Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 3644/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3389/08 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Der Kläger wendet sich mit seiner nach § 172 Abs. 1, § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften und auch sonst zulässigen Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 12. Juni 2008, mit welchem sein Ablehnungsantrag gegen den nach § 109 SGG benannten Gutachter Prof. Dr. H. abgelehnt worden ist.
Die Beschwerde ist nicht deswegen unstatthaft, weil § 172 Abs. 2 SGG in der Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung zum 1. April 2008 die Anfechtung von Beschlüssen über die Ablehnung von Gerichtspersonen ausgeschlossen hat. Denn Sachverständige sind keine Gerichtspersonen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Juli 1997, 9 S 1580/97, NVwZ-RR 1998, 689).
Das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde ist nicht entfallen, weil das SG die Klage mit Urteil vom 12. Juni 2008 abgewiesen hat, denn der Kläger hat gegen dieses zwischenzeitlich Berufung eingelegt (L 11 R 3408/08). In dem Berufungsverfahren kann das Gutachten von Prof. Dr. H. durchaus von Bedeutung sein, auch für die Frage, ob das Antragsrecht des Klägers nach § 109 SGG mit der Benennung von Prof. Dr. H. verbraucht ist.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
Gründe, welche eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen objektiv rechtfertigen können (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 406 Abs. 1 Satz 1, 42 ZPO), sind nicht ersichtlich. Nur wenn die Verfahrensweise von einem willkürlichen oder unsachlichen Umgang mit den Beteiligten geprägt ist, etwa grobe Beleidigungen oder körperliche Eingriffe gegen den Willen des Begutachtenden erfolgen, ist die Besorgnis der Befangenheit begründet (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. September 2006, L 1 B 75/06 SF). Davon kann hier nicht ausgegangen werden.
Der Senat verweist auf die Ausführungen des SG, die er als überzeugend ansieht und sich deswegen zu eigen macht (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Die möglicherweise knappe oder fehlende Begrüßung des Klägers während der körperlichen Untersuchung, wie sie von diesem und seiner Ehefrau geschildert worden ist, zeigen eine Untersuchungssituation, die durch den in Kliniken leider durchaus üblichen Zeitdruck und nicht durch eine herausgehobene Höflichkeit geprägt war. Dies überschreitet aber noch nicht die Grenze dessen, was bei solchen Begutachtungen auch in anderen Fällen üblich ist, und ist deswegen von den Probanden hinzunehmen. Etwas anderes würde möglicherweise für die vom Kläger wiedergegebenen Äußerungen "Er ist fett" und "Er übertreibt" gelten - wenn sie denn so gegenüber dem Kläger gefallen sind. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich Prof. Dr. H. nicht an den Kläger selbst, sondern an Dritte gewandt hat. Der Kläger hat die von ihm kritisierten Formulierungen nach eigenen Angaben und denen seiner Ehefrau auch nicht wörtlich, sondern jeweils nur "sinngemäß" wiedergeben können. In beiden Aussagen kann aber eine inhaltlich durchaus nachvollziehbare Bewertung durch den Gutachter gesehen werden, wenn man berücksichtigt, dass der Kläger 99,3 kg bei 158 cm Körpergröße wiegt und er in der gutachtlichen Untersuchung umfangreiche Beschwerdeangaben (u. a. Schmerzen von 90 von 100 Punkten auf der visuellen Analogskala) gemacht hat. Eine herabwürdigende Form der Äußerung haben Prof. Dr. H. und Dr. V., der bei der Untersuchung anwesend war, in ihrer Stellungnahme für das SG bestritten. Von dieser kann sich auch der Senat nicht überzeugen.
