Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SB 773/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 654/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von dem Beklagten zu erstattenden Kosten.
Die Bevollmächtigten des Klägers beantragten im Oktober 2004 die Verbescheidung eines beigefügten Änderungsantrages des Klägers auf Erhöhung des Grades der Behinderung (GdB) unter Hinweis auf eine Verschlimmerung orthopädischer Befunde. Der Beklagte lehnte eine höhere Bewertung des GdB ab, nachdem er beim behandelnden Chirurgen einen Befundbericht beigezogen hatte (Bescheid vom 01.02.2005). Diesem Bescheid widersprachen die Bevollmächtigten fristgerecht und verwiesen dabei auf eine Untersuchung in der Vulpiusklinik Bad Rappenau, auf einen aktuellen Befund des behandelnden Psychiaters und eine Verschlimmerung der Schwerhörigkeit. Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens haben die Bevollmächtigten auf Anfrage des Beklagten mitgeteilt, dass ein GdB von 60 begehrt werde. Sie legten ärztliche Atteste des behandelnden Chirurgen, fachärztliche Bescheinigungen eines Facharztes für Psychiatrie sowie eines Facharztes für Allgemeinmedizin vor. Der Beklagte zog einen Bericht über eine ambulante Behandlung in einer orthopädischen Klinik sowie vom behandelnden Hals-Nasen-Ohren-Arzt bei. Außerdem gab er ein nervenfachärztliches Gutachten in Auftrag. Unter Berücksichtigung dieser Befunde erging am 12.12.2005 ein Abhilfebescheid, mit dem der Beklagte den GdB mit 70 seit dem 28.10.2004 festgestellt hat.
Hierauf legten die Bevollmächtigten mit Schreiben vom 21.12.2005 ihre Kostennote vor und machten insgesamt 603,20 EUR an Gebühren geltend. Für das Antragsverfahren sei eine Geschäftsgebühr in Höhe der Mittelgebühr mit 280,00 EUR sowie ein Telekommunikationskostenentgelt in Höhe von 20,00 EUR und für das Rechtsbehelfsverfahren eine Geschäftsgebühr in Höhe einer leicht erhöhten Gebühr von 200,00 EUR und ein Telekommunikationskostenentgelt von 20,00 EUR nebst 83,20 EUR Mehrwertsteuer anzusetzen. Die Erhöhung der Gebühr für das Rechtsbehelfsverfahren rechtfertige sich aus dem erheblichen Aufwand hinsichtlich der zeitlichen Betreuung des Antragstellers nach dem 01.02.2005.
Mit Bescheid vom 08.02.2006 setzte der Beklagte die zu erstattenden Kosten auf 162,40 EUR fest. Im Gegensatz zu den Kosten für das sozialgerichtliche Verfahren werde im Vorverfahren keine Mittelgebühr mehr aus dem Gebührenrahmen gebildet. Der Gesetzgeber habe hierfür vielmehr eine sogenannte "Regelgebühr" festgelegt. Es sei im Vergütungsverzeichnis ausdrücklich bestimmt, dass eine höhere Gebühr als die Regelgebühr (240,00 EUR bzw. 120,00 EUR) nur gefordert werden könne, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Maßgebend sei die Regelgebühr nach der Gebührenziffer 2501 in Höhe von 120,00 EUR, weil die Bevollmächtigten bereits im Verwaltungsverfahren für den Kläger tätig gewesen seien. Die Gebührenziffern 2500 und 2501 könnten nicht kumulativ angesetzt werden. Gründe für ein Überschreiten der Regelgebühr lägen nicht vor. Um einen überdurchschnittlichen Umfang annehmen zu können, bedürfe es eines für den Anwalt zeitaufwändigen Widerspruchsverfahrens mit mehreren auch in rechtlicher Hinsicht anspruchsvollen Schriftsätzen. Die Tätigkeit der Bevollmächtigten habe sich aber in der Einlegung des Widerspruches mit Einreichen einer Vollmacht und der Übersendung der vom Mandanten angeforderten ärztlichen Unterlagen, allerdings ohne weitere Begründung zum Widerspruchsantrag und einer Sachstandsanfrage erschöpft. Das Tätigwerden der Bevollmächtigten sei somit eindeutig nicht über eine Mitwirkung hinausgegangen, die üblicherweise im Widerspruchsverfahren von einem Rechtsanwalt erbracht werde, sodass das konkrete Mitwirken durch die Regelgebühr in Höhe von 120,00 EUR abgegolten sei. Neben der Gebühr nach der Gebührenziffer 2501 berücksichtigte der Beklagte eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR sowie die Mehrwertsteuer hieraus in Höhe von 22,40 EUR.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass auch weiterhin die Auffassung vertreten werde, die VV-Nrn. 2005 und 2501 seien im vorliegenden Fall kumulativ anzuwenden. Die Bevollmächtigten seien sowohl im Antrags- als auch im Rechtsbehelfsverfahren tätig gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er wies darauf hin, dass ein Erstattungsanspruch des Rechtsanwalts gegenüber seinem Mandanten im Verwaltungsverfahren nicht Gegenstand des § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei. Aus den Bestimmungen ergebe sich zweifelsfrei, dass eine Kostenerstattung durch die Verwaltungsbehörde ausschließlich für ein erfolgreich abgeschlossenes Widerspruchsverfahren vorgesehen sei. Für ein vorausgegangenes Verwaltungsverfahren würden Kosten nicht erstattet, wobei es gleichgültig sei, ob ausschließlich ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe oder ob sich dem originären Antragsverfahren ein Widerspruchsverfahren angeschlossen habe. Die Gebührenziffern 2500 und 2501 beträfen beide die Vertretung in bestimmten sozialrechtlichen Angelegenheiten und unterschieden sich nur darin, dass eine (Vertretungs-)Tätigkeit im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren erfolgt sei oder nicht. Damit könnten diese Gebührenziffern nur alternativ angewandt werden.
