Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 2309/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 418/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 31.12.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger wegen eines Unfalls am 25.11.2005 Verletztenrente zusteht.
Der 1951 geborene Kläger war am 25.11.2005 während seiner Tätigkeit als Paketzusteller auf einer eisglatten Fläche ausgerutscht und gestürzt. Am 28.11.2005 suchte er den Durchgangsarzt PD Dr. L. auf, der eine Zerrung der rechten Schulter diagnostizierte. Der Röntgenbefund habe keinen Anhalt für eine knöcherne Verletzung ergeben. Im Bereich der rechten Schulter seien keine äußeren Verletzungszeichen, keine Prellmarke, keine Weichteileschwellung zu erkennen und die Beweglichkeit der Schulter sei schmerzhaft eingeschränkt gewesen (Durchgangsarztbericht vom 28.11.2005). Bei fortbestehenden Beschwerden veranlasste PD Dr. L. die Durchführung einer Magnetresonanztomografie der rechten Schulter am 08.12.2005. Als Befund ergaben sich subchondrale zystische Formationen im Humeruskopf, kein Nachweis eines Knochenmarködems, aber eine erhebliche Degeneration der Rotatorenmanschette mit Teilruptur im Verlauf der Supraspinatussehne, außerdem eine deutliche subacromiale Enge bei knöchernen Appositionen caudal am Acromion. Es habe sich eine ältere Impressionsfraktur dorsolateral am Humeruskopf wie bei einer Hill-Sachs-Läsion gezeigt (Oberarzt L. des Instituts für Radiologie und Nuklearmedizin des Schwarzwald-Baar Klinikums V. vom 22.12.2005). Am 15.12.2005 wurde der Kläger aus der ambulanten Behandlung entlassen, Arbeitsfähigkeit wurde für den 16.12.2005 bescheinigt. Ärztliche Behandlung sei nicht mehr erforderlich (D-Arzt-Mitteilung von PD Dr. L. vom 15.12.2005). Während der stationären Behandlung vom 26.01. bis 04.02.2006 erfolgte am 27.01.2006 in dem Schwarzwald-Baar Klinikum eine operative Rotatorenmanschetten-Rekonstruktion rechts (Entlassungsbericht von PD Dr. L. vom 03.02.2006).
Im Rahmen des von der Beklagten eingeleiteten Feststellungsverfahrens machte der Kläger Angaben unter dem 27.12.2005, wonach er am 25.11.2005 (freitags) bei gestrecktem Arm nach vorne gestürzt sei. Er habe weitergearbeitet. Zum Ende seiner Zustellungsaufträge habe die rechte Schulter geschmerzt. Bereits im Winter 2002/2003 sei er schon einmal auf die rechte Schulter gefallen. Mit Bescheid vom 25.02.2006 stellte die Beklagte das Ereignis vom 25.11.2005 als Arbeitsunfall fest und lehnte die Feststellung der Erkrankung ab dem 16.12.2005 als Folge des Arbeitsunfalls sowie Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab diesem Zeitpunkt ab. Der Arbeitsunfall sei keine wesentliche Ursache des jetzt vorliegenden Gesundheitsschadens. Nach der kernspintomografischen Untersuchung sei eine erhebliche Degeneration der Rotatorenmanschette mit einer teilweisen Zusammenhangstrennung zu diagnostizieren, die nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen sei, sondern schon vorher bestanden hätte.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und verwies auf das von ihm vorgelegte Attest des Allgemeinmediziners S. vom 04.04.2006, wonach der Kläger nur einmal wegen der rechten Schulter im Oktober 2005 in Behandlung gewesen sei. Seine Beschwerden seien damals schnell rückläufig gewesen. Selbst wenn eine gewisse Degeneration des Schultergelenks bestanden habe, seien die auf den Sturz folgenden Beschwerden und Läsionen auf den Unfall zurückzuführen. In seinen beratungsärztlichen Stellungnahmen vom 18.04.2006 und 12.06.2006 führte Dr. V. aus, der Magnetresonanztomografie vom 08.12.2005 seien keine Zeichen einer frischen Läsion zu entnehmen. Es seien jedoch deutlich ältere und degenerative Veränderungen aus dem Röntgenbefund vom 28.11.2005 sowie aus der 14 Tage später erhobenen Magnetresonanztomografie ersichtlich. Durch den Unfall sei es zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der durch diese vorbestehenden Veränderungen hervorgerufenen Beschwerden über einen Zeitraum von etwa drei Wochen gekommen. Danach sei im Wesentlichen wieder der Vorzustand eingetreten. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 26.06.2006 Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhoben mit dem Begehren, ihm wegen einer unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigender Höhe Verletztenrente zu gewähren. Zur Begründung hat er auf sein Vorbringen im Vorverfahren verwiesen. Das Sozialgericht hat die sachverständige Zeugenaussage von Dr. M. vom 06.05.2007 eingeholt (keine Behandlung des Klägers wegen Schulterbeschwerden). Mit Gerichtsbescheid vom 31.12.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf die gutachtlichen Stellungnahmen aus dem Verwaltungsverfahren gestützt.
