L 13 AL 5348/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 1156/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 5348/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Konstanz vom 25. September 2006 in den Verfahren S 3 AL 1156/04 und S 3 AL 1562/04 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klagen als unzulässig abgewiesen werden.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe (Alhi).

Die am 1967 geborene Klägerin bezog bis 3. August 2001 Arbeitslosengeld und - nach Ablauf einer zwölfwöchigen Sperrzeit (4. August bis 26. Oktober 2001; bestandskräftiger Bescheid vom 27. August 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2002, Urteil des Sozialgerichts Konstanz (SG) vom 20. Juli 2004 - S 3 AL 668/02, Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 15. März 2005 - L 9 AL 4062/04, Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10. Juni 2005 - B 11a AL 25/05 R) - ab 27. Oktober 2001 Alhi. Mit Bescheid vom 10. Januar 2003 nahm das damalige Arbeitsamt R. (jetzt: Agentur für Arbeit; AA) die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 27. Oktober bis 31. Dezember 2001, vom 1. Januar bis 25. März 2002 und vom 16. April bis 26. Oktober 2002 zurück und forderte von der Klägerin die Erstattung zu Unrecht gewährter Leistungen in Höhe von insgesamt 5.583,01 EUR. Zur Begründung führte das AA aus, die Klägerin sei wegen über dem Freibetrag liegenden Vermögens nicht bedürftig gewesen und habe deshalb keinen Anspruch auf Alhi gehabt. Im Verlauf des anschießenden Widerspruchsverfahrens übersandte die V.Bank B. S. eG dem AA auf Veranlassung der Klägerin eine Saldenbestätigung (vom 4. Juni 2003), aus der sich am 27. Oktober 2002 ein Guthaben in Höhe von 49.945,28 EUR sowie am 18. März 2003 und am 4. Juni 2003 ein Guthaben in Höhe von jeweils 6.118,15 EUR ergab. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 2003 wies die Widerspruchsstelle des AA den Widerspruch zurück. Den Antrag der Klägerin auf Alhi vom 15. Juli 2003 lehnte das AA mit Bescheid vom 23. September 2003 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2003 insoweit zurück. Die beim SG gegen den Widerspruchsbescheid vom 12. August 2003 erhobene Klage blieb erfolglos (Urteil vom 24. Januar 2006 - S 3 AL 2540/03), ebenso die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2003 (Urteil vom 24. Januar 2006 - S 3 AL 2300/03). In beiden Fällen nahm die Klägerin die beim LSG eingelegte Berufung zurück (L 8 AL 1857/06 und L 8 AL 1858/06).

Am 21. November 2003 meldete sich die Klägerin wiederum arbeitslos und beantragte Alhi. Zur Begründung legte sie eine Aufstellung über den Verbleib ihres Vermögens nebst entsprechender Belege vor. Wegen des Inhalts dieser Unterlagen im Einzelnen wird auf Bl. 823 bis 836 und 843 bis 845 der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Mit Bescheid vom 26. März 2004 lehnte die AA auch diesen Antrag unter Hinweis auf das Vorhandensein verwertbaren Vermögens ab. Die Klägerin habe insgesamt über Vermögen in Höhe von 45.945,28 EUR verfügt und lediglich Ausgaben in Höhe von 7.839,69 EUR nachgewiesen. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 7.400,00 EUR verbleibe noch ein Vermögen in Höhe von 30.705,39 EUR dessen Verwertung zumutbar sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2004 wies die Widerspruchsstelle der AA den seitens der Klägerin erhobenen Widerspruch zurück. Die von der Klägerin am 19. Mai 2004 erhobene Klage (S 3 AL 1156/04) hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 25. September 2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin sei auch nach Überzeugung der Kammer nicht bedürftig im Sinne der Vorschriften über die Bewilligung von Alhi gewesen. Am 29. April 2004 hatte sich die Klägerin erneut arbeitslos gemeldet und Alhi beantragt. Diesen Antrag lehnte die AA mit Bescheid vom 12. Mai 2004 ab und wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2004 zurück. Die am 6. Juli 2004 erhobene Klage (S 3 AL 1562/04) hat das SG ebenfalls mit Gerichtsbescheid vom 25. September 2006 abgewiesen.

Gegen die ihr am 27. September 2006 zugestellten Gerichtsbescheide hat die Klägerin am 25. Oktober 2006 jeweils schriftlich beim LSG Berufung eingelegt (L 13 AL 5348/06 und L 13 AL 5349/06). Sie trägt vor, sie habe im März 2003 ca. 44.000,00 EUR in bar von ihrem Konto abgehoben und dieses Geld in der Folge verbraucht. Anfang Dezember 2003 sei von dem Geld dann nichts mehr vorhanden gewesen. Mit Beschluss vom 31. Juli 2008 hat der Senat beide Berufungsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Klägerin beantragt,