Hiergegen hat der Kläger am 01.03.2006 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und diese auf die Festsetzung zu erstattender Kosten in Höhe von insgesamt 440,80 EUR beschränkt. Streitig sei, ob die Beklagte lediglich die Gebühr gemäß Ziffer 2501 (Regelgebühr in Höhe von 120,00 EUR) nebst Auslagenpauschalen und Mehrwertsteuer zu erstatten habe oder ob zusätzlich auch die Regelgebühr aus der Ziffer 2500 zu erstatten sei. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Ziffern 2500 und 2501 kumulativ anzuwenden seien, wenn der Rechtsanwalt sowohl im Antragsverfahren als auch im Rechtsbehelfsverfahren tätig gewesen sei. Es müsse unterschieden werden, ob die anwaltliche Tätigkeit vor dem gerichtlichen Verfahren lediglich im Widerspruchsverfahren stattgefunden habe oder auch schon im Antragsverfahren. Sei der Rechtsanwalt lediglich im Widerspruchsverfahren tätig gewesen, erfolge eine Abrechnung über die Ziffer 2500 (Regelgebühr in Höhe von 240,00 EUR). Für den Fall, dass eine Tätigkeit sowohl im Antragsverfahren als auch im Widerspruchsverfahren erfolge, sei die Ziffer 2500 für das Antragsverfahren und die Ziffer 2501 für das Rechtsbehelfsverfahren anzuwenden. Folge man der Rechtsauffassung der Gegenseite, sei im Vergleich zu einem Rechtsanwalt, der ausschließlich im Antragsverfahren tätig gewesen sei, ein geringerer Gebührenrahmen anzusetzen, als wenn der Prozessbevollmächtigte ausschließlich im Rechtsbehelfsverfahren tätig gewesen sei. Ein Prozessbevollmächtigter, der lediglich im Rechtsbehelfsverfahren tätig sei, müsse sich neu in den Sachverhalt einarbeiten, bevor er einen Rechtsbehelf einlege und begründe, und verdiene daher in diesem Fall ebenfalls die höhere Gebühr nach der Ziffer 2500. Eine entsprechende Ansicht werde auch in der Kommentarliteratur (Madert in RVG-Kommentar) vertreten. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hält daran fest, dass vorliegende Gebührenziffern nur alternativ angewandt werden könnten.
Mit Urteil vom 12.12.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass § 63 Abs. 2 SGB X nach Wortlaut und Stellung im Gesetz auf einen förmlichen Rechtsbehelf gegen einen Verwaltungsakt und insbesondere auf ein Vorverfahren nach den §§ 78 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) anwendbar sei. Eine analoge Anwendung des § 63 SGB X auf das Antragsverfahren scheide aus, weil das Gesetz insoweit keine planwidrige Regelungslücke enthalte. Der Verlauf und die Systematik der Gesetzgebung zum SGB X ließen erkennen, dass der Gesetzgeber hier nicht übersehen habe, die vom Kläger gewünschte Erstattungsregelung zu treffen, sondern eine solche nicht gewollt habe. Die Gerichte könnten nicht durch eine Rechtsfortbildung die klare Regelung des § 63 SGB X auf Verfahrensabschnitte vor dem Erlass eines Verwaltungsaktes erstrecken. Weil der Bevollmächtigte des Klägers im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren und im Widerspruchsverfahren tätig gewesen sei, sei im Widerspruchsverfahren die Geschäftsgebühr nach Ziffer 2501 entstanden, die der Beklagte demnach im Rahmen der Erstattung richtig zugrunde gelegt habe. Für eine Anhebung der Gebühr dergestalt, dass die für das dem Widerspruchsverfahren vorausgegangene Verwaltungsverfahren angesetzte Gebühr nach Ziffer 2500 für das Widerspruchsverfahren angesetzt werde, sei kein Raum. Wer im Verwaltungsverfahren einen Anwalt beauftrage, müsse damit rechnen, dass die Kosten in dem dem Widerspruchsverfahren vorausgehenden Verwaltungsverfahren nicht erstattet werden könnten. Hätte der Beklagte schon aufgrund der Tätigkeit des Bevollmächtigten des Klägers in dem dem Widerspruchsverfahren vorausgegangenen Verwaltungsverfahren den begehrten GdB festgestellt, wäre es zu einem Widerspruchsverfahren gar nicht erst gekommen und der Kläger hätte alle seine Kosten selbst tragen müssen. Insoweit sei auch nicht erkennbar, dass er durch die Erstattung der geringeren Kosten des Vorverfahrens benachteiligt werde. Das SG hat die Berufung zugelassen.