Gegen den dem Kläger am 07.01.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 24.01.2008 Berufung eingelegt. Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung, dass bereits der Unfallhergang gegen eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur spreche und erhebliche degenerative Vorschäden bestanden hätten, die gegen einen wesentlichen Ursachenzusammenhang sprächen, vertrete der behandelnde Arzt Dr. K. die Ansicht, dass der unfallbedingte Sturz wesentliche Ursache der vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigung sei. Es werde beantragt, Dr. K. als sachverständigen Zeugen zu hören.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 31.12.2007 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 25.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.06.2006 abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. wegen des Arbeitsunfalls vom 25.11.2005 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre angefochtenen Bescheide und den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Mit richterlicher Aufklärungsverfügung vom 23.06.2008 ist darauf hingewiesen worden, dass die schriftliche Anhörung von Dr. K. als sachverständiger Zeuge als nicht beweiserheblich und die Einholung eines Sachverständigengutachtens als nicht erforderlich angesehen werde.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente.
Gem. § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld gem. § 45 SGB VII und Rente gem. § 56 SGB VII). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.02.2006 bestandskräftig das Ereignis vom 25.11.2005 als Arbeitsunfall anerkannt. Hierdurch verursachte Gesundheitsstörungen mit rentenberechtigender MdE um 20 v.H. liegen nach dem 15.12.2005 nicht vor.
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. stellvertretend BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen.
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachten Gesundheitsstörung der Teilruptur der Supraspinatussehne nicht vor.
Nach Dafürhalten des Senats ist die Bewertung von PD Dr. L., dass nur die nach dem Unfall aufgetretenen Beschwerden mit Arbeitsunfähigkeit bis 15.12.2005 noch im Zusammenhang mit dem Unfall stehen, nicht zu beanstanden. PD Dr. L. und der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. V., haben für den Senat überzeugend dargelegt, dass der Unfall nur zu einer schmerzhaften, behandlungsbedürftigen Prellung geführt hat, eine darüber hinausgehende Verletzung der Rotatorenmanschette nicht vorgelegen hat, insbesondere eine Schädigung der Supraspinatussehne nicht im wesentlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis steht.
Die Magnetresonanztomographie vom 08.12.2005 ergibt nach Dr. V. keine Anzeichen dafür, dass bei dem 14 Tage zuvor erfolgten Sturz eine frische Läsion der Rotatorenmanschette eingetreten ist. Es fanden sich keine Einblutung und keine Knochenmarködeme. Dies stimmt mit dem am 28.11.2005 erhobenen Röntgenbefund überein, der keine knöcherne Verletzung und eine regelrechte Artikulation der Gelenksstrukturen ergab.
