Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 1902/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4645/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 31.8.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Nachforderung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen in Höhe von 7.339,89 EUR.
Der 1959 geborene Kläger meldete bei der Stadt H. zum 1.4.2004 einen Taxibetrieb an (Gewerbeanmeldung vom 23.3.2004). Unter dem 4.2.2004 beantragte er die freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten; er gab an, die Einnahmen aus der selbständigen Erwerbstätigkeit betrügen ca. 14.400 EUR. Außerdem legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 vor. Darin sind neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 5.278 EUR Verluste aus Gewerbetrieb in Höhe von 4.203 EUR ausgewiesen.
Mit Bescheid vom 7.4.2004 bestätigte die Beklagte die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers zum 1.4.2004. Außerdem setzte sie den monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag auf 246,33 EUR bzw. 30,79 EUR fest. Da der Kläger den Krankenversicherungsschutz ohne Anspruch auf Krankengeld gewählt habe, gelte der ermäßigte Beitragssatz. Man gehe momentan davon aus, dass das durchschnittliche Einkommen unter 1.811,25 EUR monatlich liege. Deshalb werde unter Vorbehalt der Mindestbeitrag angesetzt. Sollte das Einkommen laut Steuerbescheid jedoch höher gewesen sein, müsse der Beitrag rückwirkend angepasst werden. Der Steuerbescheid möge nach Erhalt sogleich vorgelegt werden; er sei Grundlage der Beitragsberechnung einerseits für die bis dahin gezahlten, andererseits für die zukünftigen Beiträge.
Der Kläger legte am 10.5.2006 den Einkommensteuerbescheid für 2003 vor. Darin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 7.049 EUR ausgewiesen. Außerdem gab er in einem Einkommensfragebogen unter dem 10.4.2006 (Eingang bei der Beklagten ebenfalls im Mai 2006) an, er habe Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit von 33.675 EUR im Jahr erzielt.
Mit Bescheid vom 29.5.2006 setzte die Beklagte daraufhin den ab Mai 2006 geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag auf 362,01 EUR bzw. 47,71 EUR (insgesamt 409,72 EUR) fest, der Beitragsbemessung legte sie ein monatliches Einkommen von 2.806,25 EUR (33.675 EUR/12 Monate) zugrunde.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger unter dem 12.6.2006 vor, nach einer betriebswirtschaftlichen Auswertung zum 31.5.2006 ergebe sich ein vorläufiger Gewinn von 2.381,06 EUR; die Beiträge mögen auf dieser Grundlage neu berechnet werden; dem bei der Beklagten am 13.6.2006 eingegangenen Schriftsatz war eine kurzfristige Erfolgsrechnung für Mai 2006 beigefügt.
Unter dem 5.12.2006 erließ die Beklagte einen Widerspruchsbescheid, in dem dem Widerspruch ausweislich der Entscheidungsformel des Bescheids stattgegeben wurde. Sie führte aus, der Bescheid vom 7.4.2004 sei unter Vorbehalt ergangen. Für die Zeit der selbständigen Tätigkeit liege noch kein Steuerbescheid vor. Die vom Steuerberater des Klägers ermittelten monatlichen Einnahmen ab Mai 2006 wichen von den Angaben in der Einkommensanfrage (Fragebogen vom 10.4.2006) ab. Die vom Steuerberater mitgeteilten Werte würden berücksichtigt, bis ein Steuerbescheid für 2004 vorliege. Der Vorbehalt im Bescheid vom 7.4.2004 werde durch eine Berücksichtigung des vorläufigen Einkommens bzw. durch diesen Widerspruchsbescheid nicht aufgehoben. Eine Korrektur erfolge damit auch weiterhin, wenn im Steuerbescheid für 2004 ein höheres Einkommen als das bisher berücksichtigte ausgewiesen sei. Der Steuerbescheid für 2004 sei umgehend nach Erhalt vorzulegen. Der Widerspruchsbescheid ist bestandskräftig.
Am 21.12.2006 legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid für 2004 vor. Darin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 29.545 EUR (für 9 Monate) sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 14 EUR ausgewiesen.
