L 4 KR 2452/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 5149/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2452/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. April 2008 wird als unzulässig verworfen.

Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen Richter am Sozialgericht W. ist unzulässig.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Rechtsstreit wird um den Anspruch des Klägers auf Kostenübernahme für die Versorgung mit Interimsprothesen sowie für implantatgestützten Zahnersatz geführt.

Dem am 1958 geborenen Kläger, der Mitglied der Beklagten ist, wurde - nach Vorlage zweier Heil- und Kostenpläne des Zahnarztes Dr. S. vom 16. März 2005 über beabsichtigte zahnärztliche Behandlungsmaßnahmen - von der Beklagten ein Zuschuss in Höhe von EUR 202,81 für eine Interimsversorgung und ein Zuschuss in Höhe von EUR 274,58 für eine Modellgussprothese bewilligt (Bescheid vom 11. April 2005, der sich nicht in der Verwaltungsakte befindet). Mit Schreiben vom 13. April 2005 wandte sich der Kläger an die Beklagte und teilte mit, dass der genehmigte Zahnersatz der Wiederaufnahme einer Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer entgegenstehe, da es zu Artikulationsstörungen komme. Er bat um Übernahme der Kosten gemäß dem weiteren Heil- und Kostenplan des Dr. S. vom 16. März 2005, der die voraussichtlichen Gesamtkosten auf EUR 2.281,65 bezifferte (Implantate der Zähne 23, 25 und 27). Die Beklagte lehnte dies unter Hinweis auf die ab 01. Januar 2005 eingetretenen Änderungen im Bereich des Zahnersatzes ab (Bescheid vom 18. April 2005). Es würden von den gesetzlichen Krankenkassen seither Festzuschüsse für Zahnersatz gewährt. Es gebe mithin nur einen so genannten befundorientierten Festzuschuss. Dies gelte auch dann, sofern man sich für einen auf Implantaten abgestützten Zahnersatz entscheide. Bei den vorliegenden Befunden sei als Regelversorgung eine Interimsversorgung mit einem Zuschuss in Höhe von EUR 202,81 und eine Modellgussprothese mit einem Zuschuss in Höhe von EUR 274,58 zulässig. Eine davon abweichende Regelung sei nicht möglich. Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch kündigte der Kläger die Ausschöpfung des Rechtswegs an, da die große Mehrheit der Versicherten von wissenschaftlich fundiertem Zahnersatz ausgeschlossen und eine zahnmedizinische Zweiklassenmedizin betrieben werde. Mit Schreiben vom 19. Mai 2005 reichte der Kläger eine Liquidation des Zahnarztes Dr. S. vom 13. Mai 2005 bei der Beklagten ein, nach welcher der Kläger einen Betrag von EUR 191,63 zu zahlen habe. Ferner legte er eine Eigenlaborrechnung des Dr. S. vom 13. Mai 2005 über einen Zahlbetrag von EUR 6,65 sowie eine Rechnung der A. Dental-Technik GmbH vom 08. April 2005 mit einem Rechnungsbetrag von EUR 287,79 vor. Die Kunststoffbrücke behindere die Artikulation, auch sei die Kaufunktion gemindert. Ein solcher Zahnersatz sei unter dem Gesichtspunkt der fliegerischen Tätigkeit nicht akzeptabel. Mit Schreiben vom 24. Mai 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der Kassenanteil (Festzuschuss) sei im Hinblick auf die Rechnung vom 13. Mai 2005 über die Interimsversorgung des Oberkiefers in Höhe von EUR 202,81 bereits abgerechnet worden; die verbleibenden Kosten von EUR 191,63 seien der Eigenanteil des Klägers. Eine weitere Erstattung sei bis maximal zum doppelten Festzuschuss nur dann möglich, wenn der Kläger durch den Eigenanteil unzumutbar belastet werde. Des Weiteren informierte die Beklagte über die Kostenübernahme von Implantaten. Der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss wies sodann den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, ein Anspruch auf Übernahme der Kosten in Höhe von EUR 2.281,65 für die Versorgung mit Implantaten durch Dr. S. bestehe nicht (Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2005). Nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen (nunmehr Gemeinsamer Bundesausschuss) vom 06. Juni bzw. 24. September 2003 komme eine Implantatbehandlung nur bei Ausnahmeindikationen in Betracht, die beim Kläger nicht vorlägen. Auch bestehe ein Anspruch auf Übernahme von Kosten für die Versorgung mit der Interimsversorgung beider Kiefer sowie mit implantatgestütztem Zahnersatz durch Dr. S. über die bereits bewilligten Festzuschüsse in Höhe von EUR 477,39 hinaus nicht. Nach § 55 Abs. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) in der ab 01. Januar 2005 geltenden Fassung hätten Versicherte Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen in den Fällen, in denen eine zahnprothetische Versorgung notwendig sei und die geplante Versorgung einer Methode entspreche, die gemäß § 135 Abs. 1 SGB V anerkannt sei. Ein Anspruch auf Übernahme des verbleibenden Eigenanteils in Höhe von EUR 191,63 bestehe nicht. Die Festzuschüsse für die Interimsversorgung seien gemäß der Befundsituation entsprechend zutreffend berechnet worden. Die vom Kläger gewählte Suprakonstruktion könne daher - über den Festzuschuss in Höhe von EUR 274,58 - nicht übernommen werden.

