L 9 U 4704/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 3687/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 4704/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte den Kläger gegenüber dem Universitätsklinikum B. von allen Behandlungskosten freizustellen hat, die aus Anlass des Arbeitsunfalls des Klägers vom 20.Oktober 2003 entstanden sind.

Der 1969 geborene, seinerzeit als angelernter Zimmermann beschäftigte Kläger wurde am 20. Oktober 2003 auf einer Baustelle in Sch. von zwei schweren Leimbindern eingeklemmt und erlitt ein Thoraxtrauma beidseits mit Rippenserienfrakturen, Lungenkontusionen und Pneumothorax beidseits. Er wurde mit dem Notarztwagen auf ärztliche Anweisung in die Allgemeinchirurgische Universitätsklinik nach B. gebracht und dort vom 20. Oktober bis 30. November 2003 stationär behandelt. Ausweislich der Rechnung vom 31. Dezember 2003 befand er sich vom 20. bis zum 23. Oktober und vom 27. Oktober bis 14. November 2003 auf der Intensivstation.

Die noch während des Notarzteinsatzes eintreffende Polizei verständigte umgehend das Gewerbeaufsichtsamt F., Herrn Sch., und den Technischen Aufsichtsbeamten (TAB) der Beklagten, Herrn S., von dem Unfall und suchte mit beiden genannten Herren am Nachmittag desselben Tages noch einmal die Unfallstelle auf, um Feststellungen bezüglich des Unfallablaufs zu treffen (Bericht des Sachbearbeiters PHK G.).

TAB S. meldete den Unfall der Verwaltung der Beklagten am 4. November 2003 telefonisch. Die Unfallanzeige des Unternehmers ging nach Aufforderung am 7. November 2003 bei der Beklagten ein.

Das Universitätsklinikum B. übersandte der Beklagten unter dem Datum des 3. November 2003 ein Kostengutsprachegesuch und ein am 29. Oktober 2003 mit den Daten des Klägers (u.a. Bauberufsgenossenschaft KK, 2. Klasse) versehenes Formblatt mit den Eintrittsdiagnosen.

Mit Schreiben vom 11. November 2003 teilte die Beklagte dem Universitätsklinikum B. mit, sie übernehme die stationären Behandlungskosten vom 20. Oktober bis 23. November 2003 nach den für die Berufsgenossenschaft geltenden Sätzen (SUVA). Die Kostenzusage verlängerte sie aufgrund eines weiteren Kostengutsprachegesuchs vom 24. November 2003 mit Schreiben vom 9. Dezember 2003 bis zum 30. November 2003.

Die B.-Versicherungen teilten dem Universitätsklinikum mit Schreiben vom 12. November 2003 mit, sie übernehme ab 20. Oktober 2003 die Mehrkosten der besseren Unterbringung in der 2. Klasse zu 100%.

Die am 31. Dezember 2003 erstellte Rechnung des Universitätsklinikums B. für die stationäre Behandlung des Klägers belief sich auf 120.079,95 Sch.er Franken (CHF).

Hiervon stellte das Klinikum der Beklagten 49.686,00 CHF in Rechnung. Die Sch.erische Verbindungsstelle für Sozialversicherungsabkommen SUVA Unfallerledigung in Luzern teilte auf Anfrage der Beklagten vom 4. März 2004 unter dem 10. März 2004 mit, die Rechnung entspreche den SUVA-Ansätzen (Tagesansatz von 1183.- CHF gemäß SUVA-Tarif vgl. ergänzendes Schreiben vom 9. Januar 2006).

Am 30. Juni 2004 stellte das Universitätsklinikum dem Kläger 52.137,80 CHF in Rechnung und teilte zur Erläuterung mit, da die B.-Versicherungen nicht die vollen Kosten - Differenz zur 2. Klasse - decke, sondern lediglich 18.256,15 CHF (Teil der Tagestaxe und sämtliche Arztleistungen) übernehme, müssten dem Kläger die Differenzkosten in Rechnung gestellt werden.

Mit Bescheid vom 7. September 2004 lehnte die Beklagte die Übernahme dieser weiteren Kosten ab mit der Begründung, sie erstatte Kosten der stationären Behandlung in der Sch. nur zu den Sätzen der Sch.erischen Unfallversicherung (SUVA).

Im Widerspruchsverfahren teilte das Universitätsklinikum der Beklagten mit Schreiben vom 28. Juli 2005 mit, der Kläger habe gewünscht, in der halbprivaten Abteilung behandelt zu werden. Da der Kläger die Bestätigung für die halbprivate Abteilung am 23. Oktober 2003 unterschrieben habe, würden ausnahmsweise die ersten 4 Tage nach dem allgemeinen Tarif abgerechnet und erst ab Verlegung auf die Bettenstation der halbprivate Tarif angewendet. Dadurch erhalte der Kläger eine wesentlich günstigere Differenzrechnung.