Mit Bescheid vom 19.2.2007 hob die Beklagte den (Nacherhebungs-)Vorbehalt im Bescheid vom 7.4.2004 für die Zeit ab 1.4.2004 auf und setzte die vom Kläger endgültig geschuldeten Beiträge nach monatlichen Einkünften von 3.283,95 EUR neu fest. Sie errechnete folgende Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge: 1.4. bis 31.12.2004: 446,62 EUR bzw. 55,83 EUR; 1.1. bis 31.12.2005: 436,77 EUR bzw. 55,83 EUR; 1.1. bis 31.12.2006: 423,63 EUR bzw. 55,83 EUR; ab 1.7.2007: 423,63 EUR bzw. 55,83 EUR. Für die Zeit vom 1.4.2004 bis 31.12.2006 setzte die Beklagte einen Nachzahlungsbetrag von 7.339,89 EUR fest. Dem Kläger wurde Ratenzahlung angeboten.
Zur Begründung des dagegen am 12.3.2007 eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, die Einkommensteuererklärung für 2005 sei am 25.1.2007 abgegeben worden. Der in Kürze zu erwartende Steuerbescheid werde voraussichtlich einen Gewinn von lediglich 18.502 EUR ausweisen, während der der Beitragsbemessung zugrunde gelegte Steuerbescheid für 2004 noch einen Gewinn von 29.545 EUR ausgewiesen habe. Auch für 2006 ergebe sich nach vorläufiger Berechnung ein Gewinn von (nur) 18.432 EUR. Die Beitragsnachforderung beruhe daher auf einem überhöhten Gewinn.
Am 24.3.2007 wurden der Beklagten noch die Steuerklärung des Klägers für 2005 sowie eine kurzfristige Erfolgsrechnung für Dezember 2006 vorgelegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.4.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Beitragsnachforderung entspreche den gesetzlichen Bestimmungen; sobald Einkommensteuerbescheide für die Zeit ab dem Jahr 2005 vorlägen, könne überprüft werden, in welcher Höhe die Beiträge ab dem Folgemonat nach Vorlage des Steuerbescheids zu zahlen seien. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 30.4.2007 zugestellt.
Am 29.5.2007 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim. Er trug ergänzend vor, die Beitragsnachzahlung stelle eine unzumutbare Härte dar und sei ungerecht. Bei anderen Krankenkassen versicherte Taxifahrerkollegen müssten keine Beiträge nachzahlen; sie erhielten aber auch keine Beitragserstattungen. Sein Geschäftskonto stehe im Soll.
Der Kläger legte außerdem den Einkommensteuerbescheid (vom 16.7.2007) für 2005 vor; darin sind Einkünfte aus Gewerbetrieb in Höhe von 18.502 EUR ausgewiesen. Der Bescheid war der Beklagten mit Fax vom 17.7.2007 übersandt worden.
Mit Urteil vom 31.8.2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beklagte dürfe die Beiträge freiwillig versicherter Selbständiger bei Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit durch Bescheid vorläufig festsetzen, wenn Nachweise für die Prognose der künftigen Einnahmen noch nicht vorgelegt werden könnten (BSG, Urt. v. 22.3.2006, SozR 4-2500 § 240 Nr. 5; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 6.2.2007, - L 5 KR 26/06 -). Andernfalls müsste für Existenzgründer zunächst grundsätzlich der Regelbeitrag gefordert werden. Dieser Vergünstigung in der Anfangsphase könne aber gegenüberstehen, dass nach Vorliegen des ersten Steuerbescheids Beiträge nachzuzahlen seien, die den aktuellen Einnahmen nicht entsprächen, wenn die Steuerbescheide nicht zeitnah ergingen. Auf einen längeren Zeitraum gesehen, werde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten aber insgesamt zutreffend berücksichtigt. Die Beklagte habe die geschuldeten Beiträge daher zu Recht auf der Grundlage der im Einkommensteuerbescheid für 2004 ausgewiesenen Einkünfte von 29.545 EUR neu berechnet. Diese Berechnungsbasis sei bis zur Vorlage des Einkommensteuerbescheids für 2005 vom 16.7.2007 maßgeblich gewesen. Gem. § 240 Abs. 4 Satz 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) könne der Einnahmerückgang nicht für die Vergangenheit, sondern nur für die Zukunft berücksichtigt werden. Auf Vertrauensschutz oder das Vorliegen einer unzumutbaren Härte könne sich der Kläger nicht berufen. Die Bestimmungen der §§ 44 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) seien nicht anwendbar; eine Härtefallklausel enthalte das Gesetz nicht.
