L 5 V 317/96

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 11 V 2182/95
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 317/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. November 1995 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht als ziviles Kriegsopfer Anspruch auf Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) geltend für eine am Ende des Zweiten Weltkrieges in Folge der Explosion eines Sprengkörpers erlittene Gesundheitsbeschädigung.

Die 1934 geborene Klägerin lebt als kroatische Staatsbürgerin in der Republik Kroatien, der früheren Teilrepublik der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ).

Die Klägerin wurde vor Ende des Zweiten Weltkrieges als 9-jähriges Kind durch die Explosion eines Sprengkörpers schwer verletzt und verlor unter anderem das rechte Auge sowie die rechte Hand im Unterarm. Wegen dieser Schädigungen und ihrer Folgen wurde sie durch Bescheid der zuständigen Behörden in Kroatien bzw. der SFRJ vom 3. Juni 1975 als ziviles Kriegsopfer mit einem Grad der Invalidität von 100 % anerkannt; sie erhält in der II. Gruppe der Invalidität eine Rente von ihrem Heimatstaat über die sowohl im Oktober 1990 als auch – erneut – im September 1995 Zahlungsnachweise vorgelegt wurden.

Erstmals am 24. Oktober 1990 beantragte sie beim Versorgungsamt Fulda die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem BVG und gab unter anderem an, wegen der am 3. März 1945 erlittenen Schädigung in ihrem Heimatland als ziviles Kriegsopfer anerkannt zu sein und eine Rente zu beziehen. Sie legte unter anderem den Bescheid der Gemeinde R. vom 3. Juni 1975 vor, aus dem sich ergibt, daß sie wegen ihrer durch die Explosion von zurückgelassenem Kriegsmaterials erlittenen Verletzungen als ziviles Kriegsopfer anerkannt worden ist und ihr mit Wirkung ab 1. Januar 1975 eine monatliche Zivilkriegsrente gewährt wird.

Das Versorgungsamt Fulda lehnte durch Bescheid vom 4. Juli 1994 die Gewährung von Beschädigtenversorgung mit der Begründung ab, die Klägerin habe als Zivilkriegsopfer einen Versorgungsanspruch gegen den eigenen Staat, weshalb die Gewährung von deutscher Kriegsopferrente ausgeschlossen sei, da keine zwischenstaatliche Vereinbarung bestehe, die zur Anwendung des BVG führen könnte. Nach § 7 Abs. 2 BVG könne das BVG nicht auf Kriegsopfer angewandt werden, denen aus derselben Ursache – hier die erlittene Verletzung während des Zweiten Weltkrieges – bereits ein Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat zustehen würde.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin Widerspruch erhoben (Eingang am 30. September 1994) und geltend gemacht, daß andere, ihr bekannte Personen in ihrem Heimatland Versorgungsbezüge aus Deutschland erhielten. Durch Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 1995 (abgesandt am 17. Februar 1995) wies der Beklagte den Widerspruch unter anderem mit der Begründung zurück, das deutsche Recht schließe gemäß § 7 Abs. 2 BVG die Gewährung von Rente an Zivilkriegsopfer im Ausland aus, wenn diesen ein Versorgungsanspruch als Zivilkriegsopfer gegen den eigenen Staat zustünde. Jeder Staat könne frei entscheiden, welche Kriegsopfer er entschädigen wolle. Ein Verletzter könne nicht wegen des selben Sachverhaltes zweimal Kriegsopferversorgung erhalten, weil andernfalls Zivilisten, die zwei Renten erhalten könnten, sich besser stellen würden, als verwundete Soldaten. Auf die Höhe der bezogenen Leistung komme es nicht an; auch wenn die deutsche Leistung höher als die im Ausland gezahlte sei, bleibe zur Vermeidung von Doppelversorgung, wie auch das Bundessozialgericht (BSG) in mehreren Urteilen entschieden habe, die Zahlung von Versorgung nach dem BVG ausgeschlossen.