Hiergegen erhob der Kläger am 12. August 2005 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG), mit der er die Zahlung der ihm entstandenen Kosten der Implantatversorgung in Höhe von EUR 2.281,65 und die weiter entstandenen Kosten in Höhe von EUR 477,07 begehrte.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid. Ein besonders schwerer Fall, der eine Ausnahmeindikation begründe, sei nicht gegeben.

Das SG hörte Dr. S. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser teilte mit (Auskunft vom 11. Mai 2006), nach entsprechender Vorbehandlung (Zahnfleischbehandlung, Entfernung der nicht erhaltungswürdigen Zähne) hätten die zu versorgenden Kieferkämme mittels Knochenüberpflanzung aufgebaut und so für die spätere Aufnahme von Zahnimplantaten (Titanschrauben) vorbereitet werden sollen. Bei der Frage, ob eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate möglich sei, teilte er mit, Modelleinstückgussprothesen und insbesondere Teleskopprothesen stellten für viele Patienten eine sehr komfortable Lösung dar und seien durchaus geeignet, das Kauorgan ästhetisch, mastikatorisch und phonetisch wiederherzustellen. Auch der fliegerische Funkverkehr sei mit derartigen Prothesen ohne Probleme möglich. Eine Kostenübernahme der Krankenkasse für die Implantation sei nie in Aussicht gestellt worden. Das Hauptproblem liege im psychiatrischen Bereich.

Mit Gerichtsbescheid vom 16. April 2008 wies das SG die Klage ab, da beim Kläger keine Ausnahmeindikation vorliege. Dr. S. habe dies in seiner Stellungnahme verneint, sodass eine Kostenerstattung nicht in Betracht komme. Im Übrigen sei der von der Beklagten gewährte Festzuschuss in Höhe von EUR 477,39 zutreffend festgesetzt worden. Der Gerichtsbescheid enthielt eine Rechtsmittelbelehrung, wonach die Entscheidung mit der Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung angefochten werden könne. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers in erster Instanz bescheinigten die Zustellung des Gerichtsbescheids am 21. April 2008.

Mit Schreiben vom 05. Mai 2008, welches am 07. Mai 2008 beim SG eingegangen ist, beantragte der Kläger die Zulassung der Sprungrevision zum Bundessozialgericht (BSG). Es gehe weniger um die Durchsetzung seiner eigenen Rechtsinteressen, als vielmehr um die Rechtsinteressen der gesetzlich versicherten Allgemeinheit. Nachdem die Beklagte der Sprungrevision nicht zustimmte (Schreiben vom 13. Mai 2008 an das SG und den Kläger), lehnte das SG mit Beschluss vom 16. Mai 2008 (dem Kläger am 20. Mai 2008 zugestellt) den Antrag des Klägers ab, weil die Zustimmung der Beklagten nicht vorliege. Des Weiteren komme der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu und es liege auch keine Divergenz hinsichtlich einer Entscheidung des BSG oder anderer oberster Gerichtshöfe vor. Die Rechtsmittelbelehrung enthielt den Hinweis, dass dieser Beschluss unanfechtbar sei sowie die Berufungsfrist nicht von Neuem beginne.

Mit Schreiben vom 16. Mai 2008, welches an das SG gerichtet war und dort am 19. Mai 2008 einging, teilte der Kläger mit, dass der Rechtsstreit auf nächster Instanz beim Landessozialgericht auszutragen sei, wenn es dem Gericht nicht gelinge, die Zustimmung der Gegenseite hinsichtlich der beantragten Sprungrevision zu erlangen. Dieses Schreiben wurde vom SG an das Landessozialgericht (LSG) als "Berufungsschreiben" weitergeleitet.

