Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 1262/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4590/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.08.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Kläger trägt die Kosten und eigenen Auslagen der Begutachtung durch Prof. Dr. G. (Gutachten vom 29.04.2008) selbst.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule) der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) hat.
Der 1958 geborene Kläger absolvierte von 1973 bis 1977 eine kaufmännische Ausbildung und war ab August 1977 im elterlichen Getränkehandel tätig. Nach eigenen Angaben des Klägers war er mit Be- und Entladetätigkeiten beschäftigt. Im Mai 1987 wurde das Geschäft an den Kläger übergeben. An den Arbeitsverhältnissen habe sich jedoch nichts geändert. Ab Februar 1998 wurde der Getränkehandel eingestellt. Danach arbeitete der Kläger bis 31.08.2000 als Gastwirt in der eigenen Gaststätte.
Im Juli 2000 machte der Kläger bei der Beklagten unter Hinweis auf die Tätigkeit mit Heben und Tragen schwerer Lasten wegen eines im Jahre 1992 erlittenen Bandscheibenvorfalls eine Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit gelten. Die Beklagte stellte Ermittlungen an. Ihr technischer Aufsichtsdienst (TAD) errechnete für den zugrunde gelegten Zeitraum von August 1977 bis Februar 1998 eine Gesamtbelastungsdosis nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) von 25 x 106 N/h. Die Beklagte zog u. a. das für den Rentenversicherungsträger erstellte nervenärztliche Gutachten von Dr. W. vom 27.03.2000 (unauffälliger klinisch-neurologischer Befund bei histrionischer Persönlichkeitsstörung und Somatisierungsstörung) bei und veranlasste das Zusammenhangsgutachten des Orthopäden Dr. N. vom 06.11.2001 (eine wesentliche Bandscheibenerkrankung der Lendenwirbelsäule sei nicht nachweisbar; Diagnose eines generalisierten Schmerzsyndroms). Mit Bescheid vom 10.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 23.04.2002 lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 und die Gewährung von vorbeugenden Leistungen nach § 3 BKV ab. Die hiergegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe erhobene Klage (S 3 U 1806/02) wurde zurückgewiesen (Gerichtsbescheid vom 05.05.2003). In dem vom Kläger angestrengten Berufungsverfahren beim Landessozialgericht (L 2 U 2174/03), in dem nur noch Präventionsleistungen nach § 3 BKV geltend gemacht wurden, wurde ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Privatdozent (PD) Dr. G. eingeholt, der in seinem Gutachten vom 23.02.2004 eine jetzt vorliegenden Bandscheibenerkrankung durch Wurzelreizsyndrom bei L 5 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in einem Kausalzusammenhang mit der Berufsanamnese bzw. dem Tätigkeitsprofil des Klägers sah. Auf beiderseitigen Antrag der Beteiligten wurde das Berufungsverfahren zum Ruhen gebracht (Ruhensbeschluss vom 07.09.2004).
Der auf das Gutachten von PD Dr. G. gestützte Antrag des Klägers nach § 44 Sozialgesetzbuch (SGB) X, den insoweit bestandskräftigen Bescheid vom 10.01.2002 abzuändern und eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 anzuerkennen, wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 15.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 21.10.2004 abgelehnt, denn das Entstehen einer bandscheibenbedingte Erkrankungen annähernd sechs Jahren nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit stehe in keinem wahrscheinlichen Zusammenhang mit der Berufstätigkeit. Das vom Kläger zitierte Urteil des Landessozialgerichts vom 08.05.2003 (L 7 U 1337/02) über die Anerkennung einer Berufskrankheit bei Fortschreiten einer bandscheibenbedingten Erkrankung nach Ende der belastenden Tätigkeit sei mit dem vorliegenden Fall einer Entstehung einer Wirbelsäulenerkrankung nicht vergleichbar. Die hiergegen beim Sozialgericht erhobene Klage (S 3 U 5167/04) wurde mit Gerichtsbescheid vom 26.04.2005 abgewiesen. Seine hiergegen eingelegte Berufung nahm der Kläger im Termin zur Erörterung der Rechtslage vor dem Landessozialgericht am 30.11.2005 zurück, nachdem die Beklagte sich bereit erklärt hatte, über seinen Antrag vom 20.04.2004 als Neufeststellungsantrag gem. § 48 SGB X zu entscheiden.
Mit Bescheid vom 12.01.2006 lehnte die Beklagte ab, ihren Verwaltungsakt vom 10.01.2002 nach § 48 SGB X aufzuheben. Eine wesentliche Änderung sei nicht eingetreten, aus dem Gutachten von Dr. G. sei ein belastungsadapativer Wirbelsäulenbefund nicht zu ersehen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2006 zurück.
