L 4 KR 2992/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 1296/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2992/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Juni 2008 aufgehoben, soweit das SG der Antragsgegnerin unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 für jeden Fall des Zuwiderhandelns untersagte, zu behaupten, dass mit Einführung des Gesundheitsfonds alle gesetzlich Versicherten den gleichen Betrag zahlen, ohne auf die Möglichkeit kassenindividueller Zusatzbeiträge bzw. Prämienzahlungen hinzuweisen sowie bezüglich der Kosten. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird in vollem Umfang abgewiesen.

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren endgültig auf EUR 5.000,00 festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin von der Antragsgegnerin unter zusätzlicher Androhung ersatzweiser bzw. alternativer Ordnungshaft (neben dem bereits angedrohten Ordnungsgeld) die Unterlassung der Behauptung verlangen kann, dass mit Einführung des Gesundheitsfonds alle gesetzlich Versicherten den gleichen Beitrag zu zahlen haben, ohne auf die Möglichkeit kassenindividueller Zusatzbeiträge bzw. Prämienzahlungen hinzuweisen, und ob der Antragsgegnerin untersagt werden kann, künftig Kündigungsbestätigungen nach § 175 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) verspätet, d.h. infolge schuldhafter Verzögerungen, zu übersenden.

Bei den Beteiligten handelt es sich um zwei in Baden-Württemberg ansässige gesetzliche Krankenkassen. In der Vergangenheit kam es zwischen ihnen immer wieder zum Streit über die Frage, ob die Antragsgegnerin Kündigungsbestätigungen nach § 175 Abs. 4 Satz 3 SGB V verzögert. Die Antragstellerin vertrat die Auffassung, dass die Antragsgegnerin hierdurch einen Krankenkassenwechsel verhindern wolle. Vor diesem Hintergrund wandte sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 30. November 2006 an das Ministerium für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg und trug vor, die Antragsgegnerin behindere durch die nicht fristgemäße Ausstellung der Kündigungsbestätigungen massiv den Wettbewerb. Die Antragsgegnerin teilte dem Ministerium unter dem 14. Februar 2007 mit, in der überwiegenden Anzahl der von der Antragstellerin vorgelegten Einzelfälle sei die Aufstellung faktisch nicht zu spät erfolgt, da teilweise ohne nähere Angaben zur Person eine Mitgliedschaft habe nicht festgestellt werden können und es auch zu einem Versand an veraltete Adressen gekommen sei. Im Übrigen sei es auch zu Verstößen anderer Kassen gekommen, wobei die Antragstellerin selbst das von den Spitzenverbänden erarbeitete Muster für eine korrekte Kündigungsbestätigung verändert habe. Man habe nunmehr umfangreiche Maßnahmen zur termingerechten Ausstellung von Kündigungsbestätigungen getroffen. Das Ministerium für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg teilte der Antragstellerin dies mit und bat zugleich darum, wettbewerbliche Streitigkeiten fortan von den beteiligten Parteien selbst zu lösen (Schreiben vom 12. März 2007).

Im Schreiben vom 04. April 2008 an ein (ehemaliges) Mitglied der Antragsgegnerin, das seine Kündigung erklärt hatte, bot der Leiter des "AOK-KundenCenter B." dem Mitglied ein persönliches Gespräch zur Information über weitere Vorteile neben dem Bonusprogramm für Mitglieder, die wenig Leistungen in Anspruch nähmen, an und führte weiter u. a. aus:

"Wie Sie sicher aus der Presse bzw. Fernsehen erfahren haben, wurde inzwischen die neue Gesundheitsreform verabschiedet. Unter anderem wird auch der Gesundheitsfond im Jahre 2009 eingeführt, das heißt: alle gesetzlich Versicherten zahlen den gleichen Beitrag - egal bei welcher Krankenkasse Sie versichert sind. [Hervorhebung im Original] Unter diesen Gesichtspunkten ist ein Wechsel der Krankenkasse unbedingt noch einmal zu überlegen. In der Anlage erhalten Sie vorab eine Kündigungsbestätigung. [ ] Vielleicht nehmen Sie mein Angebot für ein persönliches Gespräch an "

Mit Schreiben vom 23. April 2008 forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin auf, zwei Unterlassungserklärungen zu unterschreiben, mit denen sich die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin verpflichten sollte, zum einen es künftig zu unterlassen, Kündigungsbestätigungen nach § 175 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 175 Abs. 4 Satz 4 (gemeint Satz 3) SGB V verspätet, d. h. infolge schuldhafter Verzögerungen zu übersenden, sowie zum anderen es künftig zu unterlassen, zu behaupten, mit Einführung des Gesundheitsfonds zahlten alle gesetzlich Krankenversicherten den gleichen Beitrag. Die Antragstellerin begründete ihr Verlangen damit, dass mit einer verspäteten Kündigungsbestätigung die freie Kassenwahl unterlaufen und der Krankenkassenwechsel unnötig erschwert werde, was wettbewerbswidrig sei. Nach dem derzeitigem Stand der Dinge könne man zudem noch nicht absehen, wie der finanzielle Beitragsaufwand für die Versicherten aussehen werde. Auch Zusatzbeiträge seien denkbar, wenn eine Krankenkasse schlecht wirtschafte. Aus diesem Grund käme es auch in Zukunft auf einen Krankenkassenvergleich an.

