Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 5345/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1350/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.02.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin über den 09.10.2006 hinaus Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines versicherten Unfalls am 12.01.2006 zustehen.
Die Klägerin wartete auf dem Weg zur Arbeit mit ihrem Kfz vor einer roten Ampel als ein nachfolgendes Fahrzeug auf das Heck ihres Autos auffuhr. Sie suchte am Unfalltag die Praxis der H-Ärzte Dres. S. und R. auf, wo sie angab, nach einem beschwerdearmen Intervall von einer Stunde habe sie beginnende Nackenschmerzen mit Ausstrahlung in die Brustwirbelsäule (BWS) bekommen. Dr. R. diagnostizierte am 12.01.2006 eine Halswirbelsäulen(HWS)-Distorsion bei Schonhaltung der HWS mit endgradiger Einschränkung der Rotations- und Inklinationsbewegung auf Grund von Schmerzen mit Druckschmerz paravertebral im Bereich der unteren HWS und der oberen BWS, ohne sensomotorische Defizite. Der Röntgenbefund habe eine HWS mit verstärkter Lordosekrümmung und ohne Anhalt für knöcherne Läsionen bzw. Wirbelkörperverschiebungen sowie für Weichteilschatten im Sinne eines retropharingialen Hämatoms ergeben. Eine Arbeitsunfähigkeit wurde von 12.01.2006 bis voraussichtlich 15.01.2006 bescheinigt (H-Arztbericht von Dr. R. vom 16.01.2006). Am 17.01.2006 stellte sich die Klägerin erneut in der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dres. S. und R. vor. Sie habe die verordnete Medikation schlecht vertragen. Die in die Schulter ausstrahlende Beschwerdesymptomatik sei komplett gebessert, es seien jedoch Schwindel und Schluckstörungen hinzugetreten. Dr. R. erhob eine freie Beweglichkeit der HWS mit geringem paravertebralen Muskelhartspann zervikal, einen Druckschmerz im Bereich des Hinterhauptes und am Nacken sowie eine seitengleiche Schulterbeweglichkeit. Er verordnete eine krankengymnastische Übungsbehandlung (Zwischenbericht von Dr. R. vom 19.01.2006). Arbeitsfähigkeit trat am 21.01.2006 wieder ein (Zwischenbericht von Dr. R. vom 30.01.2006). Wegen fortbestehender Restbeschwerden bei deutlicher Beschwerdebesserung, ohne sensomotorische Defizite und ohne Schwindelproblematik (Zwischenbericht von Dr. S. vom 06.03. 2006) wurden in der Folge weitere krankengymnastische Übungsbehandlungen verordnet. Eine zusätzliche Therapie mit Akupunktur wurde auf Antrag des H-Arztes Dr. S. (Zwischenbericht vom 04.05.2006) von der Beklagten genehmigt (Schreiben vom 29.05.2006). Unter der Diagnose einer HWS-Distorsion Grad I bis II mit prolongierter Restproblematik teilte Dr. S. nach Untersuchung der Klägerin am 09.10.2006 die erreichte Vollbelastung im Alltagsleben und im Berufsleben mit und gab den Abschluss der Behandlung zur Lasten der Beklagten bekannt. Nach Abschluss der Akupunkturbehandlung und deutlicher Beschwerdebesserung sei die Weiterbehandlung etwaiger Veränderungen nicht mehr auf die Unfallfolgen zurückzuführen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei nicht verblieben (Zwischenbericht von Dr. S. vom 18.10.2006).
