Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 U 37/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 215/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 07.05.2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob in den Folgen des Arbeitsunfalles vom 23.03.1973 eine Verschlechterung eingetreten ist und damit ein Anspruch auf Verletztenrente besteht.
Der 1940 geborene Kläger war Anfang 1973 bei der Firma S. beschäftigt. Am 23.03.1973 versuchte er, einen etwa 20 kg schweren und 180 cm langen Stoffballen aus einem Transportwagen herauszuziehen und auf die Schulter zu heben. Als er ein Stück von ca. 50 cm herausgezogen und auf die Schulter gelegt hatte, rollte der Transportwagen nach hinten weg, so dass der Stoffballen mit seinem ganzen Gewicht auf der Schulter lastete und der Kläger nach hinten umgebogen wurde. Er verspürte einen stechenden Schmerz auf der linken Brustseite. Am 24.03.1973 suchte er den Durchgangsarzt, des Chefarztes des Städtischen Krankenhauses H. Dr. Z. , auf (D-Arzt-Bericht vom 06.06.1973), wobei er ausweislich des Eintrages im Krankenkarteiblatt angegeben hat, sich verhoben zu haben. Der Durchgangsarzt diagnostizierte eine Luxation (Verrenkung) der Knochenknorpelgrenzen der 8. und 9. Rippe links. Im Bereich des linken Rippenbogens konnte er eine schmerzhafte Stufenbildung im Verlauf der 8. und 9. Rippe am Übergang des Knochenrippenknorpels ohne offene Verletzung feststellen. Nach einer Arbeitsunfähigkeit bis 23.04.1973 arbeitete der Kläger bis zu seiner fristlosen Kündigung am 06.06.1973. Nach Erhalt der Kündigung suchte er am 06.06.1973 um 12.30 Uhr erneut den Durchgangsarzt auf und wurde für weitere zwei Wochen arbeitsunfähig geschrieben.
Nachdem er mit Schreiben vom 30.04.1976 einen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente geltend machte, lehnte die Beklagte aufgrund des Berichts des Dr. S. , Städtisches Krankenhaus H. , vom 19.5.1976 die Gewährung einer Verletztenrente mit Bescheid vom 15.7.1976 ab. Der Arbeitsunfall habe keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grade verursacht. Der Kläger habe eine Luxation im Bereich der Knochenknorpelgrenze der 8. und 9. Rippe links erlitten, die narbig ausgeheilt sei. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.1976 zurück und bezog dabei die Ergebnisse der Begutachtung durch Dr. P. vom 03.03.1976 ein. Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Aachen. Nach der Beweisaufnahme durch die Einholung eines sitzungsärztlichen Sachverständigengutachtens des Dr. E. am 08.11.1977 nahm der Kläger die Klage zurück. Dr. E. hatte bei seiner Untersuchung eine daumenendgliedgroße Buckelbildung im Verlauf des linken Rippenbogens infolge Vorstehens der 9. Rippe als Folge des Arbeitsunfalles festgestellt und die MdE mit 10 v.H. bemessen.
Am 03.11.2002 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Verletztenrente. Dem Antrag legte er ein Attest der Dr. P. vom 10.09.2003 bei, in dem eine Thoraxdeformierung infolge einer Thorakotomie sowie Schmerzen in den Rippen beim Abtasten der letzten linken Rippen bescheinigt sind. Nach Beiziehung eines Röntgenbefundes vom 14.04.2003 sowie eines Gutachtens des Dr. E. vom 08.07.2003 und einer Stellungnahme des Beratungsarztes Prof. B. vom 11.03.2004 lehnte die Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 19.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2004 die Gewährung einer Verletztenrente ab.
Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) und beantragte, den Bescheid vom 19.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2004 aufzuheben und die Beklagte zu einer Rentenleistung nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu verurteilen.