In der Folge verlangte das Universitätsklinikum vom Kläger noch einen Betrag von 30.698,97 CHF.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 7. September 2005 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) und machte geltend, er sei im Koma in das Spital eingeliefert worden und sei daher nicht in der Lage gewesen irgendwelche rechtsverbindlichen Erklärungen abzugeben. Eine Bevollmächtigung seiner Schwester, die die Bestätigung vom 23. Oktober 2003 unterschrieben habe, habe es nicht gegeben. Es habe auch keinen rechtlich tragfähigen Ansatz gegeben, ihm als einem in der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung Versicherten eine Mehrleistungsvereinbarung vorzulegen.

Das SG vernahm im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2006 die Schwester des Klägers als Zeugin. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.

Mit Urteil vom 23. Mai 2006 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 7. September 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2005 auf und verurteilte die Beklagte, den Kläger gegenüber dem Universitätsklinikum B. von allen Behandlungskosten aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 20. Oktober 2003 freizustellen.

Zur Begründung führte es aus, Anspruchsgrundlage für den Freistellungsanspruch des Klägers sei der im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung entsprechend anwendbare § 13 Abs. 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V).

Der Freistellungsanspruch setze zwar nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bzw. des LSG Niedersachsen grundsätzlich die Feststellung voraus, dass überhaupt eine zivilrechtliche Forderung des Leistungserbringers gegenüber dem Versicherten besteht. In diesen Fällen seien aber inländische Leistungserbringer beteiligt gewesen, denen gegenüber die Sozialgerichte mit bindender Wirkung hätten entscheiden können. Sei jedoch ein ausländischer Leistungserbringer beteiligt, müsse es, abweichend hiervon, schon genügen, wenn sich dieser gegenüber dem Versicherten eines Anspruchs berühme. Bereits dadurch werde der Versicherte in einer gegen das Sachleistungsprinzip verstossenden Weise belastet, wogegen er effektiven Rechtsschutz nur durch die Zuerkennung eines Freistellungsanspruchs erlangen könne.

Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V seien auch erfüllt. Objektiv seien im Falle des Klägers unaufschiebbare Maßnahmen der Heilbehandlung in Form intensivmedizinischer stationärer Behandlung erforderlich gewesen, die zunächst nicht in D., sondern im Sch.er Ausland in B. hätten erfolgen müssen. Die Beklagte habe sich zur Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Heilbehandlung des Universitätsklinikums B. bedient und müsse sich Pflichtverstöße der Universitätsklinikums zurechnen lassen. Ein Pflichtverstoß sei schon darin zu sehen, dass das Universitätsklinikum gleich nach Einlieferung des Klägers mit einer halbprivaten Behandlung begonnen habe, anstatt sich mit der Beklagten in Verbindung zu setzen, um die Modalitäten der Behandlung abzuklären. Weiter sei es pflichtwidrig gewesen, drei Tage nach der Einlieferung die Schwester des immer noch bewusstlosen Klägers zur Abgabe einer Kostenverpflichtungserklärung zu bewegen. Es sei ohnehin nicht statthaft, eine krankheitsbedingt nicht zu erlangende Willenserklärung des Klägers durch eine Erklärung eines Angehörigen zu ersetzen. Vielmehr sei bei fehlender Einwilligungsfähigkeit zwingend Kontakt zum Versicherungsträger zu suchen. Außerdem sei die Schwester des Klägers im Zeitpunkt der Unterschrift schwer erschüttert gewesen und über Zweck, Inhalt und Konsequenzen der Unterschrift nicht eingehend aufgeklärt worden. Schließlich sei ein weiterer Pflichtverstoß darin zu sehen, dass das Universitätsklinikum weder im Schreiben vom 3. November 2003 noch zu einem späteren Zeitpunkt gegenüber der Beklagten die Problematik der eingeleiteten halbprivaten Behandlung offengelegt habe, obwohl dem Leistungsträger gerade diesbezüglich eine Abstimmung mit dem Versicherungsträger oblegen habe. Diese vielfache Pflichtwidrigkeit begründe ein Systemversagen i.S.d. § 13 Abs. 3 SGB V. Das Gericht sei überzeugt, dass es nicht zu der Anmeldung der Ansprüche gegenüber dem Kläger gekommen wäre, wenn sich die Klinik auch nur eine dieser Pflichtverletzungen nicht hätte zuschulden kommen lassen.