Der Kläger hat hiergegen am 20.03.2006 beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben und geltend gemacht, es handle sich um die Verschlimmerung eines bestehenden Leidens. Mit Gerichtsbescheid vom 04.08.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, weder lägen die Voraussetzungen des § 48 SGB X vor, denn bei der begehrten Abänderung des Bescheids vom 10.01.2002 handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, noch sei die Anerkennung einer Berufskrankheit auf einen wiederholten Erstantrag begründet. Als Zeichen einer schädigenden äußeren Einwirkungen seien belastungsadapative Reaktionen zu fordern. Ein derartiges belastungsadapatives Schadensbild werde im Gutachten von PD Dr. G. nicht beschrieben.
Der Kläger hat gegen den ihn am 09.08.2006 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid am 07.09.2006 beim Landessozialgericht unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt - sinngemäß gefasst -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Karlsruhe vom 04.08.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 12.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 22.02.2006 aufzuheben und eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Der Senat hat den Entlassungsbericht der Neurologischen Klinik des Städtischen Klinikums K. vom 30.03.2001 über die stationäre Behandlung des Klägers vom 13.03. bis 23.03.2001 (Diagnosen u.a. chronisches Schmerzsyndrom, Ausschluss lumbaler Radikulopathie) eingeholt.
In dem von Amts wegen veranlassten orthopädischen Gutachten vom 04.05.2007 hat Prof. Dr. W. ausgeführt, in den seit 1998 gefertigten, von ihm ausgewerteten Röntgenbildern zeige sich allein im Segment L 1/2 eine leichtgradige Spondylose und Chondrose sowie kleine Osteophyten an der Deckplatte des 4. Lendenwirbelkörpers. Solche bandscheibenbedingtenVeränderungen seien bei einem 40-jährigen nichts Ungewöhnliches. Auch das Verteilungsmuster im Sinne von Chondrosen und Spondylosen an der gesamten Wirbelsäule spräche gegen eine belastungsbedingte Berufskrankheit. Bandscheibenschäden seien nicht nur an der Lendenwirbelsäule, sondern auch an der Hals- und Brustwirbelsäule nachzuweisen, die Lendenwirbelsäule zeige keine besondere Betroffenheit. Auch die Ausprägung der Bandscheibenschäden an der Lendenwirbelsäule selbst spräche gegen eine Berufskrankheit nach Nr. 2108. Das typische Schadensbild liege nicht vor. Die vom Kläger angegebenen chronischen therapieresistenten Kreuzschmerzen könnten nicht auf die nachgewiesenen geringen Bandscheibenschäden zurückgeführt werden. Vielmehr sei davon auszugehen, dass eine somatoforme Störung vorliege, bei der psychische und persönlichkeitsbedingte Ursachen einer Rolle spielten. Außerdem liege beim Kläger eine Osteoporose vor, auf die auch der pathologische Bruch des 8. Brustwirbelkörpers, der sich offensichtlich im Jahr 2000 zugetragen habe, zurückzuführen sei. Die Rückenschmerzen beruhten daher auf einer Osteoporose und auf einer psychischen Störung.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ist von Prof. Dr. G. das Gutachten vom 29.04.2008 eingeholt worden. Der Sachverständige hat dargelegt, in den unteren Wirbelsäuleabschnitten der Lendenwirbelsäule bestehe keine über die Altersnorm hinausgehende Höhenminderung, keine Instabilität und nur beginnend eine leichte Spondylarthrose. In Höhe von der L 1/2 zeige sich eine Spondylose mit leichten spondylophytären Anbauten an den Grund- und Deckplatten. In den Aufnahmen von 2001 und 2003 zeigten sich leichte Protrusionen bei L 3/4, 4/5 und L5/S1. Gemäß den Konsensempfehlungen von 2005 seien die Voraussetzungen für eine berufsbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule nicht gegeben, da keine ungewöhnlich frühen chondrotische oder spondylotische Veränderungen an der Lendenwirbelsäule aufgetreten und progredient geworden seien. Das erstmalige Auftreten von Beschwerden im Jahr 1992 bzw 1998 sei auch nicht ungewöhnlich für eine Lumbago oder Lumboischialgie. Abweichend von seinem Gutachten aus dem Jahr 2004 werde das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 nunmehr verneint. Die Beurteilung von Prof. Dr. W. sei in sich schlüssig und entspreche der herrschenden medizinischen Lehrmeinung und den Konsensempfehlungen.
Der Kläger hat hierzu vorgetragen, das Gutachten von Prof. Dr. G. überrasche, da die ursprüngliche Bewertung revidiert werde. Es sei davon auszugehen, dass das Gutachten nicht revidiert worden wären, wenn es wie zuvor in der Zusammenarbeit mit dem seinerzeitigen Oberarzt Dr. R. und nicht wie jetzt mit dem Assistenzarzt B. erstellt worden wäre.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akten des Sozialgerichts (S 3 U 1262/06, S 3 U 5167/04, S 15 RA 1910/03) beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die beim Senat angefallene Akten im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit.
