L 9 U 457/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 2242/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 457/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 8. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt mit dem am 20. Oktober 1999 gestellten Antrag die Feststellung eines komplexen Androgenmangels, einer Hodenatrophie links und einer organisch bedingten erektilen Funktionsstörung als weitere Unfallfolgen.

Der 1966 geborene Kläger begann nach erfolgreichem Realschulabschluss am 1. September 1983 im väterlichen Baubetrieb eine Maurerlehre. Auf dem Weg zum überbetrieblichen Ausbildungszentrum in Sigmaringen erlitt der Kläger bei einem schweren Verkehrsunfall am 18. Dezember 1983 ein schweres Schädel-Hirntrauma (SHT) mit Stammhirnkontusion und rechts-temporaler Schädelfraktur, eine kleine Hautwunde linke Schläfe, eine Thoraxcontusion mit Lungenkontusion links und einen Pneumothorax. Die am Unfalltag gefertigte Computertomographie des Schädels zeigte eine Hirnstammblutung mit Hirnödem und eine rechtstemporale Schädelfraktur mit saumförmig epiduralem Hämatom. Die Röntgenaufnahmen des Schädels in zwei Ebenen zeigten eine rechtstemporale Schädelfraktur mit angedeuteter Impression (D-Arzt-Bericht von Dr. St. vom 20.Dezember 1983). Des weiteren zeigte die in der neurochirurgischen Klinik Ravensburg am 20. Dezember 1983 gefertigte a.p.-Tomographie multiple Frakturen der vorderen Schädelgrube beidseits, links einschließlich des großen Keilbeinflügels, rechts nach weit lateral ausreichend. Klinisch-neurologisch bestand eine periphere Facialisparese links, eine Abducensparese rechts. Eine fronto-basale Liquorfistel wurde am 23. Dezember 1983 von einem Zugang durch den Sinus frontalis gedeckt. Insgesamt war der Kläger 2 Wochen bewusstlos, die Krankenhausbehandlung endete am 30. Januar 1984.

Vom 8. Februar bis zum 30. Mai 1984 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im Neurologischen Rehabilitationskrankenhaus für Kinder und Jugendliche (Jugendwerk) in Gailingen. Im psychologischen Befundbericht vom 6. Juni 1984 führte die Dipl.-Psych. K. aus, die zu Beginn des Aufenthalts vorhandenen Leistungsschwächen im intellektuellen Bereich (Konzentrationsschwierigkeiten, Langzeitgedächtnisschwäche und geringe Belastbarkeit) hätten sich zum großen Teil zurückgebildet, sodass mit der geplanten Arbeitserprobung im väterlichen Betrieb begonnen werden könne. Für den Kläger wäre es sicher von Vorteil gewesen, das vielseitige Training im Jugendwerk noch einige Zeit durchzuführen, um seine Leistungsfähigkeiten zu stabilisieren, dazu sei er aber nicht bereit gewesen.

Die Arbeitserprobung wurde am 5. Juni 1984 unter der ärztlichen Beobachtung des D-Arztes Dr. Sch. begonnen. Dieser entließ den Kläger am 12. Oktober 1984 aus der ambulanten Behandlung und stellte Arbeitsfähigkeit zum 15. Oktober 1984 fest. Gleichzeitig teilte er der Beklagten mit, der Arbeitsversuch sei nur dadurch günstig verlaufen, weil der Vater der Arbeitgeber sei und dem Kläger nicht alle Arbeiten zuschreibe. Arbeiten auf Gerüsten seien dem Kläger nicht möglich. Unter dem 11. Dezember 1984 berichtete er der Beklagten, der Kläger leide zunehmend an Schlaflosigkeit und beklage Störungen des Kurzzeitgedächtnisses. Er stellte den Kläger der Neurologin und Psychiaterin Dr. E. vor, die unter dem 17. Dezember 1984 berichtete, die Belastbarkeit sei deutlich gemindert. Es müsse gutachterlich geklärt werden, ob der Beruf des Maurers für den Kläger noch geeignet sei. Sie empfehle zum Schlafen die Verordnung von Truxalsaft.

Auf Veranlassung der Beklagten wurde der Kläger am 11./12. Februar 1985 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Murnau augenärztlich (Dr. H.), nervenärztlich (Dr. W./Dr. N.), HNO-ärztlich (Dr. G.) und chirurgisch (Prof. Dr. P.) untersucht und begutachtet. Gegenüber Dr. N. gab der Kläger u.a. an, er erlebe die Libido als gesteigert.

Auf der Grundlage dieser Gutachten gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 14. Mai 1985 eine vorläufige Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 vH.

Der Berufshelfer der Beklagten suchte die Schwester und den Vater des Klägers am 2. Mai 1985 auf. Diese berichteten, der Kläger habe bei der Arbeit erhebliche Schwierigkeiten. Er sei kraftlos und niedergeschlagen. Der behandelnde Urologe solle wohl eine Verkleinerung des Hodens festgestellt haben. Auch seien Störungen der Sexualfunktion aufgetreten.

Der Urologe Dr. G. berichtete Dr. Sch. am 23. April 1985, der Kläger habe ihm gegenüber angegeben, dass der linke Hoden seit 9 Monaten schrumpfe, er fürchte missgebildet zu werden, zumal auch die Libido nachgelassen habe.

Dr. E. führte im Bericht vom 13. Mai 1985 aus, im Gegensatz zum Dezember 1984 bestehe jetzt eine schwere hypochondrisch gefärbte Depression mit Einengung aller Gedanken auf die sexuelle Funktion. Es bestehe tatsächlich eine leichte bis mäßige Hodendifferenz. Die Einengung auf die Sexualität sei Folge einer Fehlverarbeitung des schweren Unfalls. Sie halte eine intensive psychologische und psychiatrische Betreuung im Jugendwerk für notwendig.

Vom 27. Juni bis 5. Juli 1985 befand sich der Kläger zur Abklärung eines evt. sekundären Hypogonadismus bei Zustand nach SHT in stationärer Behandlung im Zentrum für Innere Medizin der Universität Ulm. Im Bericht von Prof. Dr. Dr. P. vom 27. August 1985 wurde anamnestisch festgehalten, der Kläger habe im März 1985 eine Verkleinerung des linken Hodens auf etwa ein Drittel des ursprünglichen Volumens und eine Verkrümmung des Penis auf die linke Seite in erigiertem Zustand festgestellt. Der rechte Hoden habe ein Volumen von ca. 14 ml, der linke sei dystrophisch mit ca. 8 ml. Die Laborbefunde hätten einen normalen Hormonstatus mit normaler endogener Rhythmik ohne Hinweis für eine Hypophysenvorderlappeninsuffizienz ergeben. Die Penisdoppler-Untersuchung sei auffällig gewesen. Zwar ergebe sich kein sicherer Nachweis für eine vaskuläre Impotenz, jedoch bestehe eine Flußeinschränkung über beiden Corp. cavernosa.