Gegen das ihm am 6.9.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.9.2007 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, nach dem Zweck der maßgeblichen Vorschriften sollten Versicherte bei der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit durch die Einstufung nach dem Mindestbeitrag unterstützt werden. Nur bei nachweislich höheren Einahmen solle eine rückwirkende Einstufung stattfinden. Bei Ergehen des Nachzahlungsbescheids vom 19.2.2007 bzw. der Beitragsberechnung auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheids für 2004 hätten sich seine Umsätze im Jahr 2005 schon auf 18.000 EUR halbiert und auch im Jahr 2006 nur 18.000 EUR betragen. Der Gesetzgeber habe angenommen, dass sich die Umsätze nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit langsam steigerten. Untypisch sei, dass im ersten Geschäftsjahr doppelt so hohe Einnahmen erzielt würden wie in den Folgejahren. Die rückwirkende Beitragsbemessung verstoße deshalb gegen Wortlaut und Zweck des Gesetzes, nach dem die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwillig Versicherten berücksichtigt werden solle. Außerdem liege eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung mit anderen Versicherten vor. Die hier maßgeblichen Vorschriften seien ungerecht und verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 31.8.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.4.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt; die einschlägigen Vorschriften seien verfassungsgemäß (BVerfG, Beschl. v. 22.5.2001, - 1 BvL 4/96 -). Der Gesetzgeber habe auch nicht bezweckt, Selbständige mit einem jungen Unternehmen hinsichtlich der Krankenkassenbeiträge zu entlasten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger ist zu Recht zur Nachzahlung freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen worden. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:
Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung richtet sich nach § 240 SGB V. Diese Vorschrift ist für die Bemessung des Beitrags zur Pflegeversicherung gem. § 57 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) entsprechend anzuwenden. Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Krankenkasse geregelt, wobei sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V). Die Satzung muss mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V gelten für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze gem. § 223 SGB V (Höchstbeitrag), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil (bzw. in hier nicht maßgeblichen Fallgestaltungen der sechzigste Teil) der monatlichen Bezugsgröße (Mindestbeitrag). Hierzu sieht die Satzung der Beklagte in § 19 Abs. 2 Satz 4 ergänzend vor, dass die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen durch amtliche Unterlagen, wie den letzten Einkommensteuerbescheid, nachzuweisen sind. Veränderungen der Beitragsbemessung können auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden (§ 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V a.F.; seit 1.4.2007 § 240 Abs. 4 Satz 5 SGB V; Gesetz v. 26.3.2007, BGBl. I. S. 378). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit dieser Vorschriften bestehen nicht (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 22.5.2001, - 1 BvL 4/96 -). Der Kläger hat die Verfassungswidrigkeit der genannten Gesetzesbestimmungen ohne tiefer gehende Begründung pauschal behauptet; eine nähere Prüfung ist dadurch nicht veranlasst. Davon abgesehen geht das Bundessozialgericht davon aus, dass durch die - auch hier mit dem Bescheid vom 7.4.2004 praktizierte - einstweilige Regelung der Beitragshöhe in Fallgestaltungen der vorliegenden Art möglicherweise unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe vermieden werden (BSG, Urt. v. 22.3.2006, - B 12 KR 14/05 R -).
Die Beklagte hat die vom Kläger für die Zeit ab 1.4.2004 geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge und die Beitragsnachzahlung für die Zeit bis 31.12.2006 unter Anwendung der Vorschriften in § 240 SGB V (§ 57 Abs. 4 SGB XI) sowie ihrer Satzung rechtsfehlerfrei festgesetzt. Berechnungsfehler sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.