Der Antrag des Klägers ist sachdienlich als Feststellungsbegehren auszulegen. Der Kläger kann mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage die Feststellung seiner Erkrankung als Berufskrankheit verfolgen (§ 55 Abs. 1 Nr.2 SGG). Das vom Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid unterstellte Begehren einer Leistungsklage allgemein auf Gewährung von Entschädigungsleistungen ist auch als Antrag auf ein Grundurteil nicht zulässig. Eine entsprechende Auslegung wäre vorliegend nicht sachdienlich, da nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 07.09.2004 - 2 B U 35/03 , SozR 4-2700 § 8 Nr. 6; zuletzt auch 30.01.2007 - B 2 U 6/06 R - veröffentlicht in Juris) gegen einen nur die Anerkennung eines Versicherungsfalls ablehnenden Bescheid des Versicherungsträgers die Leistungsklage unzulässig ist, zumal einem Grundurteil (§ 130 SGG) nur die in Betracht kommenden Geldleistungen zugänglich sind. Zutreffend hat das Sozialgericht auch ausgeführt, dass mangels Dauerwirkung kein Anwendungsfall von § 48 SGB X vorliegt, weil ein Ablehnungsbescheid - wie der Bescheid vom 10.01.2002 - keine Dauerwirkung entfaltet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 22.02.2006 stellt im Ergebnis die nach Sachprüfung erfolgte Ablehnung eines wiederholenden Neu-Antrages dar.
Die begehrte Berufskrankheit liegt dagegen nicht vor. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind im Ergebnis rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht bin seinen Rechten.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der derzeit u.a. folgende als Berufskrankheiten anerkannte Krankheit aufgeführt ist:
Nr. 2108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Eine Berufskrankheit liegt nur dann vor, wenn die Gefährdung durch schädigende Einwirkungen ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist (haftungsbegründende Kausalität) und durch die schädigende Einwirkung die Krankheit verursacht oder wesentlich verschlimmert worden ist (haftungsausfüllende Kausalität). Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch hier die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u.a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen, die Schädigung und die Krankheit gehören, erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (BSGE 19, 52; 32, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287; 58, 80, 83). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9/A 26). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist.
Die im Tatbestand des Urteils wiedergegebenen übereinstimmenden Untersuchungsbefunde und Schlussfolgerungen der Sachverständigen Prof. Dr. W. und Prof. Dr. G. waren für den Senat überzeugend. Danach ist bereits das Tatbestandsmerkmal einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule nicht nachgewiesen. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule liegt vor, wenn neben einem durch Veränderungen an der Bandscheibe verursachten objektivierten Schaden chronische oder chronisch wiederkehrende Beschwerden mit Funktionseinschränkungen gegeben sind. (BSG Urteil vom 31.05.2005, SozR 4-5671 Anl 1 Nr. 2108 Nr. 2). Die beim Kläger aufgetretenen Rückenbeschwerden ohne neurologische Ausfallerscheinungen, eine lumbale Radikulopathie ist im März 2001 bei der stationären Behandlung im Städtischen Klinikum Karlsruhe ausgeschlossen worden, sind nach Prof. Dr. W. nicht auf die degenerativen Veränderungen an den Lendenwirbelkörpern zurückzuführen, sondern beruhen auf den genannten nervenärztlichen Diagnosen und einer Osteoporose. Es mangelt daher bereits am Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS. Nach Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. W. und Prof. Dr. G. liegt bei dem Kläger ein mit bildgebenden Verfahren nachgewiesener Bandscheibenschaden im unteren Bereich der LWS i. S. einer Protrusion ohne Raumforderung und Bedrängung einer Nervenwurzel vor, der nach Prof. Dr. W. nicht zu einem klinischen Beschwerdebild mit Funktionseinschränkungen geführt hat. Das von Prof. Dr. G. 2004 diagnostizierte Wurzelreizsyndrom wurde bis dahin und auch nachfolgend von keinem anderen Arzt beschrieben. Prof. Dr. W. hat überzeugend dargelegt, dass im Gutachten von Prof. Dr. G. hierzu keine hinreichende Befunde angegeben sind.
Doch selbst wenn man von einer bandscheibenbedingten Erkrankung ausginge, liegt keine Berufskrankheit nach Nr. 2108 vor.