Hinsichtlich der gerügten zu kurzen Untersuchung durch Prof. Dr. H. wird darauf hingewiesen, dass der Sachverständige den Auftrag zwar nicht an andere übertragen darf (§ 407 a Abs. 2 ZPO). Er darf aber Hilfskräfte einsetzen, etwa bei der Befunderhebung, wie dies hier auch durch Dr. V. geschehen ist. Der Sachverständige muss in diesem Fall seine uneingeschränkte persönliche Verantwortung für das Gutachten erklären, mittels Unterschrift und dem sinngemäßen Zusatz, er habe die Arbeit seiner Mitarbeiter selbst nachvollzogen und sich zu Eigen gemacht, er sei auf Grund eigener Überzeugung und Urteilsbildung einverstanden (BSG, Urteil vom 28. März 1984, 9a RV 29/83, SozR 1500 § 128 Nr. 24). Der Zusatz fehlt im Gutachten, was aber darauf zurückzuführen ist, dass die Begutachtung abgebrochen und es zu keiner gutachtlichen Einschätzung mehr gekommen ist. Es wäre aber zu erwarten gewesen, dass Prof. Dr. H. dies so erklärt hätte. Denn es ist im Gutachtensauftrag des SG so von ihm erbeten worden. Er hat auf die ergänzende Anfrage des Senats auch erklärt, er hätte im Fall der Beendigung des Gutachtens die Arbeit der Mitarbeiter nachvollzogen, wäre zu einer Entscheidung aufgrund eigener Überzeugung und Urteilsbildung gelangt und hätte die uneingeschränkte persönliche Verantwortung für das Gutachten erklärt.
Auch ansonsten ergibt sich aus Art und Umfang der Mitarbeit nicht, dass die das Gutachten prägenden und regelmäßig in einem unverzichtbaren Kern vom Sachverständigen selbst zu erbringenden Zentralaufgaben nicht von Prof. Dr. H. selbst wahrgenommen worden sind. Denn außer bei psychiatrischen Begutachtungen obliegt die Entscheidung, ob er den Probanden selbst untersucht, grundsätzlich der Bewertung des Gutachters (BSG, Beschluss vom 18. September 2003, B 9 VU 2/03 B, SozR 4-1750 § 407 a Nr. 1; BSG, Beschluss vom 30. Januar 2006, B 2 U 358/05 B; BSG, Beschluss vom 17. November 2006, B 2 U 58/05 B, SozR 4-1750 § 407a Nr. 3). Bei dem zu erstattenden orthopädischen Gutachten hätte also grundsätzlich auch ganz auf eine persönliche Untersuchung durch Prof. Dr. H. verzichtet werden können. Prof. Dr. H. hat den Kläger aber tatsächlich selbst untersucht.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Der Kläger wendet sich mit seiner nach § 172 Abs. 1, § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften und auch sonst zulässigen Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 12. Juni 2008, mit welchem sein Ablehnungsantrag gegen den nach § 109 SGG benannten Gutachter Prof. Dr. H. abgelehnt worden ist.
Die Beschwerde ist nicht deswegen unstatthaft, weil § 172 Abs. 2 SGG in der Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung zum 1. April 2008 die Anfechtung von Beschlüssen über die Ablehnung von Gerichtspersonen ausgeschlossen hat. Denn Sachverständige sind keine Gerichtspersonen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Juli 1997, 9 S 1580/97, NVwZ-RR 1998, 689).
Das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde ist nicht entfallen, weil das SG die Klage mit Urteil vom 12. Juni 2008 abgewiesen hat, denn der Kläger hat gegen dieses zwischenzeitlich Berufung eingelegt (L 11 R 3408/08). In dem Berufungsverfahren kann das Gutachten von Prof. Dr. H. durchaus von Bedeutung sein, auch für die Frage, ob das Antragsrecht des Klägers nach § 109 SGG mit der Benennung von Prof. Dr. H. verbraucht ist.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
Gründe, welche eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen objektiv rechtfertigen können (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 406 Abs. 1 Satz 1, 42 ZPO), sind nicht ersichtlich. Nur wenn die Verfahrensweise von einem willkürlichen oder unsachlichen Umgang mit den Beteiligten geprägt ist, etwa grobe Beleidigungen oder körperliche Eingriffe gegen den Willen des Begutachtenden erfolgen, ist die Besorgnis der Befangenheit begründet (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. September 2006, L 1 B 75/06 SF). Davon kann hier nicht ausgegangen werden.
