Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 VG 4093/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 2658/08 PKH-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 3. April 2008 aufgehoben und der Klägerin unter Beiordnung von Rechtsanwalt J. M., Sch., Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens gehen zur Lasten der Staatskasse.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Hauptsacheverfahren S 2 VG 4093/07 streitig, ob der Klägerin Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) auch über den 1. Januar 2007 hinaus zu gewähren ist.
Die 1987 geborene Klägerin beantragte am 23. Mai 2006 die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Sie machte Schlafstörungen, Angst, Depressionen sowie eine emotionale Störung als Folgen einer im Dezember 2004 erlittenen sexuellen Nötigung und einer am 9. Januar 2005 erlittenen Körperverletzung, jeweils begangen durch ihren Stiefvater, geltend. Das Landratsamt Sch. - Amt für Sozialwesen - (LRA) zog die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Sch. sowie verschiedene medizinische Unterlagen bei und veranlasste das Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie Dr. med. Dipl.-Psych. J. vom 25. April 2007, der sichere psychische Störungen von Krankheitswert aufgrund des im Dezember 2004 erlittenen sexuellen Missbrauchs nicht feststellte, jedoch davon ausging, dass die im Januar 2005 erfahrene körperliche Misshandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Verschärfung der bereits zuvor vorhanden gewesenen sozialen und emotionalen Selbstregulationsstörungen mit Selbstverletzungen und suizidalen Äußerungen verursacht habe. Im Hinblick darauf schätzte er die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in der Zeit von Januar 2005 bis Juni 2006 mit 30 bis 40 vom Hundert (v.H.). Diese sei während der zweiten Hälfte des Jahres 2006 nach erfolgreicher Aufnahme einer beruflichen Bildungsmaßnahme zunehmend abgeklungen. Ab Januar 2007 sei nicht mehr von sicheren Auswirkungen der erlittenen Anpassungsstörungen auf die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen. Mit Erstanerkennungsbescheid vom 27. August 2007 anerkannte das LRA als Folgen einer Schädigung eine "Anpassungsstörung nach körperlicher Gewalterfahrung" im Sinne einer Verschlimmerung durch schädigende Einwirkungen nach § 1 OEG an, wodurch die Klägerin vom 1. Mai 2006 bis 30. Juni 2006 um 30 v.H. und vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006 um 20 v.H. in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert gewesen sei; ab 1. Januar 2007 liege keine messbare MdE mehr vor. Der dagegen eingelegte Widerspruch der Klägerin, mit dem sie vortrug, die MdE ab 1. Juli 2006 sei zu niedrig, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2007).
Am 13. November 2007 erhob die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage und wandte sich gegen die Feststellungen des Dr. J. in seinem Gutachten vom 25. April 2007; diese sowie das Ergebnis des Gutachtens seien nicht verwertbar. Bereits bei Beginn der Exploration habe sich gezeigt, dass der Gutachter voreingenommen sei. Er habe ihr unterstellt, dass sie geistig behindert sei und mehrfach versucht, durch ganz offensichtliche Provokationen eine Eskalation der Untersuchungssituation herbeizuführen. Er habe nicht einmal im Ansatz versucht, eine gemeinsame Kommunikationsebene herzustellen. Auch habe er unangebrachte, negative Bemerkungen über ihre Mutter und ihre Schwester gemacht. Darüber hinaus seien die in das Gutachten eingeführten Aussagen ihrer Begleitperson, der Sozialarbeiterin Hald, so nicht gemacht worden.
Den darüber hinaus gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) lehnte das SG mit Beschluss vom 3. April 2008 mit der Begründung ab, die Klage biete keine hinreichende Erfolgsaussicht. Die von der Klägerin vorgebrachten Argumente gegen das Gutachten des Dr. J. könnten nicht geteilt werden. Vielmehr sei - wie dem Gutachten entnommen werden könne - die Mitarbeitsbereitschaft der Klägerin deutlich eingeschränkt gewesen.
Gegen diesen den Bevollmächtigten der Klägerin am 9. April 2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 8. Mai 2008 beim SG Beschwerde eingelegt und das vom Amt für Jugend und Bildung des Landratsamts Sch. an die A. Sch. gerichtete Schreiben vom 26. März 2008 sowie das Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. B. vom 1. April 2008 vorgelegt, in welchen die Notwendigkeit einer fortlaufenden Psychotherapie aufgrund der in der Kindheit erlittenen Misshandlungen bestätigt wird. Die Klägerin wiederholte und vertiefte ihre Ausführungen zu dem Verhalten des Dr. J. in der Untersuchungssituation und legte im Einzelnen dar, welche der in dem Gutachten dargelegten Angaben der Sozialarbeiterin H. in dieser Form nicht geäußert worden seien.