Zwar wäre die haftungsbegründende Kausalität einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 im Falle des Klägers zu bejahen. Bei dem bisher geltenden Gesamtdosiswert des MDD von 25 MNh handelt es sich um keinen Grenzwert, sondern allenfalls um einen Orientierungswert, weshalb bei einem Unterschreiten des Orientierungswertes noch nicht zwingend die arbeitstechnischen Voraussetzungen zu verneinen sind (vgl. BSG Urt. vom 19.08.2003 – B 2 U 1/02 R, veröffentlicht in Juris). Nach den durch die Deutsche Wirbelsäulenstudie bekannt gewordenen Schwächen des MDD ist es sogar angezeigt, den bisher geltenden Orientierungswert um die Hälfte zu reduzieren (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R, veröffentlicht in juris). Der vom TAD errechnete Dosiswert von 25 MNh wäre danach - trotz der erhobenen Bedenken hinsichtlich der allein auf die Angaben des Klägers gestützten Berechnung, wobei aber der TAD jedoch ein Überschreiten der Belastungsdosis ausdrücklich als wahrscheinlich bewertet hatte - ausreichend.
Dagegen ist die haftungsausfüllende Kausalität der Berufskrankheit nach Nr. 2108 nicht im rechtlich gebotenen Grade wahrscheinlich.
Dies ergibt sich aus den überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. W. und zuletzt von Prof. Dr. G., welche die Bewertungskriterien für die Zusammenhangsbeurteilung für den Senat nachvollziehbar dargelegt haben. Die im vollen Konsens aller Teilnehmer verabschiedeten Kriterien der unter dem 04.08.2005 veröffentlichten Konsensempfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe "Medizinischen Beurteilungskriterien bei den Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule"(Trauma und Berufskrankheit 3, 2005, S. 211 ff) entsprechen zur Überzeugung des Senats der gegenwärtigen herrschenden Meinung der Wissenschaft, worauf Prof. Dr. G. noch einmal hingewiesen hat. Darin wird, worauf Prof. Dr. W. auch maßgeblich abgestellt hat, als Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Ursachenzusammenhangs eine nachgewiesene bandscheibenbedingte Erkrankung, die ihrer Ausprägung nach altersuntypisch sein muss, gefordert (vgl. Konsensempfehlungen a. a. O., S. 216) und - bei Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen - eine Betonung der Bandscheibenschäden an den unteren drei Segmenten der Lendenwirbelsäule als eher für einen Ursachenzusammenhang der beruflichen Belastung sprechend beurteilt (Konsensempfehlungen a. a. O.).
Hinweise auf eine altersvorauseilende Degeneration fanden die Sachverständigen nicht. Prof. Dr. W. ist nach Maßgabe der Konsensempfehlungen zu dem Ergebnis gekommen, dass die umformenden Veränderungen (Chondrosen und Spondylosen) an den Wirbelkörpern der LWS sowie die Bandscheibenvorwölbung bei L 3/4, L4/5 und L 5/S1 altersentsprechend sind und keinen Hinweis auf eine belastungsbedingte vorauseilende Wirbelkörperdegeneration ergeben. Auch der Beschwerdeverlauf mit erstmaligem Auftreten einschlägiger Symptome ab 1992 ist nach Beurteilung beider Sachverständigen nicht ungewöhnlich in der jeweiligen Altersgruppe des Klägers und belegt keine belastungsinduzierte altersvorauseilende Bandscheibenerkrankung. Ebenso fehlt es an einer Betonung durch Bandscheibenschäden der unteren LWS. Nach beiden Sachverständigen kommen in der gesamten Wirbelsäule, also neben der LWS auch in der HWS und BWS, bandscheibenrelevante Veränderungen in Form von Chondrosen und Spondylosen vor. In der LWS selbst ist im Verlauf der ausgewerteten Bilderserie ebenso wenig eine Betonung der unteren LWS-Segmente zu erkennen. Nach Prof. Dr. G. finden sich im unteren Bereich der LWS keine wesentlichen sklerotischen Veränderungen.
Prof. Dr. G. hat an seiner Bewertung, die unter Mitwirkung von Oberarzt Dr. R. zustande gekommen war, in seinem späteren Gutachten vom 29.04.2008 nicht mehr festgehalten und in Übereinstimmung mit Prof. Dr. W. unter Berücksichtigung der genannten Aspekte eine Berufskrankheit Nr. 2108 verneint. Der Senat hat daher keine Veranlassung gesehen, diese gutachtlichen Schlüsse wegen der geänderten Beurteilung zu hinterfragen. Wenn auch der Sachverständige verschiedene Hilfspersonen herangezogen hat, so ist die Beurteilung dem Gutachtensauftrag entsprechend von ihm allein zu verantworten, wie aus dem angebrachten Vermerk im Gutachten auch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kosten der Begutachtung durch Prof. Dr. G., über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens auch im Urteil entscheiden kann (vgl. Beschluss des Senats vom 16.08.2006 - L 1 U 3854/06 KO-B, veröffentlicht in juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Das Gutachten hat den Rechtsstreit nicht objektiv gefördert und zu seiner Erledigung beigetragen. Prof. Dr. G. hat die Diagnosen und die Beurteilung des von Amts wegen bestellten gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. W. bestätigt.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Kläger trägt die Kosten und eigenen Auslagen der Begutachtung durch Prof. Dr. G. (Gutachten vom 29.04.2008) selbst.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule) der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) hat.