Mit Bescheid vom 05.03.2007 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen über den 09.10.2006 hinaus ab. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, denn sie sei nach wie vor in ärztlicher Behandlung, was auf die Unfallfolgen zurückzuführen sei. Sie beantragte u. a. die Übernahme der Kosten einer Stosswellentherapie unter Hinweis auf den Kostenvoranschlag zur Vorlage bei der Krankenversicherung von Dr. R. vom 08.01.2007. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die Klägerin hat am 09.07.2007 beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben, die sie trotz Aufforderung nicht begründet hat. Mit Gerichtsbescheid vom 13.02.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Gegen den ihr am 18.02.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18.03.2003 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Unfallfolgen seien entgegen der Beurteilung der Beklagten bis heute nicht vollständig ausgeheilt. Zum Beweis werde die Einholung eines orthopädischen Gutachtens angeregt. Sie befinde sich seit dem Unfalltag ununterbrochen in fachärztlicher Behandlung. Auf Grund einer kernspintomografischen Diagnostik am 05.01.2007 habe sich eine Bandscheibenvorwölbung am Halswirbelkörper(HWK)-Segment 5/6 und 6/7 ergeben. Die Klägerin verweist auf den vorgelegten Arztbrief von Dr. R. vom 18.02.2008, in dem ausgeführt ist, nach derzeit gültiger Erkenntnis aus umfangreichen Untersuchungen und Veröffentlichungen sei eine HWS-Distorsion Grad I ca. sechs Monaten nach dem Unfallereignis abgeheilt. Nach seiner Erfahrung gebe es Patienten, die subjektiv über diesen Zeitraum hinaus über fortbestehende Beschwerden klagten. Vielfach gebe es jedoch im Alltags- und Berufsleben auch Umstände, welche unabhängig von einem Unfall die von der Patientin beklagten Beschwerden hervorrufen könnten. Solche Faktoren könnten die Ausheilung der Beschwerden einer HWS-Distorsion verzögern bzw. später dann auch eine Eigendynamik übernehmen. Zu der Nachfrage, warum die Klägerin trotz der verstrichenen Zeit noch immer an den Folgen des Unfalls leidet, sei keine abschließende Aussage möglich. Dem Schreiben beigefügt waren die Arztbriefen der Gemeinschaftspraxis Dr. S. und R. vom 10.01. - mit Befund einer Kernspintomografie vom 05.01.2007 (unauffälliger, altersentsprechender Befund ohne Anhalt für einen Bandscheibenprolaps) - und 05.04.2007 sowie Abrechnungen von diagnostischen und therapeutischen Leistungen nach dem 09.10.2006. Sie hat angeregt, wegen eines im zivilrechtlichen Verfahren gegen den Unfallverursacher erwarteten Gutachtens eine Entscheidung des Senats zurückzustellen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.02.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 05.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.06.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Entschädigungsleistungen wegen des Arbeitsunfalls vom 12.01.2006 über den 09.10.2006 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf ihre angefochtenen Bescheide und die Ausführungen im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts. Nach den Darlegungen im vorgelegten Arztbrief vom 18.02.2008 stehe fest, dass keine abschließende Aussage darüber möglich sei, weshalb die Klägerin noch an Beschwerden leide.
Mit richterlicher Verfügung vom 17.07.2008 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass der Senat keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen sehe. Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts Stuttgart beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen nach dem 09.10.2006.
Gem. § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld gem. § 45 SGB VII und Rente gem. § 56 SGB VII ). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII), wobei auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) versicherte Tätigkeit in diesem Sinne ist. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid bestandskräftig den Unfall vom 12.01.2006 als versicherten Wegeunfall (§§ 2 Abs. 1 Nr. 14, 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) anerkannt.
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. stellvertretend BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11, 19ff m.w.N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156 , 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 m.w.N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier der §§ 27, 45, 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 589 Nr. 96).
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung, ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -, jeweils m. w. H.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachten Gesundheitsstörungen nach dem 09.10.2006 nicht vor.
