L 3 U 610/93

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 10 U 553/88
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 610/93
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 18. März 1993 sowie der Bescheid der Beklagten vom 27. November 1987 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger von der einbehaltenen Rentennachzahlung einen weiteren Betrag von 22.255,07 DM auszuzahlen. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten; im übrigen sind keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Auszahlung von Rentennachzahlungsbeträgen in Höhe von insgesamt 32.991,40 DM, die die Beklagte zur Befriedigung von Erstattungsansprüchen der Beigeladenen einbehalten hat.

Der im Jahre 1954 geborene Kläger erlitt am 2. April 1965 einen schweren Arbeitsunfall mit Schädel-Hirn-Verletzung. Die Beklagte zahlte ihm deswegen zunächst eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 v.H., die sie mit Bescheid vom 12. April 1984 rückwirkend ab dem 1. Januar 1979 auf 80 v.H. erhöhte. Aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs (Az.: S-4/U – 260/84) stellte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Oktober 1987 gemäß § 573 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) den Jahresarbeitsverdienst (JAV) rückwirkend unter Zugrundelegung der Bezüge eines Studienrats z.A. im hessischen Landesdienst (Besoldungsgruppe A 13) ab dem 1. Dezember 1982 neu fest. Für die Zeit vom 1. Dezember 1982 bis 30. November 1987 errechnete sie einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 84.060,50 DM und abzüglich bereits an den Kläger gezahlter Vorschüsse von insgesamt 20.000,– DM einen Nachzahlungsbetrag von 64.060,50 DM. Sie teilte dem Kläger mit, daß der Nachzahlungsbetrag zunächst einbehalten werde bis feststehe, welche Ersatzansprüche vom Arbeitsamt F. M. und der Stadt D. wegen Arbeitslosenhilfe (Alhi) und Wohngeld gestellt würden.

Mit am 12. November 1987 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 10. November 1987 machte die Beigeladene zu 1) für Juni 1983 sowie die Monate April 1984 bis November 1987 unter Vorlage einer Aufstellung über die an den Kläger in Form des Lastenzuschusses monatlich geleisteten Wohngeldzahlungen gemäß § 104 Sozialgesetzbuch (SGB) 10 einen Erstattungsanspruch von insgesamt 5.296,– DM geltend. Einen gegenüber dem Kläger für denselben Zeitraum erlassenen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid (§§ 48 Abs. 1 Nr. 3, 50 SGB 10) vom 16. November 1987 nahm die Beigeladene zu 1) mit Bescheid vom 23. November 1988 wieder zurück, weil die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 bis 4 Wohngeldgesetz (WoGG) nicht vorlagen. Die Beigeladene zu 2) meldete mit am 26. November 1987 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 25. November 1987 einen Erstattungsanspruch gemäß § 104 SGB 10 wegen der dem Kläger im Anschluß an den Bezug von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Dezember 1982 bis 31. März 1984 und vom 2. Oktober 1984 bis 25. November 1987 gezahlten Alhi in Höhe von 27.695,40 DM an. Bei der Berechnung der dem Kläger erbrachten Leistungen hatte die Beigeladene zu 2) den Betrag der Verletztenrente nicht als Einkommen berücksichtigt, der bei gleicher MdE (80 v.H.) als Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zu gewähren gewesen wäre (§ 11 Nr. 4 Arbeitslosenhilfe-Verordnung). Für die Zeit vom 2. Oktober 1984 bis 25. November 1987 hatte sie die Alhi-Leistung in Ausführung einer einstweiligen Anordnung des Sozialgerichts Frankfurt am Main (SG) vom 28. September 1984 (S-14/Ar – 483/84 A) vorläufig erbracht, nachdem sie ihre Bewilligung von Alhi mit Bescheiden vom 12. April 1984 und 16. April 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 1984 wegen Aufnahme eines Vollzeitstudiums durch den Kläger unter Hinweis auf die fehlende Verfügbarkeit bzw. § 118 a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) a.F. aufgehoben hatte. Demgegenüber hatte das Gericht Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 118 a AFG geäußert.