Die Beklagte war auch berechtigt, die Beiträge rückwirkend ab 1.4.2004 neu zu bemessen. Dem stand nicht entgegen, dass sie bereits mit Bescheid vom 7.4.2004 über die Höhe der für die Zeit ab 1.4.2001 zu zahlenden Beiträge entschieden hatte. Dieser Bescheid enthielt nämlich keine endgültige Regelung, regelte die Beitragshöhe vielmehr nur vorläufig durch einstweiligen Verwaltungsakt (zur Zulässigkeit einstweiliger Verwaltungsakte im vorliegenden Zusammenhang näher BSG, Urt. v. 22.3.2006, - B 12 KR 14/05 R -) und entfaltete damit keine Bindungswirkung in Bezug auf die mit Bescheid vom 19.2.2007 erfolgte endgültige Regelung der Beitragshöhe. Aus dem Bescheid vom 7.2.2004 geht auch für den Kläger klar erkennbar hervor, dass über die Beitragshöhe für die Zeit ab 1.4.2004 nur eine einstweilige Regelung getroffen worden war. Der geforderte Mindestbeitrag war nämlich ausdrücklich "unter Vorbehalt" angesetzt worden und die Beklagte hatte eine rückwirkende Beitragsanpassung angekündigt, sollte der - sogleich nach Erhalt vorzulegende - Steuerbescheid ein höheres Einkommen (als 1.811,25 EUR monatlich) ausweisen (zur Notwendigkeit, Inhalt und Umfang der Vorläufigkeit zu benennen LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 19.9.2007, - L 5 KR 11/07 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.12.2007, - L 9 KR 51/05 -). Im Widerspruchsbescheid vom 5.12.2006 hat die Beklagte die Vorläufigkeit der Beitragsfestsetzung nicht beseitigt, sondern ausdrücklich bestätigt und (erneut) eine Korrektur der Beitragsfestsetzung im Bescheid vom 7.4.2004 angekündigt, wenn im Steuerbescheid für 2004 ein höheres Einkommen als das bisher berücksichtigte ausgewiesen ist.
Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.2.2007 nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides für 2004 (im Dezember 2006) die Beitragshöhe ab 1.4.2004 zutreffend festgesetzt (zur Berücksichtigung der Einkünfte im Jahr 2004 auch für die Folgezeit BSG, Beschl. v. 1.8.2007, - B 12 KR 34/07 B -). Als Einnahmen des hauptberuflich selbstständigen Klägers hat sie zu Recht die 2004 erzielten Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit nach § 15 Sozialgesetzbuch Viertes Buch berücksichtigt. Die Beklagte hat schließlich auch die Bestimmung in § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V a.F. bzw. Satz 5 SGB V n.F.) rechtsfehlerfrei angewendet und Veränderungen der Einkünfte des Klägers erst zum ersten Tag des auf die Vorlage des Nachweises veränderter Einkünfte folgenden Monats berücksichtigt. Der Nachweis i. S. d § 240 Abs. 4 Satz 5 SGB V (a.F.) bzw. § 240 Abs. 4 Satz 5 SGB V (n.F.) ist zwar nicht ausschließlich durch Steuerbescheide zu führen, wenngleich deren Vorlage in aller Regel notwendig sein wird. Eine zwingende Beweisregel dieses Inhalts enthält das Gesetz (auch in § 206 SGB V) freilich nicht. Auch in der Satzung der Beklagten (§ 19 Abs. 2 Satz 4) ist die Beweisführung ausschließlich durch (als Beispiel amtlicher Unterlagen erwähnte) Steuerbescheide nicht vorgeschrieben, weshalb dahin stehen mag, ob dies rechtlich zulässig wäre. Im Nachforderungszeitraum vom 1.4.2004 bis 31.12.2006 sind weitere zum Nachweis niedrigerer Einkünfte geeignete Unterlagen aber nicht vorgelegt worden. Die kurzfristige Erfolgsrechnung für Mai 2006, die der Beklagten mit dem Widerspruchsschreiben vom 12.6.2006 am 13.6.2006 zugegangen war, genügt hierfür nicht. Die Steuererklärung des Klägers für 2005 bzw. den Einkommensteuerbescheid für dieses Jahr hat die Beklagte erst am 24.3.2007 bzw. am 17.7.2007 erhalten. Im Hinblick auf den für die Nachweisführung hier maßgeblichen Einkommensteuerbescheid für 2005 kommt eine Änderung der Beitragsbemessung erst zum 1.8.2007 in Betracht; dieser Zeitraum ist von dem angefochtenen Bescheid nicht mehr erfasst.
Eine Härteklausel, die es erlauben würden, von der Nacherhebung der Beiträge abzusehen, enthält das Gesetz nicht. Es ist auch nicht möglich, den Rückgang der vom Kläger erzielten Einkünfte abweichend von § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V (a.F. bzw. Satz 5 n.F.) schon für die Zeit vor der Führung des Nachweises zu berücksichtigen, da das Gesetz Veränderungen dieser Art ausdrücklich erst für die Zeit danach wirksam werden lässt. Aus der Verwaltungspraxis anderer Krankenkassen kann der Kläger Rechte für sich nicht herleiten; er kann sie der, wie dargelegt, rechtlich fehlerfreien Anwendung der einschlägigen Bestimmungen durch die Beklagte nicht entgegen halten.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Nachforderung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen in Höhe von 7.339,89 EUR.
