L 4 R 3500/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 1677/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3500/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 24. Mai 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.

Der am 1958 geborene Kläger erlernte von 1974 bis 1978 den Beruf eines Werkzeugmachers und war bis 1986 als Zeitsoldat bei der Bundeswehr als Raketentechniker beschäftigt. Er schied im Jahr 1986 aus der Bundeswehr nach einem Dienstunfall aus und war im Anschluss hieran in verschiedenen Tätigkeiten beschäftigt, von März 1988 bis Februar 1989 als Bademeister, anschließend bis Dezember 1990 als Konstrukteur, von Juli bis November 1993 als Ausbilder, von August bis Dezember 1993 als Anführer beim Bundesamt für den Zivilschutz sowie von 1995 bis März 2003 als technischer Außendienstmitarbeiter im Ein- und Verkauf bei der Firma G. in E ... Nach anschließender Arbeitslosigkeit und Arbeitslosengeldbezug war der Kläger ab August 2003 selbstständig als freier Handelsvertreter tätig und von März bis August 2006 als Handelsvertreter bei der Firma E. (Vertrieb von Holzprodukten), wobei er zuletzt im Innendienst in der Verwaltung tätig war. Seit September 2006 ist er arbeitsunfähig. Das Versorgungsamt U.stellte mit Bescheid vom 10. Oktober 1997 nach dem Gesetz über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihrer Hinterbliebenen (SVG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) folgende Wehrdienstbeschädigungen fest: chronische Kieferhöhlenentzündung beidseits (rechts mehr als links), Fissur des ersten Lendenwirbelkörpers, chronische Lumbago bei medialen Bandscheibenvorfällen auf "Höhe LWK 4/5 und LWK 5/SWK 1", Spannungsschmerz im Hinterhaupt (Halswirbelsäulen-Bereich) und Bewegungs- und Gefühlsstörungen des linken Zeigefingers. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von wenigstens 25 v.H. werde nicht erreicht.