Mit Auszahlungsanordnung vom 27. November 1987 überwies die Beklagte dem Kläger als Rentennachzahlung einen Betrag von 31.069,10 DM. Den restlichen Betrag von 32.991,40 DM behielt sie im Hinblick auf die geltend gemachten Erstattungsansprüche der Beigeladenen zu 1) und zu 2) zunächst ein. Demgegenüber machte der Kläger wiederholt geltend, daß ein Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1) nicht bestehe, weil das Wohngeld nach § 30 WoGG nicht erstattungsfähig sei, der Anspruch darauf trotz der Rentennachzahlung nach wie vor bestehe und deshalb auch nicht allein aufgrund des § 104 SGB 10 entfallen könne. Die mangelnde Rechtfertigung des Ersatzanspruchs der Beigeladenen zu 1) werde auch dadurch bestätigt, daß diese durch rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 15. Januar 1988 (Az.: VI/2 E 279/84) in Kenntnis der rückwirkenden Rentenerhöhung durch den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 1987 sogar noch zur Nachzahlung von Wohngeld für die Monate Juni 1983 bis März 1984 verpflichtet worden sei. Bezüglich des Erstattungsanspruchs der Beigeladenen zu 2) verwies er auf noch anhängige Gerichtsverfahren (S-19/Ar – 2522/86, L-10/Ar – 1219/86 und S-14/Ar – 793/84) bezüglich der Verpflichtung zur Zahlung von Alhi und deren Höhe sowie darauf, daß er ausweislich der ihm von der Beigeladenen zu 2) erteilten Leistungsnachweise für die Zeit vom 15. November 1982 bis 25. November 1987 nur Alhi in Höhe von 27.410,73 DM erhalten habe. Der Beigeladenen zu 2) könne für den kürzeren Erstattungszeitraum beginnend ab 1. Dezember 1982 demnach nicht ein noch um 284,67 DM höherer Betrag zustehen. Die Beklagte teilte dem Kläger in zahlreichen Schreiben mit, daß das Bestehen und die Höhe der Erstattungsansprüche von ihr nicht zu überprüfen und vom Kläger gegenüber den beiden Leistungsträgern ggf. gerichtlich zu klären sei. Angesichts der Aufrechterhaltung der Erstattungsansprüche durch die Beigeladenen sehe sie deshalb keine Möglichkeit, dem Verlangen des Klägers auf Auszahlung des restlichen Betrages von 32.991,40 DM nachzukommen.

Am 24. Februar 1988 hat der Kläger beim SG gegen die Beklagte Klage erhoben und deren Verurteilung zur Auszahlung des von der Rentennachzahlung einbehaltenen Betrages von 32.991,40 DM beantragt. Die Beklagte sei zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Erstattungsansprüche verpflichtet, die aus den angeführten Gründen zu verneinen sei. Die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB 10 sei demnach nicht eingetreten.

Während des Klageverfahrens wurde die Klage des Klägers wegen der Höhe der Alhi vom 3. März 1982 bis 30. November 1982 durch rechtskräftiges Urteil des SG vom 5. Dezember 1989 – S-19/23/Ar – 2522/86 – abgewiesen. Im Verfahren S-14/Ar – 704/83/L-10/Ar – 1219/85 wegen der Höhe der Alhi vom 3. März 1983 bis 31. März 1984 nahm der Kläger im November 1989 die Berufung zurück. Durch rechtskräftig gewordenes Urteil des SG vom 5. April 1991 im Verfahren S-14/Ar – 793/84 wurden die Bescheide der Beigeladenen zu 2) vom 12. April 1984 und 16. April 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 1984 über die Aufhebung der Bewilligung von Alhi wegen fehlender Verfügbarkeit des Klägers als rechtmäßig bestätigt. Im übrigen wurde entschieden, daß ab 26. November 1987 jedenfalls eine Bedürftigkeit des Klägers infolge der Rentenerhöhung nicht mehr bestehe.

Durch Urteil vom 18. März 1993 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Der Anspruch des Klägers auf Verletztenrente gegen die Beklagte gelte in Höhe des einbehaltenen Betrages von 32.991,40 DM gemäß § 107 Abs. 1 SGB 10 als erfüllt, weil den Beigeladenen in dieser Höhe Erstattungsansprüche gemäß § 104 SGB 10 entstanden seien. Sofern die Beklagte die Verletztenrente rechtzeitig ab 1. Dezember 1982 erhöht hätte, wäre die Beigeladene zu 2) nicht zur Zahlung der Alhi und die Beigeladene zu 1) angesichts des Subsidiaritätsprinzips auch nicht zur Zahlung von Wohngeld verpflichtet gewesen, bei dem es sich gemäß § 26 Abs. 1 SGB 1 ebenfalls um eine Sozialleistung handele. Sowohl das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt als auch § 30 WoGG beträfen nur das Verhältnis des Klägers zur Beigeladenen zu 1) und ließen die Erstattungsregelungen der Sozialleistungsträger untereinander unberührt. Ob der Einwand des Klägers, daß die Alhi von der Beigeladenen zu 1) seinerzeit falsch berechnet worden sei und ihm in der geltend gemachten Höhe gar nicht ausgezahlt worden sei, im vorliegenden Rechtsstreit Berücksichtigung finden könne, könne letztlich dahinstehen. Denn jedenfalls seien sämtliche Klagen gegen die Beigeladene zu 2), die die Höhe der Alhi im streitbefangenen Zeitraum beträfen, inzwischen rechtskräftig abgewiesen worden.

