Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 3 KR 592/06
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 25/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das Rechtsinstitut der Verwirkung gilt grundsätzlich auch im öffentlichen Recht.
Der Gläubiger einer Forderung ist grundsätzlich berechtigt, die Verjährungsfrist vollen Umfangs auszuschöpfen.
Eine Verwirkung stellt eine Einschränkung des Rechts des Gläubigers auf Ausschöpfung der Verjährungsfrist dar. Sie verlangt neben dem Zeitablauf ein positives Handeln des Gläubigers, aufgrund dessen der Schuldner davon ausgehen kann, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht und er sich entsprechend eingerichtet hat. Eine Untätigkeit reicht hierfür jedenfalls dann nicht, wenn keine Handlungspflicht bestand.
Eine Krankenhausforderung verwirkt nicht dadurch, dass das Krankenhaus keine Verlängerung des stationären Aufenthalts anzeigt oder auf eine gutachterliche Überprüfung verzichtet.
Der Gläubiger einer Forderung ist grundsätzlich berechtigt, die Verjährungsfrist vollen Umfangs auszuschöpfen.
Eine Verwirkung stellt eine Einschränkung des Rechts des Gläubigers auf Ausschöpfung der Verjährungsfrist dar. Sie verlangt neben dem Zeitablauf ein positives Handeln des Gläubigers, aufgrund dessen der Schuldner davon ausgehen kann, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht und er sich entsprechend eingerichtet hat. Eine Untätigkeit reicht hierfür jedenfalls dann nicht, wenn keine Handlungspflicht bestand.
Eine Krankenhausforderung verwirkt nicht dadurch, dass das Krankenhaus keine Verlängerung des stationären Aufenthalts anzeigt oder auf eine gutachterliche Überprüfung verzichtet.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 17. Januar 2008 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.024,45 EUR nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2003 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Verfahrenskosten beider Rechtszüge. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 3.024,45 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 3.024,45 EUR geltend. Dabei geht es um die Frage, ob die Forderung verwirkt ist.
In der psychiatrischen Klinik des Klägers wurde in der Zeit vom 19. September bis 16. Oktober 2002 der Versicherte der Beklagten D P stationär behandelt. Der Kläger stellte am 2. Oktober 2002 einen Kostenübernahmeantrag für eine voraussichtliche Behandlungsdauer bis zum 12. Oktober 2002, der am 7. Oktober 2002 bei der Beklagten einging. Ein Verlängerungsantrag folgte nicht. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2002 befristete die Beklagte die Kostenübernahme für den Krankenhausaufenthalt vorerst bis zum 2. Oktober 2002. Am 21. Oktober 2002 stellte der Kläger der Beklagten die Kosten des gesamten stationären Aufenthalts in Höhe von 6.281,85 EUR in Rechnung. Die Entlassungsanzeige ging am selben Tag ein. Am 6. November 2002 zahlte die Beklagte an den Kläger einen Teilbetrag für den Aufenthalt vom 19. September bis 2. Oktober 2002 in Höhe von 3.257,40 EUR.
Am 14. Dezember 2006 hat der Kläger den restlichen Betrag in Höhe von 3.024,45 EUR für die Zeit vom 3. bis 15. Oktober 2002 beim Sozialgericht Lübeck gerichtlich geltend gemacht und hierzu vorgetragen, er habe die Beklagte telefonisch am 23. November 2006 an die Überweisung erinnert, diese habe ihn auf den Rechtsweg verwiesen. Zu Unrecht stütze sich die Beklagte auf eine Verwirkung der Restforderung, denn allein der Zeitablauf könne nicht zu einer Verwirkung führen. Vielmehr erfordere dies ein entsprechendes Verhalten des Forderungsgläubigers, das bei dem Schuldner das Vertrauen schaffe, die restliche Forderung werde nicht mehr geltend gemacht. Die Beklagte sei über das EDV-gestützte Mahnverfahren mehrfach an die Zahlung erinnert worden. Auch in den vorangegangenen Jahren seien Forderungen erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist geltend und gerichtlich anhängig gemacht worden. Der geforderte Zinssatz stütze sich auf die abgeschlossene Pflegesatzvereinbarung.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Befristung der Kostenübernahme bis zum 2. Oktober 2002 und die Rechnungskürzung seien von dem Kläger nicht beanstandet worden. Sie habe daher davon ausgehen müssen, dass ihre Entscheidung von ihm akzeptiert werde.