Der 1959 geborene Kläger meldete bei der Stadt H. zum 1.4.2004 einen Taxibetrieb an (Gewerbeanmeldung vom 23.3.2004). Unter dem 4.2.2004 beantragte er die freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten; er gab an, die Einnahmen aus der selbständigen Erwerbstätigkeit betrügen ca. 14.400 EUR. Außerdem legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 vor. Darin sind neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 5.278 EUR Verluste aus Gewerbetrieb in Höhe von 4.203 EUR ausgewiesen.
Mit Bescheid vom 7.4.2004 bestätigte die Beklagte die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers zum 1.4.2004. Außerdem setzte sie den monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag auf 246,33 EUR bzw. 30,79 EUR fest. Da der Kläger den Krankenversicherungsschutz ohne Anspruch auf Krankengeld gewählt habe, gelte der ermäßigte Beitragssatz. Man gehe momentan davon aus, dass das durchschnittliche Einkommen unter 1.811,25 EUR monatlich liege. Deshalb werde unter Vorbehalt der Mindestbeitrag angesetzt. Sollte das Einkommen laut Steuerbescheid jedoch höher gewesen sein, müsse der Beitrag rückwirkend angepasst werden. Der Steuerbescheid möge nach Erhalt sogleich vorgelegt werden; er sei Grundlage der Beitragsberechnung einerseits für die bis dahin gezahlten, andererseits für die zukünftigen Beiträge.
Der Kläger legte am 10.5.2006 den Einkommensteuerbescheid für 2003 vor. Darin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 7.049 EUR ausgewiesen. Außerdem gab er in einem Einkommensfragebogen unter dem 10.4.2006 (Eingang bei der Beklagten ebenfalls im Mai 2006) an, er habe Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit von 33.675 EUR im Jahr erzielt.
Mit Bescheid vom 29.5.2006 setzte die Beklagte daraufhin den ab Mai 2006 geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag auf 362,01 EUR bzw. 47,71 EUR (insgesamt 409,72 EUR) fest, der Beitragsbemessung legte sie ein monatliches Einkommen von 2.806,25 EUR (33.675 EUR/12 Monate) zugrunde.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger unter dem 12.6.2006 vor, nach einer betriebswirtschaftlichen Auswertung zum 31.5.2006 ergebe sich ein vorläufiger Gewinn von 2.381,06 EUR; die Beiträge mögen auf dieser Grundlage neu berechnet werden; dem bei der Beklagten am 13.6.2006 eingegangenen Schriftsatz war eine kurzfristige Erfolgsrechnung für Mai 2006 beigefügt.
Unter dem 5.12.2006 erließ die Beklagte einen Widerspruchsbescheid, in dem dem Widerspruch ausweislich der Entscheidungsformel des Bescheids stattgegeben wurde. Sie führte aus, der Bescheid vom 7.4.2004 sei unter Vorbehalt ergangen. Für die Zeit der selbständigen Tätigkeit liege noch kein Steuerbescheid vor. Die vom Steuerberater des Klägers ermittelten monatlichen Einnahmen ab Mai 2006 wichen von den Angaben in der Einkommensanfrage (Fragebogen vom 10.4.2006) ab. Die vom Steuerberater mitgeteilten Werte würden berücksichtigt, bis ein Steuerbescheid für 2004 vorliege. Der Vorbehalt im Bescheid vom 7.4.2004 werde durch eine Berücksichtigung des vorläufigen Einkommens bzw. durch diesen Widerspruchsbescheid nicht aufgehoben. Eine Korrektur erfolge damit auch weiterhin, wenn im Steuerbescheid für 2004 ein höheres Einkommen als das bisher berücksichtigte ausgewiesen sei. Der Steuerbescheid für 2004 sei umgehend nach Erhalt vorzulegen. Der Widerspruchsbescheid ist bestandskräftig.
Am 21.12.2006 legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid für 2004 vor. Darin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 29.545 EUR (für 9 Monate) sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 14 EUR ausgewiesen.