Das SG holte nach Beiziehung der einschlägigen Röntgen- und Kernspinaufnahmen sowie eines Befundberichtes der Dr. P. vom 19.12.2006 ein Sachverständigengutachten des Dr. U. vom 01.05.2006/18.08.2006 nach Aktenlage ein. Dieser stellte fest, dass eine Deformierung des linken Rippenbogens grundsätzlich nicht entschädigungspflichtig im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sei, da sie zu keiner Störung der Lungenfunktion führe. Die von der Beklagten festgestellte Luxation der Rippen entspreche funktionell einem Rippenbruch, es sei dokumentiert, dass bei Abschluss der Behandlung am 03.07.1973 die Luxation narbig ausgeheilt sei, was funktionell einem knöchernen Durchbau einer Rippenfraktur entspreche. Die MdE betrage Null. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes aufgrund von Unfallfolgen sei nicht eingetreten, der Gesundheitszustand habe sich wegen unfallunabhängiger Erkrankungen verschlimmert.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 07.05.2007 ab.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und beanstandet, dass das Gutachten durch Dr. U. ohne körperliche Untersuchung erstellt worden sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens des Dr. F. vom 14.11.2007. Dieser hat bereits an der Geeignetheit des Unfallhergangs deutliche Bedenken geäussert. Eine axiale Belastung durch eine auf die Schulter gehobene Last sei aus seiner Sicht nicht geeignet, eine Rippenluxation wenigstens wesentlich ursächlich mit zu verursachen. Aus der Unfallakte könne man lediglich ohne Zweifel ableiten, dass eine Verformung der 8. und 9. Rippe links vorgelegen habe. Die zum Untersuchungszeitpunkt vorliegende ausgeprägte Verformung des linken Brustkorbes sei weder im Durchgangsarztbericht noch im Behandlungsbericht vom 19.05.1976 erwähnt. Erstmalig bestätigt sei diese Verformung im Attest vom 10.09.2003 (Attest Dr. P.). Entsprechende Röntgenaufnahmen lägen erst ab 2003/2004 vor. Dr. F. hat dargelegt, dass Rippenfrakturen, auch an der Knorpel-/Knochengrenze, folgenlos ausheilen, selbst wenn eventuelle Pseudoarthrosen zurückbleiben sollten. Soweit eine Defektverheilung nachgewiesen werden könne, betrage die MdE maximal 0 bis 10 v.H. Eine MdE in rentenberechtigendem Maße (MdE 20 v.H.) ließe sich nicht begründen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 07.05.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2004 zu verurteilen, eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt demgegenüber,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 07.05.2007 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Beklagtenakte und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 15. April 2008.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, form- und fristgerecht erhobene Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. und ist damit weder durch den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 07.05.2007 noch durch den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 19.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2004 in seinen Rechten verletzt.
Die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalles und ggf. die Entschädigung durch Zahlung von Verletztenrente (§ 56 SGB VII) setzt voraus, dass die Gesundheitsstörung Folge eines Versicherungsfalles, hier also des Arbeitsunfalles vom 23.3.1973, ist (§§ 7, 8 SGB VII). Der Arbeitsunfall muss wesentlich an der Entstehung der Gesundheitsstörung mitgewirkt haben. Davon ist auszugehen, wenn er neben anderen Bedingungen bei wertender Betrachtung diejenige ist, die wegen ihrer besonderen qualitativen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen hat (Theorie der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSGE 63, 277). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, d.h. neben dem Arbeitsunfall auch die Gesundheitsstörung, mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (Vollbeweis). Ein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch darf keinen Zweifel mehr haben (BSGE 7, 103, 106). Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Gesundheitsschaden (haftungsbegründende Kausalität) sowie Folgenschäden (haftungsausfüllende Kausalität) ist demgegenüber hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend. Es genügt, wenn bei Abwägung aller Umstände die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).
Unter Anwendung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger beim Arbeitsunfall am 23.03.1973 lediglich eine Luxation (Verrenkung) im Bereich der Knochenknorpelgrenze der 8. und 9. Rippe links erlitt, die narbig ausheilte, ohne eine MdE in rentenberechtigendem Maße zu verursachen.
Betrachtet man die vom Durchgangsarzt Dr. Z. erhobenen Befunde - schmerzhafte Stufenbildung im Verlauf der 8. und 9. Rippe, keine offene Verletzung - und den abschließenden Befund des Dr. S. , Städtischen Krankenhauses H. , vom 19.05.1976 - narbige Ausheilung der Verletzungsstellen, keine Minderung der Erwerbsfähigkeit - so steht überzeugend fest, dass die Verletzungen, die der Kläger beim Arbeitsunfall erlitten hat, allenfalls geringgradig waren.
Auch die viereinhalb Jahre nach dem Arbeitsunfall am 08.11.1977 vom Chirurgen Dr. E. als Sachverständiger im Sozialgerichtsverfahren erhobenen Befunde zeigen, dass durch den Unfall kein wesentlicher Gesundheitsschaden verursacht wurde. Dr. E. stellte bei seiner Untersuchung lediglich eine daumenendgliedgroße Buckelbildung im Verlauf des linken Rippenbogens infolge des Vorstehens der 9. Rippe unter dem Rippenbogen mit umschriebenen Druck- und Bewegungsschmerz als Folge des Unfalls fest. Dieser Befund beweist, dass die Luxation der Knochenknorpelgrenzen der 8. und 9. Rippe nahezu folgenlos ausgeheilt ist.