Gegen das seinem früheren Prozeßbevollmächtigten am 7. Juni 1993 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Juni 1993 Berufung eingelegt. Er ist nach wie vor der Ansicht, daß ein Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1) bereits dem Grunde nach nicht gegeben sei. Daß ein Wohngeldanspruch, der nach der spezialgesetzlichen Vorschrift des § 30 WoGG ausdrücklich nach wie vor bestehe, allein aufgrund des § 104 SGB 10 erstattungsfähig sei, widerspreche nicht nur dem § 37 SGB 1, sondern auch dem allgemeinen Rechtssatz "lex specialis derogat legis generalis”. Im übrigen sei die zu klärende Frage, ob bei rechtzeitiger Erhöhung der Verletztenrente ein Wohngeldanspruch nicht bestanden hätte, von dem sachlich allein zuständigen Verwaltungsgericht Darmstadt bereits rechtskräftig zu seinen Gunsten geklärt worden und im vorliegenden Fall zu respektieren. Auch er habe diese Entscheidung respektiert, obgleich die Auffassung des Verwaltungsgerichts unrichtig sei, daß die Verletztenrente in vollem Umfange zum Einkommen zähle. Vielmehr sei auch nach dem WoGG der Betrag der Verletztenrente, der in der Kriegsopferfürsorge bei gleicher MdE als Grundrente gezahlt würde, anrechnungsfrei. Der Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 2) bestehe zwar durchaus dem Grunde nach, werde der Höhe nach jedoch bestritten. Bei der Berechnung der ihm ausgezahlten Alhi habe die Beigeladene zu 2) den Monatsverdienst der Tätigkeit zugrunde gelegt, den er mit seiner 20%-igen Resterwerbsfähigkeit habe erzielen können. Als Einkommen anrechnen wolle sie aber die Entschädigung, die ihm für seine MdE von 80 v.H. gezahlt werde. Da die Neufeststellung des JAV Gegenstand der in Rede stehenden Nachzahlung sei, müsse zur Ermittlung der Höhe des Erstattungsanspruchs erst einmal die Alhi-Anspruchshöhe wie bei der Feststellung des JAV fiktiv unter Zugrundelegung des Betrages ermittelt werden, den er voraussichtlich ohne das Unfallereignis bei einer Vollzeitbeschäftigung in der Besoldungsgruppe A 13 erzielt haben könnte. Auf den so errechneten Alhi-Anspruch sei dann die Verletztenrente unter Außerachtlassung des Betrages, der in der Kriegsopferversorgung bei einer Gesamt-MdE von 90 v.H. zu zahlen wäre, anzurechnen. Da diese Berechnung nicht vorgenommen worden sei, könne auch nicht beurteilt werden, ob dann noch ein Auszahlungsbetrag verbleibe. Soweit das SG meine, daß alle seine die Beigeladene zu 2) betreffenden Ansprüche rechtskräftig erledigt seien, sei dies nicht nur unrichtig, sondern auch irrelevant. Denn vor der Neufeststellung des JAV habe er Bescheide der Beigeladenen zu 2) unter diesem Gesichtspunkte nicht anfechten können.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 18. März 1993 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. November 1987 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm den einbehaltenen Rentennachzahlungsbetrag in Höhe von 32.991,40 DM auszuzahlen.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und zu 2) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2) sowie der außerdem beigezogenen Gerichtsakten S-14/Ar – 793/84, S-14/Ar – 2535/91, S-19/23/Ar – 2522/86, S-14/Ar – 704/83, L-10/Ar – 1219/86, S-19/4/U – 313/88, S-10/U – 1008/92, S-10/U – 35/94 und der Akten des Verwaltungsgerichts Darmstadt, Az.: Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 18. März 1993, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG in der ab 1. März 1993 geltenden und hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege zulässig. Sie ist auch teilweise begründet. Von der Rentennachzahlung von insgesamt 32.991,40 DM hat die Beklagte dem Kläger noch 22.255,07 DM auszuzahlen. Hinsichtlich des Restbetrages von 10.736,33 DM ist die Berufung unbegründet.

Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Klage kann dahinstehen, ob der Kläger sein Begehren alternativ im Wege der allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) oder der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) oder nur durch letztere verfolgen kann (s. dazu Bundessozialgericht – BSGE 21, 157, 160; SozR 1531 RVO Nr. 29; SozR 3-1200 § 53 Nr. 4 und SozR 3-1300 § 104 Nr. 9). Denn auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine im Zweifel dem Willen des Klägers entsprechende kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage sind erfüllt. Da die Beklagte im förmlichen Neufeststellungsbescheid vom 28. Oktober 1987 den Rentenanspruch des Klägers rückwirkend ab 1. Dezember 1982 lediglich im Sinne der materiellen Anspruchsberechtigung ermittelt, über den dem Kläger zustehenden Nachzahlungsbetrag jedoch ausdrücklich noch nicht entschieden hatte (s. dazu BSG SozR 3-1300 § 104 Nr. 9), kommen als anfechtbare Verwaltungsakte insoweit die sich nach Anmeldung von Erstattungsansprüchen durch die Beigeladenen dann auf eine Rentennachzahlung in Höhe von 31.069,10 DM beschränkende Auszahlungsanordnung vom 27. November 1987 sowie das Schreiben der Beklagten z.B. vom 4. Dezember 1987 in Betracht, mit dem sie gegenüber dem Kläger die Auszahlung des restlichen Betrages von 32.991,40 DM ausdrücklich wegen der von den Beigeladenen in dieser Höhe geltend gemachten Erstattungsansprüchen ablehnte. Die Frist zur Erhebung der Anfechtungsklage war in jedem Fall gewahrt, da die in Betracht zu ziehenden formlosen Verwaltungsakte keine Rechtsmittelbelehrung enthielten und deshalb die Jahresfrist galt (§ 87 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 66 Abs. 2 SGG). Ein Vorverfahren ist für derartige vor dem 1. Januar 1991 erlassene Verwaltungsakte des Unfallversicherungsträgers nach der insoweit weiterhin anwendbaren Vorschrift des § 78 Abs. 2 SGG a.F. nicht erforderlich.