Vom 2. August bis zum 19. Oktober 1985 befand sich der Kläger erneut in stationärer Behandlung im Jugendwerk. Unterbrochen wurde diese durch eine erneute Untersuchung und Begutachtung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Murnau am 3. und 4. September 1985 zur Feststellung der Dauerrente. Prof. Dr. P. veranlasste im Hinblick auf die erlittene Lungenprellung eine internistische Zusatzbegutachung durch Dr. E., der eine Verschwielung im linken Zwerchfellrippenwinkel und eine Pleurarandverschwielung mit einer MdE von 0 vH feststellte. Dr. Neurologe und Psychiater Dr. St. führte aus, es bestehe die Möglichkeit, dass nach schweren SHT mit Hirnstammverletzungen Veränderungen in der Potenz auftreten könnten. Dem äußeren Aspekt nach bestehe beim Kläger eine Störung des hormonellen Gleichgewichts. Es sollten daher die - nicht bekannten - Ergebnisse der urologischen bzw. endokrinologischen Untersuchungen mitgeteilt werden, um festzustellen, ob die vom Kläger behaupteten Veränderungen der Sexualfunktion eine organische Ursache hätten.

Mit Bescheid vom 23. Oktober 1985 setzte die Beklagte die MdE auf 70 vH fest.

Im Bericht des Jugendwerks vom 15. November 1985 führte die Leitende Ärztin Dr. M. aus, der Kläger habe bei der Aufnahme 8 Seiten handschriftliche Aufzeichnungen vorgelegt, die immer nur eine Aussage wiedergäben, nämlich dass die Hoden, insbesondere der linke seit einem Jahr ständig schrumpften, weswegen er Hormonspritzen brauche. Er habe auch einen Urologen gefunden, der ihm 9 Hormonspritzen verordnet habe. Schon nach der dritten Hormonspritze seien die Hoden wieder normal groß geworden. Auch im persönlichen Gespräch habe der Kläger auf das Problem einer Hodendysfunktion und die unbedingte Notwendigkeit der Hormonspritzen fixiert gewirkt. Man habe sich mit ihm darauf geeinigt, dass im Jugendwerk keine Hormonspritzen verabreicht würden. Im weiteren Verlauf habe er - neben weiteren therapeutische Maßnahmen - auch die Verordnung von Imap 1,5 mg i.m. akzeptiert, wodurch er weniger gespannt und gesprächsoffener geworden sei. Er habe von sich aus die schädlichen Nebenwirkungen einer Hormontherapie erörtert und selber den Vorschlag unterbreitet, statt Hormonspritzen ein Schlafmittel zur Nacht einzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt sei ein penis-dopplersonographischer Befund eingetroffen, welcher Durchblutungsstörungen bestätigt habe, weshalb der Kläger zum 5. November 1985 in das Bundeswehrkrankenhaus in Ulm zur Angiographie zu stationären Bedingungen einbestellt worden sei. Von da an sei der Kläger im Jugendwerk nicht mehr zu halten gewesen, er habe eine Erklärung gefunden.

Vom 5. November bis 6. Dezember und vom 16. bis zum 19. Dezember 1985 befand sich der Kläger zur Abklärung seiner erektilen Dysfunktion im Bundeswehrkrankenhaus in Ulm. Im Bericht vom 13. Januar 1986 führte Prof. Dr. N. aus, es habe sich bei der Inspektion und Palpation im Genitalbereich eine deutliche Atrophie des linken Hodens auf ca. 8 ml im Vergleich zu rechts 14 ml gefunden. Ein angiologisch dopplersonographisch erhobener auffälliger Befund habe sich bei Kontrolle nicht verifizieren lassen. Die laborchemischen Untersuchungen seien weitgehend unauffällig gewesen. Bei der zweiten stationären Untersuchung sei eine komplette Erhebung der Androgene und Oestrogene erstrebt worden, deren Befunde noch nicht vor1ägen. Insoweit werde auf den Abschlussbericht im Februar 1986 verwiesen. Dem Kläger sei das Präparat Panergon verordnet worden. Von Hormongaben gleich welcher Art sei dringend abgeraten worden.

In der Zeit vom 4. bis 10. Februar 1986 fand im Bundeswehrkrankenhaus Ulm eine Verlaufskontrolle statt. Prof. Dr. N. berichtete am 17. März 1986, nach Angaben des Klägers habe die Einnahme von Panergon nur kurzfristig geholfen. Bei der nochmals durchgeführten Doppleruntersuchung der Penisarterien hätten sich regelrechte Werte beidseits gefunden. Das Hormonspektrum habe auch im Vergleich zu den Werten vom Dezember 1985 keinerlei Auffälligkeiten ergeben. Es werde empfohlen, den Kläger bei Dr. A. vom endokrinologischen Institut der Jugend- und Kinderklinik der Universität Freiburg vorzustellen, da eine Rücksprache mit diesem ergeben habe, dass weitere Untersuchungen notwendig seien, um eine endgültige Klärung zu erreichen.

Dr. A. teilte auf Anfrage der Beklagten unter dem 24. September 1986 mit, er habe einige hormonelle Tests ambulant durchgeführt. Es solle hier aber die Meinung eines geeigneten Fachmanns eingeholt werde, weil die Möglichkeiten, einen Erwachsenen in einer Kinderklinik zu untersuchen, zwangsläufig begrenzt seien.

Die Beklagte ließ den Kläger am 10. März 1987 erneut in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Murnau u.a. durch Dr. W. und Dr. N. begutachten. Der Kläger gab an, er sei internistisch zuletzt im Bundeswehrkrankenhaus und in der Kinderklinik Tübingen untersucht worden. Zwar sei kein Hormonmangel im Blut festgestellt worden, er erlebe aber selbst, dass er seit der Hodenschrumpfung in einen kastratähnlichen Zustand gelange. Die Sachverständigen gelangten zu dem Ergebnis, dass gegenüber der Begutachtung durch Dr. St. keine wesentliche Änderung zu verzeichnen sei.

Vom 20. bis 22. Mai 1987 befand sich der Kläger in der Neurologischen Universitätsklinik in Tübingen, wo er klinisch-neurologisch, neuropsychologisch und neuroradiologisch untersucht und am 26. Mai 1987 ambulant bei Prof. Dr. F. und Dr. Dr. R. vorgestellt wurde. Prof. Dr. M. teilte im neurologischen Gutachten vom 2. Dezember 1987 mit, obwohl bei Abfassung des Gutachtens die ebenfalls veranlasste endokrinologische Zusatzbegutachtung noch nicht vorgelegen habe, halte er angesichts der Vorgeschichte und nach dem psychopathologischen Befund eine primär hormonelle Störung nicht für wahrscheinlich. Dafür spreche auch der 1985 erhobene normale endokrinologische Befund. Vielmehr seien die konstant geklagten Beschwerden Symptom einer tiefgehenden seelischen Störung, von der zu prüfen sei, ob sie mittelbare Unfallfolge sei. Eine psychiatrische stationäre Begutachtung sei dringend erforderlich.