Der Senat verweist auf die Ausführungen des SG, die er als überzeugend ansieht und sich deswegen zu eigen macht (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Die möglicherweise knappe oder fehlende Begrüßung des Klägers während der körperlichen Untersuchung, wie sie von diesem und seiner Ehefrau geschildert worden ist, zeigen eine Untersuchungssituation, die durch den in Kliniken leider durchaus üblichen Zeitdruck und nicht durch eine herausgehobene Höflichkeit geprägt war. Dies überschreitet aber noch nicht die Grenze dessen, was bei solchen Begutachtungen auch in anderen Fällen üblich ist, und ist deswegen von den Probanden hinzunehmen. Etwas anderes würde möglicherweise für die vom Kläger wiedergegebenen Äußerungen "Er ist fett" und "Er übertreibt" gelten - wenn sie denn so gegenüber dem Kläger gefallen sind. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich Prof. Dr. H. nicht an den Kläger selbst, sondern an Dritte gewandt hat. Der Kläger hat die von ihm kritisierten Formulierungen nach eigenen Angaben und denen seiner Ehefrau auch nicht wörtlich, sondern jeweils nur "sinngemäß" wiedergeben können. In beiden Aussagen kann aber eine inhaltlich durchaus nachvollziehbare Bewertung durch den Gutachter gesehen werden, wenn man berücksichtigt, dass der Kläger 99,3 kg bei 158 cm Körpergröße wiegt und er in der gutachtlichen Untersuchung umfangreiche Beschwerdeangaben (u. a. Schmerzen von 90 von 100 Punkten auf der visuellen Analogskala) gemacht hat. Eine herabwürdigende Form der Äußerung haben Prof. Dr. H. und Dr. V., der bei der Untersuchung anwesend war, in ihrer Stellungnahme für das SG bestritten. Von dieser kann sich auch der Senat nicht überzeugen.
Hinsichtlich der gerügten zu kurzen Untersuchung durch Prof. Dr. H. wird darauf hingewiesen, dass der Sachverständige den Auftrag zwar nicht an andere übertragen darf (§ 407 a Abs. 2 ZPO). Er darf aber Hilfskräfte einsetzen, etwa bei der Befunderhebung, wie dies hier auch durch Dr. V. geschehen ist. Der Sachverständige muss in diesem Fall seine uneingeschränkte persönliche Verantwortung für das Gutachten erklären, mittels Unterschrift und dem sinngemäßen Zusatz, er habe die Arbeit seiner Mitarbeiter selbst nachvollzogen und sich zu Eigen gemacht, er sei auf Grund eigener Überzeugung und Urteilsbildung einverstanden (BSG, Urteil vom 28. März 1984, 9a RV 29/83, SozR 1500 § 128 Nr. 24). Der Zusatz fehlt im Gutachten, was aber darauf zurückzuführen ist, dass die Begutachtung abgebrochen und es zu keiner gutachtlichen Einschätzung mehr gekommen ist. Es wäre aber zu erwarten gewesen, dass Prof. Dr. H. dies so erklärt hätte. Denn es ist im Gutachtensauftrag des SG so von ihm erbeten worden. Er hat auf die ergänzende Anfrage des Senats auch erklärt, er hätte im Fall der Beendigung des Gutachtens die Arbeit der Mitarbeiter nachvollzogen, wäre zu einer Entscheidung aufgrund eigener Überzeugung und Urteilsbildung gelangt und hätte die uneingeschränkte persönliche Verantwortung für das Gutachten erklärt.
Auch ansonsten ergibt sich aus Art und Umfang der Mitarbeit nicht, dass die das Gutachten prägenden und regelmäßig in einem unverzichtbaren Kern vom Sachverständigen selbst zu erbringenden Zentralaufgaben nicht von Prof. Dr. H. selbst wahrgenommen worden sind. Denn außer bei psychiatrischen Begutachtungen obliegt die Entscheidung, ob er den Probanden selbst untersucht, grundsätzlich der Bewertung des Gutachters (BSG, Beschluss vom 18. September 2003, B 9 VU 2/03 B, SozR 4-1750 § 407 a Nr. 1; BSG, Beschluss vom 30. Januar 2006, B 2 U 358/05 B; BSG, Beschluss vom 17. November 2006, B 2 U 58/05 B, SozR 4-1750 § 407a Nr. 3). Bei dem zu erstattenden orthopädischen Gutachten hätte also grundsätzlich auch ganz auf eine persönliche Untersuchung durch Prof. Dr. H. verzichtet werden können. Prof. Dr. H. hat den Kläger aber tatsächlich selbst untersucht.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
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