Mit Bescheid vom 19.2.2007 hob die Beklagte den (Nacherhebungs-)Vorbehalt im Bescheid vom 7.4.2004 für die Zeit ab 1.4.2004 auf und setzte die vom Kläger endgültig geschuldeten Beiträge nach monatlichen Einkünften von 3.283,95 EUR neu fest. Sie errechnete folgende Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge: 1.4. bis 31.12.2004: 446,62 EUR bzw. 55,83 EUR; 1.1. bis 31.12.2005: 436,77 EUR bzw. 55,83 EUR; 1.1. bis 31.12.2006: 423,63 EUR bzw. 55,83 EUR; ab 1.7.2007: 423,63 EUR bzw. 55,83 EUR. Für die Zeit vom 1.4.2004 bis 31.12.2006 setzte die Beklagte einen Nachzahlungsbetrag von 7.339,89 EUR fest. Dem Kläger wurde Ratenzahlung angeboten.
Zur Begründung des dagegen am 12.3.2007 eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, die Einkommensteuererklärung für 2005 sei am 25.1.2007 abgegeben worden. Der in Kürze zu erwartende Steuerbescheid werde voraussichtlich einen Gewinn von lediglich 18.502 EUR ausweisen, während der der Beitragsbemessung zugrunde gelegte Steuerbescheid für 2004 noch einen Gewinn von 29.545 EUR ausgewiesen habe. Auch für 2006 ergebe sich nach vorläufiger Berechnung ein Gewinn von (nur) 18.432 EUR. Die Beitragsnachforderung beruhe daher auf einem überhöhten Gewinn.
Am 24.3.2007 wurden der Beklagten noch die Steuerklärung des Klägers für 2005 sowie eine kurzfristige Erfolgsrechnung für Dezember 2006 vorgelegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.4.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Beitragsnachforderung entspreche den gesetzlichen Bestimmungen; sobald Einkommensteuerbescheide für die Zeit ab dem Jahr 2005 vorlägen, könne überprüft werden, in welcher Höhe die Beiträge ab dem Folgemonat nach Vorlage des Steuerbescheids zu zahlen seien. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 30.4.2007 zugestellt.
Am 29.5.2007 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim. Er trug ergänzend vor, die Beitragsnachzahlung stelle eine unzumutbare Härte dar und sei ungerecht. Bei anderen Krankenkassen versicherte Taxifahrerkollegen müssten keine Beiträge nachzahlen; sie erhielten aber auch keine Beitragserstattungen. Sein Geschäftskonto stehe im Soll.
Der Kläger legte außerdem den Einkommensteuerbescheid (vom 16.7.2007) für 2005 vor; darin sind Einkünfte aus Gewerbetrieb in Höhe von 18.502 EUR ausgewiesen. Der Bescheid war der Beklagten mit Fax vom 17.7.2007 übersandt worden.
Mit Urteil vom 31.8.2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beklagte dürfe die Beiträge freiwillig versicherter Selbständiger bei Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit durch Bescheid vorläufig festsetzen, wenn Nachweise für die Prognose der künftigen Einnahmen noch nicht vorgelegt werden könnten (BSG, Urt. v. 22.3.2006, SozR 4-2500 § 240 Nr. 5; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 6.2.2007, - L 5 KR 26/06 -). Andernfalls müsste für Existenzgründer zunächst grundsätzlich der Regelbeitrag gefordert werden. Dieser Vergünstigung in der Anfangsphase könne aber gegenüberstehen, dass nach Vorliegen des ersten Steuerbescheids Beiträge nachzuzahlen seien, die den aktuellen Einnahmen nicht entsprächen, wenn die Steuerbescheide nicht zeitnah ergingen. Auf einen längeren Zeitraum gesehen, werde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten aber insgesamt zutreffend berücksichtigt. Die Beklagte habe die geschuldeten Beiträge daher zu Recht auf der Grundlage der im Einkommensteuerbescheid für 2004 ausgewiesenen Einkünfte von 29.545 EUR neu berechnet. Diese Berechnungsbasis sei bis zur Vorlage des Einkommensteuerbescheids für 2005 vom 16.7.2007 maßgeblich gewesen. Gem. § 240 Abs. 4 Satz 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) könne der Einnahmerückgang nicht für die Vergangenheit, sondern nur für die Zukunft berücksichtigt werden. Auf Vertrauensschutz oder das Vorliegen einer unzumutbaren Härte könne sich der Kläger nicht berufen. Die Bestimmungen der §§ 44 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) seien nicht anwendbar; eine Härtefallklausel enthalte das Gesetz nicht.