Am 25. April 2005 beantragte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er an, seit seiner Kompressionsfraktur 1984 bei der Bundeswehr habe er im Lendenwirbelbereich starke Probleme. Er könne in der letzten Zeit nicht mehr lange Sitzen, Stehen oder Liegen. Die Agentur für Arbeit (AA) gehe davon aus, dass er weniger als 13 Stunden wöchentlich arbeiten könne. Zur weiteren Begründung legte er Arztbriefe über Kernspintomographien der Lendenwirbelsäule des Radiologen Dr. H. vom 26. Mai 2003 und 09. Mai 2005und des Radiologen Dr. He. vom 06. Mai 2002, ein Gutachten des Dr. S. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 02. Mai 2003 sowie ein ärztliches Gutachten nach Aktenlage der Arbeitsamtsärztin Dr. K. vom 02. Juni 2003 vor. Dr. S. gelangte zu der Auffassung, die Belastbarkeit des Klägers sei wegen eines Prolapses mit leichter Kippung nach caudal im Segment L 5/S 1 mit Tangierung des Duralsacks dauerhaft gemindert; Dr. K. teilte mit, eine arbeitsmedizinische Aussage zu eventuell notwendigen Hilfen für eine Wiedereingliederung könne nicht gemacht werden. Es sei jedoch davon auszugehen, dass der Kläger täglich weniger als drei Stunden arbeiten könne. Die Beklagte zog daraufhin einen Befundbericht des Internisten Dr. Ra. vom 25. Juli 2003 bei, wonach seit Jahren zunehmend Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule bestünden, sodass der Kläger zur Zeit nicht in der Lage sei, seinen Beruf auszuüben. Des Weiteren zog die Beklagte das chirurgisch-orthopädische Fachgutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. P. vom 12. Dezember 2003 bei, dass dieser für die Beklagte auf Grund eines Antrags des Klägers auf Kraftfahrzeughilfe erstattet hatte. Dieser gelangte zu folgenden Diagnosen: Akut rezidivierende Lumboischialgie mit Wurzelreiz S 1 rechts bei bekanntem Bandscheibenvorfall L 5/S 1 rechts, degeneratives Reizsyndrom der unteren Lendenwirbelsäule und Zustand nach Fissur des ersten Lendenwirbelsäulenkörpers ohne bisher bekannte Folgeerscheinungen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei der Kläger für leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig einsetzbar. Die Beklagte erhob daraufhin ein weiteres Gutachten des Dr. P. vom 01. August 2005. Er kam zu den gleichen Diagnosen wie im Jahr 2003 und äußerte zusätzlich den Verdacht auf Stoffwechselstörungen. Die Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter könne der Kläger noch sechs Stunden täglich verrichten. Arbeiten unter erhöhter Verletzungsgefahr, häufiges Bücken, Zwangshaltungen, regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten über sieben kg und Temperaturschwankungen (Nässe, Kälte, Zugluft) sollten vermieden werden. Leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten im Übrigen sechs Stunden und mehr verrichtet werden. Nach Stellungnahme der beratenden Ärztin Dr. Re. vom 05. August 2005, wonach keine schwerwiegenden Funktionseinschränkungen bestünden, lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 16. August 2005 ab, da er mit dem vorhandenen Leistungsvermögen noch in der Lage sei, in seinem bisherigen Beruf als Handelsvertreter mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Mit seinem Widerspruch hiergegen machte der Kläger geltend, seine Arbeitszeit betrage an guten Tagen vier bis sechs Stunden, an schlechten Tagen könne er nicht arbeiten. Er habe sich selbstständig gemacht, da er seine Arbeit entsprechend seinen Schmerzen einteilen könne. Insbesondere längere Autofahrten könne er nicht mehr durchführen. Die Beklagte zog daraufhin Befundberichte des Internisten Dr. Ra. vom 01. November 2005 und des Facharztes für Chirurgie Dr. L. vom 07. November 2005 bei. Dr. Ra. gab an, der Kläger habe seit Jahren Wirbelsäulenbeschwerden, komme aber nicht ständig zum Arzt. Eine Befundänderung in den letzten zwölf Monaten habe sich nicht ergeben. Derzeit sei der Kläger wegen akuter Sinusitis arbeitsunfähig erkrankt. Dr. L. teilte mit, der Kläger sei seit Januar 1996 regelmäßig in Behandlung. Seit Jahren würde eine physikalische Therapie durchgeführt werden, wobei bei verstärkten neurologischen Ausfällen eine Operation indiziert sei. Die Beklagte erhob daraufhin das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Gr. vom 15. Dezember 2005. Dieser gelangte zu folgenden Diagnosen: Chronisch rezidivierende Lendenwirbelsäulenbeschwerden, gesicherter Bandscheibenvorfall L 5/S 1 ohne Wurzelkompression, gesicherte Bandscheibenprotrusion Lendenwirbelsäulenkörper 4/5 und gesicherte Osteochondrosen L 4/5 und L 5/S 1. Es hätten sich keine radikulären Auffälligkeiten bei der Untersuchung gezeigt. Die Tätigkeit als Handelsvertreter könne der Kläger noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Zu vermeiden seien schwere Tätigkeiten sowie langfristig einseitige körperliche Tätigkeiten. Bei Autofahrten müssten entsprechende Unterbrechungen und Pausen eingelegt werden. Nach Einholung einer Arbeitgeberauskunft bei der Firma G. vom 16. Februar 2006 und Stellungnahme der beratenden Ärztin He. vom 17. Februar 2006 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, der Kläger könne zwar seinen bisherigen Beruf als Techniker bzw. Vertreter im Außendienst nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Das Leistungsvermögen reiche aber aus, als technischer Angestellter im Innendienst sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergebe sich auch aus den medizinischen Ermittlungen (Widerspruchsbescheid vom 27. März 2006).