Gegen den mit einfachem Brief übersandten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin die am 19. Mai 1995 zunächst beim Hessischen Landesprüfungsamt für Heilberufe eingegangene Klage erhoben, die an das Sozialgericht Frankfurt am Main weitergeleitet wurde, wo sie am 22. Mai 1995 einging. Zur Begründung hat die Klägerin erneut vorgetragen, daß sie einige Landsleute kenne, die schon längere Zeit Rente aus Deutschland erhalten würden. Sie selbst sei erst 1973 (?) als Zivilkriegsgeschädigte in ihrem Heimatstaat anerkannt worden und könne erst seit dieser Zeit Rente erhalten, weshalb sie aus Deutschland die Nachzahlung von Versorgung auch für die Zeit von 1945 bis 1973 begehre.

Durch Gerichtsbescheid vom 6. November 1995 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, daß die – insgesamt rechtmäßigen – Bescheide der Beklagten auch insoweit zutreffend seien, als die Klägerin Beschädigtenversorgung für den Zeitraum von März 1945 bis Dezember 1974 geltend mache, weil diese Ansprüche nach § 45 des Ersten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB I) verjährt seien, da nach dieser Vorschrift Ansprüche auf Sozialleistungen in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden seien, verjähren. Da die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Versorgung spätestens im Jahre 1974 hätten entstanden sein müssen, seien alle Ansprüche spätestens mit Ablauf des Kalenderjahres 1978 verjährt gewesen, d.h. also lange vor der am 24. Oktober 1990 erfolgten erstmaligen Antragstellung.

Aber auch für den Zeitraum ab Januar 1975 habe die Klägerin weder Anspruch auf Beschädigung noch auf Neubescheidung. Den unter den in § 1 BVG genannten Voraussetzungen sich ergebenden Anspruch auf Versorgung für Beschädigungen, die durch militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder aber auch durch unmittelbare Kriegseinwirkungen herbeigeführt worden seien, könnten zwar gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 BVG auch solche Kriegsopfer geltend machen, soweit sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, deren Schädigung (unter anderem) in Deutschland oder in einem zur Zeit der Schädigung von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebiet durch unmittelbare Kriegseinwirkung eingetreten sei. Für im Ausland lebende Ausländer jedoch bestimme § 7 Abs. 2 BVG, daß das BVG generell nicht auf Kriegsopfer angewendet werden könne, die aus derselben Ursache einen Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat besitzen, es sei denn, daß zwischenstaatliche Vereinbarungen etwas anderes bestimmen würden. Da die Klägerin weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland habe, entfalle auch ein Rechtsanspruch auf Versorgung nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BVG. Zwar könne nach § 8 BVG, mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, in anderen als in den in § 7 bezeichneten Fällen, Versorgung in besonders begründeten Fällen gewährt werden. Die Klägerin habe aber auch keinen Anspruch auf Neubescheidung durch das beklagte Land, wobei dahinstehen könne, ob bei ihr überhaupt ein besonders begründeter Fall im Sinne des § 8 Abs. 1 BVG vorliege. Denn nach § 7 Abs. 2 BVG werde eine deutsche Kriegsopferversorgung für alle dort genannten Fälle ausgeschlossen, weshalb der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Nr. 3 BVG für eine dort nicht vorgesehene Gruppe nicht über § 8 BVG erweitert werden könne. Das BSG habe in seinem Urteil vom 20. Mai 1992 (Az.: 9/9 a RV 11/91) entschieden, daß Kriegsopfer, die aufgrund derselben Ursache einen Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat haben und daher gemäß § 7 Abs. 2 BVG vom berechtigten Personenkreis ausgeschlossen seien, nicht über § 8 Abs. 1 BVG im Ermessenswege wieder in diesen Personenkreis einbezogen werden dürften. Dabei komme es nicht auf die Höhe der Leistungen an, die im Heimatland gewährt werden, sondern allein auf die Zugehörigkeit des Kriegsopfers zu einem Versorgungssystem des anderen Staates. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen könne grundsätzlich jeder Staat frei entscheiden, welche Kriegsopfer er wie entschädige. Im Völkerrecht gäbe es keine strikte Rangfolge der Verantwortlichkeit für Kriegsopfer durch die Deutschland vor jedem anderen Staat gezwungen sei, uneingeschränkt und unabwendbar für die Folgen der vom Deutschen Reich geführten Kriege einzustehen. Da im Falle der Klägerin die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 BVG erfüllt seien, weil sie in ihrem Heimatstaat eine monatliche Rente als ziviles Kriegsopfer beziehe, habe der Beklagte die Gewährung von Beschädigtenversorgung zu Recht abgelehnt. Aus der Tatsache, daß in vergleichbaren Fällen Landsleuten der Klägerin Versorgungsleistungen gewährt würden, könne sie eigene Ansprüche nicht herleiten, weil in diesen Fällen das beklagte Land Leistungen zu Unrecht gewähre. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht aber gäbe es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Deutschland nicht; der Grundsatz der Gleichbehandlung verpflichte eine Behörde nicht, Fehler zu wiederholen. Das schwere Schicksal, das die Klägerin erlitten habe, könne nicht dazu führen, Versorgungsleistungen aus sozialen Erwägungen zu gewähren, weil nach dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland sowohl die Gerichte als auch die Verwaltungsbehörden an die geltenden Gesetze, zu denen auch § 7 Abs. 2 BVG zähle, gebunden seien.