Mit Schreiben vom 29. April 2008 erwiderte die Antragsgegnerin, dass in mehr als der Hälfte der streitigen Fälle die verspätete Ausstellung von Kündigungsbestätigungen nicht auf ihrem Verschulden beruhe. Auch seien ihre Bezirksdirektionen in der Vergangenheit mehrfach zur Einhaltung der vorgesehenen Frist angehalten worden. Es lasse sich jedoch bei der nicht unerheblichen Zahl an Kündigungen nicht vermeiden, dass Kündigungsbestätigungen in Einzelfällen verspätet ausgestellt würden. Es sei im Übrigen bekannt, dass auch die Antragstellerin nicht immer fristgerecht Kündigungsbestätigungen ausstelle. Auch handle es sich um ein Problem, das kassenartenübergreifend auftrete, sodass es wenig sinnvoll sei, sich gegenseitig mit Abmahnungen zu überziehen. Im Hinblick auf das beanstandete Schreiben vom 04. April 2008 sei anzumerken, dass es sich nicht um ein landesweit eingesetztes, sondern um ein regionales und individuell gestaltetes Schreiben gehandelt habe. Im Übrigen sei die Behauptung, dass im Zuge der Einführung des Gesundheitsfonds zum 01. Januar 2009 alle gesetzlich Versicherten den gleichen Beitrag zahlen müssten, nicht von vornherein falsch. Inwieweit individuelle Zusatzbeiträge oder Beitragsrückerstattungen notwendig seien, sei derzeit nicht absehbar. Man werde jedoch bemüht sein, sich zukünftig differenzierter zu äußern.

Am 05. Mai 2008 erhob die Antragstellerin beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage (S 8 KR 1298/08), die beim SG noch anhängig ist, und beantragte zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung, der Antragsgegnerin bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, falls das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu untersagen, künftig Kündigungsbestätigungen nach § 175 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 175 Abs. 4 Satz 3 SGB V verspätet, d.h. infolge schuldhafter Verzögerungen, zu übersenden, und künftig zu behaupten, mit Einführung des Gesundheitsfonds zahlten alle gesetzlich Krankenversicherten den gleichen Betrag. Sie trug vor, die Antragsgegnerin habe in verschiedenen (konkret benannten) Fällen Kündigungsbestätigungen an ihre Mitglieder, die die Mitgliedschaft gekündigt hätten, verspätet bzw. überhaupt nicht versandt. Die Antragsgegnerin sei nicht willens, angekündigte geeignete Maßnahmen zur termingerechten Ausstellung der Kündigungsbestätigung umzusetzen. Dieses Verhalten sei wettbewerbswidrig, da die freie Kassenwahl unterlaufen und der Krankenkassenwechsel unnötig erschwert werde. Die Krankenkassen seien im Interesse der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zur Zusammenarbeit verpflichtet. Mit dieser Handlungspflicht korrespondiere eine Pflicht zur Unterlassung von Tätigkeiten, die dem vorgegebenen Handlungsziel zuwiderliefen. Die im Schreiben vom 04. April 2008 enthaltene Formulierung sei wettbewerbswidrig, da derzeit noch nicht absehbar sei, wie der finanzielle Beitragsaufwand für die Versicherten nach Einführung des Gesundheitsfonds aussehen werde. Die Formulierung sei geeignet, den Wettbewerb der gesetzlichen Krankenversicherungen zu beeinträchtigen, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass interessierte Mitglieder davon abgehalten werden könnten, die Kasse zu wechseln. Es sei davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin weiterhin versuchen werde, auf die Willensbildung ihrer Versicherten, die kündigen wollten, ungehörigen Einfluss zu nehmen. Die Antragsgegnerin habe gezeigt, dass sie nicht in der Lage sei, solche "Ausreißer" zu unterbinden. Sie (die Antragstellerin) bestreite, dass das Schreiben vom 04. April 2008 nicht mehr verwendet werden solle. Die Androhung ersatzweiser Ordnungshaft sei rechtlich zulässig.