Im Einverständnis der Beteiligten über die vorgesehene Verfahrensweise hat das Sozialgericht mit Urteil vom 17. Januar 2008 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob eine Krankenhausbehandlung durchgeführt und zur Behandlung des Versicherten erforderlich gewesen und damit ein Zahlungsanspruch des Klägers für den geltend gemachten Zeitraum überhaupt entstanden sei. Denn ein Zahlungsanspruch sei verwirkt und damit erloschen. Dies folge aus dem auch im Sozialrecht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben. Hierfür seien neben einem längeren Zeitablauf, in dem der Gläubiger sein Recht nicht ausgeübt habe, zusätzliche besondere Umstände erforderlich, die die verspätete Geltendmachung des Rechts nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen ließen und die Annahme rechtfertigten, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht. Es müsse ein Verwirkungsverhalten des Forderungsberechtigten und ein Vertrauenstatbestand bei dem Verpflichteten vorliegen. Das sei der Fall, denn der Kläger habe es während eines längeren Zeitraumes unterlassen, seinen Zahlungsanspruch geltend zu machen. Nach der Rechnungslegung vom 21. Oktober 2002 habe er erst am 14. Dezember 2006 die Klage erhoben. Eine vorherige Erinnerung sei in der Verwaltungsakte nicht dokumentiert, nicht zu erkennen und nicht nachgewiesen. Auch ein Verwirkungsverhalten des Klägers liege vor, denn er habe auf das Schreiben der Beklagten vom 14. Oktober 2002 nicht reagiert und keine Verlängerungsanzeige an die Beklagte gesandt. Trotz Hinweises der Beklagten habe er nicht begründet, warum die stationäre Behandlung über die anerkannte Behandlungsdauer hinaus medizinisch notwendig gewesen sei. Ohne Verlängerungsanzeige sei der Krankenkasse die Möglichkeit genommen, den medizinischen Sachverhalt zeitnah zu überprüfen. Die Befristung der Kostenübernahme vom 14. Oktober 2002 enthalte den ausdrücklichen Hinweis, dass im Fall einer weiteren notwendigen Krankenhausbehandlung eine Verlängerung der Kostenzusage beantragt werden müsse. Indem der Kläger nicht darauf reagiert habe, habe er den Eindruck erweckt, er halte den Anspruch nicht mehr für begründet. Unmaßgeblich sei es auch, dass der Kläger in den vergangenen Jahren Klagen auf Zahlung der Behandlungskosten erhoben habe. Denn in den vorangegangenen Jahren 2002 bis 2005 habe es sich hierbei lediglich um 2, 14, 105 und 162 Verfahren gehandelt. Die Beklagte habe daher nicht zwangsläufig davon ausgehen müssen, dass der Kläger alle noch nicht vollständig beglichenen Rechnungen nach Ablauf von Jahren gerichtlich geltend machen werde, sondern sie habe annehmen können, dass er von der weiteren Forderung Abstand nehmen werde. Sie habe auch tatsächlich darauf vertraut und sich entsprechend eingerichtet. Ihr dahingehender Vortrag sei glaubhaft und werde durch die Tatsache gestützt, dass sie keine Rückstellungen für derartige Fälle vorgenommen habe. Unter Berücksichtigung des Gesamtvolumens der ausstehenden Rechnungsbeträge und mangels einer fehlenden Haushaltsdeckung würde die verspätete Geltendmachung eine unzumutbare Härte für die Beklagte bedeuten.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 4. März 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 7. März 2008 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers. Er trägt vor, der Zahlungsanspruch sei in der eingeklagten Höhe unstreitig entstanden, sei nicht verwirkt und bestehe nach wie vor. Die Verwirkung setze voraus, dass die Forderung über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht werde und dass der Gläubiger sich insgesamt so verhalten habe, dass der Schuldner davon habe ausgehen dürfen, die Forderung werde auch nicht mehr erhoben. Es fehle an einem derartigen Verwirkungsverhalten. Neben der regelmäßigen gesetzlichen oder vertraglichen Verjährung stelle eine Verwirkung die Ausnahme dar, denn ein Gläubiger habe regelmäßig das Recht, Verjährungsfristen auszuschöpfen, um seine Ansprüche geltend zu machen. Die Verwirkung kürze die normierten Verjährungsfristen ab. Sie setze daher einen groben Rechtsmissbrauch und eine Härte für den Schuldner voraus. Dies sei nicht zu erkennen. Es sei der Beklagten zuzumuten, den Ablauf der Verjährungsfristen abzuwarten. Sie selbst habe in der Vergangenheit kurz vor Ablauf der Verjährungsfristen Stornierungen und Verrechnungen im Zusammenhang mit behaupteten Überzahlungen vorgenommen. Der Ausnahmetatbestand der Verjährung stelle besondere Anforderungen an die unzumutbare Härte. Diese lägen nicht bereits darin, dass eine Verlängerungsanzeige unterlassen werde. Denn eine solche Anzeige sei für die Entstehung des Anspruchs nicht erforderlich. Es sei auch nicht entscheidend, dass infolge des Zeitablaufs eine Überprüfung des medizinischen Sachverhalts nicht mehr möglich sei. Zwar seien zwischen den Beteiligten Vereinbarungen darüber getroffen worden, die sich in einem Schreiben vom 2. Januar 2001 widerspiegelten. Dabei gehe es jedoch darum, dass im Rahmen der Suchtbehandlungen und der psychiatrischen Erkrankungen die medizinischen Voraussetzungen für den Aufenthalt zur Motivationstherapie überprüft werden könnten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 17. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.024,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer bisher geäußerten Rechtsauffassung fest.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten, die Behandlungsakte und die Verfahrensakte vorgelegen. Zur Ergänzung wird darauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht einen Anspruch des Klägers auf weitere Behandlungskosten für den Versicherten der Beklagten P verneint. Die Forderung des Klägers ist nicht verwirkt. Der Kläger erhebt zutreffend eine echte Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn er begehrt die Verurteilung der Beklagten zu einer Leistung, auf die grundsätzlich ein Rechtsanspruch besteht, sofern die Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind. Ein Verwaltungsakt konnte nicht ergehen, weil sich das klagende Krankenhaus und die Krankenkasse gleich geordnet gegenüberstehen und es an dem notwendigen Subordinationsverhältnis fehlt (BSG, Urteil vom 28. September 2006, B 3 KR 23/05 R, SozR 4-2500 § 112 Nr 6).