Nachdem im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung die MdE funktionsbezogen zu bewerten ist und sich allein nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens bestimmt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), ergeben sich bei einem ausgeheilten Rippenbruch bzw. einer ausgeheilten Luxation keine Funktionsbeeinträchtigungen, die eine MdE von einem Fünftel (§ 56 Abs. 1 SGB VII) rechtfertigen würden. Darauf haben die Sachverständigen Dr. U. und Dr. F. in ihren Gutachten übereinstimmend hingewiesen.
Die ausgeprägte Verformung des linken Brustkorbes, die ab ca. 2003 beschrieben und röntgenologisch dokumentiert ist, lässt sich nach Auffassung des Senates nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 23.03.1973 zurückführen. Zwischen dem Nachweis dieser Verformung des linken Brustkorbes und dem Arbeitsunfall liegen rund 30 Jahre, so dass deutlich mehr gegen als für einen Kausalzusammenhang spricht, zumal be-reits im Sommer 1973 im Städtischen Krankenhaus H. eine narbige Ausheilung der Verletzungsstellen festgestellt wurde. Der Senat folgt dem überzeugenden Sachverständigengutachten des Dr. F ...
Die Beschwerden an der Wirbelsäule beruhen auf einer Keilwirbelbildung nach Wachstumsstörungen und einer anlagebedingten Skoliose. Sie sind nicht durch den Arbeitsunfall verursacht. Auch insoweit folgt der Senat den Ausführungen des Dr. F ...
Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist der Senat nicht gehalten, die Ursachen der nunmehr seit 2003 beschriebenen Verformung aufzuklären. Streitgegenstand ist lediglich die Frage, welche Unfallfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sind und wie hoch die daraus resultierende Beeinträchtigung am Arbeitsmarkt ist.
Im Ergebnis kommt der Senat zur Auffassung, dass die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 07.05.2007 unbegründet ist. Sie war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt.
II. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob in den Folgen des Arbeitsunfalles vom 23.03.1973 eine Verschlechterung eingetreten ist und damit ein Anspruch auf Verletztenrente besteht.
Der 1940 geborene Kläger war Anfang 1973 bei der Firma S. beschäftigt. Am 23.03.1973 versuchte er, einen etwa 20 kg schweren und 180 cm langen Stoffballen aus einem Transportwagen herauszuziehen und auf die Schulter zu heben. Als er ein Stück von ca. 50 cm herausgezogen und auf die Schulter gelegt hatte, rollte der Transportwagen nach hinten weg, so dass der Stoffballen mit seinem ganzen Gewicht auf der Schulter lastete und der Kläger nach hinten umgebogen wurde. Er verspürte einen stechenden Schmerz auf der linken Brustseite. Am 24.03.1973 suchte er den Durchgangsarzt, des Chefarztes des Städtischen Krankenhauses H. Dr. Z. , auf (D-Arzt-Bericht vom 06.06.1973), wobei er ausweislich des Eintrages im Krankenkarteiblatt angegeben hat, sich verhoben zu haben. Der Durchgangsarzt diagnostizierte eine Luxation (Verrenkung) der Knochenknorpelgrenzen der 8. und 9. Rippe links. Im Bereich des linken Rippenbogens konnte er eine schmerzhafte Stufenbildung im Verlauf der 8. und 9. Rippe am Übergang des Knochenrippenknorpels ohne offene Verletzung feststellen. Nach einer Arbeitsunfähigkeit bis 23.04.1973 arbeitete der Kläger bis zu seiner fristlosen Kündigung am 06.06.1973. Nach Erhalt der Kündigung suchte er am 06.06.1973 um 12.30 Uhr erneut den Durchgangsarzt auf und wurde für weitere zwei Wochen arbeitsunfähig geschrieben.