Der Beklagte hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die gemäß § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Beschwerde, die insbesondere form- und fristgerecht (vgl. § 173 SGG) erhoben wurde, ist zulässig und auch begründet. Das SG hätte den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von PKH nicht ablehnen dürfen. Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und der Klägerin antragsgemäß PKH ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt M. zu bewilligen.
Gemäß § 73a SGG sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die PKH im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar. Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält danach auf Antrag PKH, wenn eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 bis 127 ZPO).
Eine hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverfolgung ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar halten und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der bestätigenden Beweisführung überzeugt sein kann. Aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage muss zumindest möglich erscheinen, dass der Kläger mit seinem Begehren durchdringen wird. Eine Beweisantizipation ist zulässig und geboten (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 73a, Rdnr. 7a; Philippi in: Zöller, ZPO, 26. Auflage 2007, § 114 Rdnr. 19). Damit ist die Erfolgsaussicht bereits dann zu bejahen, wenn der Ausgang des Verfahrens zumindest offen ist.
Dies ist vorliegend der Fall, sodass der Klägerin, die im Hinblick auf ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten der Prozessführung nicht tragen kann, PKH zu gewähren ist. Denn der Ausgang des Rechtsstreits ist nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens zumindest als offen anzusehen.
Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin, wonach sich das Gutachten des Dr. J. zumindest teilweise auch auf Angaben der Sozialarbeiterin H. stützt, die so nicht gemacht worden seien, kann nicht ohne nähere Überprüfung davon ausgegangen werden, dass der Gutachter seiner Beurteilung zutreffende Angaben der die Klägerin betreuenden Sozialarbeiterin zu Grunde gelegt hat. Ein Gutachten, dessen Bewertung auf möglicherweise unzutreffenden Angaben einer dritten Person beruht, kann nicht ohne Weiteres verwertet und zur Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung gemacht werden. Vor Aufklärung der von der Klägerin im Einzelnen dargelegten Widersprüche ist daher offen, ob der Gutachter von Angaben der Sozialarbeiterin H. ausgegangen ist, die so von ihr auch gemacht wurden, oder ob dies - wie von der Klägerin vorgebracht - gerade nicht der Fall ist. Damit ist zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrags aber ungeklärt, ob das im Verwaltungsverfahren vom Beklagten erhobene Gutachten des Dr. J. verwertet werden und zur Begründung dafür herangezogen werden kann, dass die Schädigungsfolgen bei der Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2006 keine MdE mehr in einem rentenberechtigenden Ausmaß bedingen.
Zweifel an der Verwertbarkeit des Gutachtens bestehen vor dem Hintergrund der von Dr. J. beschriebenen Symptomatik, wonach bei der Klägerin Angstsymptome u.a. gegenüber Männern bestünden, gerade auch im Hinblick auf das von der Klägerin gerügte Verhalten des Gutachters, der bereits von Beginn an voreingenommen gewesen sei, ihr eine geistige Behinderung unterstellt, sie provoziert und nicht versucht habe, eine gemeinsame Kommunikationsebene bzw. eine Vertrauensbeziehung herzustellen. Dem Senat erscheint es angesichts dieses Vorbringens nicht ausgeschlossen, dass die von dem Gutachter dokumentierte "deutlich eingeschränkte Mitarbeitsbereitschaft an der Befragung durch den Sachverständigen" gerade auf diese von der Klägerin so erlebte Begutachtungssituation zurückzuführen ist, was es zweifelhaft erscheinen lässt, die aufgrund von nicht vollständig erhobenen psychiatrischen Befunden getroffene Beurteilung des Gutachters zur alleinigen Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung zu machen. Angesichts dessen erscheint es erforderlich, im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen ein kinder- und jugendpsychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen, wobei es zweckmäßig sein könnte, damit eine entsprechende Fachärztin zu beauftragen.
Da der Ausgang des Verfahrens im Hinblick auf die Ungewissheit des Ergebnisses der vom SG weiter durchzuführenden Ermittlungen offen ist und nicht ausgeschlossen erscheint, dass die Klägerin auch über den 1. Januar 2007 hinaus in einem rentenberechtigenden Ausmaß erwerbsgemindert ist, war der angefochtene Beschluss aufzuheben und der Klägerin antragsgemäß PKH zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens gehen zur Lasten der Staatskasse.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Hauptsacheverfahren S 2 VG 4093/07 streitig, ob der Klägerin Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) auch über den 1. Januar 2007 hinaus zu gewähren ist.