Gegen das ihm am 6.9.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.9.2007 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, nach dem Zweck der maßgeblichen Vorschriften sollten Versicherte bei der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit durch die Einstufung nach dem Mindestbeitrag unterstützt werden. Nur bei nachweislich höheren Einahmen solle eine rückwirkende Einstufung stattfinden. Bei Ergehen des Nachzahlungsbescheids vom 19.2.2007 bzw. der Beitragsberechnung auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheids für 2004 hätten sich seine Umsätze im Jahr 2005 schon auf 18.000 EUR halbiert und auch im Jahr 2006 nur 18.000 EUR betragen. Der Gesetzgeber habe angenommen, dass sich die Umsätze nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit langsam steigerten. Untypisch sei, dass im ersten Geschäftsjahr doppelt so hohe Einnahmen erzielt würden wie in den Folgejahren. Die rückwirkende Beitragsbemessung verstoße deshalb gegen Wortlaut und Zweck des Gesetzes, nach dem die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwillig Versicherten berücksichtigt werden solle. Außerdem liege eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung mit anderen Versicherten vor. Die hier maßgeblichen Vorschriften seien ungerecht und verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 31.8.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.4.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt; die einschlägigen Vorschriften seien verfassungsgemäß (BVerfG, Beschl. v. 22.5.2001, - 1 BvL 4/96 -). Der Gesetzgeber habe auch nicht bezweckt, Selbständige mit einem jungen Unternehmen hinsichtlich der Krankenkassenbeiträge zu entlasten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger ist zu Recht zur Nachzahlung freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen worden. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:
Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung richtet sich nach § 240 SGB V. Diese Vorschrift ist für die Bemessung des Beitrags zur Pflegeversicherung gem. § 57 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) entsprechend anzuwenden. Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Krankenkasse geregelt, wobei sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V). Die Satzung muss mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V gelten für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze gem. § 223 SGB V (Höchstbeitrag), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil (bzw. in hier nicht maßgeblichen Fallgestaltungen der sechzigste Teil) der monatlichen Bezugsgröße (Mindestbeitrag). Hierzu sieht die Satzung der Beklagte in § 19 Abs. 2 Satz 4 ergänzend vor, dass die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen durch amtliche Unterlagen, wie den letzten Einkommensteuerbescheid, nachzuweisen sind. Veränderungen der Beitragsbemessung können auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden (§ 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V a.F.; seit 1.4.2007 § 240 Abs. 4 Satz 5 SGB V; Gesetz v. 26.3.2007, BGBl. I. S. 378). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit dieser Vorschriften bestehen nicht (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 22.5.2001, - 1 BvL 4/96 -). Der Kläger hat die Verfassungswidrigkeit der genannten Gesetzesbestimmungen ohne tiefer gehende Begründung pauschal behauptet; eine nähere Prüfung ist dadurch nicht veranlasst. Davon abgesehen geht das Bundessozialgericht davon aus, dass durch die - auch hier mit dem Bescheid vom 7.4.2004 praktizierte - einstweilige Regelung der Beitragshöhe in Fallgestaltungen der vorliegenden Art möglicherweise unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe vermieden werden (BSG, Urt. v. 22.3.2006, - B 12 KR 14/05 R -).
Die Beklagte hat die vom Kläger für die Zeit ab 1.4.2004 geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge und die Beitragsnachzahlung für die Zeit bis 31.12.2006 unter Anwendung der Vorschriften in § 240 SGB V (§ 57 Abs. 4 SGB XI) sowie ihrer Satzung rechtsfehlerfrei festgesetzt. Berechnungsfehler sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.
