L 6 U 3500/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 1998/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 3500/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 10.07.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller (Ast.) begehrt sinngemäß, die Antragsgegnerin (Ag.) durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm weitere Leistungen zur beruflichen Rehabilitation nach seinem am 10.03.2000 erlittenen Arbeitsunfall zu gewähren.

Der Ast. ist selbstständiger Landwirt. Am 10.03.2000 wurde er bei der Arbeit unter großen Heuballen begraben und zog sich dabei Frakturen der rechten Hüftgelenkspfanne und des vorderen Beckenrings links zu. Wegen einer posttraumatischen Hüftkopfnekrose mit deutlicher Bewegungseinschränkung und erheblicher Muskelminderung am rechten Oberschenkel, einer Beinverkürzung rechts von 3 cm sowie subjektiven Beschwerden bewilligte ihm die Ag. ab 14.05.2001 Verletztenrente nach einer MdE um 40 v. H. (Bescheid vom 31.07.2001). Wegen der posttraumatischen Hüftkopfnekrose rechts wurde dem Kläger am 04.11.2005 eine Hüfttotalendoprothese eingesetzt. Mit Bescheid vom 08.10.2007 anerkannte die Ag. als weitere Unfallfolgen eine Teilschädigung des Plexus lumbosacralis rechts und eine Läsion des Nervus peronaeus und bewilligte dem Kläger ab 01.12.2006 unter Berücksichtigung einer zwischenzeitlich erfolgten teilweisen Rentenabfindung ausgehend von einer unfallbedingten Gesamt MdE um 50 v. H. Rente nach einer MdE um 30 v. H.

Im Dezember 2000 beantragte der Ast. einen schwenkbaren Schleppersitz sowie verschiedene technische Arbeitshilfen als Leistungen zur beruflichen Rehabilitation. Mit Bescheid vom 22.02.2001 erklärte sich die Ag. bereit, die Kosten für den Einbau einer Drehkonsole in Höhe von 400,00 DM zu übernehmen. Eine Kostenübernahme für weitere technische Arbeitshilfen lehnte sie ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren forderte die Ag. Dr. D. bzw. den Ast. mit Schreiben vom 18.04.2001 und 18.07.2001 auf, eine Stellungnahme des Landwirtschaftsamtes zur Frage der wirtschaftlichen Bestandsfähigkeit des Betriebes des Ast. sowie einen Finanzierungsplan über die Finanzierung des Eigenanteils vorzulegen. Trotz mehrerer Erinnerungen kam der Ast. der entsprechenden Aufforderung nicht nach. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 10.03.2003 wies die Ag. deshalb den Widerspruch zurück.

Während des sich anschließenden Klageverfahrens S 5 U 1011/03 vor dem Sozialgericht Ulm (SG) erklärte sich die Ag. mit Schriftsatz vom 15.12.2003 bereit, sich an den Kosten der Anschaffung eines Schleppers mit einem Anteil von 50 % der Kosten bis zu einer Höhe von 10.000,00 EUR zu beteiligen. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 12.03.2004 schlossen die Beteiligten folgenden gerichtlichen

Vergleich:

I. Die Beklagte verpflichtet sich, insgesamt einen Zuschuss in Höhe von 60.000 EUR entsprechend der Kosten für eine Umschulungsmaßnahme zu gewähren. Im Betrag von 60.000,00 EUR sind enthalten der bereits überwiesene Zuschuss für die Anschaffung eines Hofschleppers; außerdem ein Zuschuss für einen zwingend anzuschaffenden Futtermischwagen sowie für den geplanten Neubau inklusive Melkstand.

II. Diese Summe wird nur überwiesen unter Vorlage eines bankbestätigten Finanzierungsplans.

III. Der Kläger verpflichtet sich, ab April 2004 die laufenden Beiträge zur Alterskasse, zur Krankenversicherung und zur Berufsgenossenschaft zu überweisen. Im Gegenzug hierzu verzichtet die Beklagte auf Verrechnung der Beiträge mit der Verletztenrente in Höhe von 50 %.

IV ... V ...