Die Antragsgegnerin trat der Klage und dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz entgegen und führte u. a. aus, eine verspätete Ausstellung der Kündigungsbestätigungen sei in der weit überwiegenden Anzahl bereits aus tatsächlichen Gründen erklärbar und habe nicht auf einem Verschulden ihrer Mitarbeiter beruhte. Die Androhung ersatzweiser bzw. alternativer Ordnungshaft sei bei Körperschaften des öffentlichen Rechts unzulässig, da diese hierdurch in der Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben erheblich beeinträchtigt würden. Dementsprechend sehe auch § 201 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) für die Vollstreckung von Verpflichtungsurteilen nur die Festsetzung von Zwangsgeld vor. Im Übrigen habe das Ministerium für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg mit Schreiben vom 11. Oktober 2006 unter Bezugnahme auf die Auffassung des Bundesversicherungsamts (BVA) bestätigt, dass ein wirksamer Kassenwechsel selbst dann zustande komme, wenn die gekündigte Krankenkasse die Ausstellung der Kündigungsbestätigung rechtswidrig verweigere bzw. nicht in der Kündigungsfrist vornehme, sodass die Antragstellerin und auch der kündigende Versicherte keine Nachteile erlitten. Bei dem Schreiben vom 04. April 2008 habe es sich um ein individuell gestaltetes Anschreiben und nicht um ein landesweit eingesetztes Anschreiben gehandelt. Die Formulierungen würden nicht mehr verwendet werden.

Mit Beschluss vom 11. Juni 2008 untersagte das SG der Antragsgegnerin unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 für jeden Fall des Zuwiderhandelns, zu behaupten, dass mit Einführung des Gesundheitsfonds alle gesetzlich Versicherten den gleichen Betrag zahlen, ohne auf die Möglichkeit kassenindividueller Zusatzbeiträge bzw. Prämienzahlungen hinzuweisen. Im Übrigen lehnte das SG den Antrag ab. Der Antrag auf Unterlassung sei zulässig, da ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, auch wenn die Antragsgegnerin der Rechtsaufsicht des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg unterliege. Der Antrag sei auch teilweise begründet, da die Antragsgegnerin eine Werbung zu unterlassen habe, mit welcher der Eindruck erweckt werde, ab dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378) am 01. Januar 2009 komme es nicht mehr zu Unterschieden in der finanziellen Belastung der Versicherten zwischen den einzelnen Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung. Diesen Schluss müsse ein unbefangener Leser des Schreibens vom 04. April 2008 aus den dortigen Aussagen ziehen. Beschränkungen hinsichtlich Form und Inhalt von Maßnahmen der Mitgliederwerbung ergäben sich insbesondere aus der Pflicht der Krankenkassen zur Aufklärung, Beratung und Information der Versicherten sowie dem Gebot, bei der Erfüllung dieser und anderer gesetzlicher Aufgaben mit den übrigen Sozialversicherungsträgern zusammenzuarbeiten. Werde deshalb bei der Werbung die Pflicht zur sachbezogenen Information und zur Rücksichtnahme auf die Belange der anderen Krankenversicherungsträger nicht beachtet, könne sich daraus im Umkehrschluss ein Anspruch des beeinträchtigten Trägers auf Unterlassung der unzulässigen Werbemaßnahmen ergeben. Der Antrag auf ersatzweise bzw. alternative Ordnungshaft sei jedoch abzulehnen gewesen, da die Vorschrift des § 890 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) gemäß § 198 Abs. 1 SGG nur entsprechend anwendbar sei. Bei der Vollstreckung gegen öffentlich-rechtliche Körperschaften sei zu beachten, dass diese in der Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht beeinträchtigt werden dürften. Eine Ordnungshaft gegen eine gesetzliche Krankenkasse, die an deren Vertretern zu vollziehen wäre, würde schwerwiegende Eingriffe in ihr organisatorisches Gefüge und in den Ablauf ihrer Verfahren zur Folge haben. Dementsprechend sehe auch § 201 Abs. 1 SGG für die Vollstreckung von Verpflichtungsurteilen nur die Festsetzung von Zwangsgeld, nicht aber von Zwangshaft vor. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ergebe sich bereits aus dem einmaligen Verstoß in dem Schreiben vom 04. April 2008. Die Antragstellerin habe hingegen keinen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin zukünftig ihre Kündigungsbestätigungen rechtzeitig, d.h. innerhalb der gesetzlichen vorgeschriebenen Zeiten, abgebe. Es existiere kein allgemeiner Gesetzesbefolgungsanspruch. Auch sei die Antragstellerin nicht unmittelbar in eigenen Rechten betroffen. Des Weiteren greife der wettbewerbsrechtliche Anspruch auf Unterlassung von unzulässigen Werbemaßnahmen hier nicht, da im Vordergrund kein Unterlassen stehe, sondern vielmehr von der Antragsgegnerin ein positives Handeln begehrt werde. Vor diesem Hintergrund müsse nicht geprüft werden, ob die Antragsgegnerin in der Vergangenheit schuldhaft verspätet Kündigungsbestätigungen ausgestellt habe.

Hiergegen hat die Antragstellerin am 25. Juni 2008 beim Landessozialgericht (LSG) per Telekopie Beschwerde eingelegt. Die Antragsgegnerin hat gegen den Beschluss am 15. August 2008 Anschlussbeschwerde eingelegt.