Dagegen ist aus der Aufnahme der Magnetresonanztomographie eine ältere Impressionsfraktur wie bei einer Hill-Sachs-Läsion sowie Zeichen einer Schultereckgelenksarthrose mit osteophytären Anbauten am Acromion zu erkennen. Der Radiologe, Oberarzt L., bewertete dies als erhebliche Degeneration der Rotatorenmanschette mit deutlicher subacromialer Enge (Befundbericht vom 22.12.2005), was die unfallvorbestehende Teilruptur der Supraspinatussehne erklärt. Nach Dr. V. ist damit überzeugend belegt, dass dem Unfallereignis vom 25.11.2005 allenfalls die Bedeutung eines auslösenden Faktors zukommt, der zur Manifestation einer vorbestehenden Krankheitsanlage geführt hat. Vorliegend ist dagegen nicht einmal von einer Erst-Manifestation auszugehen, weil der Kläger ausweislich der Bescheinigung des Allgemeinmediziners S. vom 04.04.2006 bereits ca. einen Monat vor dem Unfall, nämlich im Oktober 2005, wegen Beschwerden an der rechten Schulter behandelt worden ist. Die Schlussfolgerung von Dr. V., dass die unfallbedingte Prellung am 25.11.2005 nur zu einer vorübergehenden, nicht richtunggebenden Verschlimmerung des Krankheitszustandes geführt hat, in dessen vorherigen Zustand nach Ende der Behandlungsbedürftigkeit am 15.12.2005 wieder eingemündet worden war, ist für den Senat daher schlüssig. Nach dem 15.12.2005 liegen somit keine Unfallfolgen mehr vor.
Der Senats hat daher auch keinen Anlass für weitere Ermittlungen gesehen. Die Anhörung von Dr. K. als sachverständiger Zeuge, wie vom Kläger angeregt, ist nicht geboten. Art und Dauer der Behandlungsbedürftigkeit des Klägers sind für die oben dargelegten entscheidungserheblichen Rechtsfragen nicht von Belang. Dass Dr. K. anderweitige medizinische Diagnosen getroffen hat, ist nicht behauptet und für den Senat nicht ersichtlich. Die Beurteilung der Zusammenhangsfrage ist dagegen eine mit dem Beweismittel des Sachverständigengutachtens aufzuklärende Beweisfrage, deren weitere Aufklärung sich dem Senat angesichts der ihn überzeugenden Beweislage nicht aufdrängt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger wegen eines Unfalls am 25.11.2005 Verletztenrente zusteht.
Der 1951 geborene Kläger war am 25.11.2005 während seiner Tätigkeit als Paketzusteller auf einer eisglatten Fläche ausgerutscht und gestürzt. Am 28.11.2005 suchte er den Durchgangsarzt PD Dr. L. auf, der eine Zerrung der rechten Schulter diagnostizierte. Der Röntgenbefund habe keinen Anhalt für eine knöcherne Verletzung ergeben. Im Bereich der rechten Schulter seien keine äußeren Verletzungszeichen, keine Prellmarke, keine Weichteileschwellung zu erkennen und die Beweglichkeit der Schulter sei schmerzhaft eingeschränkt gewesen (Durchgangsarztbericht vom 28.11.2005). Bei fortbestehenden Beschwerden veranlasste PD Dr. L. die Durchführung einer Magnetresonanztomografie der rechten Schulter am 08.12.2005. Als Befund ergaben sich subchondrale zystische Formationen im Humeruskopf, kein Nachweis eines Knochenmarködems, aber eine erhebliche Degeneration der Rotatorenmanschette mit Teilruptur im Verlauf der Supraspinatussehne, außerdem eine deutliche subacromiale Enge bei knöchernen Appositionen caudal am Acromion. Es habe sich eine ältere Impressionsfraktur dorsolateral am Humeruskopf wie bei einer Hill-Sachs-Läsion gezeigt (Oberarzt L. des Instituts für Radiologie und Nuklearmedizin des Schwarzwald-Baar Klinikums V. vom 22.12.2005). Am 15.12.2005 wurde der Kläger aus der ambulanten Behandlung entlassen, Arbeitsfähigkeit wurde für den 16.12.2005 bescheinigt. Ärztliche Behandlung sei nicht mehr erforderlich (D-Arzt-Mitteilung von PD Dr. L. vom 15.12.2005). Während der stationären Behandlung vom 26.01. bis 04.02.2006 erfolgte am 27.01.2006 in dem Schwarzwald-Baar Klinikum eine operative Rotatorenmanschetten-Rekonstruktion rechts (Entlassungsbericht von PD Dr. L. vom 03.02.2006).