Der Urologe Dr. G. teilte der Beklagten laut Aktenvermerk vom 14. August 1987 mit, der Kläger sei zuletzt im Juni und Juli 1987 in seiner Behandlung gewesen und habe Spritzen verlangt, die seine Leistungsfähigkeit steigern würden. Diese Forderung habe Dr. G. dem Kläger ausgeredet, er bitte aber zu prüfen, ob ein Heilverfahren durchgeführt werden könnte, um den Kläger wieder an den Arbeitsprozess heranzuführen.

Der Leitende Arzt des Rehabilitationskrankenhauses Karlsbad-Langensteinbach L. lehnte mit Schreiben vom 17. März 1988 die Durchführung einer von Kläger dort gewünschten stationären Maßnahme ab. Es sei töricht, ja unverantwortbar, vor der von Prof. Dr. M. vorgeschlagenen gründlichen psychiatrischen Abklärung ein Heilverfahren durchzuführen. Besonders fachkompetent sei hierfür Prof. Dr. F ...

Im Gutachten vom 2. Januar 1989, basierend auf den ambulanten Untersuchungen vom 26. Mai 1987, 11. Juli 1988 und 28. September 1988, gelangten Prof. Dr. F. und Dr. Dr. R. unter Einbeziehung eines fachpsychologischen Gutachtens von Dipl.-Psych.Dr. H. zu dem Ergebnis, beim Kläger liege als Folgezustand einer lokalen Hirnschädigung ein hirnlokales Psychosyndrom nach Bleuler vor, welches sich durch Störungen der Antriebshaftigkeit, der Stimmung und der Einzeltriebe bei völligem Erhaltenbleiben der intellektuellen Funktionen auszeichne. Die geltend gemachten Hormon- bzw. Sexualfunktionsstörungen seien empfundener Ausdruck des hirnlokalen Psychosyndroms, welches einer längerfristigen stationären und ambulanten Rehabilitation mit begleitender Psychotherapie bedürfe.

Die Psychologen G. und M.-B. vom Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche in Neckargemünd teilten der Beklagten nach zwei ausführlichen Gesprächen mit dem Kläger am 8. und 24. Mai 1989 unter dem 13. Juni 1989 mit, es solle zunächst eine stationäre Behandlung des Klägers in der Psychosomatischen Klinik Berus bei Saarbrücken stattfinden, an die sich eine Berufsfindungsmaßnahme in Neckargemünd anschließen könne.

Die stationäre Behandlung in der Klinik Berus fand vom 19. September bis 6. Dezember 1989 statt. Der Leitende Arzt K. führte im Entlassungsbericht vom 27. Dezember 1989 aus, es sei nicht möglich gewesen, für die Behandlung sinnvolle Therapieziele zu definieren. Das Ziel des Klägers sei es gewesen, neben einer generellen Erholung Unterstützung zu finden, um eine hormonelle Störung abklären zu lassen. Er habe unbeirrbar auf körperlich-hormonellen Störungen bestanden, die nur mit Medikamenten behoben werden könnten. An der organischen Sichtweise mit immer wieder neuen Varianten habe sich nichts ändern lassen. Eine bleibende Verbesserung habe nicht erzielt werden könne. Im Entlassungszeitpunkt sei der Kläger zu sehr auf einen Untersuchungstermin in der Deutschen Klinik für Diagnostik (DKD) in Wiesbaden fixiert gewesen. Der Kläger sei in arbeitsunfähigem Zustand entlassen worden.

PD Dr. S. führte nach der fachübergreifenden Untersuchung des Klägers in der DKD am 13. Dezember 1989 aus, objektivierbar seien zwei Befunde gewesen, zum einen die Hodenatrophie links, zum anderen eine zentrale Hörbahnschädigung links. Beide Befunde könnten durchaus als Folge des SHT anzusehen sein. Zur Objektivierung der vom Kläger geschilderten erektilen Funktionsstörung sei eine Untersuchung in einem Schlaflabor angezeigt (Bericht vom 22. März/3. April 1990).

Die Untersuchung im Schlaflabor mit zwei Schlaf-EEG und Erfassung nächtlicher Erektionen wurde am 29./30. und 30./31. Januar 1991 an der Universitätsklinik Mainz durchgeführt. Unter Einbeziehung eines elektroencephalographischen und eines psychologischen Zusatzgutachtens gelangten Prof. Dr. G. und Dr. Dr. R. im Gutachten vom 3. April 1991 zu dem Ergebnis, eine organische Potenzstörung sei nach Aktenlage, den Laborwerten und den Ergebnissen der Schlaf-EEGs mit Erfassung nächtlicher Erektionen ausgeschlossen. Beim Kläger liege eine psychogen bedingte erektile Funktionsstörung vor. Als Ursache dieser Störung sei letztlich der stattgehabte Unfall anzusehen, der den Kläger in seiner psychischen Entwicklung erheblich beeinträchtigt habe. Sie schlössen sich dem Urteil von Prof. Dr. F. und Dr. Dr. R. im Gutachten vom 5. Januar 1989 an. Eine langfristige Psychotherapie sei dringend indiziert.

Am 22. Juni 1993 stellte sich der Kläger in der Urologischen Klinik des Universitätskrankenhauses Hamburg-Eppendorf vor. Im Bericht an den Hausarzt Dr. B. wird ausgeführt, der psychisch auffällige Kläger habe ein buntes Beschwerdebild geschildert, sodass der Verdacht einer psychogen bedingten Impotenz aufgekommen sein. Ein urologisches Gutachten sollte eingeholt werden.

Am 23. Juni 1993 stellte sich der Kläger in der Schwerpunktklinik für Gefäßkrankheiten Aggertalklinik in Engelskirchen vor. Bei einer orientierenden Untersuchung fand sich ein leicht geschwächter Arteria-radialis-Puls links. Es sei sinnvoll, eine eingehende angiologische Diagnostik durchzuführen, bei der auch die Potenzstörungen mit abgeklärt werden könnten.

Die Beklagte veranlasste eine weitere Begutachtung des Klägers in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Murnau am 9. September 1993. Im Rahmen der internistischen Begutachtung wurden u.a. arterielle Dopplersonographien beider Beine und beider Arme sowie eine Duplex-Scan-Sonographie der Halsschlagadern und der linken Arteria subclavia durchgeführt. Sie ergaben keinen Hinweis auf Durchblutungsstörungen. Dr. L. führte hierzu aus, der Kläger interessiere sich auch nicht für eine möglicherweise gestörte Armdurchblutung, sondern deute die schwächeren Pulse am linken Handgelenk lediglich als Beweis für die von ihm angenommenen Durchblutungsstörungen im Hoden- und Penisbereich. Als gemeinsame Ursache für Durchblutungsstörungen des linken Arms und des linken Hodens komme alleine eine Einengung der Hauptschlagader im Aortenbogen in Frage, welche auch zu funktionell bedeutsamen arteriellen Durchblutungsstörungen an beiden Beinen führen würde. Da farbdopplersonographisch entsprechende Veränderungen der Halsschlagadern und dopplersonographisch im Bereich der Beine ausgeschlossen worden seien, könne eine ursächliche Verbindung zwischen angenommenen Durchblutungsstörungen des linken Arms und des linken Hodens ausgeschlossen werden. Eine weitere Untersuchung der von der Hypophyse aus gesteuerten Hormone habe der Kläger abgelehnt unter Hinweis darauf, dass er einen Hormonmangel habe, der aber labormäßig nicht nachzuweisen sei.