Gegen den nach seinen Angaben ihm am 05. April 2006 zugegangenen Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 04. Mai 2006 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG). Zur Begründung führte er aus, er leide seit 20 Jahren an starken Rückenschmerzen aufgrund eines als Wehrdienstbeschädigung anerkannten Wirbelbruchs und wegen verschleißbedingter Bandscheibenvorfällen. Er habe deswegen ständig Schmerzen, die zu Gefühlsstörungen führten. Zwar habe er bei der Ausübung der Tätigkeit eines freien Handelsvertreters die Möglichkeit, auf seine Schmerzbelastung zu achten. An manchen Tagen könne er diese Tätigkeit jedoch überhaupt nicht ausüben. Er sei deshalb nicht mehr in der Lage, mit einer gewissen Regelmäßigkeit mehr als drei Stunden täglich zu arbeiten. Dies ergebe sich auch aus dem ärztlichen Gutachten der Arbeitsamtsärztin Dr. K. vom 02. Juni 2003. Der Kläger hat vorgelegt das Gutachten des Dr. A. (MDK) vom 09. November 2006, wonach eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vorliege und deswegen eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme erfolgen solle, sowie das Gutachten der Dr. K. vom 26. Februar 2007, wonach für voraussichtlich bis zu sechs Monaten Tätigkeiten von weniger als drei Stunden verrichtet werden könnten.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids.

Das SG zog das Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. P. vom 31. Oktober 2005 bei, das dieser im Auftrag des SG im Verfahren S 2 SB 2900/04 zur Frage erstattete, ob die vom Kläger begehrten bzw. in Anspruch genommenen Massagen und Fangopackungen mit Wahrscheinlichkeit auf anerkannte Schädigungsfolgen nach dem SVG zurückzuführen seien. Dr. P. teilte mit, bei der aktuellen klinischen und röntgenologischen Untersuchung hätten sich die bekannten Hinweise auf eine therapieresistente Lumboischialgie mit Nervenwurzelreizung S 1 bestätigt. Auch sei ein Bandscheibenvorfall im Segment L 5/S 1 bekannt. Die vom Kläger in Anspruch genommenen Massagen und Fangopackungen stünden nicht mit Wahrscheinlichkeit mit den anerkannten Schädigungsfolgen in Zusammenhang. Das SG hörte daraufhin Internisten Dr. Ra. und Facharzt für Chirurgie Dr. L. schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. Ra. gab an (Auskunft vom 21. August 2006), der Kläger würde nicht ständig den Arzt aufsuchen, da er seine Krankheit kenne und genau wisse, wie er sich verhalten müsse (häusliche Krankengymnastik, Whirlpool, Sauna und Dampfbäder). In den letzten drei Jahren habe sich hinsichtlich der Erkrankungen ein gleichbleibendes Niveau herausgebildet mit immer wieder Exazerbatien der Kieferhöhle und Verschlechterung der Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Nur weil er seine Familie versorgen müsse, habe er die Arbeitsunfähigkeit beendet. Infolge der Erkrankung der Lendenwirbelsäule seien Tätigkeiten mit langem Stehen, Zwangshaltungen, Heben und Tragen von mittelschweren bis schweren Gegenständen über längere Zeit nicht möglich. Beigefügt war eine ärztliche Bescheinigung des Dr. Ra. vom 28. April 2006, wonach eine neuerliche Rehabilitationsmaßnahme sinnvoll und empfehlenswert sei. Dr. L. teilte mit (Auskunft vom 19. Oktober 2006), seit Dezember 2005 sei eine wesentliche Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers nicht eingetreten. Der Kläger sei noch in der Lage, Tätigkeiten Techniker, Sachbearbeiter im Innendienst oder leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung von Einschränkungen (Vermeidung von Zwangshaltungen, Heben und Tragen von schweren Lasten und langem Stehen) vollschichtig zu verrichten.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erhob das SG das Gutachten des Orthopäden Dr. Hep. vom 23. Februar 2007. Dieser gelangte zu folgenden Diagnosen: Chronische schmerzhafte Funktionsstörung der unteren Lendenregion bei fortschreitender Bandscheibendegeneration L 4/L 5 mit Protrusion und L 5/S 1 mit Bandscheibenvorfall ohne neurologische Begleiterscheinungen in Verbindung mit einer Kreuzdarmbeingelenksblockierung rechts mit schmerzhaftem Muskelhartspann in der Gesäßregion rechts. Die biomechanische Belastbarkeit der unteren Lendenregion sei deutlich beeinträchtigt. Häufiges mittelschweres Heben und Tragen oder schweres Heben und Tragen seien nicht mehr leidensgerecht. Gelegentliches Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung bzw. bis acht kg in Rumpfvor- oder Seitneigung seien hingegen noch möglich. Längeres Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule sei nicht mehr zumutbar. Gelegentlich könnten solche Zwangshaltungen jedoch kurzzeitig eingenommen werden. Die Körperhaltung solle wenigstens stündlich, besser halbstündlich, zwischen Sitzen, Gehen und Stehen gewechselt werden können. Arbeiten unter ungünstigen klimatischen Einflüssen seien mit geeigneter Schutzkleidung noch möglich. Die Tätigkeit als Techniker oder Sachbearbeiter im Innendienst könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche verrichten, mittelschwere oder schwere Tätigkeiten seien nur noch unter drei Stunden zumutbar. Eine übliche Arbeitspausenregelung erscheine im Übrigen hinreichend. Auch sei die Gehfähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt.