Die 1987 geborene Klägerin beantragte am 23. Mai 2006 die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Sie machte Schlafstörungen, Angst, Depressionen sowie eine emotionale Störung als Folgen einer im Dezember 2004 erlittenen sexuellen Nötigung und einer am 9. Januar 2005 erlittenen Körperverletzung, jeweils begangen durch ihren Stiefvater, geltend. Das Landratsamt Sch. - Amt für Sozialwesen - (LRA) zog die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Sch. sowie verschiedene medizinische Unterlagen bei und veranlasste das Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie Dr. med. Dipl.-Psych. J. vom 25. April 2007, der sichere psychische Störungen von Krankheitswert aufgrund des im Dezember 2004 erlittenen sexuellen Missbrauchs nicht feststellte, jedoch davon ausging, dass die im Januar 2005 erfahrene körperliche Misshandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Verschärfung der bereits zuvor vorhanden gewesenen sozialen und emotionalen Selbstregulationsstörungen mit Selbstverletzungen und suizidalen Äußerungen verursacht habe. Im Hinblick darauf schätzte er die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in der Zeit von Januar 2005 bis Juni 2006 mit 30 bis 40 vom Hundert (v.H.). Diese sei während der zweiten Hälfte des Jahres 2006 nach erfolgreicher Aufnahme einer beruflichen Bildungsmaßnahme zunehmend abgeklungen. Ab Januar 2007 sei nicht mehr von sicheren Auswirkungen der erlittenen Anpassungsstörungen auf die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen. Mit Erstanerkennungsbescheid vom 27. August 2007 anerkannte das LRA als Folgen einer Schädigung eine "Anpassungsstörung nach körperlicher Gewalterfahrung" im Sinne einer Verschlimmerung durch schädigende Einwirkungen nach § 1 OEG an, wodurch die Klägerin vom 1. Mai 2006 bis 30. Juni 2006 um 30 v.H. und vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006 um 20 v.H. in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert gewesen sei; ab 1. Januar 2007 liege keine messbare MdE mehr vor. Der dagegen eingelegte Widerspruch der Klägerin, mit dem sie vortrug, die MdE ab 1. Juli 2006 sei zu niedrig, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2007).
Am 13. November 2007 erhob die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage und wandte sich gegen die Feststellungen des Dr. J. in seinem Gutachten vom 25. April 2007; diese sowie das Ergebnis des Gutachtens seien nicht verwertbar. Bereits bei Beginn der Exploration habe sich gezeigt, dass der Gutachter voreingenommen sei. Er habe ihr unterstellt, dass sie geistig behindert sei und mehrfach versucht, durch ganz offensichtliche Provokationen eine Eskalation der Untersuchungssituation herbeizuführen. Er habe nicht einmal im Ansatz versucht, eine gemeinsame Kommunikationsebene herzustellen. Auch habe er unangebrachte, negative Bemerkungen über ihre Mutter und ihre Schwester gemacht. Darüber hinaus seien die in das Gutachten eingeführten Aussagen ihrer Begleitperson, der Sozialarbeiterin Hald, so nicht gemacht worden.
Den darüber hinaus gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) lehnte das SG mit Beschluss vom 3. April 2008 mit der Begründung ab, die Klage biete keine hinreichende Erfolgsaussicht. Die von der Klägerin vorgebrachten Argumente gegen das Gutachten des Dr. J. könnten nicht geteilt werden. Vielmehr sei - wie dem Gutachten entnommen werden könne - die Mitarbeitsbereitschaft der Klägerin deutlich eingeschränkt gewesen.
Gegen diesen den Bevollmächtigten der Klägerin am 9. April 2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 8. Mai 2008 beim SG Beschwerde eingelegt und das vom Amt für Jugend und Bildung des Landratsamts Sch. an die A. Sch. gerichtete Schreiben vom 26. März 2008 sowie das Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. B. vom 1. April 2008 vorgelegt, in welchen die Notwendigkeit einer fortlaufenden Psychotherapie aufgrund der in der Kindheit erlittenen Misshandlungen bestätigt wird. Die Klägerin wiederholte und vertiefte ihre Ausführungen zu dem Verhalten des Dr. J. in der Untersuchungssituation und legte im Einzelnen dar, welche der in dem Gutachten dargelegten Angaben der Sozialarbeiterin H. in dieser Form nicht geäußert worden seien.