Am 22.12.2004 beantragte der Ast. eine "Vorschusszahlung aus dem Vergleich" bei dem SG. Mit Bescheid vom 04.01.2005 lehnte die Ag. diesen Antrag mit der Begründung ab, die im gerichtlichen Vergleich vom 12.03.2004 festgehaltenen Bedingungen für einen Zuschuss zu betrieblichen Umstrukturierungsmaßnahmen (Vorlage eines bankbestätigten Finanzierungsplans und regelmäßige Beitragszahlung) seien nicht erfüllt, sodass der Vergleich hinfällig sei. Mit Bescheid vom 05.04.2005 lehnte es die Ag. ferner ab, dem Kläger einen Zuschuss für eine ggf. behinderungsgerechte Sonderausstattung des im Jahr 2003 zum Preis von 49.800,01 EUR beschafften J. Traktors zu gewähren. Dagegen erklärte sie sich mit Bescheid vom 13.05.2005 bereit, für bestimmte Zusatzausrüstungen des Traktors einen Gesamtzuschuss in Höhe von 8.350,00 EUR zu gewähren, der auf den verbliebenen Restanspruch von 50.000,00 EUR anzurechnen sei, sodass noch ein Betrag von 41.650,00 EUR für andere ggf. noch erforderliche und begründete Maßnahmen verbleibe. Die Auszahlung des Zuschusses erfolge nach Einreichung der Originalrechnung und des Kreditvertrags sowie nach Rückgabe einer Erklärung, wonach der Zuschuss zur Tilgung eines Darlehens der J. Bank verwendet werden solle.

Am 19.03.2006 beantragte der Ast. bei dem SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf den Vergleich vom 12.03.2004. Er trug vor, der im Vergleich unter II. geforderte Finanzierungsplan stelle sich folgendermaßen dar:

- Restbetrag Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft 60.000,00 EUR - Betrag aus Beschluss des OLG Stuttgart vom 09.03.2006 75.948,00 EUR - Fördermittel Agrarförderung 17.500,00 EUR - Gesamtfinanzierungsmittel: 143.448,00 EUR

Demgegenüber beliefen sich dich Kosten für den behindertengerechten Umbau des Milchviehstalles laut Kostenkalkulation auf 139.434,00 EUR. Eine diesbezügliche Aufstellung von Dr. D. vom 18.10.2003 fügte er bei. Am 07.04.2006 beantragte der Ast., den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung "in eine Leistungsklage wegen der Erfüllung des Gerichtsvergleichs vom 12.03.2004 umzuwandeln." Im Verfahren S 8 U 1366/06 schlossen die Beteiligten am 31.08.2006 folgenden gerichtlichen

Vergleich:

1. a) Der Beklagtenvertreter erklärt sich bereit, dem Kläger 30.000,00 EUR zu gewähren und bis spätestens 15.09.2006 auf ein vom Kläger noch zu bezeichnendes Konto bzw. Einzahlungsstelle zu überweisen sowie die Beitragsschuld des Klägers samt Zuschläge bis 31.08.2006 anzurechnen (Zuschläge werden bis 31.08.2006 erlassen). b) Die Beklagte verpflichtet sich außerdem, dem Kläger eine Aufstellung über die bis zum 31.08.2006 bestehende Beitragsschuld zu machen.

2. Damit ist der Gerichtsvergleich vom 12.03.2004 hinsichtlich der Nummern 1 + 2 vollständig und hinsichtlich der Beitragsverpflichtung des Klägers bis 31.08.2006 erledigt.

3. Die Beteiligten sind sich darin einig, dass damit alle Ansprüche der beruflichen Rehabilitation des Klägers einschließlich der technischen Hilfen erfüllt sind.

In ihrem Schreiben an das Ministerium für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg vom 23.11.2007, veranlasst durch eine Eingabe des Ast., führte die Ag. aus, die am 31.08.2006 aufgelaufenen Beitragsforderungen hätten 14.587,09 EUR betragen, davon 1.808,03 EUR Zuschläge. Insgesamt sei ein Betrag von 63.000,00 EUR für die berufliche Reha des Ast. aufgewendet worden.