Dr. N. führte im nervenärztlichen Gutachten vom 9. September 1993 mit ergänzender Stellungnahme vom 28. Februar 1994 aus, der Kläger habe zu einem rückblickend nicht mehr präzise feststellbaren Zeitpunkt (frühestens Mitte April 1984 spätestens April 1985) eine Veränderung an seinem Körper festgestellt und diese auf dem Hintergrund einer traumatisch bedingten Störung des Affekts in der kritischen Phase juveniler Rollenfindung wahnhaft fehlverarbeitet, sodass es zur Ausbildung der wahnhaften oder überwertigen Idee gekommen sei, dass es durch den Unfall zu einer Hodendysfunktion mit daraus resultierenden Hormonschwierigkeiten gekommen sei. Diese überwertige, wahnhafte Idee führe beim Kläger zu einer Störung seines Selbstwertgefühls und zu einer eingeschränkten psychischen Belastbarkeit. Der Kläger sei gehindert seine tatsächlich vorhandenen psychischen Energien auch "sinnvoll" und insofern "angepasst" einzusetzen. Es sei zu einer Verschlimmerung i.S.einer Zunahme der psychopathologischen Auffälligkeiten gekommen. Die Gesamt-MdE betrage 80 vH.

Mit Bescheid vom 26. April 1995 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse ab 9. September 1993 Verletztenrente nach einer MdE um 80 vH. Gegenüber den mit Bescheid vom 23. Oktober 1985 anerkannten Unfallfolgen: Knöchern verheilter Schädelmehrfachbruch. Nach hirncontusioneller Schädigung mit Schwäche der linksseitigen Giedmaßen Unsicherheit beim freien Stehen und beim Blindgang, organische Wesensänderung, reduzierte Hirnleistung und postcontusionelle Allgemeinbeschwerden. Bei Sehnervenatrophie mit großem zentralem Gesichtsfeldausfall Visusverfall links. Leichtes Zurücksinken des linken Augapfels. Geringfügige linksseitige Trommelfell- und Gehörgangsnarben nach Felsenbeinbruch links mit geringgradiger kombinierter Schwerhörigkeit links und latenten Schwindelerscheinungen bei Lageveränderungen. Verlust des Riechvermögens links. Verschwielung im linken Zwerchfellrippenwinkel und eine Pleurarandverschwielung links. Narbenbildungen im Gesicht, über dem Brustkorb und dem linken Oberschenkel" sei es zu einer Zunahme von psychopathologischen Auffälligkeiten im Sinne einer Störung des Selbstwertgefühls und eingeschränkter psychischer Belastbarkeit gekommen. Die Schwäche der linksseitigen Gliedmaßen habe sich zurückgebildet. Die Unsicherheit beim freien Stehen bestehe nicht mehr.

Auf Kosten der Beklagten wurde vom 7. September bis 3. Dezember 1995 eine Reha-Vorföderung und vom 4. Dezember 1995 bis zum 26. November 1997 eine Ausbildung zum Industriekaufmann durchgeführt, die der Kläger erfolgreich abschloss.

Dr. N. führte in dem von der Beklagten angeforderten Gutachten vom 9. August 1999 aus, es sei insgesamt zu keiner Änderung der psychopathologischen Auffälligkeiten gekommen. Die von Prof. Dr. F. und Dr. Dr. R. empfohlene psychotherapeutische Begleitbehandlung sei während der Umschulungsmaßnahme nicht erfolgt. Der Kläger habe offensichtlich die Hoffnung gehabt, dass ihm nach Abschluss der Umschulungsmaßnahme die von ihm gesuchte organische Behandlung bewilligt werde. Es bestünden weiterhin körperdysmorphe Beschwerden auf dem Hintergrund einer überwertigen Idee mit ständiger Suche nach organischen Behandlungsmaßnahmen und eine hierdurch bedingte deutlichgradige Einschränkung der psychischen Belastbarkeit. Die vom Kläger aufgrund seiner psychischen Störung (überwertigen Idee) fehlgerichtet eingesetzte Energie hindere ihn daran am Berufsleben teilzunehmen.

Am 20. Oktober 1999 beantragte der Kläger unter Vorlage eines fachurologischen Gutachtens des Leiters des Fachbereichs Urologie der DKD Dr. M. vom 5. Juli 1999 und eines Arztbriefes des Endokrinologen Prof. Dr. H. vom 29. Juni 1998 die Anerkennung eines komplexen Androgenmangels, einer Hodenatrophie links und einer organischen erektilen Funktionsstörung als weitere Unfallfolgen.

Diesen Antrag, den die Beklagte auch unter den Gesichtspunkt des § 44 SGB X prüfte, lehnte die Beklagte unter Hinweis auf frühere ärztliche Äußerungen mit Bescheid vom 2. März 2000 und Widerspruchsbescheid vom 29. September 2000 ab.

Hiergegen erhob der Kläger am 27. Oktober 2000 Klage zum Sozialgericht Konstanz. Bei keiner der bisher durchgeführten Begutachtungen seien die klinisch- neurologischen Befunde und die psychopathologischen Ausfallerscheinungen unter neurotraumatologischen Gesichtspunkten richtig eingeordnet worden. Dies ergebe sich aus einem Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K., das dieser am 14. Dezember 1999 dem Landgericht Ravensburg im Verfahren 2 O 2170/98 erstattet habe.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie lehnte mit Bescheid vom 18. September 2002 die Übernahme von Kosten einer Hormonbehandlung ab. Dieser Bescheid werde Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens.

Das SG zog beim LG Ravensburg das Gutachten von Dr. K. bei, befragte Dr. K. (Auskunft vom 10. Januar 2002) und den Hausarzt Dr. B. als sachverständige Zeugen und holte die Gutachten von Dr. K. vom 8. Januar 2003 mit ergänzender Stellungnahme vom 16. Oktober 2003 und von Prof. Dr. Dr. W. vom 27. April 2005 mit internistisch-endokrinologischem Zusatzgutachten von Prof. Dr. St. vom 4. April 2005 und ergänzender Stellungnahme vom 10. Oktober 2005 ein.

Dr. B. teilte am 7. Februar 2002 mit, nach den Feststellungen von Dr. K. sei der K.bereich, aus dem die Leistungseinschränkungen des Klägers resultierten, das hirnorganische Psychosyndrom (sof. Klüver-Buzy-Syndrom) nach Frontallappenverletzung. Er legte den Befundbericht von Prof. Dr. R., Leiter des Schwerpunktes Endokrinologie/Diabetologie des Universitätsklinikums Freiburg vom 4. Dezember 2001 vor, wonach durch die Untersuchungen vom 27. November 2001 eine Hypophysenlappeninsuffizienz habe ausgeschlossen werden können Es bestehe eine gute thyreotrope, gonadotrope, corticotrope und somatotrope Hypophysenfunktion. Eine erneute Hormonsubstitution erscheine nicht sinnvoll.