Der 1958 geborene Kläger absolvierte von 1973 bis 1977 eine kaufmännische Ausbildung und war ab August 1977 im elterlichen Getränkehandel tätig. Nach eigenen Angaben des Klägers war er mit Be- und Entladetätigkeiten beschäftigt. Im Mai 1987 wurde das Geschäft an den Kläger übergeben. An den Arbeitsverhältnissen habe sich jedoch nichts geändert. Ab Februar 1998 wurde der Getränkehandel eingestellt. Danach arbeitete der Kläger bis 31.08.2000 als Gastwirt in der eigenen Gaststätte.
Im Juli 2000 machte der Kläger bei der Beklagten unter Hinweis auf die Tätigkeit mit Heben und Tragen schwerer Lasten wegen eines im Jahre 1992 erlittenen Bandscheibenvorfalls eine Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit gelten. Die Beklagte stellte Ermittlungen an. Ihr technischer Aufsichtsdienst (TAD) errechnete für den zugrunde gelegten Zeitraum von August 1977 bis Februar 1998 eine Gesamtbelastungsdosis nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) von 25 x 106 N/h. Die Beklagte zog u. a. das für den Rentenversicherungsträger erstellte nervenärztliche Gutachten von Dr. W. vom 27.03.2000 (unauffälliger klinisch-neurologischer Befund bei histrionischer Persönlichkeitsstörung und Somatisierungsstörung) bei und veranlasste das Zusammenhangsgutachten des Orthopäden Dr. N. vom 06.11.2001 (eine wesentliche Bandscheibenerkrankung der Lendenwirbelsäule sei nicht nachweisbar; Diagnose eines generalisierten Schmerzsyndroms). Mit Bescheid vom 10.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 23.04.2002 lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 und die Gewährung von vorbeugenden Leistungen nach § 3 BKV ab. Die hiergegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe erhobene Klage (S 3 U 1806/02) wurde zurückgewiesen (Gerichtsbescheid vom 05.05.2003). In dem vom Kläger angestrengten Berufungsverfahren beim Landessozialgericht (L 2 U 2174/03), in dem nur noch Präventionsleistungen nach § 3 BKV geltend gemacht wurden, wurde ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Privatdozent (PD) Dr. G. eingeholt, der in seinem Gutachten vom 23.02.2004 eine jetzt vorliegenden Bandscheibenerkrankung durch Wurzelreizsyndrom bei L 5 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in einem Kausalzusammenhang mit der Berufsanamnese bzw. dem Tätigkeitsprofil des Klägers sah. Auf beiderseitigen Antrag der Beteiligten wurde das Berufungsverfahren zum Ruhen gebracht (Ruhensbeschluss vom 07.09.2004).
Der auf das Gutachten von PD Dr. G. gestützte Antrag des Klägers nach § 44 Sozialgesetzbuch (SGB) X, den insoweit bestandskräftigen Bescheid vom 10.01.2002 abzuändern und eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 anzuerkennen, wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 15.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 21.10.2004 abgelehnt, denn das Entstehen einer bandscheibenbedingte Erkrankungen annähernd sechs Jahren nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit stehe in keinem wahrscheinlichen Zusammenhang mit der Berufstätigkeit. Das vom Kläger zitierte Urteil des Landessozialgerichts vom 08.05.2003 (L 7 U 1337/02) über die Anerkennung einer Berufskrankheit bei Fortschreiten einer bandscheibenbedingten Erkrankung nach Ende der belastenden Tätigkeit sei mit dem vorliegenden Fall einer Entstehung einer Wirbelsäulenerkrankung nicht vergleichbar. Die hiergegen beim Sozialgericht erhobene Klage (S 3 U 5167/04) wurde mit Gerichtsbescheid vom 26.04.2005 abgewiesen. Seine hiergegen eingelegte Berufung nahm der Kläger im Termin zur Erörterung der Rechtslage vor dem Landessozialgericht am 30.11.2005 zurück, nachdem die Beklagte sich bereit erklärt hatte, über seinen Antrag vom 20.04.2004 als Neufeststellungsantrag gem. § 48 SGB X zu entscheiden.
Mit Bescheid vom 12.01.2006 lehnte die Beklagte ab, ihren Verwaltungsakt vom 10.01.2002 nach § 48 SGB X aufzuheben. Eine wesentliche Änderung sei nicht eingetreten, aus dem Gutachten von Dr. G. sei ein belastungsadapativer Wirbelsäulenbefund nicht zu ersehen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2006 zurück.