Nachdem er mit Schreiben vom 30.04.1976 einen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente geltend machte, lehnte die Beklagte aufgrund des Berichts des Dr. S. , Städtisches Krankenhaus H. , vom 19.5.1976 die Gewährung einer Verletztenrente mit Bescheid vom 15.7.1976 ab. Der Arbeitsunfall habe keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grade verursacht. Der Kläger habe eine Luxation im Bereich der Knochenknorpelgrenze der 8. und 9. Rippe links erlitten, die narbig ausgeheilt sei. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.1976 zurück und bezog dabei die Ergebnisse der Begutachtung durch Dr. P. vom 03.03.1976 ein. Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Aachen. Nach der Beweisaufnahme durch die Einholung eines sitzungsärztlichen Sachverständigengutachtens des Dr. E. am 08.11.1977 nahm der Kläger die Klage zurück. Dr. E. hatte bei seiner Untersuchung eine daumenendgliedgroße Buckelbildung im Verlauf des linken Rippenbogens infolge Vorstehens der 9. Rippe als Folge des Arbeitsunfalles festgestellt und die MdE mit 10 v.H. bemessen.
Am 03.11.2002 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Verletztenrente. Dem Antrag legte er ein Attest der Dr. P. vom 10.09.2003 bei, in dem eine Thoraxdeformierung infolge einer Thorakotomie sowie Schmerzen in den Rippen beim Abtasten der letzten linken Rippen bescheinigt sind. Nach Beiziehung eines Röntgenbefundes vom 14.04.2003 sowie eines Gutachtens des Dr. E. vom 08.07.2003 und einer Stellungnahme des Beratungsarztes Prof. B. vom 11.03.2004 lehnte die Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 19.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2004 die Gewährung einer Verletztenrente ab.
Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) und beantragte, den Bescheid vom 19.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2004 aufzuheben und die Beklagte zu einer Rentenleistung nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu verurteilen.
Das SG holte nach Beiziehung der einschlägigen Röntgen- und Kernspinaufnahmen sowie eines Befundberichtes der Dr. P. vom 19.12.2006 ein Sachverständigengutachten des Dr. U. vom 01.05.2006/18.08.2006 nach Aktenlage ein. Dieser stellte fest, dass eine Deformierung des linken Rippenbogens grundsätzlich nicht entschädigungspflichtig im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sei, da sie zu keiner Störung der Lungenfunktion führe. Die von der Beklagten festgestellte Luxation der Rippen entspreche funktionell einem Rippenbruch, es sei dokumentiert, dass bei Abschluss der Behandlung am 03.07.1973 die Luxation narbig ausgeheilt sei, was funktionell einem knöchernen Durchbau einer Rippenfraktur entspreche. Die MdE betrage Null. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes aufgrund von Unfallfolgen sei nicht eingetreten, der Gesundheitszustand habe sich wegen unfallunabhängiger Erkrankungen verschlimmert.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 07.05.2007 ab.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und beanstandet, dass das Gutachten durch Dr. U. ohne körperliche Untersuchung erstellt worden sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens des Dr. F. vom 14.11.2007. Dieser hat bereits an der Geeignetheit des Unfallhergangs deutliche Bedenken geäussert. Eine axiale Belastung durch eine auf die Schulter gehobene Last sei aus seiner Sicht nicht geeignet, eine Rippenluxation wenigstens wesentlich ursächlich mit zu verursachen. Aus der Unfallakte könne man lediglich ohne Zweifel ableiten, dass eine Verformung der 8. und 9. Rippe links vorgelegen habe. Die zum Untersuchungszeitpunkt vorliegende ausgeprägte Verformung des linken Brustkorbes sei weder im Durchgangsarztbericht noch im Behandlungsbericht vom 19.05.1976 erwähnt. Erstmalig bestätigt sei diese Verformung im Attest vom 10.09.2003 (Attest Dr. P.). Entsprechende Röntgenaufnahmen lägen erst ab 2003/2004 vor. Dr. F. hat dargelegt, dass Rippenfrakturen, auch an der Knorpel-/Knochengrenze, folgenlos ausheilen, selbst wenn eventuelle Pseudoarthrosen zurückbleiben sollten. Soweit eine Defektverheilung nachgewiesen werden könne, betrage die MdE maximal 0 bis 10 v.H. Eine MdE in rentenberechtigendem Maße (MdE 20 v.H.) ließe sich nicht begründen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 07.05.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2004 zu verurteilen, eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt demgegenüber,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 07.05.2007 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Beklagtenakte und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 15. April 2008.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, form- und fristgerecht erhobene Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. und ist damit weder durch den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 07.05.2007 noch durch den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 19.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2004 in seinen Rechten verletzt.