Gegen den ihr unter Vermittlung der Deutschen Botschaft in Z. auf diplomatischem Weg am 28. Dezember 1995 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin die am 13. Februar 1996 beim Sozialgericht Frankfurt am Main eingegangene Berufung eingelegt, die an das Hessische Landessozialgericht weitergeleitet worden und hier am 12. März 1996 eingegangen ist.

Die Klägerin macht geltend, daß sie bereits als Kind verunglückt sei und seinerzeit niemanden hatte, der ihre Angelegenheiten für sie habe erledigen können. Ihr Heimatort sei seinerzeit von deutschen militärischen Kräften besetzt gewesen; dies sei die Ursache für ihre Schädigung. Erst 1975 sei sie als Opfer des Krieges anerkannt worden, weshalb sie noch einmal darum bitte, den Zeitraum zwischen 1945 und 1975 erneut in die Erwägung mit einzubeziehen.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. November 1995 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Juli 1994, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 1995 zu verurteilen, der Klägerin Beschädigtenversorgung nach einer MdE von mindestens 25 v.H. seit März 1945 zu gewähren,
hilfsweise,
der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main, den er für zutreffend hält.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist die Klägerin nicht erschienen und nicht vertreten worden.

Für den Sach- und Streitstand im übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten ( Versorgungsamt F. ), die dem Senat vorlagen und auszugsweise zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5. Dezember 1996 nicht erschienen ist und nicht vertreten worden war, weil mit der Ladung darauf hingewiesen wurde, daß auch im Falle des Ausbleibens der Klägerin nach Lage der Akten entschieden werden könne (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Die Berufung ist form- und fristgerecht erhoben worden; bei Auslandzustellungen gilt eine Rechtsmittelfrist von drei Monaten, die bei einem Eingang der Berufung am 13. Februar 1996 beim Sozialgericht Frankfurt am Main gewahrt war (§ 151 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 153 Abs. 1 i.V.m. § 87 SGG). Die Berufung ist auch an sich statthaft und mithin insgesamt zulässig (§ 143 ff. – insbesondere § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage durch Gerichtsbescheid vom 6. November 1995 abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 14. Juli 1994 ist ebenso wie der Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 1995 zu Recht ergangen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Beschädigtenversorgung.

Soweit die Klägerin auch im Berufungsverfahren weiterhin Ansprüche auf Beschädigtenversorgung für den Zeitraum von März 1945 bis Dezember 1974 geltend macht, sind diese Ansprüche, wie das Sozialgericht in dem Gerichtsbescheid vom 6. November 1995 ausgeführt hat, verjährt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG). Entscheidend ist, daß ein Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach deutschem Recht erst ab Antragstellung entstehen könnte. Einen solchen Antrag hat die Klägerin erstmals am 24. Oktober 1990 (Eingang beim Versorgungsamt Fulda) gestellt. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, wären Ansprüche der Klägerin für den Zeitraum bis Dezember 1974 spätestens im Jahr 1974 entstanden, da Versorgungsbezüge monatlich voraus zu zahlen sind. Gemäß § 45 Abs. 1 SGB I wären damit spätestens mit Ablauf des Kalenderjahres 1978 sämtliche Ansprüche für die Zeit vor Dezember 1974 verjährt gewesen, weshalb bei einer erst am 24. Oktober 1990 erfolgten Antragstellung die Gewährung von Beschädigtenversorgung für diesen Zeitraum ausgeschlossen ist.