Dr. K. führte unter Einbeziehung eines urologischen Befundberichts von Dr. M. vom 7. August 2003 aus, im Rahmen der Begutachtung für das LG sei eine K.spintomographie der Hypophysenregion durch Prof. Dr. B. durchgeführt worden. Dessen Beurteilung, es handele sich beim Kläger wahrscheinlicher um eine anlagebedingte kleine Hypophyse als um einen traumatischen Defekt, sei reine Spekulation, da die Serumwerte für Testosteron beim Kläger über Jahre hinweg zu niedrig gewesen seien. Es liege in unveränderter Form eine behandlungsbedürftige Gonaden-Unterfunktion mit sekundärer gonadaler Atrophie auf der linken Seite vor, die Folge einer hypophysären Unterfunktion sei. Es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen schwerem SHT, begleitet von einer Hirnstammkontusion und bifrontotemporalen coup-contre-coup-Kontusionen und den dauerhaften psychosexuellen Auswirkungen, zumal es in der Phase der Frührehabilitation zu einer auffälligen Verhaltensweisen mit Hypersexualität, permanenten Erektionen und vermehrter Fresssucht gekommen sei, welche in neurotraumatologischen Kreisen als "Klüver-Bucy-Syndrom" bekannt sei. Dieses Syndrom deute auf eine Enthemmung und damit kontusionsbedingte Schädigung der Hypothalamus-Hypophysen-Achse hin, die sich der Kläger bei dem Wegeunfall zugezogen habe.

Dieser Beurteilung trat die Beklagte unter Vorlage eines Gutachtens nach Aktenlage von Dr. N. vom 12. Januar 2004 entgegen. Die von Dr. K. angenommene bifrontotemporale contusionelle Hirnschädigung sei durch mehrere zeitnah durchgeführte Schädel-CTs nicht bewiesen. Ebenso wenig ergebe sich aus den Berichten der Erstbehandler, dass der Kläger die spezifischen Auffälligkeiten eines nach beidseitiger Läsion der medialen Temporallappen auftretenden Klüver-Buz y-Syndroms gezeigt habe. Schließlich seien durch verschiedene Voruntersucher Hormonanalysen durchgeführt worden, wobei keine sicheren Hinweise auf eine Hypophysenvorderlappeninsuffizienz gewonnen worden seien. Vielmehr sei eine derartige Störung mehrfach ausgeschlossen worden.

Prof. Dr. St. führte in dem internistisch-endokrinologischen Zusatzgutachten vom 4. April 2005 und - nachdem der Kläger eine Vielzahl von ärztlichen Unterlagen, u.a. einen Bericht der Fachbereichsleiterin Endokrinologie der DKD Dr. J.-H. vom 20 Mai 1997, zu den Akten gereicht hatte - in der ergänzenden Stellungnahme vom 10. Oktober 2005 aus, beim Kläger sei eine verminderte Testosteronsekretion hypothalamischer Genese nachzuweisen. Es handele sich um eine isolierte Hormonstörung, andere Hormonstörungen seien nicht nachweisbar. Sie sei aber mit großer Wahrscheinlichkeit nicht Folge des Unfalls, da sie sich erst fast zwei Jahrzehnte (erstmals dokumentiert im Brief von Prof. Dr. H. vom 18. Januar 2000) nach dem Unfall entwickelt habe. Es sei am ehesten von einer unfallunabhängigen Gesundheitsstörung auszugehen, die bedingt sein könnte durch altersbedingte Veränderungen, Stress oder als Folge einer inadäquaten Testosteron- und Choragensubstitution.

Prof. Dr. Dr. W. führte in dem nach Aktenlage erstellten Gutachten aus, beim Kläger bestünden als Folgen des Arbeitsunfalls vom 18. Dezember 1983 mit schwerem SHT ein hirnorganisches Psychosyndrom sowie eine organische Wesensänderung mit verminderter psychischer Belastbarkeit und psychogener Fixierung auf eine Sexualstörung, eine diskrete Halbseitenlähmung links, eine Störung des Geruchssinnes, eine Augenmuskelstörung rechts sowie eine faktische Blindheit des linken Auges. Eine organisch bedingte erektile Dysfunktion, eine Hodenatrophie links und ein geltend gemachter komplexer Androgenmangel seien nicht mit der geforderten Wahrscheinlichkeit als Folge des Unfalls zu interpretieren. Bezüglich der funktionellen Auswirkungen erscheine die Gesamt-MdE von 80 vH gerechtfertigt. Eine höhere MdE wäre nur einzuschätzen, wenn der Kläger zu keinem selbstbestimmten Leben in der Lage wäre. Dafür ergäben sich aber nach Aktenlage und auch angesichts der Tatsache, dass der Kläger inzwischen geheiratet habe und Vater geworden sei, keine Anhaltspunkte.

Mit Urteil vom 8. Dezember 2005 wies das SG die Klage ab und stützte sich zur Begründung wesentlich auf die Gutachten von Prof. Dr. St. und Prof. Dr. Dr. W ...

Gegen das am 17. Januar 2006 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die am 27. Januar 2006 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingegangen ist. Er sei durch die schweren Verletzungen anstelle auszuwachsen zu einem missgebildeten Kind geschrumpft. Bis heute werde er mangelhaft medizinisch behandelt, da die Krankenkasse die Hypophysenvorderlappeninsuffizienz, die spastischen Durchblutungsstörungen und die Hormon- und Wachstumsstörungen als Folge des Unfalls ansehe und es die Beklagte versäumt habe, im Jahr 1984 eine geeignete medizinische Behandlung zu starten. Diese sei vielmehr durch den D-Arzt und die Beklagte verhindert worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 8. Dezember 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 2. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, einen komplexen Androgenmangel, eine Hodenatrophie links und eine organisch bedingte erektile Funktionsstörung als weitere Unfallfolgen anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Dr. K. hat auf Anfrage des Senats den Befundbericht von Prof. Dr. B. vom 6. Oktober 1999 über eine K.spintomographie des Schädels und von PD Dr. Z. vom 12. März 2004 über ein MRT einschließlich hochauflösender Aufnahmen der Hypophyse vorgelegt und in einer nervenärztlichen Stellungnahme unter Berücksichtigung neuroradiologischer Aspekte vom 5. Januar 2007 ausgeführt, der Kläger leide seit 23 Jahren posttraumatisch an einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz, als deren empfindlichstes und letztes Zeichen bis auf den heutigen Tag sowohl ein Mangel an Wachstumshormon als auch ein Mangel an Testosteron objektiviert werden könne.