Die Antragstellerin ist weiterhin der Auffassung, dass ersatzweise bzw. alternative Ordnungshaft anzuordnen sowie die Antragsgegnerin zu verpflichten sei, es zu unterlassen, künftig Kündigungsbestätigungen nach § 175 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 175 Abs. 4 Satz 3 SGB V verspätet, d.h. infolge schuldhafter Verzögerungen, zu übersenden. Bereits das Bundessozialgericht (BSG) habe klargestellt, dass die voll umfängliche Anwendung des § 890 ZPO über § 198 SGG nicht ausgeschlossen sei (Hinweis auf BSGE 63, 144). Das LSG Rheinland-Pfalz habe zutreffend dargelegt (Bezugnahme auf Beschluss vom 21. Juni 2007 - L 5 ER 158/07 KR = Breithaupt 2008, 163), dass die Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Untersagungsverfügung sowie die Androhung von Ordnungshaft - letzteres mit der Maßgabe, dass diese gegebenenfalls an einem der vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder zu vollziehen sei - auf § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. §§ 928, 890 ZPO beruhe. Den Gesichtspunkt, dass Behörden aus rechtsstaatlichen Gründen gehalten seien, einstweiligen Anordnungen von sich aus ohne Vollstreckung nachzukommen, komme in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. Der Gesetzgeber habe durch die einschränkungslose Aufnahme der Verweisung auf § 928 ZPO und damit auch auf § 890 ZPO in § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG zu erkennen gegeben, dass er in Ausnahmefällen auch Behörden gegenüber die Anwendung von Zwangsmitteln für gerechtfertigt erachte. Die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben durch eine Zwangshaft des Vorstandsvorsitzenden würden auch nicht beeinträchtigt werden. Zum einen hätten die zuständigen Aufsichtsbehörden gemäß § 89 Abs. 1 Satz 3 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) die Möglichkeit, die Behebung von Rechtsverletzungen nach den einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen auch im Wege der Ersatzzwangshaft durchzusetzen. Zum anderen bestehe bei längerer Abwesenheit des Vorstandes die Möglichkeit, nach § 37 Abs. 2 SGB IV zu verfahren. Des Weiteren bestehe ein materiell-rechtlicher Anspruch hinsichtlich der Untersagung schuldhaft verspätet übersandter Kündigungsbestätigungen. Die Ausstellung der Kündigungsbe¬stätigung habe nach dem Gesetz unverzüglich zu erfolgen. Dies werde auch in der "Gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Krankenkassenwahlrecht" vom 06. März 2007 klar herausgestellt. Mit einer verspäteten Kündigungsbestätigung werde die freie Kassenwahl unterlaufen und der Krankenkassenwechsel unnötig erschwert. Deshalb seien auch die "Gemeinsamen Wettbewerbsgrundsätze der Aufsichtsbehörden" zu beachten. Das Verbot von Werbemaßnahmen, die auf Gewinn und Halten von Mitgliedern gerichtet seien, beinhalte i.V.m. dem Gebot der Rücksichtnahme hinsichtlich der Belange der anderen Krankenversicherungsträger zugleich die Verpflichtung, Maßnahmen zu unterlassen, die auf das Abwerben bzw. Halten der Versicherten gerichtete Anstrengungen der Kassen rechtswidrig beeinträchtigten. Der Einwand, es könne kein Schaden oder wirtschaftlicher Nachteil bei verspäteter Übersendung der Kündigungsbestätigung entstehen, rechtfertige keine andere Beurteilung, da der wettbewerbswidrige Nachteil für sie (die Antragstellerin) darin liege, dass ihre (Abwerbe-)Bemühungen durch das Vorgehen der Antragsgegnerin erschwert bzw. vereitelt würden. Es sei durchaus denkbar, dass das Mitglied erst die Kündigungsbestätigung abwarte.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Juni 2008 abzuändern und der Antragsgegnerin zu untersagen, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, falls das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, künftig Kündigungsbestätigungen nach § 175 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 175 Abs. 4 Satz 3 SGB V verspätet, d.h. infolge schuldhafter Verzögerungen, zu übersenden, und falls das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, künftig zu behaupten, mit Einführung des Gesundheitsfonds zahlen alle gesetzlich Krankenversicherten den gleichen Betrag, sowie die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen und den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Juni 2008 in den Ziffern 1 und 3 abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in vollem Umfang abzulehnen.

Zwischenzeitlich hätten sowohl das LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 31. März 2003 - L 4 KR 68/08 ER -) als auch das SG Heilbronn (Beschluss vom 24. Juli 2007 - S 10 KR 2128/08 ER -) die Auffassung vertreten, dass es eine Überspannung der Pflichten der mit dem einheitlichen Beitragssatz werbenden Krankenkasse sei, wenn man verlangen wollte, dass diese in der komplizierten Rechtsmaterie des Sozialrechts, insbesondere des SGB V, einen Sachverhalt in einer Werbebroschüre für Versicherte so detailliert darstelle, dass er vollständig sei. Ein Hinweis auf die lediglich theoretisch möglichen Zusatzbeiträge sei im Rahmen des Wettbewerbs zwischen den Krankenkassen nicht notwendig. Das SG habe im Übrigen den Antrag auf ersatzweise bzw. alternative Ordnungshaft zutreffend abgelehnt. Ordnungshaft gegen eine gesetzliche Krankenkasse, die an deren Vertretern vollzogen werden müsste, würde zu schwerwiegenden Eingriffen in ihr organisatorisches Gefüge und in den Ablauf ihrer Verfahren führen, sodass dieses Ordnungsmittel ausscheide. Daher führe auch der Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach Ordnungshaft gegebenenfalls an einem der vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder zu vollziehen sei, zu keinem anderen Ergebnis. Des Weiteren habe das SG den Antrag bezüglich der eingeforderten Unterlassung angeblich verspäteter Kündigungsbestätigungen zutreffend verneint.