Der Vergütungsanspruch des Klägers stützt sich auf § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit der zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Pflegesatzvereinbarung. Zwar haben die Beteiligten keinen Versorgungsvertrag im Sinne des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGB V abgeschlossen, auf den Abs. 4 Satz 3 Bezug nimmt. Eines solchen Vertrages bedurfte es nicht, da der Kläger als Hochschulklinik gemäß § 108 Nr. 1 SGB V ein Plankrankenhaus betreibt. Im Verhältnis zwischen den Beteiligten wird der Vertragsschluss fingiert (Hess in Kasseler Kommentar, SGB V § 109 Rz. 2; Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 109 Rz. 4). Im Rahmen des Regelwerks ist der Kläger zur Krankenhausbehandlung der Versicherten der Beklagten verpflichtet, die wiederum nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V die Vergütung der Leistungen zu zahlen hat (BSG, Urteil vom 17. Mai 2000, B 3 KR 33/99 R, SozR 3-2500 § 112 Nr. 1). Die Zahlungsverpflichtung der Beklagten im hier zu entscheidenden konkreten Behandlungsfall entsteht ohne eine weitere vertragliche Grundlage des Rechtsverhältnisses unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Die Beklagte ist auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, die normativ festgelegten Entgelte zu zahlen, sofern die Versorgung im Krankenhaus erforderlich ist (BSG, Urteil vom 28. September 2006 a. a. O.).
Das ist hier der Fall. Der Senat konnte davon ausgehen, dass bei dem Versicherten während des gesamten Zeitraumes, für den der Kläger Kosten von der Beklagten verlangt, Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit bestanden hat. Die Beteiligten streiten hierüber nicht. Der einweisende oder behandelnde Krankenhausarzt entscheidet zunächst verbindlich darüber, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit bestanden haben. Diese Entscheidung kann noch nachträglich überprüft werden, jedoch gehen Beweisschwierigkeiten im Rahmen dieser nachträglichen Überprüfung zu Lasten der Krankenkasse, wenn sie die vertraglichen Vereinbarungen für eine Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch nicht eingehalten hat (vgl. Urteil des BSG vom 17. Mai 2000, B 3 KR 33/99 R, SozR 3-2500 § 112 Nr. 1; Urteil des Senats vom 12. März 2008, L 5 KR 67/06). Hier ist das Überprüfungsverfahren durch die Beklagte gar nicht durchgeführt worden. Auch im Schreiben vom 14. Oktober 2002 begründete die Beklagte die Befristung der Kostenzusage nicht, sondern stellte eine weitere Kostenübernahme in Aussicht, sofern der Krankenhausarzt einen Verlängerungsantrag stellen sollte. Der Senat hatte daher keinerlei Veranlassung, seinerseits die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung zu bezweifeln. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit lag vielmehr bei dem Versicherten der Beklagten vor.
Der entstandene Anspruch ist auch nicht infolge von Verwirkung untergegangen. Die Verwirkung ist ein aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abgeleiteter Grundsatz des Vertrauensschutzes, der auch im öffentlichen Recht grundsätzlich anwendbar ist. Ein Recht ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen dann verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat, der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht in Zukunft nicht geltend machen werde (Heinrichs in Palandt, BGB 67. Auflage, § 242 Rz. 87 m. w. N.). Die Verwirkung erfordert drei Tatbestandsmerkmale, nämlich den Zeitablauf, das Verwirkungsverhalten des Forderungsgläubigers und den darauf gestützten Vertrauenstatbestand des Forderungsschuldners. Dabei sind strenge Maßstäbe dafür anzulegen, dass die Voraussetzungen vorliegen. Denn die Verwirkung ist ein aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen abgeleitetes Institut, das zur Verkürzung der Verjährungsvorschriften führt. Grundsätzlich ist jeder Gläubiger einer Forderung berechtigt, die Verjährungsfristen vollen Umfangs auszuschöpfen, die sich aus dem gesetzlichen oder vertraglichen Regelwerk ergeben. Es muss daher ein besonderer Umstand dafür vorliegen, dass ihm dieses Recht ausnahmsweise nicht zusteht. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass dem Forderungsgläubiger durch eine Verwirkung eine Rechtsposition genommen wird, obwohl eine konkrete gesetzliche oder vertragliche Grundlage hierfür nicht vorliegt. Dies ist nur dann gerechtfertigt, wenn sich der Forderungsgläubiger illoyal gegenüber dem Schuldner verhalten hat; allein darin kann der Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben gesehen werde. (Heinrichs in Palandt, a. a. O. Rz. 87, 57). Dies ist nicht bereits dann der Fall und kann eine Verwirkung nicht schon dann begründen, wenn der Forderungsgläubiger nichts tut; in dem Fall der Untätigkeit verbleibt es bei dem regulären Ablauf der Verjährungsfrist. Erforderlich ist für die Verwirkung vielmehr ein konkretes Verwirkungsverhalten des Gläubigers als positives Handeln, mit dem er sich zu seinem Forderungsbegehren in Widerspruch gesetzt hat. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung (Urteile des BSG vom 30. November 1978, 12 RK 6/76, SozR 2200 § 1399 Nr. 11; 1. April 1993, 1 RK 16/92, USK 9334; 29. Januar 1997, 5 RJ 52/94, SozR 3-2200 § 1303 Nr. 6; Urteil des Senats vom 10. Ok¬tober 2007, L 5 KR 27/07). Zusätzlich zu dem Zeitablauf müssen daher besondere Umstände vorliegen, die der weiteren Rechts¬ausübung entgegenstehen. Das konkrete Verhalten des Gläubigers (Verwirkungsverhalten) muss einen bestimmten Tatbestand als Vertrauensgrundlage bei dem Schuldner geschaffen haben, der dessen Vertrauen begründete, der Gläubiger werde das Recht nicht mehr geltend machen (Vertrauenstatbestand); zusätzlich ist erforderlich, dass er sich im Hinblick auf dieses Vertrauen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen entsprechend eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Hierbei sind die konkreten Umstände des Einzelfalles und die Besonderheiten des in Betracht kommenden Rechtsgebietes zu beachten (BSG, Urteil vom 29.1.1997, a. a. O.).
Es fehlt hier bereits an einem Vertrauensverhalten des Klägers. Zwar liegt ein entsprechender Zeitablauf vor, in dem er die im Oktober 2002 entstandene Forderung erst im Dezember 2006, also erst vier Jahre später kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist, geltend gemacht hat. Es fehlt jedoch an einem positiven Verwirkungsverhalten des Klägers innerhalb dieses Zeitraumes. Er hat innerhalb des gesamten Zeitraums gar nicht gehandelt, und zwar auch dann nicht, als die Beklagte die Kostenübernahme befristet hat und nur einen Teilbetrag der gesamten geltend gemachten Forderung gezahlt hat. An einer bestimmten Handlung des Klägers fehlt es somit. Dabei legt der Senat zu Grunde, dass in der gesamten Zwischenzeit bis zur gerichtlichen Forderungserhebung keine Kontakte zwischen den Beteiligten stattgefunden haben und die Forderung auch über einen Datenaustausch nicht erhoben wurde. Bereits dies stünde ihrer Verwirkung entgegen (Heinrichs in Palandt, a. a. O., § 242 Rz. 94). Ob dies hier – wie der Kläger vorträgt – der Fall war, lässt der Senat dahingestellt, weil es darauf nicht ankommt.
Es kann auch dahingestellt bleiben, ob eine Unterlassung des Forderungsgläubigers einem positiven Handeln dann gleichzusetzen ist und ein entsprechendes Verwirkungsverhalten darstellen kann, wenn eine Pflicht zur Handlung besteht. Denn eine derartige Pflicht ist hier nicht ersichtlich. Die Begrenzung der Kostenübernahme der Beklagten und ihrer Leistungskürzung änderten nichts an der Berechtigung der Forderung des Klägers. Die oben dargestellten Grundsätze für die Entstehung des Anspruchs auf Kostennübernahme bei Krankenhausbehandlung bringen es mit sich, dass aufgrund der gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen die Forderung des Krankenhauses unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten entsteht, ohne dass es weiterer Willenserklärungen bedürfte (BSG, Urteil vom 17.5.2000, a. a. O.). Dies gilt in gleicher Weise für das Fortbestehen des Anspruchs. Die gewechselten Willenserklärungen zwischen dem Krankenhaus und der Krankenkasse sind allenfalls für die Fälligkeit der Forderung von Bedeutung, nicht aber für deren Entstehen oder Fortbestand. Eine Verlängerungsanzeige war daher ebenso wenig für den (Fort-)Bestand der Kostenforderung erforderlich wie eine Reaktion des Klägers auf die Kostenbegrenzung durch die Beklagte oder ein Antrag auf eine gutachterliche Überprüfung. Daraus folgt, dass eine Verpflichtung des Klägers zum Handeln auf die Kürzungen der Beklagten hin nicht bestand.