Mit Schreiben vom 20. Mai 2008, welches ebenfalls an das SG gerichtet war und dort am 23. Mai 2008 einging, vertrat der Kläger die Auffassung, dass das Verhalten des Richters am SG W. ausreichend Misstrauen zur Ablehnung wegen Befangenheit erwecke.

Mit richterlicher Verfügung vom 27. Mai 2008 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass der Senat den Schreiben vom 16. und 20. Mai 2008 nicht eindeutig entnehmen könne, ob er gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 16. April 2008 Berufung einlegen wolle. Für den Fall, dass das Schreiben vom 16. Mai 2008 als Berufung gewertet werden solle, wurde er gebeten, Nachweise über die tatsächliche Bezahlung der Rechnung des Dr. S. vorzulegen. Hierauf teilte der Kläger mit Schreiben vom 31. Mai 2008, welches am 04. Juni 2008 beim LSG eingegangen ist, mit, dass "nach Ablehnung der Sprungrevision, die Berufung das beantragte Rechtsmittel" sei, "falls sich nicht in der Zwischenzeit ein Kostenträger zur Übernahme der im Heil- und Kostenplan angegebenen Kosten bereit erklärt". Außer einer Interimsprothese, deren Ersatz zahnmedizinisch längst indiziert sei, seien keine prothetischen Leistungen erbracht oder in Anspruch genommen werden, sodass der Tatbestand schwerer Körperverletzung erfüllt sei. Um das Recht zur Ablehnung von Gerichtspersonen wahrnehmen zu können, müsse der Betroffene von einer Rechtsentscheidung Kenntnis erlangen. Im schriftlichen Verfahren könne dies erst nach deren Zustellung und nach angemessener Überlegungszeit geschehen.

Mit richterlicher Verfügung vom 11. Juni 2008 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass sein Schreiben vom 31. Mai 2008 als Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 16. April 2008 angesehen werden könne, wobei bei Eingang dieses Schreibens am 04. Juni 2008 bereits die Berufungsfrist abgelaufen sei. Die Beteiligten wurden unter dem 11. Juni 2008 sodann auf eine Entscheidung durch Beschluss nach § 158 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hingewiesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. April 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die entstandenen Kosten der Implantatversorgung in Höhe von EUR 2.281,65 und die weiter entstandenen Kosten in Höhe von EUR 477,07 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

1. Der Senat hat über die Berufung des Klägers nach dem ihm eingeräumten Ermessen gemäß § 158 Sätze 1 und 2 SGG durch Beschluss entschieden, weil die Berufung nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt worden ist und Gründe für ein fehlendes Verschulden des Klägers (vgl. § 67 Abs. 1 SGG) nicht glaubhaft gemacht sind.

Nach Erlass eines Urteils bzw. Gerichtsbescheids steht den Beteiligten die Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung nur mit Hilfe des entsprechenden Rechtsmittels zu. Da der Kläger die Erstattung von Kosten von mehr als EUR 750,00 begehrt, ist dies im vorliegenden Fall die Berufung (§§ 105 Abs. 2 Satz 1 und 2, 143 SGG). Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Landessozialgericht einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim SG eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Der angefochtene Gerichtsbescheid, der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehen war (die im Übrigen keinen Hinweis auf Antragstellung zur Zulassung der Sprungrevision enthalten musste), ist am 21. April 2008 mit Empfangsbekenntnis den Prozessbevollmächtigten des Klägers in erster Instanz zugestellt worden (§ 63 Abs. 2 SGG i.V.m. § 174 Zivilprozessordnung [ZPO]). Die Berufungsfrist begann somit am 22. April 2008 zu laufen (§ 64 Abs. 1 SGG) und endete mit Ablauf des 21. Mai 2008 (§ 64 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Berufungsfrist begann auch - nach Ablehnung der Zulassung der Sprungrevision durch das SG am 16. Mai 2008 - nicht von Neuem zu laufen, denn der Kläger hatte seinem Antrag auf Zulassung der Sprungrevision nicht die schriftliche Zustimmung der Beklagten beigefügt (§ 161 Abs. 3 SGG). Innerhalb der bis 21. Mai 2008 laufenden Frist legte der Kläger keine Berufung ein.