Der Kläger hat hiergegen am 20.03.2006 beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben und geltend gemacht, es handle sich um die Verschlimmerung eines bestehenden Leidens. Mit Gerichtsbescheid vom 04.08.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, weder lägen die Voraussetzungen des § 48 SGB X vor, denn bei der begehrten Abänderung des Bescheids vom 10.01.2002 handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, noch sei die Anerkennung einer Berufskrankheit auf einen wiederholten Erstantrag begründet. Als Zeichen einer schädigenden äußeren Einwirkungen seien belastungsadapative Reaktionen zu fordern. Ein derartiges belastungsadapatives Schadensbild werde im Gutachten von PD Dr. G. nicht beschrieben.
Der Kläger hat gegen den ihn am 09.08.2006 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid am 07.09.2006 beim Landessozialgericht unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt - sinngemäß gefasst -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Karlsruhe vom 04.08.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 12.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 22.02.2006 aufzuheben und eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Der Senat hat den Entlassungsbericht der Neurologischen Klinik des Städtischen Klinikums K. vom 30.03.2001 über die stationäre Behandlung des Klägers vom 13.03. bis 23.03.2001 (Diagnosen u.a. chronisches Schmerzsyndrom, Ausschluss lumbaler Radikulopathie) eingeholt.
In dem von Amts wegen veranlassten orthopädischen Gutachten vom 04.05.2007 hat Prof. Dr. W. ausgeführt, in den seit 1998 gefertigten, von ihm ausgewerteten Röntgenbildern zeige sich allein im Segment L 1/2 eine leichtgradige Spondylose und Chondrose sowie kleine Osteophyten an der Deckplatte des 4. Lendenwirbelkörpers. Solche bandscheibenbedingtenVeränderungen seien bei einem 40-jährigen nichts Ungewöhnliches. Auch das Verteilungsmuster im Sinne von Chondrosen und Spondylosen an der gesamten Wirbelsäule spräche gegen eine belastungsbedingte Berufskrankheit. Bandscheibenschäden seien nicht nur an der Lendenwirbelsäule, sondern auch an der Hals- und Brustwirbelsäule nachzuweisen, die Lendenwirbelsäule zeige keine besondere Betroffenheit. Auch die Ausprägung der Bandscheibenschäden an der Lendenwirbelsäule selbst spräche gegen eine Berufskrankheit nach Nr. 2108. Das typische Schadensbild liege nicht vor. Die vom Kläger angegebenen chronischen therapieresistenten Kreuzschmerzen könnten nicht auf die nachgewiesenen geringen Bandscheibenschäden zurückgeführt werden. Vielmehr sei davon auszugehen, dass eine somatoforme Störung vorliege, bei der psychische und persönlichkeitsbedingte Ursachen einer Rolle spielten. Außerdem liege beim Kläger eine Osteoporose vor, auf die auch der pathologische Bruch des 8. Brustwirbelkörpers, der sich offensichtlich im Jahr 2000 zugetragen habe, zurückzuführen sei. Die Rückenschmerzen beruhten daher auf einer Osteoporose und auf einer psychischen Störung.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ist von Prof. Dr. G. das Gutachten vom 29.04.2008 eingeholt worden. Der Sachverständige hat dargelegt, in den unteren Wirbelsäuleabschnitten der Lendenwirbelsäule bestehe keine über die Altersnorm hinausgehende Höhenminderung, keine Instabilität und nur beginnend eine leichte Spondylarthrose. In Höhe von der L 1/2 zeige sich eine Spondylose mit leichten spondylophytären Anbauten an den Grund- und Deckplatten. In den Aufnahmen von 2001 und 2003 zeigten sich leichte Protrusionen bei L 3/4, 4/5 und L5/S1. Gemäß den Konsensempfehlungen von 2005 seien die Voraussetzungen für eine berufsbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule nicht gegeben, da keine ungewöhnlich frühen chondrotische oder spondylotische Veränderungen an der Lendenwirbelsäule aufgetreten und progredient geworden seien. Das erstmalige Auftreten von Beschwerden im Jahr 1992 bzw 1998 sei auch nicht ungewöhnlich für eine Lumbago oder Lumboischialgie. Abweichend von seinem Gutachten aus dem Jahr 2004 werde das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 nunmehr verneint. Die Beurteilung von Prof. Dr. W. sei in sich schlüssig und entspreche der herrschenden medizinischen Lehrmeinung und den Konsensempfehlungen.
Der Kläger hat hierzu vorgetragen, das Gutachten von Prof. Dr. G. überrasche, da die ursprüngliche Bewertung revidiert werde. Es sei davon auszugehen, dass das Gutachten nicht revidiert worden wären, wenn es wie zuvor in der Zusammenarbeit mit dem seinerzeitigen Oberarzt Dr. R. und nicht wie jetzt mit dem Assistenzarzt B. erstellt worden wäre.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akten des Sozialgerichts (S 3 U 1262/06, S 3 U 5167/04, S 15 RA 1910/03) beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die beim Senat angefallene Akten im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit.