Die Beklagte hat die Auszahlung der dem Kläger mit Bescheid vom 28. Oktober 1987 für die Zeit vom 1. Dezember 1982 bis 31. November 1987 rückwirkend zuerkannten weiteren Rentenbeträge in Höhe von 10.736,33 DM zu Recht abgelehnt, weil der Beigeladenen zu 2) wegen der in der Zeit vom 1. Dezember 1982 bis 31. März 1984 an den Kläger geleisteten Alhi ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte in dieser Höhe entstanden war. Der Anspruch des Klägers auf Auszahlung der nachträglich zeitgleich bewilligten Verletztenrente gilt insoweit nach § 107 Abs. 1 SGB 10 als erfüllt. Diese Vorschrift bestimmt, daß der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt gilt, "soweit ein Erstattungsanspruch besteht”. Wenn und soweit ein Erstattungsanspruch besteht, sind die Leistungen des zunächst eingetretenen Leistungsträgers rechtlich als Leistungen des verpflichteten Leistungsträgers zu behandeln bzw. diesem zuzurechnen mit der Folge, daß der Anspruch des Versicherten gegenüber dem verpflichteten Leistungsträger ganz oder teilweise erlischt. Zweck der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB 10 ist es, Doppelleistungen an den Versicherten zu verhindern. Für ihren Eintritt ist es unerheblich, ob der Erstattungsanspruch von dem erstattungsberechtigten Sozialleistungsträger rechtzeitig im Sinne von § 111 SGB 10 geltend gemacht wird, da diese und auch andere Vorschriften der §§ 102 ff. SGB 10 nur das Verhältnis der Versicherungsträger untereinander betreffen. Entscheidend für den Eintritt der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB 10 ist allein das Entstehen des Erstattungsanspruchs dem Grunde nach bzw. die Erfüllung der dafür im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen (vgl. BSG SozR 3-2400 § 26 Nr. 5; SozR 3-1300 § 104 Nr. 9).

Im vorliegenden Fall kommt allein ein Erstattungsanspruch nach § 104 Abs. 1 Satz 1 bis 3 SGB 10 in Betracht. Danach ist, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne daß die Voraussetzungen des § 103 Abs. 1 SGB 10 vorliegen, der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit dieser Leistungsträger nicht selbst bereits geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis hat (Satz 1). Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre (Satz 2). Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen (Satz 3). Die Vorschrift dient in erster Linie dem finanziellen Ausgleich bei Gewährung einer einkommensabhängigen Sozialleistung im Falle der späteren rückwirkenden Gewährung einer als Einkommen anzusehenden und "anzurechnenden” Sozialleistung, soweit hierdurch eine Minderung oder vollständige Beseitigung der Subsidiärleistung und eine "Überzahlung” beim nachrangig verpflichteten Leistungsträger eintritt. Dieser soll zum einen so gestellt werden, wie er gestanden hätte, wenn ihm die Berücksichtigung bzw. "Anrechnung” der vorrangigen Leistung als Einkommen rechtzeitig möglich gewesen wäre. Zum anderen soll sie wie § 107 Abs. 1 SGB 10 Doppelleistungen an den Berechtigten vermeiden.