In dem auf Antrag des Kläger gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten neurochirurgischen Gutachten vom 27. August 2007 hat Prof. Dr. G. unter Mitarbeit von Dr. H. ausgeführt, das dokumentierte Verletzungsmuster anhand des ursprünglichen kranialen CT und der zusätzlichen a.p.-Tomographie mit den dezidierten Frakturen im Bereich des Keilbeinflügels, der Keilbeinhöhle, der Lamina cribrosa in Korrelation mit der Abducensparese rechts und der Optikusatrophie links zeige eine Krafteinwirkung von schräg verlaufend von oben nach unten oder von unten nach oben, wobei in beiden Fällen auf dem Weg der einwirkenden Kraftvektoren die topographische Region des Hypothalamus und der Hypophyse liege. Daher werde das stattgehabte Trauma als geeignet betrachtet, eine hypothalamisch-hypophysär bedingte hormonelle Störung hervorzurufen. Wenn jedoch namhafte, auf dem wissenschaftlichen Gebiet insbesondere der hypophysär-hypothalamischen Insuffizienz tätige Kollegen wie Prof. Dr. St. und Prof. Dr. R. eine derartige Störung nicht nachweisen könnten und wenn die Störung, den Hoden betreffend nur einseitig auftrete, könne eine unfallbedingte Störung der hypothalamisch-hypophysären Achse und auch eine Insuffizienz des Hypophysenvorderlappens aus neurochirurgischer Sicht nicht bewiesen werden. Ein Frontalhirnschaden könne aus neurochirurgischer Sicht auch mögliche Ursache einer erektilen Dysfunktion sein. Aber auch insoweit müsse auf die vorliegenden Gutachten, vor allem auf das endokrinologische Gutachten verwiesen werden. Die neurochirurgischen Unfallfolgen seien in den bereits bestehenden Gutachten hinreichend gewürdigt. Eine Änderung der Gesamt-MdE ergebe sich nicht.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakten der Beklagten (6 Bände) , die Akten des SG (3 Bände) und die Senatsakten.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist jedoch sachlich nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ein komplexer Androgenmangel, eine Hodenatrophie links und eine organisch bedingte erektile Funktionsstörung als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 18. Dezember 1983 festgestellt werden. Das Urteil des SG vom 8. Dezember 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 2. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2000 sind daher im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Voraussetzung für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls ist u.a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) und dem Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein.

Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen Einwirkung und dem Gesundheitserstschaden sowie dem Gesundheitserstschaden und den fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt im Bereich in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden. Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn (vgl. hierzu das grundlegende Urteil des BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 17= BSGE 96, 196-209).

Die hier vorzunehmende Kausalitätsbeurteilung hat im Übrigen auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt die Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet war, eine bestimmte körperliche Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - aaO).

Von diesen Grundsätzen ausgehend stellt der Senat fest, dass der Kläger bei dem Wegeunfall am 18. Dezember 1983 ein schweres SHT mit Stammhirnkontusion, rechtstemporaler Schädelfraktur und multiplen Frakturen der vorderen Schädelgrube beidseits, links einschließlich des großen Keilbeinflügels und rechts nach weit lateral ausreichend erlitten hat. Eine unmittelbare Schädigung des Genitalbereichs ist nicht eingetreten. Nach den Feststellungen von Prof. Dr. G. und Dr. H. lassen die im ursprünglichen kranialen CT und der zusätzlichen a.p. Tomographie dokumentierten Verletzungen in Zusammenschau mit der Abducensparese rechts und der Optikusatrophie links den Rückschluss zu, dass auf den Kopf des Klägers eine Krafteinwirkung schräg verlaufend entweder von oben nach unten oder von unten nach oben stattgefunden hat, wobei in beiden Fällen auf dem Weg der Kraftvektoren die topographische Region des Hypothalamus und der Hypophyse liegt. Damit war das Unfallereignis grundsätzlich geeignet, diese Region zu schädigen und damit einer hypothalamisch-hypophysär bedingte hormonelle Störung hervorzurufen.

Hingegen kann entgegen der Auffassung von Dr. K. nicht festgestellt werden, dass es durch den Unfall zu einer unmittelbaren und bleibenden Schädigung der Hypophyse gekommen ist. Dem stehen die Befundberichte der Radiologen Prof. Dr. B. vom 6. Oktober 1999 und PD Dr. Z. vom 12. März 2004 entgegen, in denen eine anlagebedingt kleine, aber unauffällige Hypophyse und ein unauffälliger Hypophysenstil befundet werden. Ebenso wenig sind die von Dr. K. angenommenen bifrontotemporalen coup-contre-coup Schädigungen und ein nachfolgendes Klüver-Buzy-Syndrom nachgewiesen, wie Dr. N., der die Entwicklung des Klägers aufgrund mehrfacher gutachterlicher Untersuchungen im Februar 1985, März 1987, September 1993 und Juli 1997 beobachtet hat, in seiner für die Beklagte gefertigten Stellungnahme vom 12. Januar 2004 im Einzelnen unter Hinweis auf die im Wesentlichen unauffällig befundeten Schädel-CTs aus den Jahren 1985, 1986 und 1987 und die K.spintomographie aus dem Jahr 1989 (durchgeführt in der DKD) überzeugend dargelegt hat.

Ein komplexer Androgenmangel, dessen Feststellung als Unfallfolge begehrt wird, ist beim Kläger aber nicht nachgewiesen. Vielmehr besteht bei ihm nach den Feststellungen von Prof. Dr. St. im Gutachten vom 4. April 2005 mit ergänzender Stellungnahme vom 10. Oktober 2005 eine verminderte Testosteronsekretion hypothalamischer Genese, das heißt, es wird zu wenig Testosteron produziert aufgrund verminderter Stimulation im Hypothalamus. Allerdings handelt es sich hierbei um eine isolierte hormonelle Störung. Insbesondere konnte Prof. Dr. St., insoweit in Übereinstimmung mit Prof. Dr. H. (Bericht vom 24. September 1998) und Prof. Dr. R. (Bericht vom 4. Dezember 2001 mit Insulinhypoglykämietest vom 27. November 2001) und entgegen den Ausführungen des Endokrinologen Dr. D. im Bericht vom 15. Januar 2004, beim Kläger keinen Wachstumshormonmangel feststellen, nachdem sich das Wachstumshormon im Insulinhypoglykämietest am 25. November 2004 regelrecht auf 8,8ng/ml hatte stimulieren lassen. Der von Dr. D. zum Nachweis des Wachstumshormonmangels durchgeführte Stimulationstest (körperliche Belastung Treppensteigen) wird nach Darlegung von Prof. Dr. St. bei Erwachsenen als nicht ausreichend erachtet.

Die verminderte Testosteronsekretion hätte aber nach den Ausführungen von Prof. Dr. St. in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfall nachgewiesen werden müssen, um mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit mit einer durch den Unfall hervorgerufenen Schädigung der hypothalamisch-hypophysären Achse in ursächlichem Zusammenhang zu stehen. Eine solche zeitnahe hormonelle Störung ist aber nicht nachgewiesen.