Der Antrag des Klägers ist sachdienlich als Feststellungsbegehren auszulegen. Der Kläger kann mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage die Feststellung seiner Erkrankung als Berufskrankheit verfolgen (§ 55 Abs. 1 Nr.2 SGG). Das vom Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid unterstellte Begehren einer Leistungsklage allgemein auf Gewährung von Entschädigungsleistungen ist auch als Antrag auf ein Grundurteil nicht zulässig. Eine entsprechende Auslegung wäre vorliegend nicht sachdienlich, da nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 07.09.2004 - 2 B U 35/03 , SozR 4-2700 § 8 Nr. 6; zuletzt auch 30.01.2007 - B 2 U 6/06 R - veröffentlicht in Juris) gegen einen nur die Anerkennung eines Versicherungsfalls ablehnenden Bescheid des Versicherungsträgers die Leistungsklage unzulässig ist, zumal einem Grundurteil (§ 130 SGG) nur die in Betracht kommenden Geldleistungen zugänglich sind. Zutreffend hat das Sozialgericht auch ausgeführt, dass mangels Dauerwirkung kein Anwendungsfall von § 48 SGB X vorliegt, weil ein Ablehnungsbescheid - wie der Bescheid vom 10.01.2002 - keine Dauerwirkung entfaltet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 22.02.2006 stellt im Ergebnis die nach Sachprüfung erfolgte Ablehnung eines wiederholenden Neu-Antrages dar.
Die begehrte Berufskrankheit liegt dagegen nicht vor. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind im Ergebnis rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht bin seinen Rechten.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der derzeit u.a. folgende als Berufskrankheiten anerkannte Krankheit aufgeführt ist:
Nr. 2108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Eine Berufskrankheit liegt nur dann vor, wenn die Gefährdung durch schädigende Einwirkungen ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist (haftungsbegründende Kausalität) und durch die schädigende Einwirkung die Krankheit verursacht oder wesentlich verschlimmert worden ist (haftungsausfüllende Kausalität). Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch hier die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u.a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen, die Schädigung und die Krankheit gehören, erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (BSGE 19, 52; 32, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287; 58, 80, 83). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9/A 26). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist.
Die im Tatbestand des Urteils wiedergegebenen übereinstimmenden Untersuchungsbefunde und Schlussfolgerungen der Sachverständigen Prof. Dr. W. und Prof. Dr. G. waren für den Senat überzeugend. Danach ist bereits das Tatbestandsmerkmal einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule nicht nachgewiesen. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule liegt vor, wenn neben einem durch Veränderungen an der Bandscheibe verursachten objektivierten Schaden chronische oder chronisch wiederkehrende Beschwerden mit Funktionseinschränkungen gegeben sind. (BSG Urteil vom 31.05.2005, SozR 4-5671 Anl 1 Nr. 2108 Nr. 2). Die beim Kläger aufgetretenen Rückenbeschwerden ohne neurologische Ausfallerscheinungen, eine lumbale Radikulopathie ist im März 2001 bei der stationären Behandlung im Städtischen Klinikum Karlsruhe ausgeschlossen worden, sind nach Prof. Dr. W. nicht auf die degenerativen Veränderungen an den Lendenwirbelkörpern zurückzuführen, sondern beruhen auf den genannten nervenärztlichen Diagnosen und einer Osteoporose. Es mangelt daher bereits am Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS. Nach Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. W. und Prof. Dr. G. liegt bei dem Kläger ein mit bildgebenden Verfahren nachgewiesener Bandscheibenschaden im unteren Bereich der LWS i. S. einer Protrusion ohne Raumforderung und Bedrängung einer Nervenwurzel vor, der nach Prof. Dr. W. nicht zu einem klinischen Beschwerdebild mit Funktionseinschränkungen geführt hat. Das von Prof. Dr. G. 2004 diagnostizierte Wurzelreizsyndrom wurde bis dahin und auch nachfolgend von keinem anderen Arzt beschrieben. Prof. Dr. W. hat überzeugend dargelegt, dass im Gutachten von Prof. Dr. G. hierzu keine hinreichende Befunde angegeben sind.
Doch selbst wenn man von einer bandscheibenbedingten Erkrankung ausginge, liegt keine Berufskrankheit nach Nr. 2108 vor.