Mit Urteil vom 24. Mai 2007 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Er sei nach den ausführlichen und schlüssigen Gutachten der Dres. Hep. und P. noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Ausführungen des Dr. Hep. stimmten mit den Befunden und der Leistungsbeurteilung der behandelnden Ärzte Dr. Ra. und Dr. L. überein. Auch sei Dr. P. zu der gleichen Auffassung wie Dr. Hep. gelangt. Die Feststellungen des Dr. A. vom 09. November 2006 stünden nicht im Widerspruch zu den Feststellungen des Dr. Hep., denn nach dessen Feststellungen sei nicht von einem aufgehobenen Leistungsvermögen auszugehen. Das Gutachten der Dr. K. sei nach Aktenlage erstellt und mithin nicht geeignet, die von Dr. Hep., den behandelnden Ärzten und Dr. P. festgestellten Befunde zu widerlegen. Der Kläger könne die Tätigkeit im Innendienst als Sachbearbeiter im Ein- und Verkauf vollschichtig ausüben. Mit Beschluss vom 25. Juli 2007 berichtigte das SG den Tenor hinsichtlich der Kostentragungspflicht.

Gegen das der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 20. Juni 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. Juli 2007 schriftlich Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er sei nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarkts nachzugehen. Das SG habe es versäumt, eine ergänzende Stellungnahme des Dr. Hep. einzuholen. Er (der Kläger) sei seit 15. August 2006 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Leistungseinschränkungen hätten sich seit der Begutachtung von Dr. Hep. noch weiter gesteigert. Seine Beschwerden würde er überwiegend in Eigenregie therapieren, da der behandelnde Hausarzt die ambulante Therapie für ausgereizt erachte und eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme erforderlich sei. Letztere sei jedoch noch nicht bewilligt worden, ein Klageverfahren gegen das Land Baden-Württemberg sei deshalb beim SG (S 4 VS 4450/06) anhängig. Sein Begehren stütze er des Weiteren auf das Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. N. vom 09. Februar 2008, welches in dem Verfahren S 4 VS 4450/06 für das SG erstattet worden sei, und auf das Gutachten der Dr. K. vom 28. Februar 2008. Dr. N. habe festgestellt, dass beim Kläger die Altersnorm deutlich übersteigende mehrsegmentale Verschleißveränderungen der unteren Lendenwirbelsäule mit mehrsegmentalen Bandscheibendegenerationsveränderungen vorlägen. Dr. K. sei zu der Auffassung gelangt, es liege eine mehr als sechsmonatige Minderung der Leistungsfähigkeit vor, die eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung nicht zulasse. Der Kläger hat die ärztliche Bescheinigung des Dr. Ra. vom 28. April 2006, dessen dem SG im Verfahren S 4 VS 4450/06 erteilte sachverständige Zeugenauskunft vom 16. April 2007 sowie das Gutachten der Dr. K. vom 28. Februar 2008 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 24. Mai 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 16. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01. Mai 2005 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Die in Eigenregie durchgeführte Therapie des Klägers lasse nur den Schluss zu, dass leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung durch die Beschwerden nicht beeinträchtigt seien.