Aber auch für den Zeitraum ab Januar 1975 hat die Klägerin, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, weder Anspruch auf Beschädigtenversorgung noch auf Erteilung eines neuen Bescheides unter Ausübung von Ermessen. Die Voraussetzungen, unter denen nach § 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) Beschädigtenversorgung zu gewähren ist, werden in § 7 Abs. 1 Nr. 3 BVG für solche Kriegsopfer, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, u.a. dann erweitert, wenn die Schädigung in einem zur Zeit der Schädigung von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebiet durch unmittelbare Kriegseinwirkung eingetreten ist. Allerdings bestimmt § 7 Abs. 2 BVG, daß – soweit nicht zwischenstaatliche Vereinbarungen etwas anderes bestimmen – das Bundesversorgungsgesetz nicht auf Kriegsopfer angewendet wird, die aus derselben Ursache einen Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat besitzen. Durch § 7 Abs. 2 BVG soll, wie das BSG bereits früher (Urteil vom 25. November 1976 – 9 RV 188/75 – SozR 2 – 3100 § 7 BVG Nr. 2) und in einer seit 1992 bestätigten ständigen Rechtsprechung entschieden hat, eine Doppelversorgung ausgeschlossen werden. Das BSG (vgl. die Urteile vom 20. Mai 1992 – 9 a RV 11/91 – und – 12/91 – sowie vom 10. August 1993 – 9/9 a RV 39/92 –) hat wiederholt bestätigt, daß jeglicher Anspruch auf Beschädigtenversorgung ausscheiden muß, wenn der Beschädigte bereits einen Anspruch auf Versorgungsleistungen wegen desselben Ereignisses gegenüber seinem Heimatstaat hat. Dabei ist insoweit auch unerheblich, in welcher Höhe dieser Anspruch besteht, ob die Leistung gezahlt wird und wie hoch deren Kaufkraft im jeweiligen Heimatland des – zivilen – Kriegsopfers ist. Nach der Rechtsprechung des BSG soll es auch unerheblich sein, aus welchen Gründen eventuell eine Rente an zivile Kriegsopfer – zeitweilig – nicht ausgezahlt werden konnte. Entscheidend allein ist, ob ein Rechtsanspruch auf eine zivile Kriegsopferrente wegen eines Ereignisses besteht, das auch als Voraussetzung für die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach deutschem Recht, dem BVG, in Betracht kommen könnte.

Die Klägerin hat sich zur Begründung ihres Antrags auf Bewilligung von Beschädigtenversorgung nach dem BVG selbst auf ihre Anerkennung als ziviles Kriegsopfer nach den entsprechenden Rechtsvorschriften der Republik Kroatien – bzw. der früheren Teilrepublik der ehemaligen SFRJ – bezogen und hierzu den Bescheid vom 3. Juni 1975 sowie Zahlungsnachweise über diese Rente für Oktober 1990 und erneut für September 1995 vorgelegt. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Bescheid hat das Sozialgericht rechtsfehlerfrei entnommen, daß die der Klägerin gewährte monatliche Rente als ziviles Kriegsopfer auf dem selben Rechtsgrund beruht, aus dem sie nunmehr Beschädigtenversorgung nach deutschem Recht geltend macht; die Leistung des Heimatstaates wird zum Ausgleich für die Körperschäden gewährt, die die Klägerin am 3. oder 4. März 1945 bei der Explosion von zurückgelassenem Kriegsmaterial davongetragen hat.