Angesichts der Tatsache, dass es bereits an der Grundvoraussetzung für den Verwirkungstatbestand, nämlich das konkrete Verwirkungsverhalten des Klägers, fehlt, kann es dahingestellt bleiben, ob bei der Beklagten ein entsprechender Vertrauenstatbestand entstanden ist, der sie zu einem Vertrauensverhalten veranlasst hat. Nur am Rande sei bemerkt, dass hier das Verwirkungsverhalten und der Vertrauenstatbestand im Zusammenhang stehen. Da allein der Zeitablauf die Beklagte nicht in der Annahme stützen konnte, der Kläger werde das Recht nicht mehr geltend machen, konnte sie auch keine Schlüsse aus dem Zeitablauf ziehen und kein schützenswertes Vertrauen darauf begründen, dass der Kläger die Forderung nicht mehr geltend machen werde. Fehlt es an einem Verwirkungsverhalten als Vertrauensgrundlage, fehlt es notwendigerweise auch am schützenswerten Vertrauen. Die weitere Verhaltensweise der Beklagten kann dann nicht mehr auf einen schützenswerten Vertrauenstatbestand zurückgeführt werden. Daher ist es unerheblich, ob sie sich in ihrer Haushaltsplanung entsprechend eingerichtet hat.
Folglich kann der Kläger gegenüber der Beklagten die Forderung weiterhin geltend machen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, da der Senat die langjährige Rechtsprechung des BSG angewandt hat.
Die Entscheidung über den Streitwert ergeht nach § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Tatbestand:
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 3.024,45 EUR geltend. Dabei geht es um die Frage, ob die Forderung verwirkt ist.
In der psychiatrischen Klinik des Klägers wurde in der Zeit vom 19. September bis 16. Oktober 2002 der Versicherte der Beklagten D P stationär behandelt. Der Kläger stellte am 2. Oktober 2002 einen Kostenübernahmeantrag für eine voraussichtliche Behandlungsdauer bis zum 12. Oktober 2002, der am 7. Oktober 2002 bei der Beklagten einging. Ein Verlängerungsantrag folgte nicht. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2002 befristete die Beklagte die Kostenübernahme für den Krankenhausaufenthalt vorerst bis zum 2. Oktober 2002. Am 21. Oktober 2002 stellte der Kläger der Beklagten die Kosten des gesamten stationären Aufenthalts in Höhe von 6.281,85 EUR in Rechnung. Die Entlassungsanzeige ging am selben Tag ein. Am 6. November 2002 zahlte die Beklagte an den Kläger einen Teilbetrag für den Aufenthalt vom 19. September bis 2. Oktober 2002 in Höhe von 3.257,40 EUR.
Am 14. Dezember 2006 hat der Kläger den restlichen Betrag in Höhe von 3.024,45 EUR für die Zeit vom 3. bis 15. Oktober 2002 beim Sozialgericht Lübeck gerichtlich geltend gemacht und hierzu vorgetragen, er habe die Beklagte telefonisch am 23. November 2006 an die Überweisung erinnert, diese habe ihn auf den Rechtsweg verwiesen. Zu Unrecht stütze sich die Beklagte auf eine Verwirkung der Restforderung, denn allein der Zeitablauf könne nicht zu einer Verwirkung führen. Vielmehr erfordere dies ein entsprechendes Verhalten des Forderungsgläubigers, das bei dem Schuldner das Vertrauen schaffe, die restliche Forderung werde nicht mehr geltend gemacht. Die Beklagte sei über das EDV-gestützte Mahnverfahren mehrfach an die Zahlung erinnert worden. Auch in den vorangegangenen Jahren seien Forderungen erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist geltend und gerichtlich anhängig gemacht worden. Der geforderte Zinssatz stütze sich auf die abgeschlossene Pflegesatzvereinbarung.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Befristung der Kostenübernahme bis zum 2. Oktober 2002 und die Rechnungskürzung seien von dem Kläger nicht beanstandet worden. Sie habe daher davon ausgehen müssen, dass ihre Entscheidung von ihm akzeptiert werde.
Im Einverständnis der Beteiligten über die vorgesehene Verfahrensweise hat das Sozialgericht mit Urteil vom 17. Januar 2008 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob eine Krankenhausbehandlung durchgeführt und zur Behandlung des Versicherten erforderlich gewesen und damit ein Zahlungsanspruch des Klägers für den geltend gemachten Zeitraum überhaupt entstanden sei. Denn ein Zahlungsanspruch sei verwirkt und damit erloschen. Dies folge aus dem auch im Sozialrecht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben. Hierfür seien neben einem längeren Zeitablauf, in dem der Gläubiger sein Recht nicht ausgeübt habe, zusätzliche besondere Umstände erforderlich, die die verspätete Geltendmachung des Rechts nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen ließen und die Annahme rechtfertigten, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht. Es müsse ein Verwirkungsverhalten des Forderungsberechtigten und ein Vertrauenstatbestand bei dem Verpflichteten vorliegen. Das sei der Fall, denn der Kläger habe es während eines längeren Zeitraumes unterlassen, seinen Zahlungsanspruch geltend zu machen. Nach der Rechnungslegung vom 21. Oktober 2002 habe er erst am 14. Dezember 2006 die Klage erhoben. Eine vorherige Erinnerung sei in der