Im Rahmen des von der Beklagten eingeleiteten Feststellungsverfahrens machte der Kläger Angaben unter dem 27.12.2005, wonach er am 25.11.2005 (freitags) bei gestrecktem Arm nach vorne gestürzt sei. Er habe weitergearbeitet. Zum Ende seiner Zustellungsaufträge habe die rechte Schulter geschmerzt. Bereits im Winter 2002/2003 sei er schon einmal auf die rechte Schulter gefallen. Mit Bescheid vom 25.02.2006 stellte die Beklagte das Ereignis vom 25.11.2005 als Arbeitsunfall fest und lehnte die Feststellung der Erkrankung ab dem 16.12.2005 als Folge des Arbeitsunfalls sowie Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab diesem Zeitpunkt ab. Der Arbeitsunfall sei keine wesentliche Ursache des jetzt vorliegenden Gesundheitsschadens. Nach der kernspintomografischen Untersuchung sei eine erhebliche Degeneration der Rotatorenmanschette mit einer teilweisen Zusammenhangstrennung zu diagnostizieren, die nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen sei, sondern schon vorher bestanden hätte.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und verwies auf das von ihm vorgelegte Attest des Allgemeinmediziners S. vom 04.04.2006, wonach der Kläger nur einmal wegen der rechten Schulter im Oktober 2005 in Behandlung gewesen sei. Seine Beschwerden seien damals schnell rückläufig gewesen. Selbst wenn eine gewisse Degeneration des Schultergelenks bestanden habe, seien die auf den Sturz folgenden Beschwerden und Läsionen auf den Unfall zurückzuführen. In seinen beratungsärztlichen Stellungnahmen vom 18.04.2006 und 12.06.2006 führte Dr. V. aus, der Magnetresonanztomografie vom 08.12.2005 seien keine Zeichen einer frischen Läsion zu entnehmen. Es seien jedoch deutlich ältere und degenerative Veränderungen aus dem Röntgenbefund vom 28.11.2005 sowie aus der 14 Tage später erhobenen Magnetresonanztomografie ersichtlich. Durch den Unfall sei es zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der durch diese vorbestehenden Veränderungen hervorgerufenen Beschwerden über einen Zeitraum von etwa drei Wochen gekommen. Danach sei im Wesentlichen wieder der Vorzustand eingetreten. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 26.06.2006 Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhoben mit dem Begehren, ihm wegen einer unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigender Höhe Verletztenrente zu gewähren. Zur Begründung hat er auf sein Vorbringen im Vorverfahren verwiesen. Das Sozialgericht hat die sachverständige Zeugenaussage von Dr. M. vom 06.05.2007 eingeholt (keine Behandlung des Klägers wegen Schulterbeschwerden). Mit Gerichtsbescheid vom 31.12.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf die gutachtlichen Stellungnahmen aus dem Verwaltungsverfahren gestützt.
Gegen den dem Kläger am 07.01.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 24.01.2008 Berufung eingelegt. Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung, dass bereits der Unfallhergang gegen eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur spreche und erhebliche degenerative Vorschäden bestanden hätten, die gegen einen wesentlichen Ursachenzusammenhang sprächen, vertrete der behandelnde Arzt Dr. K. die Ansicht, dass der unfallbedingte Sturz wesentliche Ursache der vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigung sei. Es werde beantragt, Dr. K. als sachverständigen Zeugen zu hören.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 31.12.2007 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 25.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.06.2006 abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. wegen des Arbeitsunfalls vom 25.11.2005 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre angefochtenen Bescheide und den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Mit richterlicher Aufklärungsverfügung vom 23.06.2008 ist darauf hingewiesen worden, dass die schriftliche Anhörung von Dr. K. als sachverständiger Zeuge als nicht beweiserheblich und die Einholung eines Sachverständigengutachtens als nicht erforderlich angesehen werde.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente.