Die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs sind im Verhältnis der Beigeladenen zu 2) zur Beklagten wegen der vom 1. Dezember 1982 bis 31. März 1984 gezahlten Alhi in Höhe von 10.736,33 DM erfüllt. Insbesondere waren die verschiedenen Geldleistungen gleichartig (s. dazu u.a. BSG SozR 1300 § 104 Nrn. 3, 4, 13; BSG SozR 3-1300 § 104 Nrn. 9, 8). Hierbei kommt es auf den Zweck der Leistung selbst an. Der Zweck der Leistung Alhi ist typischerweise darauf gerichtet, den Lebensunterhalt des Arbeitslosen zu gewährleisten, den dieser, hätte er Arbeit, aus dem Arbeitsentgelt bestreiten könnte. Hinsichtlich der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat das BSG inzwischen wiederholt entschieden, daß diese zwar auch der Deckung des allgemeinen normalen Lebensbedarfs dient. Sie wird daneben jedoch auch bzw. vorrangig zum Ausgleich des Verlustes der körperlichen Unversehrtheit und der schädigungsbedingten Mehraufwendungen gewährt und hat insoweit die gleiche Funktion wie die Kriegsopfergrundrente. Sie ist deshalb wie diese in entsprechender Höhe, d.h. in dem Umfang, der bei gleicher MdE (hier 80 v.H.) als Grundrente (einschließlich der Aufstockungsbeträge für ältere Schwerbeschädigte) zu gewähren wäre, nicht als Einnahme zum Lebensunterhalt bzw. als Leistung für entgangenes oder entgehendes Einkommen anzusehen, wie es auch in der aufgrund des § 138 Abs. 4 AFG ergangenen Vorschrift des § 11 Nr. 4 der Alhi-Verordnung vorgesehen ist (s. im einzelnen BSG SozR 2200 § 180 Nr. 31; BSG, Urteil vom 8. Dezember 1992 – 1 Rk 11/92; s. auch BSG SozR 3-4100 § 138 Nr. 5). Die hier zur Beurteilung stehende nachträgliche Rentenerhöhung und Rentennachzahlung aufgrund der Neufeststellung des JAV mit Bescheid vom 28. Oktober 1987 betraf jedoch nicht den für den schädigungsbedingten Mehrbedarf zweckgebundenen und mit der Alhi nicht vergleichbaren Teil der Verletztenrente. Die maßgebenden Grundrentenbeträge nach § 31 Abs. 1 BVG zur Bestimmung dieses Anteils lagen bei einer MdE von 80 v.H. vom 1. Dezember 1982 bis 30. Juni 1983 bei 572,– DM, vom 1. Juli 1983 bis 30. Juni 1984 bei 598,– DM, vom 1. Juli 1984 bis 30. Juni 1985 bei 606,– DM, vom 1. Juli 1985 bis 30. Juni 1986 bei 615,– DM, vom 1. Juli 1986 bis 30. Juni 1987 bei 628,– DM und vom 1. Juli 1987 bis 30. November 1987 bei 647,– DM und wurden bereits durch die dem Kläger zuvor mit Bescheid vom 22. April 1984 bewilligte und vom 1. Dezember 1982 bis 30. November 1987 zwischen 681,80 DM und 772,60 DM monatlich gezahlte Verletztenrente jeweils überschritten. Die Rentennachzahlung aufgrund des Bescheides vom 28. Oktober 1987 für die Zeit vom 1. Dezember 1982 bis 30. November 1987 mit auf den Monat entfallenden – weiteren – Beträgen zwischen 1.396,10 DM und 1.474,20 DM stand damit zur Befriedigung von Erstattungsansprüchen anderer Sozialleistungsträger wegen zeitgleich erbrachter Leistungen zum Lebensunterhalt grundsätzlich vollständig zur Verfügung.

Die im Gegensatz zur Verletztenrente einkommensabhängige Alhi (§§ 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 138 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 AFG i.V.m. § 11 Alhi-Verordnung) hatte die Beigeladene zu 2) im Sinne von § 104 Satz 2 und 3 SGB 10 zumindest für die Zeit vom 1. Dezember 1982 bis 31. März 1984 auch rechtmäßig und nachrangig gewährt. Bei rechtzeitiger Neufeststellung des JAV und entsprechender Rentenerhöhung wäre sie zur Zahlung von Alhi an den Kläger bei Vorliegen der materiellen Anspruchsvoraussetzungen im übrigen insoweit nicht verpflichtet gewesen, da die Rentennachzahlung wegen ihres ausschließlich einkommensersetzenden Charakters im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung voll als Einkommen anzurechnen war und eine zu zahlende Alhi danach mangels Bedürftigkeit bei weitem nicht mehr feststellbar gewesen wäre. Soweit der Kläger meint, daß ein Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 2) deshalb nicht bzw. nicht in der geltend gemachten Höhe entstanden sei, weil bei rechtzeitiger Neufeststellung des JAV für die Unfallrente auch eine entsprechende fiktive Neueinstufung der von der Beigeladenen zu 2) nach § 136 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AFG bemessenen Anschluß-Alhi gemäß § 112 Abs. 7 AFG hätte erfolgen müssen und ihm danach eine höhere Alhi als von der Beigeladenen zu 2) tatsächlich bewilligt zugestanden hätte, verkennt er zum einen, daß die Bemessungsgrundlagen der beiden Leistungen nichts miteinander zu tun haben und im übrigen Gegenstand der Erstattung nicht hypothetische Ansprüche auf Sozialleistungen, sondern tatsächlich erbrachte Leistungen des Sozialleistungsträgers sind. Soweit der Kläger von der Beigeladenen zu 2) Alhi in der Zeit vom 1. Dezember 1982 bis 31. März 1984 in Anspruch genommen hat, unterlag diese der Erstattung durch die Beklagte als vorrangig verpflichtetem Leistungsträger mit der Folge des § 107 Abs. 1 SGB 10 für den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte. Ob der Kläger aus den schon von ihm in den zahlreichen Verfahren gegen die Beigeladene zu 2) angeführten oder sonstigen Gründen zur Inanspruchnahme weitergehender Alhi-Leistungen berechtigt gewesen wäre, ist für die Erstattung tatsächlich erbrachter Leistungen ohne Belang (BSG SozR 3-1300 § 104 Nr. 9). Daß der Kläger die Alhi in der von der Beigeladenen zu 2) bewilligten Höhe tatsächlich nicht, sondern z.B. 272,40 DM zu wenig erhalten hat, konnte von der Beigeladenen nach erneuter eingehender Überprüfung (s. Bl. 614 bis 619 der Verwaltungsakten der Beigeladenen zu 2) nicht festgestellt werden und wird vom Kläger auch nicht mehr behauptet. Die zeitliche Kongruenz der zu vergleichenden Leistungen (§ 104 Abs. 3 SGB 10; BSG SozR 1300 § 103 Nrn. 4, 5) bei der Ermittlung des Umfangs des Erstattungsanspruchs wurde ebenfalls beachtet. Bei der Gegenüberstellung der für die Zeit vom 1. Dezember 1982 bis 31. März 1984 nachträglich bewilligten monatlichen Rentenbeträge und der zeitgleich erbrachten Alhi-Leistungen waren letztere durchweg deutlich niedriger und deshalb in vollem Umfang erstattungsfähig.