Die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalles und ggf. die Entschädigung durch Zahlung von Verletztenrente (§ 56 SGB VII) setzt voraus, dass die Gesundheitsstörung Folge eines Versicherungsfalles, hier also des Arbeitsunfalles vom 23.3.1973, ist (§§ 7, 8 SGB VII). Der Arbeitsunfall muss wesentlich an der Entstehung der Gesundheitsstörung mitgewirkt haben. Davon ist auszugehen, wenn er neben anderen Bedingungen bei wertender Betrachtung diejenige ist, die wegen ihrer besonderen qualitativen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen hat (Theorie der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSGE 63, 277). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, d.h. neben dem Arbeitsunfall auch die Gesundheitsstörung, mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (Vollbeweis). Ein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch darf keinen Zweifel mehr haben (BSGE 7, 103, 106). Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Gesundheitsschaden (haftungsbegründende Kausalität) sowie Folgenschäden (haftungsausfüllende Kausalität) ist demgegenüber hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend. Es genügt, wenn bei Abwägung aller Umstände die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).
Unter Anwendung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger beim Arbeitsunfall am 23.03.1973 lediglich eine Luxation (Verrenkung) im Bereich der Knochenknorpelgrenze der 8. und 9. Rippe links erlitt, die narbig ausheilte, ohne eine MdE in rentenberechtigendem Maße zu verursachen.
Betrachtet man die vom Durchgangsarzt Dr. Z. erhobenen Befunde - schmerzhafte Stufenbildung im Verlauf der 8. und 9. Rippe, keine offene Verletzung - und den abschließenden Befund des Dr. S. , Städtischen Krankenhauses H. , vom 19.05.1976 - narbige Ausheilung der Verletzungsstellen, keine Minderung der Erwerbsfähigkeit - so steht überzeugend fest, dass die Verletzungen, die der Kläger beim Arbeitsunfall erlitten hat, allenfalls geringgradig waren.
Auch die viereinhalb Jahre nach dem Arbeitsunfall am 08.11.1977 vom Chirurgen Dr. E. als Sachverständiger im Sozialgerichtsverfahren erhobenen Befunde zeigen, dass durch den Unfall kein wesentlicher Gesundheitsschaden verursacht wurde. Dr. E. stellte bei seiner Untersuchung lediglich eine daumenendgliedgroße Buckelbildung im Verlauf des linken Rippenbogens infolge des Vorstehens der 9. Rippe unter dem Rippenbogen mit umschriebenen Druck- und Bewegungsschmerz als Folge des Unfalls fest. Dieser Befund beweist, dass die Luxation der Knochenknorpelgrenzen der 8. und 9. Rippe nahezu folgenlos ausgeheilt ist.
Nachdem im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung die MdE funktionsbezogen zu bewerten ist und sich allein nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens bestimmt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), ergeben sich bei einem ausgeheilten Rippenbruch bzw. einer ausgeheilten Luxation keine Funktionsbeeinträchtigungen, die eine MdE von einem Fünftel (§ 56 Abs. 1 SGB VII) rechtfertigen würden. Darauf haben die Sachverständigen Dr. U. und Dr. F. in ihren Gutachten übereinstimmend hingewiesen.
Die ausgeprägte Verformung des linken Brustkorbes, die ab ca. 2003 beschrieben und röntgenologisch dokumentiert ist, lässt sich nach Auffassung des Senates nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 23.03.1973 zurückführen. Zwischen dem Nachweis dieser Verformung des linken Brustkorbes und dem Arbeitsunfall liegen rund 30 Jahre, so dass deutlich mehr gegen als für einen Kausalzusammenhang spricht, zumal be-reits im Sommer 1973 im Städtischen Krankenhaus H. eine narbige Ausheilung der Verletzungsstellen festgestellt wurde. Der Senat folgt dem überzeugenden Sachverständigengutachten des Dr. F ...
Die Beschwerden an der Wirbelsäule beruhen auf einer Keilwirbelbildung nach Wachstumsstörungen und einer anlagebedingten Skoliose. Sie sind nicht durch den Arbeitsunfall verursacht. Auch insoweit folgt der Senat den Ausführungen des Dr. F ...
Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist der Senat nicht gehalten, die Ursachen der nunmehr seit 2003 beschriebenen Verformung aufzuklären. Streitgegenstand ist lediglich die Frage, welche Unfallfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sind und wie hoch die daraus resultierende Beeinträchtigung am Arbeitsmarkt ist.
Im Ergebnis kommt der Senat zur Auffassung, dass die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 07.05.2007 unbegründet ist. Sie war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt.
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