion ebenfalls nicht zurechenbar.
Bei dem VE KfL handelte es sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-techInt, denn er war keine Maschinen-Ausleih-Station (MAS). Ob er "Rechtsnachfolger" der MAS war (so der Kläger), kann dahingestellt bleiben, denn eine über den Wortlaut hinausgehende erweiternde Auslegung (z.B. im Wege einer Analogie) der abschließend aufgezählten Betriebe ist nicht zulässig (vgl. BSG; Urteil vom 7. September 2006 – Az.: B 4 RA 39/05 R, nach juris). Tatsächlich entsprach der VE KfL im Übrigen weder rechtlich noch von der Aufgabenstellung den MAS. Die ehemalige DDR unterschied zwischen MAS und volkseigenen Betrieben, was die vorgenommene Gleichstellung erklärt. Die MAS waren (anders als der VE KfL) keine VEB, sondern ein in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts verselbständigter Teil der staatlichen Wirtschaftsverwaltung (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. April 2006 – Az.: L 1 RA 253/03, nach juris). Sie sollten die Arbeit der bäuerlichen Wirtschaften, insbesondere der werktätigen Bauern, durch Maschinenleistungen und Verbreitung fortschrittlicher agrarwissenschaftlicher Bodenbearbeitungsmethoden fördern und unterstützen (1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Bildung von Vereinigungen volkseigener Maschinen-Ausleih-Stationen vom 23. Dezember 1950 (GBl. Nr. 148 S. 1235)). Insofern bestand ihre Hauptaufgabe in der Bereitstellung von Traktoren und Maschinen. Ihre Rechtsträger wurden mit Wirkung vom 15. Oktober 1952 aufgelöst und Bezirksverwaltungen der Maschinen-Traktoren-Stationen gebildet.
Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) liegt gegenüber denjenigen, die mit entsprechender Qualifikation in das Zusatzversorgungssystem einbezogen wurden, nicht vor. Denn der Einigungsvertragsgesetzgeber war nicht gehalten, solche bereits in den Versorgungsordnungen angelegten Ungleichbehandlungen nachträglich zu korrigieren (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 – Az.: B 4 RA 21/02 R, nach juris). Er durfte an die am 2. Oktober 1990 vorliegenden Versorgungsordnungen im Rahmen der Rentenüberleitung anknüpfen (vgl. BVerfG in BVerfGE 100, S. 138, 193 f). Ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit Versicherten, die von der Beklagten positive Entscheidungen erhalten haben, kommt ebenfalls nicht in Betracht, denn ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht existiert nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) die Beschäftigungszeiten vom 1. Juli 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.
Der 1936 geborene Kläger erlernte den Beruf des Schmieds und qualifizierte sich im Dezember 1961 als Landmaschinen- und Traktorenschlossermeister. 1975 schloss er im Rahmen eines Fernstudiums die Fachschulausbildung an der Ingenieurschule für Landtechnik Nordhausen ab und erhielt das Recht, die Berufsbezeichnung "Ingenieur für Landtechnik" zu führen (Urkunde vom 20. Juni 1975). Danach war er als Abteilungsleiter Neuproduktion, anschließend als Abteilungsleiter Produktion (September 1977 bis März 1985) bzw. Abteilungsleiter Wissenschaft und Technik (April 1985 bis September 1990) beim VE Kreisbetrieb für Landtechnik S. (seit 1986 VE Kreisbetrieb für Landtechnik) tätig. Eine Versorgungszusage erhielt er vor Schließung der Versorgungssysteme nicht. Seit 1972 zahlte er Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR).
Der Kreisbetrieb für Landtechnik (KfL) S. nahm am 1. Juli 1964 seine Tätigkeit auf. Die Eintragung in das Register der volkseigenen Wirtschaft des Bezirks Suhl (Registernummer: 111-11-221) erfolgte am 7. September 1973. Mit Wirkung vom 1. Juni 1975 wurde der VE KfL als VEB in den neu gebildeten VEB Kombinat für Landtechnische Instandhaltung eingegliedert, der zum 1. Januar 1984 als VEB Kombinat Landtechnik S. eingetragen wurde. Der VE KfL wurde am 6. September 1990 von Amts wegen gelöscht. Rechtsnachfolger war die LBT Land- und Bautechnik GmbH S.
Den Antrag des Klägers vom Juni 2000 auf Feststellung der Beschäftigungszeiten vom. 1. Juli 1975 bis 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. März 2002 mit der Begründung ab, die Tätigkeit sei nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2003 wies sie den Widerspruch zurück.