Zwar wäre die haftungsbegründende Kausalität einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 im Falle des Klägers zu bejahen. Bei dem bisher geltenden Gesamtdosiswert des MDD von 25 MNh handelt es sich um keinen Grenzwert, sondern allenfalls um einen Orientierungswert, weshalb bei einem Unterschreiten des Orientierungswertes noch nicht zwingend die arbeitstechnischen Voraussetzungen zu verneinen sind (vgl. BSG Urt. vom 19.08.2003 – B 2 U 1/02 R, veröffentlicht in Juris). Nach den durch die Deutsche Wirbelsäulenstudie bekannt gewordenen Schwächen des MDD ist es sogar angezeigt, den bisher geltenden Orientierungswert um die Hälfte zu reduzieren (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R, veröffentlicht in juris). Der vom TAD errechnete Dosiswert von 25 MNh wäre danach - trotz der erhobenen Bedenken hinsichtlich der allein auf die Angaben des Klägers gestützten Berechnung, wobei aber der TAD jedoch ein Überschreiten der Belastungsdosis ausdrücklich als wahrscheinlich bewertet hatte - ausreichend.
Dagegen ist die haftungsausfüllende Kausalität der Berufskrankheit nach Nr. 2108 nicht im rechtlich gebotenen Grade wahrscheinlich.
Dies ergibt sich aus den überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. W. und zuletzt von Prof. Dr. G., welche die Bewertungskriterien für die Zusammenhangsbeurteilung für den Senat nachvollziehbar dargelegt haben. Die im vollen Konsens aller Teilnehmer verabschiedeten Kriterien der unter dem 04.08.2005 veröffentlichten Konsensempfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe "Medizinischen Beurteilungskriterien bei den Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule"(Trauma und Berufskrankheit 3, 2005, S. 211 ff) entsprechen zur Überzeugung des Senats der gegenwärtigen herrschenden Meinung der Wissenschaft, worauf Prof. Dr. G. noch einmal hingewiesen hat. Darin wird, worauf Prof. Dr. W. auch maßgeblich abgestellt hat, als Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Ursachenzusammenhangs eine nachgewiesene bandscheibenbedingte Erkrankung, die ihrer Ausprägung nach altersuntypisch sein muss, gefordert (vgl. Konsensempfehlungen a. a. O., S. 216) und - bei Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen - eine Betonung der Bandscheibenschäden an den unteren drei Segmenten der Lendenwirbelsäule als eher für einen Ursachenzusammenhang der beruflichen Belastung sprechend beurteilt (Konsensempfehlungen a. a. O.).
Hinweise auf eine altersvorauseilende Degeneration fanden die Sachverständigen nicht. Prof. Dr. W. ist nach Maßgabe der Konsensempfehlungen zu dem Ergebnis gekommen, dass die umformenden Veränderungen (Chondrosen und Spondylosen) an den Wirbelkörpern der LWS sowie die Bandscheibenvorwölbung bei L 3/4, L4/5 und L 5/S1 altersentsprechend sind und keinen Hinweis auf eine belastungsbedingte vorauseilende Wirbelkörperdegeneration ergeben. Auch der Beschwerdeverlauf mit erstmaligem Auftreten einschlägiger Symptome ab 1992 ist nach Beurteilung beider Sachverständigen nicht ungewöhnlich in der jeweiligen Altersgruppe des Klägers und belegt keine belastungsinduzierte altersvorauseilende Bandscheibenerkrankung. Ebenso fehlt es an einer Betonung durch Bandscheibenschäden der unteren LWS. Nach beiden Sachverständigen kommen in der gesamten Wirbelsäule, also neben der LWS auch in der HWS und BWS, bandscheibenrelevante Veränderungen in Form von Chondrosen und Spondylosen vor. In der LWS selbst ist im Verlauf der ausgewerteten Bilderserie ebenso wenig eine Betonung der unteren LWS-Segmente zu erkennen. Nach Prof. Dr. G. finden sich im unteren Bereich der LWS keine wesentlichen sklerotischen Veränderungen.
Prof. Dr. G. hat an seiner Bewertung, die unter Mitwirkung von Oberarzt Dr. R. zustande gekommen war, in seinem späteren Gutachten vom 29.04.2008 nicht mehr festgehalten und in Übereinstimmung mit Prof. Dr. W. unter Berücksichtigung der genannten Aspekte eine Berufskrankheit Nr. 2108 verneint. Der Senat hat daher keine Veranlassung gesehen, diese gutachtlichen Schlüsse wegen der geänderten Beurteilung zu hinterfragen. Wenn auch der Sachverständige verschiedene Hilfspersonen herangezogen hat, so ist die Beurteilung dem Gutachtensauftrag entsprechend von ihm allein zu verantworten, wie aus dem angebrachten Vermerk im Gutachten auch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kosten der Begutachtung durch Prof. Dr. G., über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens auch im Urteil entscheiden kann (vgl. Beschluss des Senats vom 16.08.2006 - L 1 U 3854/06 KO-B, veröffentlicht in juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Das Gutachten hat den Rechtsstreit nicht objektiv gefördert und zu seiner Erledigung beigetragen. Prof. Dr. G. hat die Diagnosen und die Beurteilung des von Amts wegen bestellten gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. W. bestätigt.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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