Die Antragstellerin hat auf die Begründung der Beschwerde der Antragsgegnerin erwidert, die Beschlüsse des LSG Niedersachsen-Bremen und SG Heilbronn seien nicht überzeugend, weil sie die Problematik der Beitragssätze nach Einführung des Gesundheitsfonds nur unvollständig erfassten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte und auf die Akten des SG Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsstellerin und die erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 173 Satz 1 SGG eingelegte, von der Beschwerde der Antragstellerin in ihrem Bestand abhängige Anschlussbeschwerde (vgl. § 202 SGG i.V.m. § 567 Abs. 3 der Zivilprozessordnung [ZPO]) der Antragsgegnerin sind zulässig. Die Beschwerden sind auch nicht nach § 172 Abs. 3 SGG in der seit 01. April 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 29 Buchst. b) des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 - SGGArbGÄndG - (BGBl. I, S. 444) ausgeschlossen.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet (hierzu unter 1), die Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet (hierzu unter 2).

Das SG hat die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG im angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt, sodass der Senat hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt.

1. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung fehlt es für den Unterlassungsanspruch - hinsichtlich der Behauptung einer gleichen Beitragszahlung mit Einführung des Gesundheitsfonds - an einem Anordnungsanspruch. Allein mit der in dem Schreiben des Leiters des AOK-KundenCenter B. der Bezirksdirektion N.-A. der Antragsgegnerin vom 04. April 2008 angegebenen Aussage, mit Einführung des Gesundheitsfonds ab Januar 2009 hätten alle gesetzlich Versicherten den gleichen Beitrag zu zahlen, ohne gleichzeitig auf die Möglichkeit kassenindividueller Zusatzbeiträge bzw. Prämienzahlungen hinzuweisen, überschreitet die Antragsgegnerin nicht die Grenzen des Wettbewerbs zwischen den Krankenkassen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann sich die Antragstellerin nicht unmittelbar auf die wettbewerbsrechtlichen Grundsätze des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) stützen. Die Grenzen des Wettbewerbs zwischen Krankenkassen sind allein anhand des gesetzlichen Auftrags und der zu seiner Verwirklichung erlassenen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs zu bestimmen (vgl. BSGE 82, 78, 79; zur Unanwendbarkeit nationalen Wettbewerbsrechts auf Rechtsbeziehungen öffentlich-rechtlicher Natur siehe auch BSGE 89, 24). So hat das BSG entschieden, dass sich aus der Pflicht der Krankenkassen zur Aufklärung, Beratung und Information der Versicherten (§§ 13 bis 15 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs [SGB I]) sowie dem Gebot bei der Erfüllung dieser und anderer gesetzlicher Aufgaben mit den übrigen Sozialversicherungsträgern zusammenzuarbeiten, Beschränkungen hinsichtlich Form und Inhalt von Maßnahmen der Mitgliederwerbung ergeben (BSGE 82, 78, 80). Der Senat kann offenlassen, ob sich der Anspruch auf Unterlassung zwischen Krankenkassen allein nach der genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung richtet oder ob hierbei wettbewerbsrechtliche Grundsätze über § 69 SGB V i.V.m. § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bzw. § 1004 BGB heranzuziehen sind (vgl. hierzu LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 31. März 2008 - L 4 KR 68/08 ER -; LSG Rheinland-Pfalz vom 13. Dezember 2007 - L 5 ER 289/07 KR , m.w.N., in juris veröffentlicht). Denn die Antragsgegnerin hat in ihrem Schreiben vom 04. April 2008 mit der Formulierung "alle gesetzlich Versicherten zahlen den gleichen Beitrag - egal bei welcher Krankenkasse Sie versichert sind" weder gegen das öffentlich-rechtliche Gebot der Rücksichtnahme noch gegen wettbewerbsrechtliche Grundsätze verstoßen.