Gegen das dem Kläger am 05.01.2007 zugestellte Urteil hat dieser am 30.01.2007 Berufung eingelegt.
Der Kläger verbleibt bei seiner Auffassung, dass es für die Anwendung des § 63 Abs. 2 SGB X nicht darauf ankomme, ob ein förmlicher Rechtsbehelf gegen einen bereits erlassenen Verwaltungsakt eingelegt worden sei oder ob, wie im vorliegenden Fall, förmlich ein Antrag auf Vornahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes gestellt worden sei. Einzig entscheidend könne nur sein, ob das Kriterium der Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten gegeben gewesen sei. Der Begriff des Vorverfahrens, wie er von § 63 Abs. 2 SGB X verwandt werde, betreffe sowohl das Rechtsmittelverfahren gegen einen ursprünglich benachteiligenden Verwaltungsakt als auch das Antragsverfahren auf Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes. Sowohl gegen die Ablehnung eines Antrages als auch gegen einen ursprünglich benachteiligenden Verwaltungsakt sei dann ein Rechtsmittel in Gestalt des Widerspruches möglich. Der Begriff des Vorverfahrens aus § 78 SGG sei im Kontext mit der Konzeption des Rechtsmittels gegen einen negativen Ausgangsbescheid und negativen Widerspruchsbescheid zu sehen. Einer Verpflichtungsklage ginge notwendigerweise ein Antrag auf Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes, eine Negativentscheidung durch einen Ablehnungsbescheid, ein Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid und ein negativer Widerspruchsbescheid voraus. Das Antragsverfahren gehöre daher zum Vorverfahren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2006 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, weitere 278,40 EUR zu bezahlen,
sowie festzustellen, dass die Kosten des Klägers im Vorverfahren erstattungsfähig sind.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er weist darauf hin, dass weder nach dem bisherigen Recht, noch nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) Kosten für ein vorausgegangenes Antragsverfahren zu erstatten gewesen seien bzw. zu erstatten sind. Dabei sei es ohne Belang, ob ausschließlich ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe oder sich dem originären Antragsverfahren noch ein Widerspruchsverfahren angeschlossen habe. Ein Erstattungsanspruch des Bevollmächtigten gegenüber seinem Mandanten im Verwaltungsverfahren scheitere bereits an einer entsprechenden Rechtsgrundlage, insbesondere sei sie nicht Gegenstand des § 63 SGB X.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die vom SG zugelassene und nach § 144 Abs. 4 SGG nicht ausgeschlossene Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG) entscheiden kann, ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erstattung weiterer Kosten.
Die Anspruchsgrundlage für die Erstattung ergibt sich aus § 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X. Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, nur soweit der Widerspruch erfolgreich ist, demjenigen, der den Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest (§ 63 Abs. 3 Satz 1 SGB X). Der Umfang der notwendigen Aufwendungen für den Prozessbevollmächtigten des Klägers richtet sich nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -) i.V.m. dem "Vergütungsverzeichnis" (VV), Art. 1 und 8 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG -) vom 5. Mai 2004, da der Auftrag zur Vertretung des Klägers nach dem 30. Juni 2004 (vgl. § 61 RVG) erteilt worden war. In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, entstehen nach § 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 RVG auch außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens Betragsrahmengebühren. Das ist vorliegend der Fall, weil der Kläger als behinderter Mensch zu den in § 183 Satz 1 SGG genannten Personen gehört und für diese das GKG keine Anwendung findet (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG). Die Höhe der Vergütung bestimmt sich gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG nach dem VV der Anlage 1 zum RVG in der bis 30. Juni 2006 geltenden Fassung. Laut Teil 2 Abschnitt 5 (Vertretung in bestimmten sozialrechtlichen Angelegenheiten) Nr. 2500 VV-RVG (seit 01.07.2006 Nr. 2400) beträgt die Geschäftsgebühr in den sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen in gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG) 40,00 bis 520,00 EUR. Einschränkend enthält das VV zu diesem Gebührentatbestand den Zusatz, dass eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Laut Nr. 2501 VV-RVG beträgt die Gebühr Nr. 2500 VV-RVG für das weitere, der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienende Verwaltungsverfahren, sofern eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, 40,00 - 260,00 EUR. Das VV bestimmt in Zusätzen zu dieser Gebühren-Nummer, dass bei der Bemessung der Gebühr nicht zu berücksichtigen ist, dass der Umfang der Tätigkeit infolge der Tätigkeit im Verwaltungsverfahren geringer ist (Ziffer 1), und dass eine Gebühr von mehr als 120,00 EUR nur dann gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (Ziffer 2). Der Zusatz unter Ziffer 1 trägt dem Umstand Rechnung, dass sich der ersparte Aufwand des Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren durch seine vorausgegangene Tätigkeit im Verwaltungsverfahren bereits im niedrigeren Gebührenrahmen der Nr. 2501 VV-RVG niederschlägt und daher nicht mehr bei der Bemessung zu berücksichtigen ist.