Der Berichterstatter hat im Einverständnis der Beteiligten das Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. N. vom 09. Februar 2008 beigezogen. Dieser hat folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Zustand nach folgenlos ausgeheilter Rückenprellung im September 1984 ohne nachgewiesene knöcherne Beteiligung des Lendenwirbelkörpers 1 oder anderer Wirbelsäulensegmente, unfallunabhängig, die Altersnorm deutlich übersteigende mehrsegmentale Verschleißveränderungen der unteren Lendenwirbelsäule (L 4/5 bis L 5/S 1) mit mehrsegmentalen Bandscheibendegenerationsveränderungen, Osteochondrose, beginnende Spondylarthrosen, Dorso-Lumbalsyndrom ohne aktuelle gesicherte Wurzelreizsymptomatik, Verdacht auf Anpassungsstörungund Zustand nach Motorradsturz im September 1996 mit folgenlos ausgeheilter Halswirbelsäulen-Distorsion sowie hiesig nicht wiederholte Gefühlsstörungen des linken Zeigefingers. Dem von Dr. Hep. in dessen Gutachten angegebenen positiven und negativen Leistungsbild stimme er ausnahmslos zu. Die Erwerbsfähigkeit sei nicht quantitativ gemindert, wenn auch prinzipiell gefährdet. Eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme sei jedoch nicht notwendig, da ambulante vertragsärztliche Behandlungsmöglichkeiten vorrangig und ausreichend seien.

Mit Schreiben vom 15. Juli 2008 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt ist, durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte, auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die beigezogenen Akten des SG in den Verfahren S 4 VS 4450/06 und S 4 RA 2157/04 Bezug genommen.

II.

Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 16. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht weder ab 01. Mai 2005 noch ab einem späteren Zeitpunkt Rente wegen voller oder wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.

1. Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und im welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Nach diesen Maßgaben ist der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Bei dem Kläger liegen zwar auf orthopädischem Fachgebiet Erkrankungen vor; diese sind jedoch nicht so ausgeprägt, dass das Leistungsvermögen soweit gemindert wäre, dass volle oder teilweise Erwerbsminderung vorliegt.

Der Senat entnimmt dem Gutachten des Dr. Hep. vom 23. Februar 2007, dass der Kläger an einer chronisch schmerzhaften Funktionsstörung der unteren Lendenregion bei fortschreitenden Bandscheibendegenerationen L 4/L 5 mit Protrusion und L 5/S 1 mit Bandscheibenvorfall (ohne neurologischen Begleiterscheinungen) in Verbindung mit einer Kreuzdarmbeingelenksblockierung rechts mit schmerzhaften Muskelhartspann in der Gesäßregion rechts leidet. Diese Befunde sind auch bereits in den von der Beklagten veranlassten Gutachten des Dr. P. vom 01. August 2005 und des Dr. Gr. vom 15. Dezember 2005 beschrieben und werden auch von Dr. N. in dessen Gutachten vom 09. Februar 2008 weitestgehend bestätigt, wobei er zusätzlich hervorhebt, dass die mehrsegmentalen Verschleißveränderungen der unteren Lendenwirbelsäule und die mehrsegmentalen Bandscheibendegenerationsveränderungen deutlich die Altersnorm übersteigen. Außerdem diagnostizierte Dr. N. eine Osteochondrose, beginnende Spondylarthrosen und ein Dorso-Lumbalsyndrom, wobei er auch mitgeteilt hat, dass diesbezüglich keine aktuelle gesicherte Wurzelreizsymptomatik bestehe. Zwar äußerte er zusätzlich den Verdacht auf eine Anpassungsstörung. Der Senat entnimmt jedoch dem Gutachten des Dr. Gr. vom 15. Dezember 2005, dass beim Kläger keine psychisch-relevante Erkrankung vorliegt. Dieser erhob in seinem Gutachten einen unauffälligen psychischen Befund.