Das Finanzierungsmodell der gesetzlichen Krankenversicherung wird zum 01. Januar 2009 neu geregelt. Beim BVA wird der Gesundheitsfonds gebildet, der künftig die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung festzulegenden einheitlichen Beiträge der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, der anderen Sozialversicherungsträger und der Mitglieder der Krankenkassen sowie die Bundesmittel bündelt (vgl. § 271 Abs. 1 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG). Aus dem Fonds erhalten die Krankenkassen Zuweisungen zur Deckung ihrer Ausgaben. Ab dem 01. Januar 2009 wird zudem erstmals ein allgemeiner Beitragssatz von der Bundesregierung nach Auswertung der Ergebnisse eines beim BVA zu bildenden Schätzerkreises durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates festgelegt (§ 241 Abs. 2 SGB V in der ab 01. Januar 2008 geltenden Fassung des GKV-WSG). Erforderliche Veränderungen des allgemeinen Beitragssatzes sollen jeweils bis zum 01. November eines Jahres mit Wirkung vom 01. Januar des Folgejahres festgelegt werden (§ 241 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG). Damit gilt - wie in der gesetzlichen Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung üblich - ein einheitlicher Beitragssatz auch in der gesetzlichen Krankenversicherung. Bei einem gesetzlich fixierten Beitragssatz für alle Krankenkassen kann sich der Wettbewerb unter ihnen nur über die Leistungen und/oder die Möglichkeit zur Einräumung eines begrenzten Bonus bzw. eines nur begrenzten Zusatzbeitrags entfalten (vgl. hierzu auch Wille/Koch, Gesundheitsreform 2007, S. 375 Rdnr. 893 ff.). Dies geschieht über den kassenindividuellen Zusatzbeitrag nach § 242 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG. Soweit die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds dem Finanzbedarf einer Krankenkasse übersteigen und sie mithin gut gewirtschaftet hat, kann sie in ihrer Satzung bestimmen, dass Prämien an ihrer Mitglieder ausgezahlt werden (§ 242 Abs. 2 Satz 2 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG). Umgekehrt gilt: Kommt eine Krankenkasse mit den zugewiesenen Mitteln aus dem Gesundheitsfonds nicht aus, muss sie von ihren Versicherten einen zusätzlichen Beitrag erheben, dessen Höhe allerdings begrenzt ist (vgl. § 242 Abs. 1 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG). Der Zusatzbeitrag ist auf 1 vom Hundert (v.H.) der beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds begrenzt. Abweichend hiervon erhebt die Krankenkasse den Zusatzbeitrag ohne Prüfung der Höhe der Einnahmen des Mitglieds, wenn der monatliche Zusatzbeitrag den Betrag von EUR 8,00 nicht übersteigt (Sätze 2 und 3). Erhebt die Krankenkasse einen Zusatzbeitrag, erhöht sie ihn oder senkt sie die Prämienrückzahlung, muss sie ihre Versicherten auf das Sonderkündigungsrecht nach § 242 Abs. 1 i.V.m. § 175 Abs. 4 Sätze 5 und 6 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG hinweisen.

Kernstück dieser gesetzlichen Neuregelung ist der allgemeine Beitragssatz, der durch die Bundesregierung ohne Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung festgelegt wird. Der Hinweis des Leiters des AOK-KundenCenter B. der Bezirksdirektion N.-A. der Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 04. April 2008 darauf, dass alle gesetzlich Versicherten ab Januar 2009 den gleichen Beitrag zahlen, gibt mithin diese Kernregelung des GKV-WSG zutreffend wieder. Der Antragstellerin ist zwar zuzugeben, dass es sich um einen verkürzten Hinweis handelt. Denn in dem genannten Schreiben werden die Regelungen des § 242 Abs. 1 und 2 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG nicht erwähnt. Allerdings vermag der Senat darin kein wettbewerbswidriges Verhalten der Antragsgegnerin zu sehen. Zu berücksichtigen ist der Gesamtzusammenhang des Schreibens. Nachdem eine Versicherte ihre Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin gekündigt hatte, suchte der Leiter des AOK-KundenCenter B. der Bezirksdirektion N.-A. der Antragsgegnerin mit der Versicherten das Gespräch, in welchem er ihr - mit dem Ziel der Fortsetzung der Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin - die Vorteile der weiteren Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin darlegen wollte, wozu nicht nur die Frage der ab 01. Januar 2009 geltenden Regelungen zum Beitragssatz gehörte, sondern auch andere im Schreiben erwähnte Vorteile, wie z.B. die Bonusmodelle, rechneten. Im Rahmen eines solchen Gesprächs hätte für das ehemalige Mitglied durchaus die Möglichkeit bestanden, sich näher über Einzelheiten der Gesundheitsreform und über das ab 01. Januar 2009 geltende Recht zu erkundigen. Der Senat geht davon aus, dass es sich bei dem genannten Schreiben vom 04. April 2008 um ein individuell gestaltetes Schreiben an ein ehemaliges Mitglied der Antragsgegnerin handelte. Denn die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin bzw. ihre Bezirksdirektionen derartige Schreiben regelmäßig an Versicherte versendeten, die ihre Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin gekündigt haben.

Das genannte Schreiben vom 04. April 2008 sollte hier nicht eine Beratung ersetzen, sondern eine solche erst einleiten. Insoweit ist es ausreichend, die für die angebotene Beratung maßgeblichen Punkte grundsätzlich aufzuzeigen und umfassende Erörterung dem späteren Beratungsgespräch vorzubehalten. Insoweit ist hier ein allgemein gefasster Hinweis auf die geltende bzw. zukünftige Rechtslage grundsätzlich zulässig.