Die Bestimmung der als Betragsrahmengebühr ausgestalteten Geschäftsgebühr nach § 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 RVG erfolgt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG und den im VV enthaltenen Einschränkungen und Vorgaben. Danach hat der Rechtsanwalt die Rahmengebühr zwar unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen. In "durchschnittlichen" Fällen nach den Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG ist die Mittelgebühr aber wegen der Zusätze zu Nrn. 2500, 2501 RVG nur anzusetzen, wenn Umfang oder Schwierigkeit über dem Durchschnitt liegt. Ist dies nicht der Fall, ist statt der Regelmittelgebühr die "Schwellengebühr" (oder "Regelgebühr", wie sie vom Beklagten bezeichnet wurde) von 240,00 EUR bzw. 120,00 EUR bei Nr. 2501 VV-RVG als billig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG anzusetzen.
Für eine weitergehende Erstattungspflicht des Beklagten ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Nach den Regelungen des § 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X sind durch den Beklagten lediglich die Kosten des Vorverfahrens zu erstatten. Diese Vorschrift, nach der die Verwaltung demjenigen, der erfolgreich Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt eingelegt hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu ersetzen hat (§ 63 Abs. 1 Satz 1), und zwar auch Gebühren und Auslagen eines als Bevollmächtigten notwendig im Vorverfahren tätig gewordenen Rechtsanwalts (§ 63 Abs. 2 SGB X), ist nach Wortlaut und nach Stellung im Gesetz - im fünften Abschnitt über das Rechtsbehelfsverfahren - nur auf einen förmlichen Rechtsbehelf gegen einen Verwaltungsakt (vgl. § 62 SGB X), u.a. auf ein Vorverfahren nach den §§ 78 ff SGG, anwendbar, wie das Bundessozialgericht bereits mit Urteil vom 12.12.1990 (9a/9 RVs 13/89 in SozR 3-1300 § 63 Nr 1) entschieden hat. Die Vorschriften über die Einbeziehung von Kosten für eine notwendige Vertretung durch einen Rechtsanwalt (§ 63 Abs. 2 SGB X sowie § 193 Abs. 3 SGG) kennzeichnen dabei lediglich den Umfang der Erstattung unter der Voraussetzung, dass nach dem jeweiligen ersten Absatz des Paragrafen dem Grunde nach ein Anspruch besteht. Eine Kostenerstattung für das dem Vorverfahren vorausgehenden Verwaltungsverfahren kommt deshalb nur dann in Betracht wenn und soweit spezielle Regelungen wie z.B. § 65a Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) dies vorsehen. Dies gilt selbst dann, wenn einem Antrag des Betroffenen ganz oder teilweise entsprochen wird (BSGE 55, 92, 93). Eine derartige spezielle Regelung, wonach Kosten des Verwaltungsverfahrens zu erstatten wären, liegt hier nicht vor. In § 17 Nr. 1 RVG ist - im Unterschied zu früheren Vorschriften des § 119 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung – auch ausdrücklich geregelt, dass es sich beim Verwaltungsverfahren und bei einem dem gerichtlichen Verfahren vorausgehenden und der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden weiteren Verwaltungsverfahren um verschiedene Angelegenheiten handelt. Eine Erstattung der im Verwaltungsverfahren angefallenen Gebühr nach Nr. 2500 VV-RVG ist daher nicht möglich.
Ebenso wenig kann jedoch für die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren wegen des Zusatzes II zu Nr. 2501 VV-RVG ein höherer Betrag als die "Schwellengebühr" von 120,00 EUR beansprucht werden. Der Senat stimmt insoweit mit den Ausführungen des Beklagten im Bescheid vom 08.02.2006 überein, dass die anwaltliche Tätigkeit im vorliegenden Fall nicht umfangreich oder schwierig gewesen ist. Es besteht auch keine Regelungslücke, die Anlass zu einer erweiterten Auslegung gibt, wonach der Beklagte verpflichtet wäre, eine höhere Gebühr zu erstatten, als dies in Nr. 2501 VV-RVG für das Vorverfahren bei vorangegangener anwaltlicher Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorgesehen ist. Aus den §§ 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X, 17, 2 RVG i.V.m. Nr. 2501 VV-RVG geht gerade nicht hervor, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, einen Antragsteller, der seinen Anwalt bereits im Rahmen des Antragsverfahrens eingeschaltet hatte, hinsichtlich der Höhe der zu erstattenden Gebühren mit einem Antragsteller, der seinen Anwalt erst im Vorverfahren hinzuzieht, gleichzustellen. Eine Benachteiligung des Betroffenen ist nicht ersichtlich, die im Verwaltungsverfahren entstandene Gebühr nach Nr. 2500 VV-RVG wie oben dargelegt generell nicht erstattungsfähig ist, die im Vorverfahren anfallende niedrigere Gebühr nach Nr. 2501 VV-RVG den Betroffenen vom Rechtsträger aber in vollem Umfang erstattet wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von dem Beklagten zu erstattenden Kosten.