Gegen das am 30. August 2006 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die am 14. September 2006 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingegangen ist. Ein Verschulden der Beklagten sei auszuschließen. Der Klinik sei zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung durch die Schwester des Klägers nicht bekannt gewesen, dass es sich bei der Verletzung des Klägers um die Folgen eines Arbeitsunfalls gehandelt habe. Weder die Eltern noch die Schwester des Klägers hätten entsprechende Angaben gegenüber der Klinik gemacht. Auch der Beklagten selbst sei im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung der Arbeitsunfall des Klägers nicht bekannt gewesen. Sie sei erst am 4. November 2003 telefonisch informiert worden. Im übrigen lägen die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V auch deshalb nicht vor, weil der Kläger auch ohne die Erklärung in der Klinik weiterbehandelt worden wäre und für die Beklagte eine Übernahme der stationären Kosten nur nach dem SUVA-Tarif möglich sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Mai 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Das Universitätsklinikum B. hat auf Anfrage des Senats mit Schreiben vom 5. März 2007 mitgeteilt, es sei unmittelbar nach Eintritt des Klägers am 20. Oktober 2003 um 13.10 Uhr bekannt gewesen, dass es sich im Falle des Klägers um die Folgen eines Arbeitsunfalls gehandelt habe. Die Informationen habe man von den Rettungskräften erhalten. Die Schwester des Klägers habe in dessen Vertretung gehandelt. Dies ergebe sich aus deren Verhalten und den Umständen und entspreche gängiger Praxis in Notfallsituationen. Eine schriftliche Vollmacht gebe es nicht.

Zu weiteren Darstellung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akte des SG und die Senatsakte.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe i.S.d. § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz liegen nicht vor.

Die Berufung ist sachlich nicht begründet. Das SG hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht verurteilt, den Kläger gegenüber dem Universitätsklinikum B. von allen Behandlungskosten freizustellen, die aus Anlass des Arbeitsunfalls des Klägers vom 20. Oktober 2003 entstanden sind. Die Berufung der Beklagten wurde daher zurückgewiesen.

Das SG stützt die Verurteilung der Beklagten auf eine entsprechende Anwendung des § 13 Abs. 3 Var. 1 SGB V. Es nimmt an, dass das Universitätsklinikum B. sich eines Anspruchs auf Tragung von Behandlungskosten gegenüber dem Kläger berühmt, von dem die Beklagte den Kläger freizustellen hat, weil ihr pflichtwidriges Verhalten des Universitätsklinikums im Sinne einer Systemstörung zugerechnet werden muss.

Dem stimmt der Senat im Ansatz und im Ergebnis, allerdings nicht in der Begründung zu.

Zutreffend ist, dass § 13 Abs. 3 SGB V in entsprechender Anwendung auch im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung als Anspruchsgrundlage dient, weil hier eine Regelungslücke hinsichtlich der Kostenerstattung bzw. Anspruchsfreistellung vorliegt, die § 13 Abs. 3 SGB V sachgerecht ausfüllt (BSG SozR 3-2200 § 567 Nr. 3 mwN ). Konnte gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V die Krankenkasse bzw. der Unfallversicherungsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie/er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse bzw. dem Unfallversicherungsträger in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

§ 13 Abs. 3 SGB V will dem Versicherten die Möglichkeit eröffnen, eine vom Versicherungsträger geschuldete, aber als Sachleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen. Die Befolgung des Sachleistungsgrundsatzes wird aber dadurch abgesichert, dass eine Kostenerstattung nur dann erfolgt, wenn eine Versorgungslücke festgestellt wird. § 13 Abs. 3 SGB V ist also eine abschließende Regelung der auf dem Herstellungsgedanken beruhenden Kostenerstattungsansprüche in der gesetzlichen Krankenversicherung und analog in der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie hat den Zweck, den Versicherten so zu stellen, wie er bei Gewährung einer Sachleistung stehen würde. Sie kann daher nur Kosten erfassen, die dem Versicherten bei regulärer Leistungserbringung nicht entstanden wären. Nicht erfasst werden von § 13 Abs. 3 SGB V zum einen Kosten, die aufgrund einer wirksamen Honorarvereinbarung mit einem außerhalb des Sachleistungssystems stehenden Leistungsanbieter entstanden sind. Ein Kostenerstattungsanspruch bzw. Freistellungsanspruch ist aber auch dann nicht gegeben, wenn ein Leistungsanbieter ohne ausreichende Aufklärung des Versicherten mit diesem anstelle des Sachleistungsanspruchs eine Honorarvereinbarung trifft, denn eine solche Vereinbarung wäre wegen des Verbots abweichender privatrechtlicher nachteiliger Vereinbarungen zum Nachteil des Sozialversicherungsberechtigten gemäß § 32 SGB I nichtig. Mit dieser Begründung hat das BSG mit Urteil vom 2. November 2007 (B 1 KR 14/07 R mwN in Juris, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) die vom SG in den Entscheidungsgründen zitierte Rechtsauffassung im Urteil vom 23. Oktober 1996 - SozR 3-2500 § 13 Nr 12 aufgegeben, wonach ein die Kostenerstattungspflicht auslösendes Systemversagen auch darin liegen kann, dass ein zugelassener ärztlicher Leistungserbringer den Versicherten nicht ausreichend und rechtzeitig darüber informiert, dass er beabsichtigt, ihm eine Fremdleistung zu verschaffen. Nach dem Leitsatz 2 des Urteils vom 2. November 2007 (aaO) begründen ärztliche Aufklärungsfehler keinen Kostenerstattungsanspruch, bzw. Freistellungsanspruch, sondern schließen ihn aus.