Aufgrund der sich aus den objektivierbaren orthopädischen Gesundheitsstörungen ergebenden Funktionseinschränkungen kann der Kläger - wie der Senat den Gutachten der Dres. P. und Gr. sowie auch dem Sachverständigengutachten des Dr. Hep. entnimmt - keine Tätigkeiten mit häufigem mittelschweren Heben und Tragen oder gar schwerem Heben und Tragen verrichten. Die biomechanische Belastbarkeit der unteren Lendenregion ist deutlich beeinträchtigt. Zu vermeiden sind darüber hinaus längeres Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule (Rumpfvorneigung oder -seitneigung). Des Weiteren sollte die Körperhaltung wenigstens stündlich, besser halbstündlich, zwischen Sitzen, Gehen und Stehen gewechselt werden. Wie Dr. Hep. jedoch nachvollziehbar dargelegt hat, können diese qualitativen Leistungseinschränkungen bei einem Innendienstarbeitsplatz beachtet werden. Insbesondere der Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen kann bei einer entsprechenden Ausgestaltung des Arbeitsplatzes gewährleistet werden.

Unter Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen ist der Kläger jedoch noch in der Lage, die Tätigkeit als Handelsvertreter im Innendienst, die er zuletzt ausgeübt hat, oder leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergibt sich übereinstimmend aus dem Gutachten der Dres. P. und Gr. sowie auch aus dem Sachverständigengutachten des Dr. Hep ... Der Senat folgt dieser nachvollziehbar und ausführlich begründenden Leistungseinschätzung durch diese Ärzte, zumal sich auch Dr. N. in seinem Gutachten vom 09. Februar 2008 ausnahmslos der Leistungseinschätzung des Dr. Hep. angeschlossen hat. Eine Minderung der Leistungsfähigkeit konnte er ebenso wie Dr. Hep. nicht feststellen. Diese Leistungseinschätzung wird schließlich auch durch die Auskunft des Dr. L. vom 19. Oktober 2006 gestützt. Der Auskunft des Dr. Ra. vom 21. August 2006 lassen sich hingegen keine Befunde entnehmen, die zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht führten. Er hat - im Vergleich zu Dr. Hep. und Dr. N. - keine weitergehenden Leistungseinschränkungen mitgeteilt, sondern ging ebenfalls davon aus, dass der Kläger keine Tätigkeiten mit langem Stehen, mit Zwangshaltungen sowie mit Heben und Tragen von mittelschwerem bis schweren Gegenständen über längere Zeit verrichten, unter Beachtung dieser Einschränkungen allerdings auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig sein könne.

Eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit auf psychiatrischem Fachgebiet liegt nicht vor. Der Senat entnimmt dies - wie bereits dargelegt - dem Sachverständigengutachten des Dr. Gr. vom 15. Dezember 2005.

Schließlich führt auch das Gutachten des Dr. A. (MDK) vom 09. November 2006 zu keiner anderen Beurteilung. Dr. A. hat nur mitgeteilt, dass eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vorliege, weshalb er eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme empfahl. Eine Leistungsminderung wurde von ihm demgegenüber nicht festgestellt. Soweit Dr. K. in ihrem Gutachten vom 28. Februar 2008 davon ausgeht, eine Leistungsminderung liege auch in zeitlicher Hinsicht vor und der Kläger könne öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen, vermag diese Einschätzung nicht zu überzeugen. Dies ergibt sich daraus, dass Dr. K. zum einen ihre Leistungseinschätzung nicht näher begründet und zum anderen keine weitergehenden Gesundheitsstörungen festgestellt hat, die einer Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel entgegenstehen. Weder Dr. P. noch Dr. Gr. noch Dr. Hep. noch Dr. N. konnten eine Beeinträchtigung der Gehfähigkeit feststellen, wobei Dr. Hep. in seinem Gutachten darauf hingewiesen hat, dass der Kläger selbst davon ausgehe, dass seine Gehfähigkeit nicht gravierend eingeschränkt sei. Darüber hinaus hat Dr. Hep. darauf hingewiesen, dass der Kläger öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen kann.

Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt ist. Die Erhebung eines weiteren orthopädischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen war nicht geboten, da der Kläger zuletzt im Januar 2008 durch Dr. N. begutachtet wurde und eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit dieser Begutachtung nicht geltend gemacht wurde.

2. Der Kläger hat zwar auch im Berufungsverfahren keinen Berufsschutz geltend gemacht und keinen Antrag auf Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) gestellt. Allerdings steht nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen fest, dass der Kläger seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Handelsvertreter im Innendienst noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Es besteht daher kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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