Die Bevollmächtigten des Klägers beantragten im Oktober 2004 die Verbescheidung eines beigefügten Änderungsantrages des Klägers auf Erhöhung des Grades der Behinderung (GdB) unter Hinweis auf eine Verschlimmerung orthopädischer Befunde. Der Beklagte lehnte eine höhere Bewertung des GdB ab, nachdem er beim behandelnden Chirurgen einen Befundbericht beigezogen hatte (Bescheid vom 01.02.2005). Diesem Bescheid widersprachen die Bevollmächtigten fristgerecht und verwiesen dabei auf eine Untersuchung in der Vulpiusklinik Bad Rappenau, auf einen aktuellen Befund des behandelnden Psychiaters und eine Verschlimmerung der Schwerhörigkeit. Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens haben die Bevollmächtigten auf Anfrage des Beklagten mitgeteilt, dass ein GdB von 60 begehrt werde. Sie legten ärztliche Atteste des behandelnden Chirurgen, fachärztliche Bescheinigungen eines Facharztes für Psychiatrie sowie eines Facharztes für Allgemeinmedizin vor. Der Beklagte zog einen Bericht über eine ambulante Behandlung in einer orthopädischen Klinik sowie vom behandelnden Hals-Nasen-Ohren-Arzt bei. Außerdem gab er ein nervenfachärztliches Gutachten in Auftrag. Unter Berücksichtigung dieser Befunde erging am 12.12.2005 ein Abhilfebescheid, mit dem der Beklagte den GdB mit 70 seit dem 28.10.2004 festgestellt hat.
Hierauf legten die Bevollmächtigten mit Schreiben vom 21.12.2005 ihre Kostennote vor und machten insgesamt 603,20 EUR an Gebühren geltend. Für das Antragsverfahren sei eine Geschäftsgebühr in Höhe der Mittelgebühr mit 280,00 EUR sowie ein Telekommunikationskostenentgelt in Höhe von 20,00 EUR und für das Rechtsbehelfsverfahren eine Geschäftsgebühr in Höhe einer leicht erhöhten Gebühr von 200,00 EUR und ein Telekommunikationskostenentgelt von 20,00 EUR nebst 83,20 EUR Mehrwertsteuer anzusetzen. Die Erhöhung der Gebühr für das Rechtsbehelfsverfahren rechtfertige sich aus dem erheblichen Aufwand hinsichtlich der zeitlichen Betreuung des Antragstellers nach dem 01.02.2005.
Mit Bescheid vom 08.02.2006 setzte der Beklagte die zu erstattenden Kosten auf 162,40 EUR fest. Im Gegensatz zu den Kosten für das sozialgerichtliche Verfahren werde im Vorverfahren keine Mittelgebühr mehr aus dem Gebührenrahmen gebildet. Der Gesetzgeber habe hierfür vielmehr eine sogenannte "Regelgebühr" festgelegt. Es sei im Vergütungsverzeichnis ausdrücklich bestimmt, dass eine höhere Gebühr als die Regelgebühr (240,00 EUR bzw. 120,00 EUR) nur gefordert werden könne, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Maßgebend sei die Regelgebühr nach der Gebührenziffer 2501 in Höhe von 120,00 EUR, weil die Bevollmächtigten bereits im Verwaltungsverfahren für den Kläger tätig gewesen seien. Die Gebührenziffern 2500 und 2501 könnten nicht kumulativ angesetzt werden. Gründe für ein Überschreiten der Regelgebühr lägen nicht vor. Um einen überdurchschnittlichen Umfang annehmen zu können, bedürfe es eines für den Anwalt zeitaufwändigen Widerspruchsverfahrens mit mehreren auch in rechtlicher Hinsicht anspruchsvollen Schriftsätzen. Die Tätigkeit der Bevollmächtigten habe sich aber in der Einlegung des Widerspruches mit Einreichen einer Vollmacht und der Übersendung der vom Mandanten angeforderten ärztlichen Unterlagen, allerdings ohne weitere Begründung zum Widerspruchsantrag und einer Sachstandsanfrage erschöpft. Das Tätigwerden der Bevollmächtigten sei somit eindeutig nicht über eine Mitwirkung hinausgegangen, die üblicherweise im Widerspruchsverfahren von einem Rechtsanwalt erbracht werde, sodass das konkrete Mitwirken durch die Regelgebühr in Höhe von 120,00 EUR abgegolten sei. Neben der Gebühr nach der Gebührenziffer 2501 berücksichtigte der Beklagte eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR sowie die Mehrwertsteuer hieraus in Höhe von 22,40 EUR.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass auch weiterhin die Auffassung vertreten werde, die VV-Nrn. 2005 und 2501 seien im vorliegenden Fall kumulativ anzuwenden. Die Bevollmächtigten seien sowohl im Antrags- als auch im Rechtsbehelfsverfahren tätig gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er wies darauf hin, dass ein Erstattungsanspruch des Rechtsanwalts gegenüber seinem Mandanten im Verwaltungsverfahren nicht Gegenstand des § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei. Aus den Bestimmungen ergebe sich zweifelsfrei, dass eine Kostenerstattung durch die Verwaltungsbehörde ausschließlich für ein erfolgreich abgeschlossenes Widerspruchsverfahren vorgesehen sei. Für ein vorausgegangenes Verwaltungsverfahren würden Kosten nicht erstattet, wobei es gleichgültig sei, ob ausschließlich ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe oder ob sich dem originären Antragsverfahren ein Widerspruchsverfahren angeschlossen habe. Die Gebührenziffern 2500 und 2501 beträfen beide die Vertretung in bestimmten sozialrechtlichen Angelegenheiten und unterschieden sich nur darin, dass eine (Vertretungs-)Tätigkeit im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren erfolgt sei oder nicht. Damit könnten diese Gebührenziffern nur alternativ angewandt werden.