Etwas anderes könnte ausnahmsweise nur dann gelten, wenn ein verkürzter Hinweis auf die Rechtslage für die Adressaten irreführend wäre und sie deshalb von ihren gesetzlich zustehenden Rechten keinen Gebrauch machen könnten. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Der Senat teilt die Auffassung des 5. Senats des LSG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 13. Dezember 2007 - L 5 ER 289/07 KR, in juris veröffentlicht), wonach durch einen verkürzten Hinweis auf die zukünftige Rechtslage ein "grundlegend falscher Eindruck erweckt wird", nicht. Zum jetzigen Zeitpunkt ist nämlich noch nicht absehbar, ob die Antragsgegnerin - wie im Übrigen auch die Antragstellerin - zukünftig verpflichtet sein wird, nach § 242 Abs. 1 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG von ihren Mitgliedern einen Zusatzbeitrag zu erheben. Allein die gesetzlich normierte Option eines Zusatzbeitrags bzw. einer Prämienzahlung steht dem Hinweis der Antragsgegnerin, dass ab 01. Januar 2009 ein allgemeiner Beitragssatz gilt, nicht entgegen. Sie muss hierbei auch nicht auf die genannten Optionen des § 242 Abs. 1 und 2 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG hinweisen, da - wie bereits dargelegt - zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorhersehbar ist, ob diese Optionen überhaupt ausgeschöpft werden können bzw. müssen. Würde man bereits jetzt in einem schriftlichen Gesprächsangebot einen Hinweis auf diese Optionen verlangen, so würde man die Informations- und Beratungspflicht der Antragsgegnerin überspannen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Versicherten eine Eigenverantwortung trifft. Ihnen steht es frei, sich - z.B. im Falle eines geplanten Kassenwechsels - bei ihrer neuen Krankenkasse zu erkundigen, ob sie (die neue Krankenkasse) die von anderen bzw. der früheren Krankenkasse getätigten (Werbe-)Aussagen für zutreffend erachtet und wie sie selbst (die neue Krankenkasse) die Rechtslage ab 01. Januar 2009 beurteilt. Der Antragstellerin stünde es dann ebenfalls frei, auf die Option kassenindividueller Zusatzbeiträge hinzuweisen.

Sollte ein Versicherter allein wegen des Hinweises auf einen ab 01. Januar 2009 geltenden allgemeinen Beitragssatz derzeit von einem Kassenwechsel absehen und erhebt seine Krankenkasse zukünftig einen Zusatzbeitrag oder erhöht sie ihn bzw. senkt die Prämienrückzahlung, so steht ihm im Übrigen nach § 242 i.V.m. § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG ein Sonderkündigungsrecht zu. Die Mitgliedschaft kann bis zur erstmaligen Fälligkeit der Beitragserhebung, der Beitragserhöhung oder der Prämienverringerung gekündigt werden (§ 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V in der ab 01. Januar 2009 geltenden Fassung des GKV-WSG). Die Krankenkasse hat ihre Mitglieder zudem auf dieses Kündigungsrecht nach Satz 5 der Vorschrift spätestens einen Monat vor erstmaliger Fälligkeit hinzuweisen (Satz 6). Kommt die Krankenkasse ihrer Hinweispflicht gegenüber einem Mitglied verspätet nach, verschiebt sich für dieses Mitglied die Erhebung oder die Erhöhung des Zusatzbeitrags und die Frist für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts um den entsprechenden Zeitraum (Satz 7). Der verkürzte Hinweis auf den allgemeinen Beitragssatz ab dem 01. Januar 2009 führt mithin nicht dazu, dass Versicherte, die wegen dieses Hinweises von einem Kassenwechsel absehen, auf Dauer und zu ihren Lasten an ihre Entscheidung gebunden sind. In der Ausübung dieses (Kündigungs-)Rechts seht der Senat keinen wesentlichen Nachteil (a.A. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13. Dezember 2007 - L 5 ER 289/07 KR -, in juris veröffentlicht).

Ein Unterlassungsanspruch besteht mithin nicht. Deshalb musste vom Senat auch nicht geprüft werden, ob ein Anordnungsgrund besteht.

Vor diesem Hintergrund konnte der Senat offen lassen, ob die Auffassung des SG zutreffend ist, dass die Androhung ersatzweiser bzw. alternativer Ordnungshaft im Sinne des § 890 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 ZPO gegenüber der Antragsgegnerin unzulässig ist. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass es bereits höchstrichterlich geklärt ist, dass § 890 ZPO auch für die Vollstreckung gegen Körperschaften des öffentlichen Rechts Anwendung findet (vgl. hierzu BSGE 63, 144, 149). § 890 ZPO ist insbesondere dann anwendbar, wenn die Behörde zur Unterlassung einer Handlung verurteilt worden ist (BSG a.a.O.). Dabei ist zu beachten, dass der von Verfassungs wegen gebotene vorläufige Rechtsschutz leerliefe, wenn die Sozialgerichte keine wirksame Maßnahmen zur Durchsetzung der von ihnen erlassenen einstweiligen Anordnung treffen könnten (vgl. allgemein hierzu Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 09. August 1999 - 1 BvR 2245/98 - = NVwZ 1999, 1330).

2. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf Unterlassung verzögerter Kündigungsbestätigungen nach § 175 Abs. 4 Satz 3 SGB V hat. Es hat hierbei zu Recht darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin letztlich ein positives Handeln erreichen will, nämlich die rechtzeitige Ausstellung von Kündigungsbestätigungen innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigung.

Nach § 173 Abs. 1 SGB V haben Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte grundsätzlich ein allgemeines Wahlrecht im Hinblick auf die von ihnen zu wählende Krankenkasse (vgl. zur Kassenwahlfreiheit Baier in Krauskopf, § 173 SGB V Rdnr. 5 ff.). Die Ausübung des Wahlrechts wird näher in § 175 SGB V geregelt. Der Wechsel einer Krankenkasse während des Versicherungsverhältnisses durch Ausübung des Wahlrechts geschieht danach in einem gestuften Verfahren, das Mitwirkungsakte sowohl des Versicherten als auch der gekündigten und der gewählten neuen Krankenkasse erfordert (vgl. hierzu BSG SozR 4-2500 § 175 Nr. 1). Nach § 175 Abs. 4 Satz 1 SGB V sind Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte an die Wahl der Krankenkasse mindestens 18 Monate gebunden, wenn sie das Wahlrecht ab dem 01. Januar 2002 ausüben. Eine Kündigung der Mitgliedschaft ist zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt (Satz 2). Die Krankenkasse hat dem Mitglied unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigung eine Kündigungsbestätigung auszustellen (Satz 3). Die Kündigung wird wirksam, wenn das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung oder das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweist (Satz 4).

§ 175 Abs. 4 Satz 3 SGB V steht in unmittelbarem Zusammenhang mit § 175 Abs. 2 Satz 2 SGB V, wonach eine - für den Wechsel einer Krankenkasse notwendige - Mitgliedsbescheinigung nur ausgestellt werden kann, wenn die Kündigungsbestätigung nach Abs. 4 Satz 3 vorgelegt wird (zur Unbeachtlichkeit des § 175 Abs. 4 Satz 3 SGB V bei einem gesetzlich angeordneten Ende der Mitgliedschaft BSG SozR 4-2500 § 175 Nr. 2). Diese Regelungen dienen primär der Ausübung des Wahlrechts des Versicherten und nur mittelbar den Interessen der Krankenkassen an der relativen Verlässlichkeit ihres Mitgliederbestandes (vgl. hierzu BSG SozR 4-2500 § 175 Nr. 1 RdNr. 15; BT-Drucks. 14/5957, S. 4 f).

Vor diesem Hintergrund ist das SG zu Recht davon ausgegangen, dass § 175 Abs. 4 Satz 3 SGB V allein subjektive Rechte der Versicherten betrifft. Aus Sicht der gewählten Krankenkasse besteht hingegen kein schützenswertes Interesse an der rechtzeitigen Ausstellung der Kündigungsbestätigung, zumal die Frist für die Wahl und deren Nachweis im Rahmen des § 175 Abs. 4 Satz 4 SGB V nicht gilt, wenn die gekündigte Krankenkasse durch die rechtswidrige Weigerung, eine Kündigungsbestätigung auszustellen, die Ursache dafür setzt, dass das Verfahren zum Wechsel der Krankenkasse nicht den im Gesetz vorausgesetzten Ablauf nehmen kann (so ausdrücklich BSG SozR 4-2500 § 175 Nr. 1 RdNr. 18).

Des Weiteren hat das SG zutreffend dargelegt, dass ein allgemeiner Gesetzesbefolgungsanspruch nicht existiert. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des SG (Seite 9 Ziff. 2 letzter Absatz des Beschlusses) Bezug genommen.

Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf wettbewerbsrechtliche Grundsätze stützen. Die Grenzen des Wettbewerbs zwischen Krankenkassen sind allein anhand des gesetzlichen Auftrags und der zu seiner Verwirklichung erlassenen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs zu bestimmen (vgl. BSGE 82, 78). Das Wahlrecht des Versicherten und das hierbei durchzuführende Verfahren ist jedoch in § 175 SGB V gesetzlich geregelt. Dieses Verfahren sieht - wie bereits dargelegt - keinen Anspruch der neuen Krankenkasse auf Einhaltung der Frist des § 175 Abs. 4 Satz 3 SGB V vor.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

4. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 des Gerichtsostengesetzes (GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist danach ein Streitwert von EUR 5.000,00 (Auffangstreitwert) anzunehmen. Hiervon ist vorliegend auszugehen, da das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin nicht beziffert werden kann und genügend tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzung fehlen (vgl. hierzu auch LSG für das Saarland, Beschluss vom 21. Juni 2006 - L 2 B 5/06 KR).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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