Verwaltungsakte nicht dokumentiert, nicht zu erkennen und nicht nachgewiesen. Auch ein Verwirkungsverhalten des Klägers liege vor, denn er habe auf das Schreiben der Beklagten vom 14. Oktober 2002 nicht reagiert und keine Verlängerungsanzeige an die Beklagte gesandt. Trotz Hinweises der Beklagten habe er nicht begründet, warum die stationäre Behandlung über die anerkannte Behandlungsdauer hinaus medizinisch notwendig gewesen sei. Ohne Verlängerungsanzeige sei der Krankenkasse die Möglichkeit genommen, den medizinischen Sachverhalt zeitnah zu überprüfen. Die Befristung der Kostenübernahme vom 14. Oktober 2002 enthalte den ausdrücklichen Hinweis, dass im Fall einer weiteren notwendigen Krankenhausbehandlung eine Verlängerung der Kostenzusage beantragt werden müsse. Indem der Kläger nicht darauf reagiert habe, habe er den Eindruck erweckt, er halte den Anspruch nicht mehr für begründet. Unmaßgeblich sei es auch, dass der Kläger in den vergangenen Jahren Klagen auf Zahlung der Behandlungskosten erhoben habe. Denn in den vorangegangenen Jahren 2002 bis 2005 habe es sich hierbei lediglich um 2, 14, 105 und 162 Verfahren gehandelt. Die Beklagte habe daher nicht zwangsläufig davon ausgehen müssen, dass der Kläger alle noch nicht vollständig beglichenen Rechnungen nach Ablauf von Jahren gerichtlich geltend machen werde, sondern sie habe annehmen können, dass er von der weiteren Forderung Abstand nehmen werde. Sie habe auch tatsächlich darauf vertraut und sich entsprechend eingerichtet. Ihr dahingehender Vortrag sei glaubhaft und werde durch die Tatsache gestützt, dass sie keine Rückstellungen für derartige Fälle vorgenommen habe. Unter Berücksichtigung des Gesamtvolumens der ausstehenden Rechnungsbeträge und mangels einer fehlenden Haushaltsdeckung würde die verspätete Geltendmachung eine unzumutbare Härte für die Beklagte bedeuten.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 4. März 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 7. März 2008 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers. Er trägt vor, der Zahlungsanspruch sei in der eingeklagten Höhe unstreitig entstanden, sei nicht verwirkt und bestehe nach wie vor. Die Verwirkung setze voraus, dass die Forderung über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht werde und dass der Gläubiger sich insgesamt so verhalten habe, dass der Schuldner davon habe ausgehen dürfen, die Forderung werde auch nicht mehr erhoben. Es fehle an einem derartigen Verwirkungsverhalten. Neben der regelmäßigen gesetzlichen oder vertraglichen Verjährung stelle eine Verwirkung die Ausnahme dar, denn ein Gläubiger habe regelmäßig das Recht, Verjährungsfristen auszuschöpfen, um seine Ansprüche geltend zu machen. Die Verwirkung kürze die normierten Verjährungsfristen ab. Sie setze daher einen groben Rechtsmissbrauch und eine Härte für den Schuldner voraus. Dies sei nicht zu erkennen. Es sei der Beklagten zuzumuten, den Ablauf der Verjährungsfristen abzuwarten. Sie selbst habe in der Vergangenheit kurz vor Ablauf der Verjährungsfristen Stornierungen und Verrechnungen im Zusammenhang mit behaupteten Überzahlungen vorgenommen. Der Ausnahmetatbestand der Verjährung stelle besondere Anforderungen an die unzumutbare Härte. Diese lägen nicht bereits darin, dass eine Verlängerungsanzeige unterlassen werde. Denn eine solche Anzeige sei für die Entstehung des Anspruchs nicht erforderlich. Es sei auch nicht entscheidend, dass infolge des Zeitablaufs eine Überprüfung des medizinischen Sachverhalts nicht mehr möglich sei. Zwar seien zwischen den Beteiligten Vereinbarungen darüber getroffen worden, die sich in einem Schreiben vom 2. Januar 2001 widerspiegelten. Dabei gehe es jedoch darum, dass im Rahmen der Suchtbehandlungen und der psychiatrischen Erkrankungen die medizinischen Voraussetzungen für den Aufenthalt zur Motivationstherapie überprüft werden könnten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 17. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.024,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer bisher geäußerten Rechtsauffassung fest.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten, die Behandlungsakte und die Verfahrensakte vorgelegen. Zur Ergänzung wird darauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht einen Anspruch des Klägers auf weitere Behandlungskosten für den Versicherten der Beklagten P verneint. Die Forderung des Klägers ist nicht verwirkt. Der Kläger erhebt zutreffend eine echte Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn er begehrt die Verurteilung der Beklagten zu einer Leistung, auf die grundsätzlich ein Rechtsanspruch besteht, sofern die Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind. Ein Verwaltungsakt konnte nicht ergehen, weil sich das klagende Krankenhaus und die Krankenkasse gleich geordnet gegenüberstehen und es an dem notwendigen Subordinationsverhältnis fehlt (BSG, Urteil vom 28. September 2006, B 3 KR 23/05 R, SozR 4-2500 § 112 Nr 6).