Hiergegen hat der Kläger am 01.03.2006 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und diese auf die Festsetzung zu erstattender Kosten in Höhe von insgesamt 440,80 EUR beschränkt. Streitig sei, ob die Beklagte lediglich die Gebühr gemäß Ziffer 2501 (Regelgebühr in Höhe von 120,00 EUR) nebst Auslagenpauschalen und Mehrwertsteuer zu erstatten habe oder ob zusätzlich auch die Regelgebühr aus der Ziffer 2500 zu erstatten sei. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Ziffern 2500 und 2501 kumulativ anzuwenden seien, wenn der Rechtsanwalt sowohl im Antragsverfahren als auch im Rechtsbehelfsverfahren tätig gewesen sei. Es müsse unterschieden werden, ob die anwaltliche Tätigkeit vor dem gerichtlichen Verfahren lediglich im Widerspruchsverfahren stattgefunden habe oder auch schon im Antragsverfahren. Sei der Rechtsanwalt lediglich im Widerspruchsverfahren tätig gewesen, erfolge eine Abrechnung über die Ziffer 2500 (Regelgebühr in Höhe von 240,00 EUR). Für den Fall, dass eine Tätigkeit sowohl im Antragsverfahren als auch im Widerspruchsverfahren erfolge, sei die Ziffer 2500 für das Antragsverfahren und die Ziffer 2501 für das Rechtsbehelfsverfahren anzuwenden. Folge man der Rechtsauffassung der Gegenseite, sei im Vergleich zu einem Rechtsanwalt, der ausschließlich im Antragsverfahren tätig gewesen sei, ein geringerer Gebührenrahmen anzusetzen, als wenn der Prozessbevollmächtigte ausschließlich im Rechtsbehelfsverfahren tätig gewesen sei. Ein Prozessbevollmächtigter, der lediglich im Rechtsbehelfsverfahren tätig sei, müsse sich neu in den Sachverhalt einarbeiten, bevor er einen Rechtsbehelf einlege und begründe, und verdiene daher in diesem Fall ebenfalls die höhere Gebühr nach der Ziffer 2500. Eine entsprechende Ansicht werde auch in der Kommentarliteratur (Madert in RVG-Kommentar) vertreten. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hält daran fest, dass vorliegende Gebührenziffern nur alternativ angewandt werden könnten.
Mit Urteil vom 12.12.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass § 63 Abs. 2 SGB X nach Wortlaut und Stellung im Gesetz auf einen förmlichen Rechtsbehelf gegen einen Verwaltungsakt und insbesondere auf ein Vorverfahren nach den §§ 78 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) anwendbar sei. Eine analoge Anwendung des § 63 SGB X auf das Antragsverfahren scheide aus, weil das Gesetz insoweit keine planwidrige Regelungslücke enthalte. Der Verlauf und die Systematik der Gesetzgebung zum SGB X ließen erkennen, dass der Gesetzgeber hier nicht übersehen habe, die vom Kläger gewünschte Erstattungsregelung zu treffen, sondern eine solche nicht gewollt habe. Die Gerichte könnten nicht durch eine Rechtsfortbildung die klare Regelung des § 63 SGB X auf Verfahrensabschnitte vor dem Erlass eines Verwaltungsaktes erstrecken. Weil der Bevollmächtigte des Klägers im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren und im Widerspruchsverfahren tätig gewesen sei, sei im Widerspruchsverfahren die Geschäftsgebühr nach Ziffer 2501 entstanden, die der Beklagte demnach im Rahmen der Erstattung richtig zugrunde gelegt habe. Für eine Anhebung der Gebühr dergestalt, dass die für das dem Widerspruchsverfahren vorausgegangene Verwaltungsverfahren angesetzte Gebühr nach Ziffer 2500 für das Widerspruchsverfahren angesetzt werde, sei kein Raum. Wer im Verwaltungsverfahren einen Anwalt beauftrage, müsse damit rechnen, dass die Kosten in dem dem Widerspruchsverfahren vorausgehenden Verwaltungsverfahren nicht erstattet werden könnten. Hätte der Beklagte schon aufgrund der Tätigkeit des Bevollmächtigten des Klägers in dem dem Widerspruchsverfahren vorausgegangenen Verwaltungsverfahren den begehrten GdB festgestellt, wäre es zu einem Widerspruchsverfahren gar nicht erst gekommen und der Kläger hätte alle seine Kosten selbst tragen müssen. Insoweit sei auch nicht erkennbar, dass er durch die Erstattung der geringeren Kosten des Vorverfahrens benachteiligt werde. Das SG hat die Berufung zugelassen.