Von diesen Grundsätzen ausgehend stellt der Senat zunächst fest, dass der gegen die Beklagte gerichtete Sachleistungsanspruch des Klägers infolge seiner Aufnahme in das Universitätsklinikum B. durch die Koordinierungsregeln des europäischen Sozialrechts modifiziert wurde. Nach dem zum 1. Juni 2002 in Kraft getretenen Freizügigkeitsabkommen EG-Sch. (FZA) gelten auch im Verhältnis der Sch. zur B. die Regeln der Koordinierungsverordnung EWGV Nr 1408/71 und der Durchführungsverordnung EWGV Nr. 574/72. Mit Inkrafttreten des FZA wurden die herkömmlichen Sozialversicherungsabkommen zwischen der Sch. und den Mitgliedstaaten der EG insoweit ausgesetzt, als dieses denselben Sachbereich regelt (vgl. Imhof, Das Freizügigkeitsabkommen EG-Sch. und seine Auslegungsmethode - Teil 1 -, ZESAR 2007, 155, 156, 157). Damit gilt Art 55 Abs. 1 c) und i) EWGV 1408/71, wonach Arbeitnehmer, die einen Arbeitsunfall erlitten haben und die vom zuständigen Träger die Genehmigung erhalten haben, sich in das Gebiet des anderen Mitgliedstaats zu begeben, um dort eine ihrem Zustand angemessene Behandlung zu erhalten, Anspruch haben auf Sachleistungen, die sie für Rechnung des zuständigen Trägers vom Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften erhalten, als ob sie bei ihm versichert wären; die Dauer der Leistungsgewährung richtet sich jedoch nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates. Daneben besteht nach der Rechtsprechung des EuGH auf der Grundlage der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art 49 EGV ein Anspruch auf Genehmigung grenzüberschreitender Beanspruchung stationärer Leistungen (vgl. Urteil des EuGH vom 16. Mai 2006, Rs C-372/04 Watts, ZESAR 2006/266 ff., mit Anm. Bieback ZESAR, 2006, 241 ff.)

Bei der Sachleistungsaushilfe nach Art 55 Abs. 1 c) und i) EWGV 1408/71 wird die versicherte Person temporär ins Sozialversicherungssystem des Behandlungsstaates eingegliedert, während sie bei einer Behandlung, die auf der Grundlage der passiven Dienstleistungsfreiheit erfolgt, vollständig im System des Herkunftsstaates verbleibt. Entsprechend hat der zuständige Unfallversicherungsträger im Rahmen der Sachleistungsaushilfe gemäß Art 62 Abs. 4 EWGV 574/72 i.V.m. Art 36 Abs. 1 EWGV 1408/71 die Auslandsbehandlung zu den Tarifen des aushelfenden Trägers zu übernehmen, während die Kosten einer Behandlung auf der Grundlage der Dienstleistungsfreiheit der versicherten Person nur bis zu jenem Betrag zu erstatten sind, den die bezogene Behandlung im Inland kosten würde (vgl hierzu Imhof, Das Freizügigkeitsabkommen EG-Sch. und seine Auslegungsmethode -Teil 2 -, ZESAR 2007, 217, 219).