Nach Dafürhalten des Senats ist die Einstufung von Dr. R. und Dr. S., dass nur die nach dem Unfall akut aufgetretenen Beschwerden mit Arbeitsunfähigkeit bis 22.01.2006 und die Behandlungsbedürftigkeit für die Dauer von annähernd 9 Monaten noch im Zusammenhang mit dem Wegeunfall stehen, nicht zu beanstanden. Dr. R. kann sich hierfür auf die empirisch gewonnenen Ergebnisse berufen, die nach der Einteilung von Erdmann für eine HWS-Distorsion nach Grad I bis II zu erwarten ist. Beschwerden dieses Ausprägungsgrades gehen in der Regel mit einer Arbeitsunfähigkeit von 2 bis 6 Wochen und einer MdE von 20 v.H. für die Dauer von drei Monaten einher (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, S. 556 und 562). Die angenommene verlängerte Behandlungsbedürftigkeit von 9 Monaten berücksichtigt einen prolongierten Heilungsprozess. Darüber hinausgehende Beschwerden sind entweder einer unfallunabhängigen Grunderkrankung oder anderen Wirkungszusammenhängen zuzuschreiben, ohne dass sich im Krankheitsbild eine Änderung ergeben muss, wie die Klägerin offensichtlich meint. Abgesehen davon, dass bei der Klägerin eine deutliche Zäsur der Beschwerdesymptomatik zu erkennen ist, da nach dem Zwischenbericht von Dr. R. vom 18.10.2006 eine Beschwerdeverbesserung mit frei beweglicher HWS ohne sensomotorische Veränderungen und mit komplett reduzierter Muskelverhärtung eingetreten war, sind die von ihm ab Januar 2007 beschriebenen rezidivierenden Beschwerden im Sinne einer Cervikobrachialgie bei unauffälligem Befund der Kernspintomographie nicht als Unfallfolgen zu begründen. Die Protrusionen bei den HWK-Segmenten 5/6 und 6/7 sind altersadäquat und daher nicht auf den Unfall zurückzuführen. Nach seiner medizinischen Beurteilung sind die Beschwerden nach Art und Ausmaß mit Schmerzzuständen vergleichbar, die bei jeder anderen Alltagsbelastung in Abhängigkeit des individuellen Befindens auftreten können. Dass durch den Unfall und die unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit ein möglicher Entwicklungsprozess zu diesem Beschwerdezustand im Sinne einer conditio sine qua non ausgelöst wurde, reicht für sich genommen zur Bejahung eines unfallbedingten Zusammenhangs nicht aus.
Der Senat hat bei dieser Ausgangslage keinen Anlass für weitere Ermittlungen gesehen. Die Vertagung des Rechtsstreits wegen eines im zivilrechtlichen Verfahren erwarteten Gutachtens ist nicht in Betracht gekommen. Die Kausalitätsgrundsätze zur Bewertung von Unfallfolgen sind, wie oben dargelegt, im zivilrechtlichen und im sozialgerichtlichen Verfahren unterschiedlich, weshalb bei der soweit geklärten medizinischen Befundlage keine neuen Erkenntnisse zu erwarten waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin über den 09.10.2006 hinaus Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines versicherten Unfalls am 12.01.2006 zustehen.
Die Klägerin wartete auf dem Weg zur Arbeit mit ihrem Kfz vor einer roten Ampel als ein nachfolgendes Fahrzeug auf das Heck ihres Autos auffuhr. Sie suchte am Unfalltag die Praxis der H-Ärzte Dres. S. und R. auf, wo sie angab, nach einem beschwerdearmen Intervall von einer Stunde habe sie beginnende Nackenschmerzen mit Ausstrahlung in die Brustwirbelsäule (BWS) bekommen. Dr. R. diagnostizierte am 12.01.2006 eine Halswirbelsäulen(HWS)-Distorsion bei Schonhaltung der HWS mit endgradiger Einschränkung der Rotations- und Inklinationsbewegung auf Grund von Schmerzen mit Druckschmerz paravertebral im Bereich der unteren HWS und der oberen BWS, ohne sensomotorische Defizite. Der Röntgenbefund habe eine HWS mit verstärkter Lordosekrümmung und ohne Anhalt für knöcherne Läsionen bzw. Wirbelkörperverschiebungen sowie für Weichteilschatten im Sinne eines retropharingialen Hämatoms ergeben. Eine Arbeitsunfähigkeit wurde von 12.01.2006 bis voraussichtlich 15.01.2006 bescheinigt (H-Arztbericht von Dr. R. vom 16.01.2006). Am 17.01.2006 stellte sich die Klägerin erneut in der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dres. S. und R. vor. Sie habe die verordnete Medikation schlecht vertragen. Die in die Schulter ausstrahlende Beschwerdesymptomatik sei komplett gebessert, es seien jedoch Schwindel und Schluckstörungen hinzugetreten. Dr. R. erhob eine freie Beweglichkeit der HWS mit geringem paravertebralen Muskelhartspann zervikal, einen Druckschmerz im Bereich des Hinterhauptes und am Nacken sowie eine seitengleiche Schulterbeweglichkeit. Er verordnete eine krankengymnastische Übungsbehandlung (Zwischenbericht von Dr. R. vom 19.01.2006). Arbeitsfähigkeit trat am 21.01.2006 wieder ein (Zwischenbericht von Dr. R. vom 30.01.2006). Wegen fortbestehender Restbeschwerden bei deutlicher Beschwerdebesserung, ohne sensomotorische Defizite und ohne Schwindelproblematik (Zwischenbericht von Dr. S. vom 06.03. 