Da zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der früheren SFRJ bzw. deren Nachfolgestaat, der Republik Kroatien, keine zwischenstaatlichen Vereinbarungen über die Versorgung von zivilen Kriegsopfern bestehen, ist durch § 7 Abs. 2 BVG die Gewährung von Versorgungsleistungen an die Klägerin generell ausgeschlossen. Auch soweit nach § 8 BVG mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung Versorgung in anderen, als den in § 7 bezeichneten, besonders begründeten Fällen gewährt werden kann, ist durch das BSG (Urteil vom 20. Mai 1992 – Az.: 9 a RV 11/91 –) entschieden worden, daß Kriegsopfer, die aufgrund derselben Ursache einen Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat haben und daher gemäß § 7 Abs. 2 BVG vom berechtigten Personenkreis ausgeschlossen sind, nicht über § 8 Satz 1 BVG im Ermessenswege wieder in den begünstigten Personenkreis einbezogen werden dürfen. Nach allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts kann – wie das Sozialgericht unter Berufung auf die entsprechende Rechtsprechung des BSG ausgeführt hat – grundsätzlich jeder Staat frei entscheiden, welche Kriegsopfer er und in welcher Weise er sie entschädigt. Eine strikte Rangfolge der Verantwortlichkeit für Kriegsopfer derart, daß Deutschland vor jedem anderen Staat uneingeschränkt und unabwendbar für die Folgen der kriegerischen Ereignisse eintreten müsse, an denen das Deutsche Reich beteiligt war, gibt es im Völkerrecht nicht. Wegen des Fehlens einer solchen allgemeinen völkerrechtlichen Regel kann auch nicht über Artikel 25 des Grundgesetzes (GG) für die Bundesrepublik Deutschland aus dem Völkerrecht ein Anspruch auf die Versorgung von zivilen Kriegsopfern, die Staatsbürger eines anderes Staates sind, abgeleitet werden.

Soweit sich die Klägerin darauf beruft, daß andere, ihr bekannte Personen, aus Deutschland Beschädigtenversorgung für die als zivile Kriegsopfer erlittenen Gesundheitsstörungen erhalten, beruht dies auf einer Verwaltungspraxis, die in Abstimmung zwischen dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung und den für die Ausführung des Bundesversorgungsgesetzes im Lande Hessen zuständigen Behörden eingeführt worden war. Diese Verwaltungspraxis stand, wie das Bundessozialgericht im Jahre 1992 ausdrücklich auch für Staatsbürger aus der früheren SFRJ festgestellt hat, nicht in Übereinstimmung mit der bereits seit 1976 bestehenden Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 25. November 1976 – Az.: 9 RV 188/75 – a.a.O. – ein Kriegsopfer betreffend, das einen Anspruch auf Versorgung gegen den französischen Staat besaß). Auch soweit in vergleichbaren Fällen deshalb Landsleuten der Klägerin Versorgungsleistungen in Verkennung der Rechtslage und irrtümlich gewährt worden sind und noch gewährt werden, kann die Klägerin hieraus keine Ansprüche herleiten. Diesen Personen gewährt das beklagte Land die Leistungen zu Unrecht. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht aber gibt es nach deutschen rechtsstaatlichen Maßstäben nicht (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. Januar 1979, in: BVerfGE 50, 142 ff. 166). Der Grundsatz der Gleichbehandlung verpflichtet, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, eine Behörde nicht dazu, die in der Vergangenheit gemachten Fehler zu wiederholen.

Auch der Senat bedauert, wie das Sozialgericht, das schwere Schicksal, das die Klägerin erlitten hat. Nach den rechtsstaatlichen Grundsätzen, die in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland (dem Grundgesetz – GG –) festgelegt sind, hat das Landessozialgericht ebenso wie das Sozialgericht die vom Parlament verabschiedeten Gesetze zu beachten; d.h.: es ist an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Zu diesen gesetzlichen Bestimmungen gehört auch § 7 Abs. 2 BVG, der Versorgungsleistungen an solche ausländische Staatsbürger ausschließt, die einen Anspruch gegenüber ihrem Heimatstaat haben.

Im Ergebnis wie in der Begründung hat deshalb das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid vom 6. November 1995 die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb auch die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben konnte und als unbegründet zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 160 SGG Abs. 2 Nrn. 1 und 2 zu erkennen ist; die aufgeworfenen Rechtsfragen sind seit 1992 vom BSG erneut und mehrfach und damit abschließend geklärt worden.
Rechtskraft
Aus
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