Der Vergütungsanspruch des Klägers stützt sich auf § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit der zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Pflegesatzvereinbarung. Zwar haben die Beteiligten keinen Versorgungsvertrag im Sinne des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGB V abgeschlossen, auf den Abs. 4 Satz 3 Bezug nimmt. Eines solchen Vertrages bedurfte es nicht, da der Kläger als Hochschulklinik gemäß § 108 Nr. 1 SGB V ein Plankrankenhaus betreibt. Im Verhältnis zwischen den Beteiligten wird der Vertragsschluss fingiert (Hess in Kasseler Kommentar, SGB V § 109 Rz. 2; Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 109 Rz. 4). Im Rahmen des Regelwerks ist der Kläger zur Krankenhausbehandlung der Versicherten der Beklagten verpflichtet, die wiederum nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V die Vergütung der Leistungen zu zahlen hat (BSG, Urteil vom 17. Mai 2000, B 3 KR 33/99 R, SozR 3-2500 § 112 Nr. 1). Die Zahlungsverpflichtung der Beklagten im hier zu entscheidenden konkreten Behandlungsfall entsteht ohne eine weitere vertragliche Grundlage des Rechtsverhältnisses unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Die Beklagte ist auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, die normativ festgelegten Entgelte zu zahlen, sofern die Versorgung im Krankenhaus erforderlich ist (BSG, Urteil vom 28. September 2006 a. a. O.).
Das ist hier der Fall. Der Senat konnte davon ausgehen, dass bei dem Versicherten während des gesamten Zeitraumes, für den der Kläger Kosten von der Beklagten verlangt, Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit bestanden hat. Die Beteiligten streiten hierüber nicht. Der einweisende oder behandelnde Krankenhausarzt entscheidet zunächst verbindlich darüber, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit bestanden haben. Diese Entscheidung kann noch nachträglich überprüft werden, jedoch gehen Beweisschwierigkeiten im Rahmen dieser nachträglichen Überprüfung zu Lasten der Krankenkasse, wenn sie die vertraglichen Vereinbarungen für eine Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch nicht eingehalten hat (vgl. Urteil des BSG vom 17. Mai 2000, B 3 KR 33/99 R, SozR 3-2500 § 112 Nr. 1; Urteil des Senats vom 12. März 2008, L 5 KR 67/06). Hier ist das Überprüfungsverfahren durch die Beklagte gar nicht durchgeführt worden. Auch im Schreiben vom 14. Oktober 2002 begründete die Beklagte die Befristung der Kostenzusage nicht, sondern stellte eine weitere Kostenübernahme in Aussicht, sofern der Krankenhausarzt einen Verlängerungsantrag stellen sollte. Der Senat hatte daher keinerlei Veranlassung, seinerseits die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung zu bezweifeln. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit lag vielmehr bei dem Versicherten der Beklagten vor.
Der entstandene Anspruch ist auch nicht infolge von Verwirkung untergegangen. Die Verwirkung ist ein aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abgeleiteter Grundsatz des Vertrauensschutzes, der auch im öffentlichen Recht grundsätzlich anwendbar ist. Ein Recht ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen dann verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat, der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht in Zukunft nicht geltend machen werde (Heinrichs in Palandt, BGB 67. Auflage, § 242 Rz. 87 m. w. N.). Die Verwirkung erfordert drei Tatbestandsmerkmale, nämlich den Zeitablauf, das Verwirkungsverhalten des Forderungsgläubigers und den darauf gestützten Vertrauenstatbestand des Forderungsschuldners. Dabei sind strenge Maßstäbe dafür anzulegen, dass die Voraussetzungen vorliegen. Denn die Verwirkung ist ein aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen abgeleitetes Institut, das zur Verkürzung der Verjährungsvorschriften führt. Grundsätzlich ist jeder Gläubiger einer Forderung berechtigt, die Verjährungsfristen vollen Umfangs auszuschöpfen, die sich aus dem gesetzlichen oder vertraglichen Regelwerk ergeben. Es muss daher ein besonderer Umstand dafür vorliegen, dass ihm dieses Recht ausnahmsweise nicht zusteht. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass dem Forderungsgläubiger durch eine Verwirkung eine Rechtsposition genommen wird, obwohl eine konkrete gesetzliche oder vertragliche Grundlage hierfür nicht vorliegt. Dies ist nur dann gerechtfertigt, wenn sich der Forderungsgläubiger illoyal gegenüber dem Schuldner verhalten hat; allein darin kann der Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben gesehen werde. (Heinrichs in Palandt, a. a. O. Rz. 87, 57). Dies ist nicht bereits dann der Fall und kann eine Verwirkung nicht schon dann begründen, wenn der Forderungsgläubiger nichts tut; in dem Fall der Untätigkeit verbleibt es bei dem regulären Ablauf der Verjährungsfrist. Erforderlich ist für die Verwirkung vielmehr ein konkretes Verwirkungsverhalten des Gläubigers als positives Handeln, mit dem er sich zu seinem Forderungsbegehren in Widerspruch gesetzt hat. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung (Urteile des BSG vom 30. November 1978, 12 RK 6/76, SozR 2200 § 1399 Nr. 11; 1. April 1993, 1 RK 16/92, USK 9334; 29. Januar 1997, 5 RJ 52/94, SozR 3-2200 § 1303 Nr. 6; Urteil des Senats vom 10. Ok¬tober 2007, L 5 KR 27/07). Zusätzlich zu dem Zeitablauf müssen daher besondere Umstände vorliegen, die der weiteren Rechts¬ausübung entgegenstehen. Das konkrete Verhalten des Gläubigers (Verwirkungsverhalten) muss einen bestimmten Tatbestand als Vertrauensgrundlage bei dem Schuldner geschaffen haben, der dessen Vertrauen begründete, der Gläubiger werde das Recht nicht mehr geltend machen (Vertrauenstatbestand); zusätzlich ist erforderlich, dass er sich im Hinblick auf dieses Vertrauen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen entsprechend eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Hierbei sind die konkreten Umstände des Einzelfalles und die Besonderheiten des in Betracht kommenden Rechtsgebietes zu beachten (BSG, Urteil vom 29.1.1997, a. a. O.).