Am 07.02.2008 beantragte der Ast. die Kostenübernahme für einen Melkstand sowie die erforderlichen Gebäudemaßnahmen. Mit Bescheid vom 28.02.2008 lehnte die Ag. diesen Antrag mit der Begründung ab, mit dem im Vergleich vom 31.08.2006 vereinbarten Pauschalbetrag von 30.000,00 EUR seien umfassend und abschließend alle Leistungsansprüche im Rahmen der beruflichen Rehabilitation einschließlich technischer Hilfen, auch für die Zukunft, abgegolten. Man sei dem Kläger weitestgehend entgegen gekommen und trotz erheblicher rechtlicher Bedenken bereit gewesen, neben den schon geleisteten Zahlungen eine weitere erhebliche Zahlung zu leisten, die der Ast. selbst eigenverantwortlich zielgerichtet im Rahmen der beruflichen Rehabilitation habe einsetzen können. Hiergegen erhob der Ast. Widerspruch. Am 10.03.2008 fand zwischen ihm und dem technischen Aufsichtsbeamten (TAB) H. auf dem Hof eine Besprechung statt, in deren Rahmen TAB H. feststellte, dass der Ast. ein Fahrsilo im Außenbereich gebaut und die Zufahrt zum geplanten Güllebehälter vorbereitet habe. Außerdem sei eine zusätzliche Fahrsilokammer erstellt worden. Den hiermit verbundenen Kostenaufwand schätze TAB H. auf maximal 10.000,00 EUR. Die Kosten der vom Ast. selbst erstellten und eingeschotterten Zufahrt schätzte er auf maximal 2.000,00 bis 3.000,00 EUR. Auf den Einwand des TAB, dass die bisher durchgeführten Baumaßnahmen keine 30.000,00 EUR gekostet hätten, habe der Ast. angeführt, er habe davon auch 12.000,00 EUR für die Betriebshilfe bezahlt. Außerdem habe er bestehende Hochsilos auf der Hofstelle abreißen lassen. Der Ast. zeigte einen Bauplan über den geplanten Stallbau von ca. 350 bis 370 m². Der TAB schätzte den hierfür erforderlichen Kostenaufwand auf mindestens 300.000,00 EUR. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 30.04.2008, der dem Ast. nach seinen Angaben am 05.05.2008 zugegangen ist, wies die Ag. den Widerspruch zurück.

Am 05.06.2008 erhob der Ast. dagegen Klage bei dem SG und beantragte gleichzeitig vorläufigen Rechtsschutz. Zur Begründung trug er vor, er habe bis heute keine vernünftige berufliche Hilfe und Erleichterung erhalten, obwohl die Ag. von der Haftpflichtversicherung R. entschädigt worden sei. Er beantragte die Offenlegung dieses Betrages.

Mit Beschluss vom 10.07.2008 lehnte es das SG sinngemäß ab, die Ag. durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Ast. weitere finanzielle Hilfen zur beruflichen Rehabilitation zu gewähren. Nach summarischer Prüfung habe die Klage im Hauptsacheverfahren keine Erfolgsaussicht. Daher fehle es an einem Anordnungsanspruch. Dies liege zum einen daran, dass sich die Beteiligten im gerichtlichen Vergleich vom 31.08.2006 darin einig gewesen seien, dass mit Abgeltung von damals noch 30.000,00 EUR alle Ansprüche der beruflichen Rehabilitation des Ast. einschließlich der technischen Hilfen erfüllt seien. Der Ast. habe bislang keine aussagekräftigen Belege über den Verbleib der bisher gewährten Mittel vorgelegt. Selbst wenn man im Übrigen davon ausgehen wollte, dass durch diesen Vergleich nicht alle künftigen Ansprüche auf die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgegolten seien, so fehle es im Hinblick auf einen zusätzlichen weiteren Bedarf an detaillierten Planungsunterlagen, Genehmigungen und exakten Kostenvoranschlägen. Es sei nicht ausreichend, von Seiten des Ast. allein darauf zu verweisen, weiteres Geld zu benötigen, ohne über den bisherigen Verbleib der gewährten Mittel Rechenschaft ablegen zu können. Für die beantragte Offenlegung des Betrages, den die Ag. von einer privaten Versicherung erhalten habe, dürfte es keine Rechtsgrundlage geben.

Hiergegen hat der Ast. am 15.07.2008 Beschwerde eingelegt. Der Ast. trägt vor, er erhebe Anfechtungsklage gegen den am 31.08.2006 im Rechtsstreit S 8 U 1366/06 abgeschlossenen Vergleich wegen Falschaussage und Prozessbetrug. Herr H. habe falsche Zahlen zur Aufrechnung vorgelegt, welche bis heute nicht korrekt geprüft und belegt seien. Außerdem beantrage er nochmals die Offenlegung der Zahlung wegen "Personenschadens" der R. Haftpflicht an die Ag. Es könne nicht sein, dass sich eine Berufsgenossenschaft an "unfallverletzten Krüppeln" bereichere.

Der Ast. beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 10.07.2008 aufzuheben und die Ag. durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm weitere finanzielle Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren.

Die Ag. hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten des Senats, des SG und auf die Verwaltungsakten der Ag. Bezug genommen.