Für die Zeit vom 2. Oktober 1984 bis 25. November 1987 ist ein Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 2) wegen der in dieser Zeit gezahlten Alhi in Höhe von 16.959,07 DM hingegen deshalb nicht entstanden, weil die Beigeladene zu 2) die Alhi insoweit nicht rechtmäßig geleistet hat (BSG SozR 3-1300 § 104 Nrn. 8, 9; s. auch BSG SozR 4100 § 105 b Nr. 6). Nur wenn der Berechtigte von zwei Schuldnern Leistungen beanspruchen kann, besteht Anlaß und Grund, den faktisch vorleistenden Träger gemäß § 104 SGB 10 zu Lasten des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers zu entlasten (BSG SozR 3-1200 § 53 Nr. 4). Hat dagegen ein Leistungsträger nach den für ihn maßgeblichen Rechtsvorschriften Leistungen von Anfang an zu Unrecht erbracht, kann er sich für diese Leistungen nicht bei einem anderen Leistungsträger im Wege eines Erstattungsanspruchs nach § 104 SGB 10 schadlos halten, sondern ist darauf beschränkt, zu Unrecht gewährte Leistungen vom Empfänger dieser Leistungen gemäß § 50 SGB 10 zurückzufordern (BSG, a.a.O.). Für die Zeit ab 1. April 1984 bzw. vom 2. Oktober 1984 bis 25. November 1987 war die Beigeladene zu 2) zur Leistung von Alhi an den Kläger nach den für sie maßgeblichen Rechtsvorschriften des AFG jedoch auch nicht verpflichtet, bevor durch die Erhöhung der Rente mit Bescheid vom 28. Oktober 1987 die Bedürftigkeit des Klägers entfiel, weil es schon an der Verfügbarkeit des Klägers für die Arbeitsvermittlung als weiterer Voraussetzung des Anspruchs auf Alhi fehlte. Die Beigeladene zu 2) hatte dementsprechend mit den Bescheiden vom 12. April 1984 und 16. April 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 1984 die Bewilligung von Alhi ab 1. April 1984 aufgehoben, die durch das rechtskräftige Urteil des SG vom 5. April 1991 – S-14/Ar – 793/84 – aus eben diesem Grunde als rechtmäßig bestätigt wurden. Zwar war die Beigeladene zu 2) aufgrund der einstweiligen Anordnung des SG vom 28. September 1984 – S-14/Ar – 483/84 A – gemäß § 97 Abs. 2 SGG vom 2. Oktober 1984 bis 25. November 1987 zur Weiterzahlung der Alhi verpflichtet gewesen. Das bedeutet indes nicht, daß sie auch nach den für sie maßgeblichen materiellen Rechtsvorschriften rechtmäßig geleistet hat. Die angeordnete Aussetzung des Vollzugs der damals angefochtenen Entziehungs- bzw. Aufhebungsbescheide der Beigeladenen zu 2) war eine prozeßrechtliche Maßnahme im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes, durch die eine Entscheidung in der Sache selbst nicht getroffen wurde. Durch die rechtskräftige Bestätigung der Entziehungsbescheide als rechtmäßig haben sich die Zahlungen, die in der Zeit der Ungewißheit von der Beigeladenen zu 2) vorläufig geleistet werden mußten, unabhängig von der nachträglichen Rentenerhöhung als rechtsgrundlos erwiesen, wodurch auch der Gerichtsbeschluß, der sie rechtfertigte, gegenstandslos geworden ist. Auch der Umstand, daß bei rechtzeitiger Rentenerhöhung die Entziehungsbescheide der Beigeladenen zu 2) durch eine Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes möglicherweise nicht einstweilen außer Kraft gesetzt worden wären und Alhi ab 1. April 1984 überhaupt nicht mehr gezahlt worden wäre, rechtfertigt es nicht, die gerichtlich angeordneten vorläufigen Leistungen als materiell rechtmäßige Leistungen im Sinne des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 anzusehen. Sie wurden unter den gegebenen Umständen von der Beigeladenen zu 2) auch nicht nachrangig erbracht. Insoweit bleibt nur ein sich aus dem Prozeßrechtsverhältnis ergebender Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 2) gegen den Kläger, auf den § 50 Abs. 1 oder 2 SGB 10 – anders als bei einer "Urteilsleistung” (BSG SozR 1300 § 50 Nr. 6) – nicht entsprechend anwendbar ist (BSG SozR 1500 § 97 Nr. 7).