2006) wurden in der Folge weitere krankengymnastische Übungsbehandlungen verordnet. Eine zusätzliche Therapie mit Akupunktur wurde auf Antrag des H-Arztes Dr. S. (Zwischenbericht vom 04.05.2006) von der Beklagten genehmigt (Schreiben vom 29.05.2006). Unter der Diagnose einer HWS-Distorsion Grad I bis II mit prolongierter Restproblematik teilte Dr. S. nach Untersuchung der Klägerin am 09.10.2006 die erreichte Vollbelastung im Alltagsleben und im Berufsleben mit und gab den Abschluss der Behandlung zur Lasten der Beklagten bekannt. Nach Abschluss der Akupunkturbehandlung und deutlicher Beschwerdebesserung sei die Weiterbehandlung etwaiger Veränderungen nicht mehr auf die Unfallfolgen zurückzuführen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei nicht verblieben (Zwischenbericht von Dr. S. vom 18.10.2006).
Mit Bescheid vom 05.03.2007 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen über den 09.10.2006 hinaus ab. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, denn sie sei nach wie vor in ärztlicher Behandlung, was auf die Unfallfolgen zurückzuführen sei. Sie beantragte u. a. die Übernahme der Kosten einer Stosswellentherapie unter Hinweis auf den Kostenvoranschlag zur Vorlage bei der Krankenversicherung von Dr. R. vom 08.01.2007. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die Klägerin hat am 09.07.2007 beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben, die sie trotz Aufforderung nicht begründet hat. Mit Gerichtsbescheid vom 13.02.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Gegen den ihr am 18.02.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18.03.2003 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Unfallfolgen seien entgegen der Beurteilung der Beklagten bis heute nicht vollständig ausgeheilt. Zum Beweis werde die Einholung eines orthopädischen Gutachtens angeregt. Sie befinde sich seit dem Unfalltag ununterbrochen in fachärztlicher Behandlung. Auf Grund einer kernspintomografischen Diagnostik am 05.01.2007 habe sich eine Bandscheibenvorwölbung am Halswirbelkörper(HWK)-Segment 5/6 und 6/7 ergeben. Die Klägerin verweist auf den vorgelegten Arztbrief von Dr. R. vom 18.02.2008, in dem ausgeführt ist, nach derzeit gültiger Erkenntnis aus umfangreichen Untersuchungen und Veröffentlichungen sei eine HWS-Distorsion Grad I ca. sechs Monaten nach dem Unfallereignis abgeheilt. Nach seiner Erfahrung gebe es Patienten, die subjektiv über diesen Zeitraum hinaus über fortbestehende Beschwerden klagten. Vielfach gebe es jedoch im Alltags- und Berufsleben auch Umstände, welche unabhängig von einem Unfall die von der Patientin beklagten Beschwerden hervorrufen könnten. Solche Faktoren könnten die Ausheilung der Beschwerden einer HWS-Distorsion verzögern bzw. später dann auch eine Eigendynamik übernehmen. Zu der Nachfrage, warum die Klägerin trotz der verstrichenen Zeit noch immer an den Folgen des Unfalls leidet, sei keine abschließende Aussage möglich. Dem Schreiben beigefügt waren die Arztbriefen der Gemeinschaftspraxis Dr. S. und R. vom 10.01. - mit Befund einer Kernspintomografie vom 05.01.2007 (unauffälliger, altersentsprechender Befund ohne Anhalt für einen Bandscheibenprolaps) - und 05.04.2007 sowie Abrechnungen von diagnostischen und therapeutischen Leistungen nach dem 09.10.2006. Sie hat angeregt, wegen eines im zivilrechtlichen Verfahren gegen den Unfallverursacher erwarteten Gutachtens eine Entscheidung des Senats zurückzustellen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.02.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 05.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.06.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Entschädigungsleistungen wegen des Arbeitsunfalls vom 12.01.2006 über den 09.10.2006 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf ihre angefochtenen Bescheide und die Ausführungen im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts. Nach den Darlegungen im vorgelegten Arztbrief vom 18.02.2008 stehe fest, dass keine abschließende Aussage darüber möglich sei, weshalb die Klägerin noch an Beschwerden leide.