Der Beklagte hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die gemäß § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Beschwerde, die insbesondere form- und fristgerecht (vgl. § 173 SGG) erhoben wurde, ist zulässig und auch begründet. Das SG hätte den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von PKH nicht ablehnen dürfen. Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und der Klägerin antragsgemäß PKH ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt M. zu bewilligen.
Gemäß § 73a SGG sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die PKH im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar. Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält danach auf Antrag PKH, wenn eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 bis 127 ZPO).
Eine hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverfolgung ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar halten und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der bestätigenden Beweisführung überzeugt sein kann. Aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage muss zumindest möglich erscheinen, dass der Kläger mit seinem Begehren durchdringen wird. Eine Beweisantizipation ist zulässig und geboten (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 73a, Rdnr. 7a; Philippi in: Zöller, ZPO, 26. Auflage 2007, § 114 Rdnr. 19). Damit ist die Erfolgsaussicht bereits dann zu bejahen, wenn der Ausgang des Verfahrens zumindest offen ist.
Dies ist vorliegend der Fall, sodass der Klägerin, die im Hinblick auf ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten der Prozessführung nicht tragen kann, PKH zu gewähren ist. Denn der Ausgang des Rechtsstreits ist nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens zumindest als offen anzusehen.
Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin, wonach sich das Gutachten des Dr. J. zumindest teilweise auch auf Angaben der Sozialarbeiterin H. stützt, die so nicht gemacht worden seien, kann nicht ohne nähere Überprüfung davon ausgegangen werden, dass der Gutachter seiner Beurteilung zutreffende Angaben der die Klägerin betreuenden Sozialarbeiterin zu Grunde gelegt hat. Ein Gutachten, dessen Bewertung auf möglicherweise unzutreffenden Angaben einer dritten Person beruht, kann nicht ohne Weiteres verwertet und zur Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung gemacht werden. Vor Aufklärung der von der Klägerin im Einzelnen dargelegten Widersprüche ist daher offen, ob der Gutachter von Angaben der Sozialarbeiterin H. ausgegangen ist, die so von ihr auch gemacht wurden, oder ob dies - wie von der Klägerin vorgebracht - gerade nicht der Fall ist. Damit ist zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrags aber ungeklärt, ob das im Verwaltungsverfahren vom Beklagten erhobene Gutachten des Dr. J. verwertet werden und zur Begründung dafür herangezogen werden kann, dass die Schädigungsfolgen bei der Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2006 keine MdE mehr in einem rentenberechtigenden Ausmaß bedingen.
Zweifel an der Verwertbarkeit des Gutachtens bestehen vor dem Hintergrund der von Dr. J. beschriebenen Symptomatik, wonach bei der Klägerin Angstsymptome u.a. gegenüber Männern bestünden, gerade auch im Hinblick auf das von der Klägerin gerügte Verhalten des Gutachters, der bereits von Beginn an voreingenommen gewesen sei, ihr eine geistige Behinderung unterstellt, sie provoziert und nicht versucht habe, eine gemeinsame Kommunikationsebene bzw. eine Vertrauensbeziehung herzustellen. Dem Senat erscheint es angesichts dieses Vorbringens nicht ausgeschlossen, dass die von dem Gutachter dokumentierte "deutlich eingeschränkte Mitarbeitsbereitschaft an der Befragung durch den Sachverständigen" gerade auf diese von der Klägerin so erlebte Begutachtungssituation zurückzuführen ist, was es zweifelhaft erscheinen lässt, die aufgrund von nicht vollständig erhobenen psychiatrischen Befunden getroffene Beurteilung des Gutachters zur alleinigen Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung zu machen. Angesichts dessen erscheint es erforderlich, im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen ein kinder- und jugendpsychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen, wobei es zweckmäßig sein könnte, damit eine entsprechende Fachärztin zu beauftragen.
Da der Ausgang des Verfahrens im Hinblick auf die Ungewissheit des Ergebnisses der vom SG weiter durchzuführenden Ermittlungen offen ist und nicht ausgeschlossen erscheint, dass die Klägerin auch über den 1. Januar 2007 hinaus in einem rentenberechtigenden Ausmaß erwerbsgemindert ist, war der angefochtene Beschluss aufzuheben und der Klägerin antragsgemäß PKH zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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