In Höhe des zugunsten der Beigeladenen zu 1) einbehaltenen Rentennachzahlungsbetrages von 5.296,– DM greift die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB 10 ebenfalls nicht ein, weil auch ein Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1) wegen des von ihr an den Kläger für den Monat Juni 1983 sowie für die Monate April 1984 bis November 1987 geleisteten Wohngeldes in Form des Lastenzuschusses von insgesamt 5.296,– DM nicht entstanden ist. Zwar handelt es sich bei den von der zuständigen Wohngeldbehörde gezahlten Zuschüssen zur Miete oder zu den Aufwendungen für den eigen genutzten Wohnraum um Sozialleistungen, auf die das SGB 1 und SGB 10 grundsätzlich anwendbar sind (§§ 7, 26 SGB 1). Die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nach der auch insoweit allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 104 Abs. 1 Satz 1 bis 3 SGB 10 können jedoch nicht bejaht werden.

Dieser Prüfung steht allerdings die Rechtskraft des Urteils (§ 141 SGG) des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 18. Januar 1988 – VI/2 E 279/84 –, mit dem dem Kläger gegenüber der Beigeladenen zu 1) trotz der mit Bescheid vom 28. Oktober 1987 erfolgten Rentenerhöhung für Juni 1983 noch ein Wohngeld von weiteren 32,– DM sowie für die Zeit von Juli 1983 bis März 1984 zugesprochen wurde, nicht entgegen, da dieses Urteil keine Entscheidung darüber trifft, ob wegen der bereits erfolgten Wohngeldzahlungen in Höhe von 5.296,– DM ein Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1) entstanden ist, der nach § 107 Abs. 1 SGB 10 den im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Rentenanspruch des Klägers gegen die Beklagte ganz oder teilweise erlöschen ließ. Auch hängt die Anwendbarkeit des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 entgegen der Ansicht des Klägers nicht davon ab, daß das Wohngeld infolge der rückwirkenden Rentenerhöhung kraft Gesetzes wegfällt (s. § 103 Abs. 1 SGB 10). Ob Vergleichbarkeit im Sinne des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 für die mit Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 1987 festgestellte und – wie schon ausgeführt – ausschließlich der Bestreitung des allgemeinen Lebensunterhalts und damit u.a. der Unterkunft (s. auch § 12 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz –BSHG–) dienende Rentennachzahlung einerseits und das Wohngeld als zweckgebundene, allein der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wahrens dienende Leistung (§ 1 WoGG, § 7 SGB 1) andererseits nur anzunehmen ist, wenn und soweit ein dem Unterkunftsbedarf dienender Teil der Verletztenrente rechnerisch abgrenzbar ist (s. dazu BSG SozR 3-1300 § 104 Nr. 8), kann dahinstehen. Denn eine Anwendung des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 scheidet jedenfalls deshalb aus, weil ein Verhältnis der Vor- und Nachrangigkeit zwischen den Leistungen Verletztenrente und Wohngeld nach den materiell-rechtlichen Regelungen des WoGG und deren Systematik letztendlich nicht festzustellen ist, auch wenn es sich bei dem Wohngeld um eine einkommensabhängige Leistung handelt (§§ 10–16 WoGG) und hierbei auch die Verletztenrente zumindest mit ihrem einkommensersetzenden Teil zu berücksichtigen ist. Daraus ergibt sich jedoch nur eine generelle Nachrangigkeit des Wohngeldes. Eine unmittelbare Beziehung zwischen dem pro Monat gezahlten Wohngeld und dem zeitgleich erzielten Einkommen des Berechtigten u.a. den im Sinne des WoGG als Einkommen anzurechnenden Leistungen anderer Sozialleistungsträger derart, daß eine Änderung der Einnahme zu einer entsprechenden Änderung (Verminderung oder Erhöhung) des Wohngeldes führt, gibt es nicht. Das WoGG stellt auf das Jahreseinkommen auf der Basis des Familieneinkommens (§§ 9, 10 WoGG) ab, das bei der Entscheidung über den Antrag in dem in der Regel 12-monatigen Bewilligungszeitraum (§ 7 WoGG) voraussichtlich zu erwarten ist oder das vom Antragsteller in den letzten 12 Monaten vor der Antragstellung erzielt wurde (§ 11 WoGG). Nach der beim Kläger zum Teil noch anwendbaren