L 7 AY 5943/07 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AY 5523/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AY 5943/07 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 7. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. G. wird abgelehnt.

Gründe:

1. Die gemäß § 145 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist auch im Übrigen statthaft (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nicht gegeben sind.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (in der bis 31. März 2008 geltenden Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1983)) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2 a.a.O.). Beide Voraussetzungen sind in Anbetracht des Beschwerdewerts und des Zeitraums, für den Leistungen geltend gemacht werden, nicht gegeben; weder stehen wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit noch ist die erforderliche Berufungssumme von mehr als 500,00 Euro erreicht. Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Kostenerstattungsbeitrages des Klägers für den Monat April 2006 gemäß § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG); der Kläger erachtet seine Erstattungspflicht lediglich in Höhe von 86,07 Euro - anstatt der von der Beklagten festgesetzten 121,05 Euro - für gegeben. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat im angefochtenen Urteil vom 7. Dezember 2007 die Berufung auch nicht zugelassen.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Die Zulassungsgründe des § 144 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 SGG (Divergenz, wesentlicher entscheidungsrelevanter Verfahrensmangel) liegen hier ersichtlich nicht vor und sind vom Kläger auch nicht geltend gemacht; indessen ist auch der von ihm herangezogene Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) nicht gegeben.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle die notwendige Klärung erfolgt (so die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seit BSGE 2, 129, 132). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr. 60; SozR 3-1500 § 160a Nr. 16; ferner Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 8. Auflage, § 144 Rdnrn. 28 f.; § 160 Rdnrn. 6 ff. (jeweils m.w.N.)). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr, wenn sie schon entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (vgl. BSG SozR 3-4100 § 111 Nr. 1 S. 2), mithin die Antwort darauf so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4 S. 5); dies ist insbesondere der Fall, wenn die bereits vorhandene höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichende Anhaltspunkte für die Beantwortung der Rechtsfrage gibt (BSG SozR 3-1500 § 146 Nr. 2). Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss die abstrakte Klärungsfähigkeit, d.h. die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, und die konkrete Klärungsfähigkeit, d.h. die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage hinzutreten (vgl. dazu BSG SozR 1500 § 160 Nr. 53; SozR 1500 § 160a Nr. 54). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr. 7). Hinsichtlich von Tatsachenfragen kann über § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG eine Klärung nicht verlangt werden.

Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich hier nicht. Das SG hat im angefochtenen Urteil die Auffassung der Beklagten bestätigt, dass dem Bedarf des Klägers im Monat April 2006 (214,23 Euro) abzüglich Sachleistungen (35,28 Euro) ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit von 400,00 Euro gegenüberzustellen und von diesem gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG lediglich ein Freibetrag von 25 v.H. (= 100,00 Euro) abzuziehen sei; sonach errechnet sich der Kostenerstattungsbeitrag im genannten Monat auf 121,05 Euro. Der Kläger hält es demgegenüber für rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, "ob bei der Berechnung des Bedarfs nach dem AsylbLG für die Anrechnung von Einkommen ein Freibetrag ohne Nachweis eines Mehrbedarfs anzusetzen sei". Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig. Dass das Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei Anwendung des § 7 Abs. 1 AsylbLG pauschal lediglich in Höhe von 25 v.H. außer Betracht bleibt, dieser Freibetrag jedoch wiederum begrenzt ist auf höchstens 60 v.H. des maßgeblichen Betrages aus § 3 Abs. 1 und 2 AsylbLG, ergibt sich bereits klar und eindeutig aus dem Wortlaut des Abs. 2 Satz 1 a.a.O. Hätte der Gesetzgeber stattdessen, wie der Kläger offenbar meint, als Ausgangspunkt für die Berechnung des Freibetrags den sechzigfachen Vomhundertsatz des maßgeblichen Betrages nach § 3 Abs. 1 und 2 AsylbLG gewollt, hätte er dies in der Gesetzesformulierung anders, etwa durch die Verwendung des Wortes "mindestens" statt nunmehr "höchstens" zum Ausdruck gebracht; auch eine Ausnahmeregelung - wie etwa in § 83 Abs. 3 Satz 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu dem dort in Satz 1 a.a.O. festgelegten Absetzbetrag vorgesehen - fehlt. Die vom Kläger gewollte Pauschalierung lässt sich mit der eindeutigen Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG und deren klarem Wortlaut mithin nicht vereinbaren. Der Zweck der Regelung, nämlich die mit der Erwerbstätigkeit verbundenen Mehraufwendungen abzudecken und einen zusätzlichen Arbeitsanreiz zu schaffen (vgl. Bundestags-Drucksache 12/4451 S. 10 (zu § 6)), steht hierzu nicht in Widerspruch. Ebenso gibt die Bestimmung des § 7 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG für das vom Kläger gewünschte Ergebnis nichts her; mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber vielmehr klargestellt, dass die nach § 5 Abs. 2 AsylbLG gezahlte Aufwandsentschädigung nicht als Einkommen gilt (vgl. nochmals Bundestags-Drucksache a.a.O.) und sie demgemäß von der Aufbrauchpflicht des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG ausgenommen ist. Dies erlaubt jedoch noch keinen Schluss auf die Bewertung des Einsatzes von Arbeitseinkommen, welche hinsichtlich der Freibeträge in § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG abschließend geregelt ist.

Nachdem der Kläger die Feststellungen des SG zum fehlenden Nachweis von mit der Erzielung seines Einkommens verbundenen Ausgaben ferner nicht mit (zulässigen und begründeten) Verfahrensrügen angegriffen hat, fehlt es vorliegend - ungeachtet entsprechender hinreichender Darlegungen in der Beschwerdebegründung - an einer Klärungsfähigkeit der vom SG angesprochenen Frage der analogen Anwendung der §§ 82 ff. SGB XII im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG (vgl. zum Meinungsstand Hohm, AsylbLG, § 7 Rdnrn. 16 ff.; Birk in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 7 AsylbLG Rdnr. 4; Decker in Oestreicher, SGB XII/SGB II, § 7 AsylbLG Rdnr. 8; Herbst in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 7 AsylbLG Rdnr. 5). Ob die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG eine sondergesetzliche Regelung zur Herstellung des Nachrang- und Selbsthilfegedankens darstellt (vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr. 40; Hess. Verwaltungsgerichtshof FEVS 56, 111) und dies insbesondere auch in der zwischenzeitlichen Anfügung eines Abs. 5 in § 7 AsylbLG aufgrund Gesetzes vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970) zum Ausdruck kommt (vgl. nochmals Birk in LPK-SGB XII, a.a.O.; vgl. ferner die Parallelregelung in § 83 Abs. 2 SGB XII), bedarf sonach hier keiner Beantwortung.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Mangels Anfechtbarkeit der vorliegenden Nichtzulassungsentscheidung (§ 177 SGG) wird das angefochtene Urteil des SG vom 7. Dezember 2007 hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 5 SGG).

2. Aus den Gründen der obigen Entscheidung ist ferner das PKH-Gesuch des Klägers für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ohne Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO). Auch insoweit ist der vorliegende Beschluss unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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