Gegen das dem Kläger am 05.01.2007 zugestellte Urteil hat dieser am 30.01.2007 Berufung eingelegt.
Der Kläger verbleibt bei seiner Auffassung, dass es für die Anwendung des § 63 Abs. 2 SGB X nicht darauf ankomme, ob ein förmlicher Rechtsbehelf gegen einen bereits erlassenen Verwaltungsakt eingelegt worden sei oder ob, wie im vorliegenden Fall, förmlich ein Antrag auf Vornahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes gestellt worden sei. Einzig entscheidend könne nur sein, ob das Kriterium der Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten gegeben gewesen sei. Der Begriff des Vorverfahrens, wie er von § 63 Abs. 2 SGB X verwandt werde, betreffe sowohl das Rechtsmittelverfahren gegen einen ursprünglich benachteiligenden Verwaltungsakt als auch das Antragsverfahren auf Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes. Sowohl gegen die Ablehnung eines Antrages als auch gegen einen ursprünglich benachteiligenden Verwaltungsakt sei dann ein Rechtsmittel in Gestalt des Widerspruches möglich. Der Begriff des Vorverfahrens aus § 78 SGG sei im Kontext mit der Konzeption des Rechtsmittels gegen einen negativen Ausgangsbescheid und negativen Widerspruchsbescheid zu sehen. Einer Verpflichtungsklage ginge notwendigerweise ein Antrag auf Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes, eine Negativentscheidung durch einen Ablehnungsbescheid, ein Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid und ein negativer Widerspruchsbescheid voraus. Das Antragsverfahren gehöre daher zum Vorverfahren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2006 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, weitere 278,40 EUR zu bezahlen,
sowie festzustellen, dass die Kosten des Klägers im Vorverfahren erstattungsfähig sind.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er weist darauf hin, dass weder nach dem bisherigen Recht, noch nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) Kosten für ein vorausgegangenes Antragsverfahren zu erstatten gewesen seien bzw. zu erstatten sind. Dabei sei es ohne Belang, ob ausschließlich ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe oder sich dem originären Antragsverfahren noch ein Widerspruchsverfahren angeschlossen habe. Ein Erstattungsanspruch des Bevollmächtigten gegenüber seinem Mandanten im Verwaltungsverfahren scheitere bereits an einer entsprechenden Rechtsgrundlage, insbesondere sei sie nicht Gegenstand des § 63 SGB X.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die vom SG zugelassene und nach § 144 Abs. 4 SGG nicht ausgeschlossene Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG) entscheiden kann, ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erstattung weiterer Kosten.
Die Anspruchsgrundlage für die Erstattung ergibt sich aus § 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X. Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, nur soweit der Widerspruch erfolgreich ist, demjenigen, der den Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest (§ 63 Abs. 3 Satz 1 SGB X). Der Umfang der notwendigen Aufwendungen für den Prozessbevollmächtigten des Klägers richtet sich nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -) i.V.m. dem "Vergütungsverzeichnis" (VV), Art. 1 und 8 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG -) vom 5. Mai 2004, da der Auftrag zur Vertretung des Klägers nach dem 30. Juni 2004 (vgl. § 61 RVG) erteilt worden war. In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, entstehen nach § 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 RVG auch außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens Betragsrahmengebühren. Das ist vorliegend der Fall, weil der Kläger als behinderter Mensch zu den in § 183 Satz 1 SGG genannten Personen gehört und für diese das GKG keine Anwendung findet (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG). Die Höhe der Vergütung bestimmt sich gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG nach dem VV der Anlage 1 zum RVG in der bis 30. Juni 2006 geltenden Fassung. Laut Teil 2 Abschnitt 5 (Vertretung in bestimmten sozialrechtlichen Angelegenheiten) Nr. 2500 VV-RVG (seit 01.07.2006 Nr. 2400) beträgt die Geschäftsgebühr in den sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen in gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG) 40,00 bis 520,00 EUR. Einschränkend enthält das VV zu diesem Gebührentatbestand den Zusatz, dass eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Laut Nr. 2501 VV-RVG beträgt die Gebühr Nr. 2500 VV-RVG für das weitere, der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienende Verwaltungsverfahren, sofern eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, 40,00 - 260,00 EUR. Das VV bestimmt in Zusätzen zu dieser Gebühren-Nummer, dass bei der Bemessung der Gebühr nicht zu berücksichtigen ist, dass der Umfang der Tätigkeit infolge der Tätigkeit im Verwaltungsverfahren geringer ist (Ziffer 1), und dass eine Gebühr von mehr als 120,00 EUR nur dann gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (Ziffer 2). Der Zusatz unter Ziffer 1 trägt dem Umstand Rechnung, dass sich der ersparte Aufwand des Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren durch seine vorausgegangene Tätigkeit im Verwaltungsverfahren bereits im niedrigeren Gebührenrahmen der Nr. 2501 VV-RVG niederschlägt und daher nicht mehr bei der Bemessung zu berücksichtigen ist.