II.

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172 Abs. 1, 173 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG) ist zulässig, aber nicht begründet.

Das SG hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt.

Nach § 86 b Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGG kann, soweit ein Fall des Abs. 1 nicht vorliegt - was hier nicht der Fall ist, weil weder die aufschiebende Wirkung noch die Aufhebung oder Anordnung eines Sofortvollzugs im Streit ist - , das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegen¬stand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Ast. vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Da § 86 b Abs. 2 SGG der Vorschrift des § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entspricht und die bisherige sozialgerichtliche Rechtsprechung bereits vor Inkrafttreten des § 86 b SGG in Vornahmesachen einstweiligen Rechtsschutz in analoger Anwendung von § 123 VwGO gewährt hat, kann auf die bisherige Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist damit Voraussetzung, dass ein dem Ast. zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegt (sog. Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, so dass dem Ast. schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht in der Lage wäre (sog. Anordnungsgrund). Ein Anordnungsanspruch setzt grundsätzlich voraus, dass der materiell-rechtliche Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, mit ausreichender Wahrscheinlichkeit vorliegt (vgl. Binder, HK-SGG, Randnr. 32 zu § 86 b).

Hier fehlt es schon an einem Anordnungsanspruch, weil nicht wahrscheinlich ist, dass der Ast. Anspruch auf weitere finanzielle Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben hat.

Versicherte haben nach § 26 Abs. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) u. a. Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die Unfallversicherungsträger bestimmen im Einzelfall, Art, Umfang und Durchführung der Leistungen zur Teilhabe nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 26 Abs. 5 Satz 1 SGB VII). Nach § 35 Abs. 1 SGB VII erbringen die Unfallversicherungsträger die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 33 bis 38 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX). Nach § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX umfassen die Leistungen auch sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um behinderten Menschen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten.

Danach spricht viel dafür, dass die Ag. mit dem im Hauptsacheverfahren angefochtenen Bescheid vom 28.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.04.2008 zu Recht die Gewährung weiterer Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgelehnt hat. Mit seinem Antrag vom 07.02.2008 ging es dem Ast. vor allem um die Kostenübernahme für einen Melkstand sowie für die damit in Zusammenhang stehenden erforderlichen Gebäudemaßnahmen. Bereits mit Schreiben vom 05.12.2000 hatte der Kläger jedoch Kostenvoranschläge der D. GmbH u. a. über einen Fischgrätenmelkstand und eine Melkanlage vorgelegt. Ausweislich des Vergleichs vom 12.03.2004 sollte der vorgesehene Betrag von 60.000,00 EUR u. a. einen Zuschuss für den geplanten Neubau inklusive Melkstand enthalten. Außerdem sollten durch den gerichtlichen Vergleich vom 31.08.2006 alle Ansprüche des Ast. auf berufliche Rehabilitation einschließlich der technischen Hilfen erfüllt sein. Unter diesen Umständen spricht viel dafür, dass sich die Ag. in den angefochtenen Bescheiden zu Recht auf die Bindungswirkung der beiden gerichtlichen Vergleiche berufen hat oder dass sie die in den Vergleichen getroffenen Regelungen jedenfalls bei der Ausübung des ihr in § 26 Abs. 5 SGB VII eingeräumten Ermessens berücksichtigen durfte.

Anders wäre es möglicherweise, wenn sich der Zustand der Unfallfolgen grundlegend verschlechtert hätte, sodass ein gegenüber der Situation am 31.08.2006 völlig veränderter Bedarf an Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben bestehen würde. Zwar hat die Ag. die Verletztenrente des Ast. mit Bescheid vom 08.10.2007 für die Zeit ab 01.12.2006 erhöht, indem anstelle von einer unfallbedingten Gesamt-MdE um 40 v. H. von einer solchen um 50 v. H. ausgegangen wurde. Hierbei stütze sich die Ast. auf das neurologische Zusatzgutachten von Dr. F. vom 17.07.2007, wonach bei dem Ast. als mittelbare Unfallfolge eine Teilschädigung des Plexus lumbosacralis rechts mit einer hierdurch bedingten MdE um 20 v. H. vorliegt. Ausweislich des zitierten nervenärztlichen Befundberichts vom 27.01.2006 existierte diese Unfallfolge jedoch schon damals, also vor dem Vergleichsabschluss. Bei seiner Untersuchung vom 25.06.2007 zur Erstattung des Rentengutachtens vom 27.06.2007 hat der Kläger angegeben, erst nach der Rehabilitationsmaßnahme nach Implantation der Hüftprothese (04.11.2005) habe er Probleme mit einer Schwäche und einem Wegknicken des rechten Beines.