Das Schreiben vom 16. Mai 2008, welches am 19. Mai 2008 beim SG einging, kann nicht als Berufung gewertet werden. Als Prozesserklärung muss ein Rechtsmittel sinnvoll ausgelegt werden; ausreichend für die Annahme eines Rechtsmittels ist, wenn der Kläger seine Unzufriedenheit mit dem Urteil zum Ausdruck bringt (vgl. BSG, Beschluss vom 08. Dezember 2005 - B 13 RJ 289/05 B = SozR 4-1500 § 151 Nr. 2 mit weiteren Nachweisen). In dem Schreiben des Klägers vom 16. Mai 2008 kommt sein Wille, den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid durch eine höhere Instanz nochmals überprüfen zu lassen, nicht zum Ausdruck. Vielmehr ging es dem Kläger allein darum, dass die Sprungrevision zugelassen wird, also die Berufungsinstanz übergangen wird. Dies ergibt sich eindeutig daraus, dass der Kläger zunächst abwarten wollte, ob die Beklagte eine Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision gegen den Gerichtsbescheid vom 16. April 2008 erklären würde. Nur für den Fall, dass die Sprungrevision nicht zugelassen werde, kündigte er an, dass der Rechtsstreit "auf nächster Instanz, beim Landessozialgericht" auszutragen sei. Dem Schreiben vom 16. Mai 2008 kann mithin noch nicht der Wille entnommen werden, die Entscheidung des SG Stuttgart vom 16. April 2008 mit der Berufung anzufechten. Dieser Wille lässt sich auch dem Schreiben vom 20. Mai 2008 nicht entnehmen, da er hierin nur einen Antrag auf Ablehnung des Richters am SG W. wegen Befangenheit stellte. Im Übrigen wäre auch dieses Schreiben nach Ablauf der Berufungsfrist beim SG eingegangen (Eingang dort: 23. Mai 2008). Erst das Schreiben vom 31. Mai 2008, welches beim LSG am 04. Juni 2008 eingegangen ist, kann als Berufung gewertet werden. Der Kläger hat hierin zum Ausdruck gebracht, dass nach zwischenzeitlicher Ablehnung der Sprungrevision die Berufung das "beantragte Rechtsmittel" sei. Das Schreiben vom 31. Mai 2008 ist aber erst am 04. Juni 2008 beim LSG eingegangen und damit nach Ablauf der Berufungsfrist, sodass die Berufungsfrist versäumt ist.

Dem Kläger ist wegen der Versäumung der Berufungsfrist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. War jemand ohne Verschulden gehindert, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm gemäß § 67 Abs. 1 SGG, der nach § 153 Abs. 1 SGG auch für das Berufungsverfahren entsprechend gilt, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Gemäß § 67 Abs. 2 SGG ist der Antrag binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

Die Voraussetzung einer von Amts wegen zu gewährenden Wiedereinsetzung liegen nicht vor. Wiedereinsetzungsgründe sind nicht geltend gemacht worden. Das Vorbringen rechtfertigt darüber hinaus keine Wiedereinsetzung, da aus den oben genannten Gründen keine Tatsachen glaubhaft gemacht sind, aus denen sich ergibt, dass der Kläger ohne Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten. Die Rechtsmittelbelehrung, die dem Gerichtsbescheid vom 16. April 2008 beigefügt war, weist ausdrücklich darauf hin, dass die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids einzulegen ist. Da der Kläger seinem Antrag auf Zulassung der Sprungrevision auch nicht die schriftliche Zustimmung der Beklagten beigefügt hatte, konnte er auch nicht damit rechnen, dass die Berufungsfrist nach Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Sprungrevision von Neuem zu laufen beginnt (§ 161 Abs. 3 Satz 1 SGG).

Die Berufung ist daher unzulässig und war somit zu verwerfen.

2. Das Ablehnungsgesuch gegen Richter am SG W. ist unzulässig.

Für die Ablehnung von Gerichtspersonen gilt über die Bestimmung des § 60 Abs. 1 Satz 1 SGG die Vorschrift des § 42 ZPO entsprechend. Danach kann ein Richter, sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit eines Richters kann nur bis zum Erlass der Endentscheidung des Gerichts, dem der betreffende Richter angehört, gestellt werden. Nach Beendigung der Instanz kann ein Ablehnungsgesuch nicht mehr gestellt werden, es ist dann prozessual überholt (BSG, Urteil vom 27. Januar 1993 - 6 RKa 2/91 -; Beschluss vom 06. Juni 2007 - B 8 KN 8/07 B -). Der Kläger hat das Ablehnungsgesuch gegen Richter am SG W. erst mit dem Schreiben vom 20. Mai 2008 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war das Verfahren vor dem SG beendet, da sowohl der Gerichtsbescheid vom 21. April 2008 als auch der Beschluss über die Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Sprungrevision vom 16. Mai 2008 dem Kläger bereits zugestellt waren.

3. Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
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