Fassung des WoGG vom 27. Dezember 1982 (BGBl. I, S. 1921) war von letzterem sogar als dem regelmäßigen Bemessungszeitraum auszugehen. Diese Verhältnisse bleiben für den Wohngeldanspruch grundsätzlich maßgebend. Nachträgliche Änderungen der für den Anspruch maßgebenden Umstände nach Ablauf des Bewilligungszeitraums und rückwirkend für diesen berühren den Wohngeldanspruch nicht und selbst während des Bewilligungszeitraums eingetretene Änderungen führen nur in begrenzten Ausnahmefällen zu einer Änderung (Erhöhung oder Verminderung bzw. Wegfall) des Wohngeldanspruchs, die in den §§ 29, 30 WoGG als lex speciales gegenüber § 48 SGB 10 (§ 37 SGB 1) ausdrücklich und abschließend geregelt sind. Das gilt u.a. für das Familieneinkommen, dessen Änderung in Form der Erhöhung überhaupt erst seit Einfügung des § 29 Abs. 3 und 4 durch das Gesetz vom 23. Juni 1993 (BGBl. I, S. 944) zuungunsten des Antragstellers Berücksichtigung finden kann und dies auch seither lediglich dann, wenn die Einnahmen sich im laufenden Bewilligungszeitraum so erhöhen, daß sich dadurch das Familieneinkommen um 15 v.H. erhöht und dies zu einem Wegfall oder zu einer Verringerung des Wohngeldes führt. Der Gesetzgeber nimmt und nahm es insbesondere in der Vergangenheit danach zur Begrenzung des Verwaltungsaufwandes bewußt in Kauf, daß gemessen an den tatsächlichen Verhältnissen u.a. Einkommensverhältnissen im Bewilligungszeitraum ganz oder teilweise ein zu niedriges oder aber auch ein zu hohes Wohngeld gewährt wird oder weitergezahlt wird, obgleich dem Empfänger die Aufwendungen für ein angemessenes Wohnen eigentlich in weitergehendem Umfang oder vollständig zugemutet werden können. Damit wird aber auch die Einkommensabhängigkeit des Wohngeldes, aus der sich sein genereller Nachrang ergibt, durchbrochen oder jedenfalls systematisch relativiert, so daß diese Leistung eher den Fällen nicht gleichartiger und/oder nicht nachrangiger Leistungserbringung im Sinne des § 104 Abs. 1 Satz 4 SGB 10 z.B. des Trägers der Sozialhilfe (§§ 11 Abs. 2, Abs. 3, 29, 43 Abs. 1) vergleichbar ist, die einen Erstattungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 jedoch nur dann begründen, wenn gegenüber dem Empfänger der Leistung "Aufwendungsersatz geltend gemacht oder ein Kostenbeitrag erhoben werden kann”. Inzwischen hat der Gesetzgeber zwar auch das Wohngeldrecht durch Einfügung des § 30 Abs. 4 WoGG mit Wirkung vom 1. Juli 1991 durch das Gesetz vom 20. Juni 1991 (BGBl. I, S. 1250, 1264) für das Erstattungsverfahren nach dem SGB 10 "geöffnet” (s. BT-Drucksache 12/401 zu Art. 5 S. 8). Danach hat die Wohngeldstelle, sofern nach dem Antrag auf Wohngeld eine Sozialleistung zur Deckung des Lebensunterhalts oder der Miete oder der Belastung bewilligt wird, bei deren Bemessung das Wohngeld als Einnahme nicht zu berücksichtigen ist, nunmehr einen Erstattungsanspruch nach dem 10. Buch des SGB, soweit sich bei Anrechnung der Sozialleistung als Einnahme der Wohngeldanspruch verringert oder entfällt. Diese Vorschrift ist auf die von der Beigeladenen zu 1) für Juni 1983 sowie für die Monate April 1984 bis November 1987 an den Kläger erbrachten Wohngeldzahlungen jedoch nicht anwendbar. Es kann deshalb dahinstehen, ob eine Neuberechnung des Wohngeldes unter Berücksichtigung der nachträglichen Rentenerhöhung gemäß Bescheid vom 28. Oktober 1987 ganz oder teilweise zu einem Wegfall oder jedenfalls zu einer Verringerung des Wohngeldes führte und ob bei einer solchen Neuberechnung ggf. auch die rückwirkenden Rentenerhöhung und MdE-Erhöhung mit Bescheid vom 12. April 1984 und der sich daraus ergebenden Freibetrags (§ 16 Abs. 2 WoGG), der nachträgliche Wegfall von Alhi und schließlich auch die Rechtsprechung zur Doppelfunktion der Verletztenrente mit der Notwendigkeit, zwischen dem einkommensersetzenden Teil und dem für den schädigungsbedingten Mehrbedarf zweckgebundenen und als Einkommen nicht anrechenbaren Teil zu unterscheiden, Beachtung finden müßten.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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