Der Annahme des Klägers, der im Rahmen der stationären Behandlung am 29. Dezember 1983 festgestellte erniedrigte Wert T3 (Trijodthyronin) zeige einen in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfall eingetretenen Hormonmangel, ist Prof. Dr. St. unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass sich die Erniedrigung dieses Wertes durch die diversen Medikamente und auch durch intensivpflichtige Krankheitsbilder erklären lasse, während eine zentrale Ursache, also auch Schäden durch ein SHT, gekennzeichnet seien durch einen erniedrigten T 4- Wert, der aber beim Kläger zu keinem Zeitpunkt dokumentiert wurde.

Zur Abklärung eines evt. sekundären Hypogonadismus, d.h. einer verminderten endokrinen Aktivität der Geschlechtsdrüsen, wurde der Kläger erstmals im Zentrum für innere Medizin der Universität Ulm vom 27. Juni bis 5. Juli 1985 untersucht, wobei ein normaler Hormonstatus mit normaler endogener Rhythmik ohne Hinweis auf eine Hypophysenvorderlappeninsuffizienz erhoben wurde. Der Befundbericht von Prof. Dr. Dr. P. vom 27. August 1985 gelangte erst im Juni 1986 zu den Akten der Beklagten, nachdem der Kläger erst im Mai 1986 die Ärzte der Universitätsklinik Ulm gegenüber der Beklagten von ihrer Schweigepflicht entbunden hatte. Er lag daher auch Dr. St. bei der Erstattung des Gutachtens vom 4. September 1985 nicht vor, weshalb dieser angeregt hatte, die Ergebnisse dieser Untersuchungen beizuziehen. Auch nach den der Beklagten ebenfalls erst im Juni 1986 zugänglich gemachten Berichten über die Untersuchungen des Klägers im Bundeswehrkrankenhaus Ulm im November/ Dezember 1985 und Februar 1986 ergaben weder der im Dezember 1985 noch der im Februar 1986 erhobene Hormonstatus irgendwelche Auffälligkeiten. Vielmehr wurde von Hormongaben irgendwelcher Art dringend abgeraten. Bei der fachübergreifenden Untersuchung in der DKD am 13. Dezember 1989 befand sich der Testosteronwert im oberen Normbereich (Bericht Prof. Dr. S. vom 22. März/3. April 1990). Auch die in der Universitätsklinik Mainz im Januar 1991 durchgeführte Bestimmung von Testosteron und FSH (follikelstimulierendes Hormon) zeigte Werte im Bereich der Norm. Die in der DKD im August 1992 erneut durchgeführte Labordiagnostik ergab hormonell wiederum keine Auffälligkeiten. Auch die Vorstellung bei dem endokrinologischen Konsiliar Prof. Dr. Sch. ergab keine endokrinologischen Auffälligkeiten. Sowohl der Endokrinologe als auch der Urologe schlossen eine organisch bedingte Sexualstörung aus (Bericht von Prof. Dr. S. vom 4./11. September 1992). Eine im Rahmen der Begutachtung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Murnau im September 1993 beabsichtigte weitere Untersuchung der von der Hypophyse aus gesteuerten Hormone lehnte der Kläger ab mit der Begründung, er leide an einem Hormonmangel, der aber labormäßig nicht nachzuweisen sei. Der Urologe Dr. Sch.-V. stellte beim Kläger im Januar 1995 bei der Hormonuntersuchung einen Wert im unteren Normbereich fest (Befundbericht an Dr. B. vom 15. Dezember 1995). Aufgrund einer erneuten endokrinen Funktionsdiagnostik in der DKD am 25. April und 12. Mai 1997 wurde eine Hormonmangelsituation erneut ausgeschlossen. Die Fachbereichsleiterin Endokrinologie der DKD Dr. J.-H. schloss im Bericht vom 15./20. Mai 1997 eine Läsion im Bereich von Hypothalamus-Hypophysenstiel und Hypophyse posttraumatisch aus und hielt die Beschwerden des Klägers nicht für hormonell bedingt. Gaben von Testosteron oder anderen Hormonen (der Kläger hatte angegeben, vor zwei Monaten zuletzt eine Testviron-Injektion erhalten zu haben) hielt sie nicht nur für überflüssig sondern auch für potentiell ungünstig. Schließlich führte auch der Urologe Dr. M. in der DKD am 14. April 1998 eine Kontrolle der hormonellen Werte (Testosteron, FSH, LH und Prolaktin) durch, die alle im Normbereich lagen (Bericht vom 25. Mai 1998).

Bei Prof. Dr. H. zeigte sich ausweislich des Befundberichts vom 29. Juni 1998 - neben ansonsten unauffälligen Laborwerten - am 28. Mai 1998 ein morgendlicher Testosteronwert von 4 ng/ml (Referenzbereich 3,6 - 9.0), den Prof. Dr. H. als für einen 32-Jährigen für zu niedrig bezeichnete und weshalb er eine Testosteronsubstitution vorschlug. Demgegenüber bewertete Dr. M. den bei der Untersuchung am 17. Juni 1999 gefundenen Wert von 4,43 ng/ml (morgens um 8 Uhr bestimmt - Referenzbereich 2,41 - 8,3)) als einen Wert im Normbereich. Dem schließt sich auch der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. St. an, wenn er ausführt, dass die von Prof. Dr. H. 1998 gestellte Diagnose eines "komplexen Androgenmangels" nicht nachvollziehbar sei, da zu diesem Zeitpunkt mit 4,0 ng/ml ein normaler Testosteronspiegel bestanden habe.

Erst bei der erneuten Vorstellung am 13. Dezember 1999 stellte Prof. Dr. H. einen Testosteron-Wert von 2,5 ng/ml und eine relativ niedrige Gesamt-Testosteron-Konzentration fest und empfahl erneut eine niedrig dosierte Testosteron-Substitution unter Verwendung von Androderm-Pflastern (Bericht vom 18.Januar 2000). In der Folge wurde nach Angaben des Klägers gegenüber Prof. Dr. R. bei der ambulanten Vorstellung am 30. Mai 2001 gelegentlich Testosteron gegeben (Bericht vom 30. August 2001). Am 27. November 2001 gab er gegenüber Prof. Dr. R. eine Hormonsubstitution ( Testoviron, HGH, HCG) an, die seit einem Monat abgesetzt wurde. Einen Monat nach Absetzung dieser Medikamente zeigten sich bei Prof. Dr. R. Normalwerte für Testosteron und eine Euthyreose, sodass er dem Kläger eine gute thyreotrope, gonadotrope, corticotrope und somatotrope Hypophysenfunktion bescheinigen und eine Hypophyseninsuffizienz ausschließen konnte. Eine erneute Hormonsubstitution erschien Prof. Dr. R. nicht sinnvoll (Bericht an Dr. B. vom 4. Dezember 2001).