Aber auch, wenn man davon ausgeht, der Vergleich vom 31.08.2006 stehe späteren Ansprüchen auf die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei einer wesentlichen Verschlimmerung der Unfallfolgen und hierdurch bedingten Verschlechterung der Arbeitssituation nicht entgegen, erscheint ein Erfolg der Klage zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht überwiegend wahrscheinlich. Zwar kann der Senat die im Widerspruchsbescheid vom 30.04.2008 aufgestellte Behauptung, an den Ast. sei bis heute eine Gesamtsumme von über 60.000,00 EUR und zusätzlich noch der im Vergleich vom August 2006 vereinbarte Pauschalbetrag von 30.000,00 EUR "bewilligt und ausgezahlt" worden, nicht nachvollziehen. Aus den Akten ergeben sich lediglich Zuschüsse in Höhe von 10.000,00 EUR für den Schlepper, 8.350,00 EUR für eine behindertengerechte Zusatzausstattung des Traktors und ein Zuschuss von 2.225,00 EUR für die Anschaffung eines Frontmähwerks, zusammen 20.575,00 EUR. Andererseits hat der Ast. ausweislich des Aktenvermerks vom 10.03.2008 an diesem Tag im Gespräch mit dem TAB H. eingeräumt, von den 30.000,00 EUR, die er aufgrund des Vergleichs vom 31.08.2006 erhalten habe, 12.000,00 EUR für eine Betriebshilfe verwandt zu haben. Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand überzeugen die Ausführungen von TAB H., dass die vom Ast. bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführten Baumaßnahmen maximal zu einem Kostenaufwand von 10.000,00 EUR für die zusätzliche Fahrsilokammer und von 2.000,00 bis 3.000,00 EUR für die Zufahrt geführt haben. Diesbezügliche Rechnungen hat der Ast. nicht vorgelegt. Zweifelhaft erscheint ferner, ob der geplante Bau eines neuen Stalles mit einer Grundfläche von ca. 350 bis 370 m² wesentlich durch die Unfallfolgen veranlasst ist oder ob es sich um eine allgemeine Modernisierungsmaßnahme wegen gegenwärtig veralteter Betriebseinrichtungen handelt. Ebenso wie das SG vermisst der Senat im Hinblick auf einen zusätzlichen weiteren Bedarf an ergänzenden Leistungen zur beruflichen Rehabilitation detaillierte Planungsunterlagen, eine Baugenehmigung und exakte Kostenvoranschläge. Vorrangig bleibt jedoch entsprechend der Verfügung des SG vom 16.07.2008 im Hauptsacheverfahren zu klären, welche Leistungen zur beruflichen Teilhabe der Ast. insgesamt erhalten hat, für welche Maßnahmen er die betreffenden Zahlungen verwendet hat und welche weiteren Maßnahmen die Ag. nach dem Begehren des Ast. bezuschussen soll.

Soweit der Ast. in seiner Beschwerdeschrift vom 15.07.2008 erklärt hat, er erhebe "Anfechtungsklage" gegen den Vergleich vom 31.08.2006, erkennt der Senat keinerlei Anhalt dafür, der Kläger könne diesen Vergleich wegen arglistiger Täuschung anfechten. Dies dürfte schon an der Frist des § 124 Abs. 1 BGB scheitern, wonach die Anfechtung einer nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung anfechtbaren Willenserklärung nur binnen Jahresfrist erfolgen kann. Davon abgesehen hat der Ast. seinen gegen den Mitarbeiter H. der Ag. erhobenen Vorwurf der Falschaussage und des Prozessbetrugs in keiner Weise substantiiert.

Schließlich dürfte es im Hauptsacheverfahren unerheblich sein, ob die Ag. von der R. Versicherung wegen des "Personenschadens" des Ast. eine Zahlung erhalten hat. Gem. § 116 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) gehen nämlich Schadenersatzansprüche auf einen Versicherungsträger nur insoweit über, als dieser aufgrund des Schadensereignisses Sozialleistungen erbringt, die der Behebung des Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadenersatz beziehen. Danach ist es ausgeschlossen, dass ein Versicherungsträger durch einen Anspruchsübergang mehr erhält, als er selbst durch kongruente Sozialleistungen aufwendet.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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