die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Konstanz vom 25. September 2006 in den Verfahren S 3 AL 1156/04 und S 3 AL 1562/04 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2004 sowie des Bescheides vom 12. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2004 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 21. November 2003 bis 31. Dezember 2004 Alhi in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Gerichtsbescheide des SG für zutreffend und ihre Bescheide für rechtmäßig.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (661A094577), die Klageakten des SG (S 3 AL 1156/04 und S 3 AL 1562/04), die Berufungsakten des Senats (L 13 AL 5348/06 und L 13 AL 5349/06) und die beigezogenen Akten des 8. Senats des LSG (L 8 AL 1857/06 und L 8 AL 1858/06) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen der Klägerin haben keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaften Berufungen sind zulässig, sie sind unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufungen sind jedoch nicht begründet; das SG hat zu Recht die Klagen abgewiesen. Die von der Klägerin am 19. Mai 2004 (S 3 AL 1156/04) und am 6. Juli 2004 (S 3 AL 1562/04) erhobenen Klagen erweisen sich allerdings - anders als vom SG angenommen - wegen der Rechtshängigkeit eines anderen Verfahrens über den jeweils selben Streitgegenstand bereits als unzulässig. Dies folgt hier daraus, dass sowohl der den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Alhi ab 21. November 2003 ablehnende Bescheid vom 26. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. April 2004 als auch der Bescheid vom 12. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2004, mit dem die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 29. April 2004 abgelehnt hat, in entsprechender Anwendung des § 96 SGG in der hier noch anwendbaren bis 31. März 2008 geltenden Fassung Gegenstand des beim SG seit 7. September 2003 anhängigen Klageverfahrens S 3 AL 2300/03 geworden sind. § 96 SGG ist entsprechend anzuwenden, wenn der neue Verwaltungsakt zwar nicht denselben Streitgegenstand betrifft, er aber im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses ergeht und einen weiteren Zeitraum erfasst (BSG, SozR 1500 § 96 Nr. 6). In diesem Falle besteht ein die Anwendbarkeit des § 96 SGG rechtfertigender innerer Zusammenhang zwischen älterem und neuem Bescheid auf jeden Fall dann, wenn der nachgehende Bescheid - wie hier - aus den gleichen Gründen wie der Erstbescheid angefochten wird (vgl. BSG SozR Nr. 19 zu § 96 SGG; SozR 1500 § 96 Nr. 14). Dies führt im vorliegenden Falle zur Einbeziehung der Bescheide vom 26. März 2004 und vom 12. Mai 2004 in das Verfahren über den Bescheid vom 23. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Oktober 2003. Seit der Arbeitslosmeldung der Klägerin bestand ein für beide Beteiligten Rechte und Pflichten begründendes Dauerrechtsverhältnis, aus dem sich die Rechte der Klägerin auf Zahlung von Alhi herleiten (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 12. Dezember 1984 - 7 RAr 86/83 - veröffentlicht in Juris). Der im Rahmen dieses Rechtsverhältnisses ergangene Bescheid vom 23. September 2003 betraf im Kern dieselbe Frage, die sich auch bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 26. März 2004 und vom 12. Mai 2004 stellt. Zu entscheiden ist in allen drei Fällen darüber, ob die Beklagte berechtigt war, die jeweiligen Anträge der Klägerin auf Alhi wegen fehlender Bedürftigkeit abzulehnen.

Dementsprechend waren die am 19. Mai 2004 (S 3 AL 1156/04) und am 6. Juli 2004 (S 3 AL 1562/04) erhobenen Klagen unzulässig, denn zu diesem Zeitpunkt war der Rechtsstreit S 3 AL 2300/03 bereits rechtshängig. Soweit Gegenstand des letztgenannten Klageverfahrens (auch) die Bescheide vom 26. März 2004 und vom 12. Mai 2004 geworden sind, besteht diese Rechtshängigkeit fort; denn das SG hat über diese Bescheide im Urteil vom 24. Januar 2006 nicht entschieden. Die ergangene Entscheidung ist dementsprechend nur als (unechtes) Teilurteil zu werten. Durch das anschließende (erledigte) Berufungsverfahren (L 8 AL 1858/06) hat sich an diesem Rechtszustand nichts geändert; die Rechtshängigkeit (betreffend die Bescheide vom 26. März 2004 und vom 12. Mai 2004) ist insbesondere nicht infolge der von der Klägerin in diesem Verfahren erklärten Berufungsrücknahme entfallen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18. Februar 1987 - 7 RAr 22/85 - veröffentlicht in Juris). In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass das Berufungsgericht Bescheide in seine Entscheidung einzubeziehen hat, die gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG geworden sind und über die im erstinstanzlichen Verfahren gleichwohl nicht entschieden worden ist, wenn dies dem Willen der Beteiligten entspricht, entweder durch rügeloses Einlassen eines Beteiligten auf entsprechenden Antrag eines anderen Beteiligten oder durch übereinstimmende Anträge (BSG, Urteil vom 26.11.1986 - 7 RAr 55/85 -, m.w.N.). Eine solche die Bescheide vom 26. März 2004 und vom 12. Mai 2004 einbeziehende Entscheidung durch das LSG ist dem Berufungsverfahren L 8 AL 1858/06 jedoch nicht ergangen. Dementsprechend besteht die Rechtshängigkeit des Klageverfahrens S 3 AL 2300/03 im Hinblick auf die Bescheide vom 26. März 2004 und vom 12. Mai 2004 fort, so dass auch dem Senat eine Sachentscheidung über diese Bescheide verwehrt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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