Die Bestimmung der als Betragsrahmengebühr ausgestalteten Geschäftsgebühr nach § 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 RVG erfolgt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG und den im VV enthaltenen Einschränkungen und Vorgaben. Danach hat der Rechtsanwalt die Rahmengebühr zwar unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen. In "durchschnittlichen" Fällen nach den Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG ist die Mittelgebühr aber wegen der Zusätze zu Nrn. 2500, 2501 RVG nur anzusetzen, wenn Umfang oder Schwierigkeit über dem Durchschnitt liegt. Ist dies nicht der Fall, ist statt der Regelmittelgebühr die "Schwellengebühr" (oder "Regelgebühr", wie sie vom Beklagten bezeichnet wurde) von 240,00 EUR bzw. 120,00 EUR bei Nr. 2501 VV-RVG als billig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG anzusetzen.
Für eine weitergehende Erstattungspflicht des Beklagten ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Nach den Regelungen des § 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X sind durch den Beklagten lediglich die Kosten des Vorverfahrens zu erstatten. Diese Vorschrift, nach der die Verwaltung demjenigen, der erfolgreich Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt eingelegt hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu ersetzen hat (§ 63 Abs. 1 Satz 1), und zwar auch Gebühren und Auslagen eines als Bevollmächtigten notwendig im Vorverfahren tätig gewordenen Rechtsanwalts (§ 63 Abs. 2 SGB X), ist nach Wortlaut und nach Stellung im Gesetz - im fünften Abschnitt über das Rechtsbehelfsverfahren - nur auf einen förmlichen Rechtsbehelf gegen einen Verwaltungsakt (vgl. § 62 SGB X), u.a. auf ein Vorverfahren nach den §§ 78 ff SGG, anwendbar, wie das Bundessozialgericht bereits mit Urteil vom 12.12.1990 (9a/9 RVs 13/89 in SozR 3-1300 § 63 Nr 1) entschieden hat. Die Vorschriften über die Einbeziehung von Kosten für eine notwendige Vertretung durch einen Rechtsanwalt (§ 63 Abs. 2 SGB X sowie § 193 Abs. 3 SGG) kennzeichnen dabei lediglich den Umfang der Erstattung unter der Voraussetzung, dass nach dem jeweiligen ersten Absatz des Paragrafen dem Grunde nach ein Anspruch besteht. Eine Kostenerstattung für das dem Vorverfahren vorausgehenden Verwaltungsverfahren kommt deshalb nur dann in Betracht wenn und soweit spezielle Regelungen wie z.B. § 65a Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) dies vorsehen. Dies gilt selbst dann, wenn einem Antrag des Betroffenen ganz oder teilweise entsprochen wird (BSGE 55, 92, 93). Eine derartige spezielle Regelung, wonach Kosten des Verwaltungsverfahrens zu erstatten wären, liegt hier nicht vor. In § 17 Nr. 1 RVG ist - im Unterschied zu früheren Vorschriften des § 119 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung – auch ausdrücklich geregelt, dass es sich beim Verwaltungsverfahren und bei einem dem gerichtlichen Verfahren vorausgehenden und der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden weiteren Verwaltungsverfahren um verschiedene Angelegenheiten handelt. Eine Erstattung der im Verwaltungsverfahren angefallenen Gebühr nach Nr. 2500 VV-RVG ist daher nicht möglich.
Ebenso wenig kann jedoch für die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren wegen des Zusatzes II zu Nr. 2501 VV-RVG ein höherer Betrag als die "Schwellengebühr" von 120,00 EUR beansprucht werden. Der Senat stimmt insoweit mit den Ausführungen des Beklagten im Bescheid vom 08.02.2006 überein, dass die anwaltliche Tätigkeit im vorliegenden Fall nicht umfangreich oder schwierig gewesen ist. Es besteht auch keine Regelungslücke, die Anlass zu einer erweiterten Auslegung gibt, wonach der Beklagte verpflichtet wäre, eine höhere Gebühr zu erstatten, als dies in Nr. 2501 VV-RVG für das Vorverfahren bei vorangegangener anwaltlicher Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorgesehen ist. Aus den §§ 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X, 17, 2 RVG i.V.m. Nr. 2501 VV-RVG geht gerade nicht hervor, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, einen Antragsteller, der seinen Anwalt bereits im Rahmen des Antragsverfahrens eingeschaltet hatte, hinsichtlich der Höhe der zu erstattenden Gebühren mit einem Antragsteller, der seinen Anwalt erst im Vorverfahren hinzuzieht, gleichzustellen. Eine Benachteiligung des Betroffenen ist nicht ersichtlich, die im Verwaltungsverfahren entstandene Gebühr nach Nr. 2500 VV-RVG wie oben dargelegt generell nicht erstattungsfähig ist, die im Vorverfahren anfallende niedrigere Gebühr nach Nr. 2501 VV-RVG den Betroffenen vom Rechtsträger aber in vollem Umfang erstattet wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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