Angesichts dieser aktenkundigen Unterlagen folgt der Senat der Aussage von Prof. Dr. St., dass ein pathologisch erniedrigter Hormonspiegel erst viele Jahre, nämlich zum Ende des Jahres 1999 nach dem Unfall dokumentiert ist, während die zuvor häufig durchgeführten hormonellen Untersuchungen im Normbereich und damit unauffällig waren. Der lange zeitliche Abstand zwischen dem Unfallereignis und der aktenmäßig dokumentierten Hormonstörung spricht ebenso gegen eine unfallbedingte Schädigung der hypothalamisch-hypophysären Achse wie die Tatsache, dass beim Kläger vorrangig eine Atrophie des linken Hodens vorliegt, denn es ist nachvollziehbar und daher überzeugend, dass bei einer unfallbedingten Schädigung der hypothalamisch-hypophysären Achse eine gleichmäßige atrophische Störung an beiden Hoden hätte eintreten müssen.

Auch die linksseitige Hodenatrophie kann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die bei dem Unfall erlittenen Schäden zurückgeführt werden. Eine Verursachung der Atrophie durch hormonelle Störungen ist nach dem bisher Ausgeführten ausgeschlossen. Die Vermutung von Dr. B. im Gesundheitszeugnis vom 29. Juni 1993, die Restsymptomatik nach Hemiparese rechts hinterlasse bestimmte vegetative Funktionsstörungen, welche sich insbesondere auf zirkulatorische Parameter auswirkten und damit möglicherweise trophische Störungen im Bereich links angeordneten Organsystem nach sich ziehen, hat sich nicht objektivieren lassen. Bereits im Bundeswehrkrankenhaus in Ulm konnte ein ursprünglich auffälliger angiologischer dopplersonografischer Befund im Bereich der Penisarterien bei zweimaliger Kontrolle nicht verifiziert werden (Berichte von Prof. Dr. N. vom 13.Januar und 17. März 1986). In diesem Zusammenhang ist auch der vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Bericht des Radiologen Dr. M. aktenkundig, wonach eine Kontrastmitteluntersuchung im B.enbereich am 5. Dezember 1985 keinen Nachweis einer Gefäßstenose, Kompression oder posttraumatischen Verletzung erbracht hat. Dem vom Kläger vorgelegten Bericht von Prof. Dr. S. vom 9./12. März 1993 entnimmt der Senat, dass die am 8. März 1993 in der DKD durchgeführten angiologischen Untersuchungen keinen Nachweis einer Seitendifferenz der globalen Durchblutung der Arme und Beine erbrachten.

Die am 23. Juni 1993 bei einer orientierenden Untersuchung in der Schwerpunktklinik für Gefäßkrankheiten Aggertalklinik in Engelskirchen festgestellte leichte Schwächung des Arteria-radialis-Pulses links wurde zum Anlass genommen, im Rahmen der internistischen Begutachtung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Murnau am 9. September 1993 arterielle Dopplersonographien beider Beine und beider Arme und eine Duplex-Scan-Sonographie der Halsschlagadern und der linken Arteria subclavia durchzuführen. Dr. L. führte im Gutachten vom 9. September 1993, welches der Senat urkundenbeweislich verwertet, aus, diese Untersuchungen hätten alle keine Hinweise auf Durchblutungsstörungen ergeben. Als gemeinsame Ursache für Durchblutungsstörungen des linken Arms und des linken Hodens käme alleine eine Einengung der Hauptschlagader im Aortenbogen in Frage, welche auch zu funktionell bedeutsamen arteriellen Durchblutungsstörungen an beiden Beinen führen würde. Da farbdopplersonographisch entsprechende Veränderungen der Halsschlagadern und dopplersonographisch im Bereich der Beine ausgeschlossen worden seien, könne eine ursächliche Verbindung zwischen angenommenen Durchblutungsstörungen des linken Arms und des linken Hodens ausgeschlossen werden. Zuletzt weist auch Dr. M. in dem mit dem Antrag vom 20. Oktober 1999 vorgelegten Gutachten vom 5. Juli 1999 darauf hin, dass die Ursache der einseitigen Hodenverkleinerung unklar bleibt, zumal sich aus den von ihm erhobenen Befunden diesbezüglich kein Hinweis zum pathophysiologischen Mechanismus ergibt.

Schließlich kann der Senat auch nicht feststellen, dass die erektilen Funktionssstörungen somatische Ursachen haben, die ihrerseits mit Wahrscheinlichkeit auf die bei dem Unfall erlittenen Gesundheitserstschäden zurückgeführt werden können. Nachdem schon die Untersuchungen im Bundeswehrkrankenhaus Ulm im Dezember 1985/Februar 1986 keine organische Ursache der erektilen Dysfunktion zu Tage gefördert hatten, wurden, der Anregung von Prof. Dr. S. folgend, Ende Januar 1991 an der Universitätsklinik in Mainz Untersuchungen im Schlaflabor mit zwei Schlaf-EEG und der Erfassung nächtlicher Erektionen durchgeführt und unter Einbeziehung weiterer Untersuchungen in dem ebenfalls urkundenbeweislich verwerteten Gutachten von Prof. Dr. G. und Dr. Dr. R. vom 3. April 1991 eine organische Potenzstörung ebenfalls ausgeschlossen.

Dr. M. hat in dem vom Kläger mit dem Antrag vom 20. Oktober 1999 vorgelegten Gutachten vom 5. Juli 1999 zwar ausgeführt, die im Gutachten vom 3. April 1991 diagnostizierte psychogene erektile Dysfunktion habe sich im Laufe der Jahre verändert. Während bei einer Untersuchung in der DKD von 1996 noch eine normale Penisdurchblutung durch Farbduplexsonographie festgestellt worden sei, sei bereits 1998 und auch anlässlich der gutachterlichen Untersuchung durch ihn am 17. Juni 1999 eine kombinierte arterielle und cavernöse erektile Fehlfunktion festgestellt worden. Wenn er aber meint, dass deren Ursache mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in den Folgen des SHT zu suchen sei, so bleibt er hierfür eine überzeugende Begründung schuldig. Er beruft sich auf den von Prof. Dr. H. im Bericht vom 29. Juni 1998 diagnostizierten komplexen Androgenmangel, welcher erhöhte Cholesterinwerte hervorrufen könne, die ihrerseits einer arteriellen Beeinträchtigung der Erektionsfunktion Vorschub leisten oder diese auch hervorrufen könnten. Diese Diagnose stützte Prof. H. aber - wie bereits dargelegt - bei im übrigen unauffälligen Laborbefunden lediglich auf einen morgendlichen Testosteronwert von 4 ng/ml (Referenzbereich 3,6 - 9.0), während Dr. M. selbst einen Wert von 4,43 ng/ml (Referenzbereich 2,41 - 8,3) morgens als unauffällig bezeichnete und mitteilte, dass auch bei weiteren Untersuchungen in der DKD bisher nie ein Androgenmangel nachgewiesen worden sei und auch der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. St. den Wert von 4,0 ng/ml als normgerecht und die Diagnose eines "komplexen Androgenmangels" aufgrund dieses Wertes als nicht nachvollziehbar bezeichnete. Damit ist aber ein Androgenmangel 1998 und in der Zeit davor nicht nachgewiesen, sodass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen diesem und der seit bereits 1998 aufgetretenen kombinierten arteriellen und cavernösen erektilen Fehlfunktion nicht hergestellt werden kann.

Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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