Die Beklagte war auch berechtigt, die Beiträge rückwirkend ab 1.4.2004 neu zu bemessen. Dem stand nicht entgegen, dass sie bereits mit Bescheid vom 7.4.2004 über die Höhe der für die Zeit ab 1.4.2001 zu zahlenden Beiträge entschieden hatte. Dieser Bescheid enthielt nämlich keine endgültige Regelung, regelte die Beitragshöhe vielmehr nur vorläufig durch einstweiligen Verwaltungsakt (zur Zulässigkeit einstweiliger Verwaltungsakte im vorliegenden Zusammenhang näher BSG, Urt. v. 22.3.2006, - B 12 KR 14/05 R -) und entfaltete damit keine Bindungswirkung in Bezug auf die mit Bescheid vom 19.2.2007 erfolgte endgültige Regelung der Beitragshöhe. Aus dem Bescheid vom 7.2.2004 geht auch für den Kläger klar erkennbar hervor, dass über die Beitragshöhe für die Zeit ab 1.4.2004 nur eine einstweilige Regelung getroffen worden war. Der geforderte Mindestbeitrag war nämlich ausdrücklich "unter Vorbehalt" angesetzt worden und die Beklagte hatte eine rückwirkende Beitragsanpassung angekündigt, sollte der - sogleich nach Erhalt vorzulegende - Steuerbescheid ein höheres Einkommen (als 1.811,25 EUR monatlich) ausweisen (zur Notwendigkeit, Inhalt und Umfang der Vorläufigkeit zu benennen LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 19.9.2007, - L 5 KR 11/07 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.12.2007, - L 9 KR 51/05 -). Im Widerspruchsbescheid vom 5.12.2006 hat die Beklagte die Vorläufigkeit der Beitragsfestsetzung nicht beseitigt, sondern ausdrücklich bestätigt und (erneut) eine Korrektur der Beitragsfestsetzung im Bescheid vom 7.4.2004 angekündigt, wenn im Steuerbescheid für 2004 ein höheres Einkommen als das bisher berücksichtigte ausgewiesen ist.
Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.2.2007 nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides für 2004 (im Dezember 2006) die Beitragshöhe ab 1.4.2004 zutreffend festgesetzt (zur Berücksichtigung der Einkünfte im Jahr 2004 auch für die Folgezeit BSG, Beschl. v. 1.8.2007, - B 12 KR 34/07 B -). Als Einnahmen des hauptberuflich selbstständigen Klägers hat sie zu Recht die 2004 erzielten Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit nach § 15 Sozialgesetzbuch Viertes Buch berücksichtigt. Die Beklagte hat schließlich auch die Bestimmung in § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V a.F. bzw. Satz 5 SGB V n.F.) rechtsfehlerfrei angewendet und Veränderungen der Einkünfte des Klägers erst zum ersten Tag des auf die Vorlage des Nachweises veränderter Einkünfte folgenden Monats berücksichtigt. Der Nachweis i. S. d § 240 Abs. 4 Satz 5 SGB V (a.F.) bzw. § 240 Abs. 4 Satz 5 SGB V (n.F.) ist zwar nicht ausschließlich durch Steuerbescheide zu führen, wenngleich deren Vorlage in aller Regel notwendig sein wird. Eine zwingende Beweisregel dieses Inhalts enthält das Gesetz (auch in § 206 SGB V) freilich nicht. Auch in der Satzung der Beklagten (§ 19 Abs. 2 Satz 4) ist die Beweisführung ausschließlich durch (als Beispiel amtlicher Unterlagen erwähnte) Steuerbescheide nicht vorgeschrieben, weshalb dahin stehen mag, ob dies rechtlich zulässig wäre. Im Nachforderungszeitraum vom 1.4.2004 bis 31.12.2006 sind weitere zum Nachweis niedrigerer Einkünfte geeignete Unterlagen aber nicht vorgelegt worden. Die kurzfristige Erfolgsrechnung für Mai 2006, die der Beklagten mit dem Widerspruchsschreiben vom 12.6.2006 am 13.6.2006 zugegangen war, genügt hierfür nicht. Die Steuererklärung des Klägers für 2005 bzw. den Einkommensteuerbescheid für dieses Jahr hat die Beklagte erst am 24.3.2007 bzw. am 17.7.2007 erhalten. Im Hinblick auf den für die Nachweisführung hier maßgeblichen Einkommensteuerbescheid für 2005 kommt eine Änderung der Beitragsbemessung erst zum 1.8.2007 in Betracht; dieser Zeitraum ist von dem angefochtenen Bescheid nicht mehr erfasst.
Eine Härteklausel, die es erlauben würden, von der Nacherhebung der Beiträge abzusehen, enthält das Gesetz nicht. Es ist auch nicht möglich, den Rückgang der vom Kläger erzielten Einkünfte abweichend von § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V (a.F. bzw. Satz 5 n.F.) schon für die Zeit vor der Führung des Nachweises zu berücksichtigen, da das Gesetz Veränderungen dieser Art ausdrücklich erst für die Zeit danach wirksam werden lässt. Aus der Verwaltungspraxis anderer Krankenkassen kann der Kläger Rechte für sich nicht herleiten; er kann sie der, wie dargelegt, rechtlich fehlerfreien Anwendung der einschlägigen Bestimmungen durch die Beklagte nicht entgegen halten.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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