Mit richterlicher Verfügung vom 17.07.2008 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass der Senat keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen sehe. Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts Stuttgart beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen nach dem 09.10.2006.
Gem. § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld gem. § 45 SGB VII und Rente gem. § 56 SGB VII ). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII), wobei auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) versicherte Tätigkeit in diesem Sinne ist. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid bestandskräftig den Unfall vom 12.01.2006 als versicherten Wegeunfall (§§ 2 Abs. 1 Nr. 14, 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) anerkannt.
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. stellvertretend BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11, 19ff m.w.N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156 , 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 m.w.N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier der §§ 27, 45, 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 589 Nr. 96).
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung, ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -, jeweils m. w. H.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachten Gesundheitsstörungen nach dem 09.10.2006 nicht vor.
Nach Dafürhalten des Senats ist die Einstufung von Dr. R. und Dr. S., dass nur die nach dem Unfall akut aufgetretenen Beschwerden mit Arbeitsunfähigkeit bis 22.01.2006 und die Behandlungsbedürftigkeit für die Dauer von annähernd 9 Monaten noch im Zusammenhang mit dem Wegeunfall stehen, nicht zu beanstanden. Dr. R. kann sich hierfür auf die empirisch gewonnenen Ergebnisse berufen, die nach der Einteilung von Erdmann für eine HWS-Distorsion nach Grad I bis II zu erwarten ist. Beschwerden dieses Ausprägungsgrades gehen in der Regel mit einer Arbeitsunfähigkeit von 2 bis 6 Wochen und einer MdE von 20 v.H. für die Dauer von drei Monaten einher (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, S. 556 und 562). Die angenommene verlängerte Behandlungsbedürftigkeit von 9 Monaten berücksichtigt einen prolongierten Heilungsprozess. Darüber hinausgehende Beschwerden sind entweder einer unfallunabhängigen Grunderkrankung oder anderen Wirkungszusammenhängen zuzuschreiben, ohne dass sich im Krankheitsbild eine Änderung ergeben muss, wie die Klägerin offensichtlich meint. Abgesehen davon, dass bei der Klägerin eine deutliche Zäsur der Beschwerdesymptomatik zu erkennen ist, da nach dem Zwischenbericht von Dr. R. vom 18.10.2006 eine Beschwerdeverbesserung mit frei beweglicher HWS ohne sensomotorische Veränderungen und mit komplett reduzierter Muskelverhärtung eingetreten war, sind die von ihm ab Januar 2007 beschriebenen rezidivierenden Beschwerden im Sinne einer Cervikobrachialgie bei unauffälligem Befund der Kernspintomographie nicht als Unfallfolgen zu begründen. Die Protrusionen bei den HWK-Segmenten 5/6 und 6/7 sind altersadäquat und daher nicht auf den Unfall zurückzuführen. Nach seiner medizinischen Beurteilung sind die Beschwerden nach Art und Ausmaß mit Schmerzzuständen vergleichbar, die bei jeder anderen Alltagsbelastung in Abhängigkeit des individuellen Befindens auftreten können. Dass durch den Unfall und die unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit ein möglicher Entwicklungsprozess zu diesem Beschwerdezustand im Sinne einer conditio sine qua non ausgelöst wurde, reicht für sich genommen zur Bejahung eines unfallbedingten Zusammenhangs nicht aus.
Der Senat hat bei dieser Ausgangslage keinen Anlass für weitere Ermittlungen gesehen. Die Vertagung des Rechtsstreits wegen eines im zivilrechtlichen Verfahren erwarteten Gutachtens ist nicht in Betracht gekommen. Die Kausalitätsgrundsätze zur Bewertung von Unfallfolgen sind, wie oben dargelegt, im zivilrechtlichen und im sozialgerichtlichen Verfahren unterschiedlich, weshalb bei der soweit geklärten medizinischen Befundlage keine neuen Erkenntnisse zu erwarten waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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