Auf die Klageerhebung hat das Sozialgericht u.a. die Registerakte des VE Kreisbetriebs für Landtechnik S., des VEB Kombinats Landtechnik S., einen Registerauszug der LBT Land- und Bautechnik GmbH S. (HRB 415) sowie eine Bestätigung des Zeugen Dr. R. vom 21. Oktober 2004 beigezogen und mit Urteil vom 9. August 2005 die Klage abgewiesen. Der VE KfL sei angesichts der Nr. 2 des Statuts des VEB Kombinat für Landtechnische Instandhaltung S. kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie gewesen, weil die Produktionsaufgaben nicht den Hauptzweck des Betriebes gebildet hätten. Ein gleichgestellter Betrieb liege nicht vor und der Kläger könne aus etwaigen positiven Entscheidungen der Beklagten in vergleichbaren Fällen keinen Anspruch auf Einbeziehung herleiten.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und ausgeführt, der VE KfL sei aus der Maschinen-Ausleih-Station (MAS) S. und der Maschinen-Traktor-Station (MTS) hervorgegangen. Nachdem die MAS als gleichgestellte Betriebe in der Verordnung aufgeführt seien, müsse auch seine Tätigkeit beim Rechtsnachfolger VE KfL berücksichtigt werden. Aus den Angaben des Zeugen Dr. R. in der schriftlichen Stellungnahme vom 10. August 2006 und seinen Angaben im Erörterungstermin ergebe sich, dass dieser ein Produktionsbetrieb entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 9. August 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 1. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeiten vom 1. Juli 1975 bis 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie die während dessen erzielten Entgelte und sonstigen Sachverhalte im Sinne des AAÜG festzustellen und dem Rentenversicherungsträger mitzuteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und die Gründe des in erster Instanz ergangenen Urteils. Eine massenhafte industrielle Sachproduktion ergebe sich auch nicht aus den Angaben des Zeugen Dr. R.
Der Senat hat im Erörterungstermin am 16. Oktober 2006 Dr. G. R., seit 1985 Betriebsdirektor des VE KfL, als Zeugen vernommen. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift (Bl. 117 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Beschäftigungszeit vom 1. Juli 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einschließlich der in diesem Zeitraum nachgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Das AAÜG ist auf ihn nicht anwendbar.
Vom persönlichen Anwendungsbereich nach der maßgeblichen Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG werden die Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deshalb eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.
Der Kläger erfüllt beide Voraussetzungen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Er war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Er hatte keine positive Statusentscheidung der Beklagten und/oder eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrags (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakts erhalten. Er war auch nicht auf Grund eines Einzelvertrags oder einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Ein Anwendungsfall einer gesetzlich fingierten Anwartschaft ist nicht schon dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Beschäftigung in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatte; vielmehr muss der Betroffene nach den Regeln des Versorgungssystems tatsächlich einbezogen worden und nach erfolgter Einbeziehung später ausgeschieden sein (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29. Juli 2004 - Az.: B 4 RA 12/04 R, nach juris). Nach § 3 Abs. 5 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (nachfolgend: 2. DB z. ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 62 (S. 487)) erfolgte die Erteilung einer Versorgungszusage ausschließlich durch Aushändigung eines "Dokuments über die zusätzliche Altersversorgung". Ein solches Dokument (Versicherungsurkunde) ist dem Kläger nicht ausgehändigt worden. Mangels Einbeziehung konnte er nicht aus einem Versorgungssystem in diesem Sinne ausscheiden.
Er war am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, wie sie sich aus der vom 4. Senat des BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG herleitet. Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in einem Versorgungssystem einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (z. B. Art. 17 EV) einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2002 - Az.: B 4 RA 31/01 R, Az.: B 4 RA 41/01, Az.: B 4 RA 3/02 R, BSG, Urteil vom 10. April 2002 - Az.: B 4 RA 34/01 R - Az.: B 4 RA 10/02 R, nach juris).
Der Kläger hat am 1. August 1991 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (nachfolgend ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 93 (S. 844)) nicht erfüllt. Dies ist nur dann der Fall, wenn nach § 1 ZAVO-techInt i.V.m. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss am 30. Juni 1990 eine bestimmte Berufsbezeichnung (persönlichen Voraussetzung) und eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) verrichtet haben und die Tätigkeit oder Beschäftigung muss am 30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens verrichtet worden sein (betriebliche Voraussetzung – BSG, Urteile vom 29. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 4/04 R, 18. Juni 2003 - Az.: B 4 RA 1/03 R; ebenso z.B.: BSG, Urteil vom 9. April 2002 –Az.: B 4 RA 32/01 R und vom 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 10/02 R, alle nach juris).
Mit Erwerb des Ingenieurtitels am 20. Juni 1975 erfüllt der Kläger die persönliche Voraussetzung. Ob er angesichts seiner Tätigkeit als Abteilungsleiter Wissenschaft und Technik die sachliche Voraussetzung erfüllt, kann dahingestellt bleiben, weil jedenfalls die betriebliche Voraussetzung nicht gegeben ist; der Kläger war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens und nicht in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt.
Die Zuordnung eines VEB zur industriellen Produktion (bzw. zum Bauwesen) hängt entscheidend davon ab, welche Aufgabe ihm das Gepräge gegeben hat. Der verfolgte Hauptzweck (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – Az.: B 4 RA 18/03 R, nach juris) des VEB muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion (sog. fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002, a.a.O.). Dies war beim VE KfL nicht der Fall.
Dagegen spricht bereits Nr. 2 des Statuts des VEB Kombinat für Landtechnische Instandhaltung S. vom 24. Juli 1975. Nach der Einlassung des Klägers in der Sitzung am 9. August 2005 entsprachen die dort aufgeführten Aufgaben "im Großen und Ganzen" dem Aufgabenbereich des VE KfL. Danach war das Kombinat verantwortlich für die Leitung, Planung, Durchführung, Abrechnung und Kontrolle der Instandhaltung der Technik der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft; es gewährte insbesondere die volle Einsatzfähigkeit der Technik zur weiteren Intensivierung und organisierte bei seinen Kreisbetrieben für Landwirtschaft die enge Zusammenarbeit beim komplexen und mehrschichtigen Einsatz der Maschinensysteme und effektiven Nutzung der Instandhaltungskapazität, die Versorgung mit Ersatzteilen und Baugruppen für die Instandhaltung, die Weiterentwicklung der Konzentration und Spezialisierung der Instandsetzung, die Einsatzfähigkeit der Anlagen der Pflanzen- und Tierproduktion, die Produktion von Ausrüstungen für industriemäßige Anlagen der Pflanzen- und Tierproduktion, Fertigung von Rationalisierungsmitteln, landtechnische Aus- und Weiterbildung der Arbeiter und Genossenschaftsbauern. Der Schluss der Vorinstanz, daraus ergebe sich, dass nicht Produktionsaufgaben den Hauptzweck des Betriebes bildeten, sondern die Instandhaltung, Reparatur und Dienstleistungen, wird vom Senat geteilt. Auch weist die Vorinstanz zu Recht darauf hin, dass der im Handelsregister eingetragene Gegenstand des Nachfolgeunternehmens (Neuproduktion von Land-, Bau- und Fahrzeugtechnik, Handel und Service auf den Gebieten der Land-, Bau- und Fahrzeug-, Kommunal- sowie Umwelttechnik, Ingenieur-technische Entwicklungsleistungen auf den Gebieten der Instandhaltungs- und Fördertechnik, Fahrschule zum Erwerb aller Führerscheinklassen) keinen Anhalt für eine massenhafte industrielle Produktion von Sachgütern bietet.
Bestätigt wird dies durch die Angaben des Zeugen Dr. R. im Erörterungstermin vom 16. Oktober 2006. Danach hatte der Betrieb am 30. Juni 1990 ca. 250 Mitarbeiter. Unter Produktion im fordistischen Sinne könnte allenfalls der Bereich Neufertigung mit ca. 35 bis 40 Mitarbeitern und einem Anteil von ca. 30 v.H. am Umsatz fallen. Die Fertigung erfolgte in Taktstraßen. Hergestellt wurden im relevanten Zeitraum (1990) Fahrzeugabdichtungen, Baugruppen Weichenheizungen, Zargen für Fertiggaragen, Stahlformen für Betonelemente des Wohnungsbaues, Blechteile für Futterladewagen, Abgasdichte-, Mess- und Diagnosegeräte, Ausrüstungen für die fleischverarbeitende Industrie etc. Soweit der Zeuge Dr. R. in seinem Schreiben vom 10. August 2006 noch weitere Produktionen ausgeführt hat (z.B. Erstellung von Stahl-Pur-AL Toren, Einzelteilen für Stahltore, Sturzkabinen für Traktoren, Futtertrögen), sind sie für die Einschätzung unerheblich, denn sie wurden nach seinen Angaben 1990 nicht mehr hergestellt.
Die übrigen Bereiche mit der weit überwiegenden Anzahl von Mitarbeitern und dem überwiegenden Umsatz beinhaltete keine Produktion im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Sie gab dem Betrieb damit nicht das Gepräge.
Der größte Bereich, der ca. 40 v.H. des Umsatzes erwirtschaftete und in dem ca. 50 Personen beschäftigt waren, befasste sich mit der Grundinstandsetzung (Reparatur) in Nestfertigung von in der Bauindustrie und in der Landwirtschaft verwendeten Kränen. Es handelte sich im Ergebnis um einen reinen Reparaturbereich, der – allerdings in größerem Maßstab – im wesentlichen Dienstleistungen in Gestalt der Aufarbeitung von schadhaften Kränen ausführte: Diese wurden angeliefert und vollkommen demontiert, die Teile in Paletten sortiert und in einer Waschanlage gereinigt. Anschließend wurden die schadhaften Teile aussortiert und die Kräne – beginnend mit dem Rahmen – aus den reparierten und neuen Teilen wieder aufgebaut. Dass der Zeuge Dr. R. hier zwischen "operativer" und "Grundinstandsetzung" unterscheidet und damit diesen Bereich zur Produktion zählt, ist unerheblich; seine rechtliche Einschätzung ist für den Senat nicht erheblich.
Der Bereich Rationalisierungsmittel, in dem ca. 40 Mitarbeiter arbeiteten und dessen Anteil am Umsatz ca. 20 v.H. betrug, war eine reine Entwicklungs- oder Forschungsabteilung, deren Ergebnisse anderen Betrieben zur Produktion übergeben wurden. Ausschließlich Reparaturen für die landwirtschaftlichen Betriebe wurden im Bereich der operativen Instandsetzung für Betriebe der Landwirtschaft getätigt. Hier waren ca. 10 bis 15 Personen mit einem Umsatzanteil von ca. 10 v.H. beschäftigt. Die Bereiche Aus- und Weiterbildung, Wissenschaft und Technik (Produktionsvorbereitung), Ökonomie und Hauptbuchhalter sind der fordistischen Produktion ebenfalls nicht zurechenbar.
Bei dem VE KfL handelte es sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-techInt, denn er war keine Maschinen-Ausleih-Station (MAS). Ob er "Rechtsnachfolger" der MAS war (so der Kläger), kann dahingestellt bleiben, denn eine über den Wortlaut hinausgehende erweiternde Auslegung (z.B. im Wege einer Analogie) der abschließend aufgezählten Betriebe ist nicht zulässig (vgl. BSG; Urteil vom 7. September 2006 – Az.: B 4 RA 39/05 R, nach juris). Tatsächlich entsprach der VE KfL im Übrigen weder rechtlich noch von der Aufgabenstellung den MAS. Die ehemalige DDR unterschied zwischen MAS und volkseigenen Betrieben, was die vorgenommene Gleichstellung erklärt. Die MAS waren (anders als der VE KfL) keine VEB, sondern ein in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts verselbständigter Teil der staatlichen Wirtschaftsverwaltung (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. April 2006 – Az.: L 1 RA 253/03, nach juris). Sie sollten die Arbeit der bäuerlichen Wirtschaften, insbesondere der werktätigen Bauern, durch Maschinenleistungen und Verbreitung fortschrittlicher agrarwissenschaftlicher Bodenbearbeitungsmethoden fördern und unterstützen (1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Bildung von Vereinigungen volkseigener Maschinen-Ausleih-Stationen vom 23. Dezember 1950 (GBl. Nr. 148 S. 1235)). Insofern bestand ihre Hauptaufgabe in der Bereitstellung von Traktoren und Maschinen. Ihre Rechtsträger wurden mit Wirkung vom 15. Oktober 1952 aufgelöst und Bezirksverwaltungen der Maschinen-Traktoren-Stationen gebildet.
Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) liegt gegenüber denjenigen, die mit entsprechender Qualifikation in das Zusatzversorgungssystem einbezogen wurden, nicht vor. Denn der Einigungsvertragsgesetzgeber war nicht gehalten, solche bereits in den Versorgungsordnungen angelegten Ungleichbehandlungen nachträglich zu korrigieren (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 – Az.: B 4 RA 21/02 R, nach juris). Er durfte an die am 2. Oktober 1990 vorliegenden Versorgungsordnungen im Rahmen der Rentenüberleitung anknüpfen (vgl. BVerfG in BVerfGE 100, S. 138, 193 f). Ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit Versicherten, die von der Beklagten positive Entscheidungen erhalten haben, kommt ebenfalls nicht in Betracht, denn ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht existiert nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
FST
Saved