Der Senat entnimmt der Darstellung von Raschke: Kohll/Decker-Urteile des EuGH: Auswirkungen auf die gesetzliche Unfallversicherung, BG 1999, 152, 157, 158, dass es bereits vor dem Inkrafttreten des FZA und dem Bekanntwerden der den Zugang zu ausländischen Leistungserbringern eröffnenden Urteile des EuGH in den Grenzgebieten zur Sch. für die Berufsgenossenschaften gängige Praxis war, Akutbehandlungen in schneller erreichbaren, gleich qualifizierten Auslandskrankenhäusern ohne vorherige Genehmigung durchzuführen. Ausdrücklich genannt wird die Behandlung d. Unfallverletzter aus dem Grenzbereich zur Sch. im Kantonsspital (Universitätsklinikum) B., die nachträglich bei begrenzter Kostenerstattung genehmigt wurden einschließlich der Kostenübernahme notwendiger Nachbehandlungen.

Hiervon ausgehend ist festzustellen, dass die Beklagte das Verfahren der in Art 55 Abs.1 c) und i) EWGV 1408/71 angesprochenen Sachleistungsaushilfe nicht eingehalten hat. Sie hat nicht den Weg über die Verbindungsstelle mit Vordruck E 213 eingehalten und dem Sch.erischen Unfallversicherungsträger für die von ihm zu erbringende Sachleistung Aufwendungsersatz geleistet. Vielmehr hat sie dem Universitätsklinikum B. auf dessen Kostengutsprachegesuche direkt eine Kostenzusage für die stationäre Behandlung des Klägers nach den Tarifen der SUVA erteilt und hat auch ohne Verständigung der Verbindungsstelle und des Sch.erischen Trägers die Rechnung des Universitätsklinikums unmittelbar beglichen. Im Nachhinein wurde allerdings durch Prüfung der Rechnung im März 2005 durch die Sch.erische Verbindungsstelle und durch deren Auskunft vom 9. Januar 2006 geklärt, dass die Rechnung an die Beklagte in Höhe von 49.686, - CHF dem Tagesansatz in der allgemeinen Abteilung des Universitätsklinikums B. von 1.183.- CHF gemäß SUVA-Tarif und somit der Sachleistung, die vom Sch.erischen Unfallversicherungsträger zu erbringen gewesen wäre, der Höhe nach entspricht. Im Ergebnis hat die Beklagte aber keine Kostenerstattung für eine vom Sch.erischen Unfallversicherungsträger erbrachte Sachleistung geleistet, sondern - teilweisen - Kostenersatz für eine Inanspruchnahme des Universitätsklinikums B. durch den Kläger auf der Grundlage eines privatrechtlichen Behandlungsvertrags.

Die Beklagte hat somit für die unstreitig unaufschiebbare Leistung für den Kläger den durch die Vorschriften des EWGV 1408/71 modifizierten primären Sachleistungsweg nicht eingehalten. Deshalb musste sich der Kläger die Leistungen des Universitätsklinikums B. insgesamt durch privatrechtlichen Behandlungsvertrag selbst beschaffen. Dies ist durch die Aufnahme in das Universitätsklinikum geschehen. Damit sind die Voraussetzungen des Kostenerstattungs- bzw. Freistellungsanspruchs analog § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V dem Grunde nach erfüllt. Es kommt daher, abweichend von der Auffassung des SG, nicht darauf an, ob seitens des Universitätsklinikums im Rahmen der Vertragsbeziehung Pflichtverstöße begangen wurden und ob sich diese die Beklagte als Systemstörung zurechnen lassen muss.

Der Höhe nach ist der Kläger von den Kosten "in der entstandenen Höhe" freizustellen. § 13 Abs. 3 SGB V sieht eine Kostenerstattung bzw. Freistellung "in der entstandenen Höhe" für die Selbstbeschaffung immer dann vor, wenn die Leistung notwendig war. Unerheblich ist dabei, ob bzw. in welchem Umfang der abgeschlossene Selbstbeschaffungsvertrag zivilrechtlich wirksam oder unwirksam ist (BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 10). Der Kläger sieht sich im vorliegenden Fall einer spezifizierten Forderung des Universitätsklinikums ausgesetzt, von der ihn die Beklagte freistellen bzw. die sie - ggf. im Wege der Streitgenossenschaft - abwehren muss. Eine - europarechtliche - Einschränkung der Erstattungspflicht, wie sie in Art 34 Abs. 1 EWGV 574/72 für den Bereich der Krankenversicherung vorgesehen ist, wenn die Formvorschriften nach Artikel 20 Abs. 1 und 4 sowie nach Artikeln 21, 23 und 31 der Durchführungsverordnung während des Aufenthalts im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des zuständigen Staats nicht eingehalten wurden, ist für den Bereich der Unfallversicherung nicht ersichtlich (vgl. auch BSG Urteil vom 24. Juli 2007 -B 1 KR 18/06 R).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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