Es fehlt hier bereits an einem Vertrauensverhalten des Klägers. Zwar liegt ein entsprechender Zeitablauf vor, in dem er die im Oktober 2002 entstandene Forderung erst im Dezember 2006, also erst vier Jahre später kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist, geltend gemacht hat. Es fehlt jedoch an einem positiven Verwirkungsverhalten des Klägers innerhalb dieses Zeitraumes. Er hat innerhalb des gesamten Zeitraums gar nicht gehandelt, und zwar auch dann nicht, als die Beklagte die Kostenübernahme befristet hat und nur einen Teilbetrag der gesamten geltend gemachten Forderung gezahlt hat. An einer bestimmten Handlung des Klägers fehlt es somit. Dabei legt der Senat zu Grunde, dass in der gesamten Zwischenzeit bis zur gerichtlichen Forderungserhebung keine Kontakte zwischen den Beteiligten stattgefunden haben und die Forderung auch über einen Datenaustausch nicht erhoben wurde. Bereits dies stünde ihrer Verwirkung entgegen (Heinrichs in Palandt, a. a. O., § 242 Rz. 94). Ob dies hier – wie der Kläger vorträgt – der Fall war, lässt der Senat dahingestellt, weil es darauf nicht ankommt.
Es kann auch dahingestellt bleiben, ob eine Unterlassung des Forderungsgläubigers einem positiven Handeln dann gleichzusetzen ist und ein entsprechendes Verwirkungsverhalten darstellen kann, wenn eine Pflicht zur Handlung besteht. Denn eine derartige Pflicht ist hier nicht ersichtlich. Die Begrenzung der Kostenübernahme der Beklagten und ihrer Leistungskürzung änderten nichts an der Berechtigung der Forderung des Klägers. Die oben dargestellten Grundsätze für die Entstehung des Anspruchs auf Kostennübernahme bei Krankenhausbehandlung bringen es mit sich, dass aufgrund der gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen die Forderung des Krankenhauses unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten entsteht, ohne dass es weiterer Willenserklärungen bedürfte (BSG, Urteil vom 17.5.2000, a. a. O.). Dies gilt in gleicher Weise für das Fortbestehen des Anspruchs. Die gewechselten Willenserklärungen zwischen dem Krankenhaus und der Krankenkasse sind allenfalls für die Fälligkeit der Forderung von Bedeutung, nicht aber für deren Entstehen oder Fortbestand. Eine Verlängerungsanzeige war daher ebenso wenig für den (Fort-)Bestand der Kostenforderung erforderlich wie eine Reaktion des Klägers auf die Kostenbegrenzung durch die Beklagte oder ein Antrag auf eine gutachterliche Überprüfung. Daraus folgt, dass eine Verpflichtung des Klägers zum Handeln auf die Kürzungen der Beklagten hin nicht bestand.
Angesichts der Tatsache, dass es bereits an der Grundvoraussetzung für den Verwirkungstatbestand, nämlich das konkrete Verwirkungsverhalten des Klägers, fehlt, kann es dahingestellt bleiben, ob bei der Beklagten ein entsprechender Vertrauenstatbestand entstanden ist, der sie zu einem Vertrauensverhalten veranlasst hat. Nur am Rande sei bemerkt, dass hier das Verwirkungsverhalten und der Vertrauenstatbestand im Zusammenhang stehen. Da allein der Zeitablauf die Beklagte nicht in der Annahme stützen konnte, der Kläger werde das Recht nicht mehr geltend machen, konnte sie auch keine Schlüsse aus dem Zeitablauf ziehen und kein schützenswertes Vertrauen darauf begründen, dass der Kläger die Forderung nicht mehr geltend machen werde. Fehlt es an einem Verwirkungsverhalten als Vertrauensgrundlage, fehlt es notwendigerweise auch am schützenswerten Vertrauen. Die weitere Verhaltensweise der Beklagten kann dann nicht mehr auf einen schützenswerten Vertrauenstatbestand zurückgeführt werden. Daher ist es unerheblich, ob sie sich in ihrer Haushaltsplanung entsprechend eingerichtet hat.
Folglich kann der Kläger gegenüber der Beklagten die Forderung weiterhin geltend machen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, da der Senat die langjährige Rechtsprechung des BSG angewandt hat.
Die Entscheidung über den Streitwert ergeht nach § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
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