Gem. § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld gem. § 45 SGB VII und Rente gem. § 56 SGB VII). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.02.2006 bestandskräftig das Ereignis vom 25.11.2005 als Arbeitsunfall anerkannt. Hierdurch verursachte Gesundheitsstörungen mit rentenberechtigender MdE um 20 v.H. liegen nach dem 15.12.2005 nicht vor.
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. stellvertretend BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen.
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachten Gesundheitsstörung der Teilruptur der Supraspinatussehne nicht vor.
Nach Dafürhalten des Senats ist die Bewertung von PD Dr. L., dass nur die nach dem Unfall aufgetretenen Beschwerden mit Arbeitsunfähigkeit bis 15.12.2005 noch im Zusammenhang mit dem Unfall stehen, nicht zu beanstanden. PD Dr. L. und der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. V., haben für den Senat überzeugend dargelegt, dass der Unfall nur zu einer schmerzhaften, behandlungsbedürftigen Prellung geführt hat, eine darüber hinausgehende Verletzung der Rotatorenmanschette nicht vorgelegen hat, insbesondere eine Schädigung der Supraspinatussehne nicht im wesentlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis steht.
Die Magnetresonanztomographie vom 08.12.2005 ergibt nach Dr. V. keine Anzeichen dafür, dass bei dem 14 Tage zuvor erfolgten Sturz eine frische Läsion der Rotatorenmanschette eingetreten ist. Es fanden sich keine Einblutung und keine Knochenmarködeme. Dies stimmt mit dem am 28.11.2005 erhobenen Röntgenbefund überein, der keine knöcherne Verletzung und eine regelrechte Artikulation der Gelenksstrukturen ergab.
Dagegen ist aus der Aufnahme der Magnetresonanztomographie eine ältere Impressionsfraktur wie bei einer Hill-Sachs-Läsion sowie Zeichen einer Schultereckgelenksarthrose mit osteophytären Anbauten am Acromion zu erkennen. Der Radiologe, Oberarzt L., bewertete dies als erhebliche Degeneration der Rotatorenmanschette mit deutlicher subacromialer Enge (Befundbericht vom 22.12.2005), was die unfallvorbestehende Teilruptur der Supraspinatussehne erklärt. Nach Dr. V. ist damit überzeugend belegt, dass dem Unfallereignis vom 25.11.2005 allenfalls die Bedeutung eines auslösenden Faktors zukommt, der zur Manifestation einer vorbestehenden Krankheitsanlage geführt hat. Vorliegend ist dagegen nicht einmal von einer Erst-Manifestation auszugehen, weil der Kläger ausweislich der Bescheinigung des Allgemeinmediziners S. vom 04.04.2006 bereits ca. einen Monat vor dem Unfall, nämlich im Oktober 2005, wegen Beschwerden an der rechten Schulter behandelt worden ist. Die Schlussfolgerung von Dr. V., dass die unfallbedingte Prellung am 25.11.2005 nur zu einer vorübergehenden, nicht richtunggebenden Verschlimmerung des Krankheitszustandes geführt hat, in dessen vorherigen Zustand nach Ende der Behandlungsbedürftigkeit am 15.12.2005 wieder eingemündet worden war, ist für den Senat daher schlüssig. Nach dem 15.12.2005 liegen somit keine Unfallfolgen mehr vor.
Der Senats hat daher auch keinen Anlass für weitere Ermittlungen gesehen. Die Anhörung von Dr. K. als sachverständiger Zeuge, wie vom Kläger angeregt, ist nicht geboten. Art und Dauer der Behandlungsbedürftigkeit des Klägers sind für die oben dargelegten entscheidungserheblichen Rechtsfragen nicht von Belang. Dass Dr. K. anderweitige medizinische Diagnosen getroffen hat, ist nicht behauptet und für den Senat nicht ersichtlich. Die Beurteilung der Zusammenhangsfrage ist dagegen eine mit dem Beweismittel des Sachverständigengutachtens aufzuklärende Beweisfrage, deren weitere Aufklärung sich dem Senat angesichts der ihn überzeugenden Beweislage nicht aufdrängt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved