L 5 R 6119/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 3897/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 6119/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. November 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Die 1950 geborene Klägerin hat nach ihren Angaben keinen Beruf erlernt. Von 1964 bis September 2004 war sie als Näherin, Reinigungskraft, Haushaltsgehilfin, Verkäuferin und zuletzt wieder als Hauswirtschaftsgehilfin (in Teilzeit) versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 1.Oktober 2004 ist sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig (seit 17. Juli 2005 bezog sie Krankengeld).

In der Zeit vom 18. Januar 2006 bis 8. Februar 2006 befand sich die Klägerin zur Rehabilitation in der S.-Klinik in Bad Sch ... Ausweislich des Entlassungsberichtes vom 13. Februar 2006 sei die Klägerin in der Lage leichte körperliche Tätigkeiten, jeweils überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen sechs Stunden und mehr durchzuführen. Vermieden werden sollten unter anderen häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 8 kg, häufiges Bücken, ständige Rumpfzwangshaltung und häufige Überkopfarbeiten.

Am 17. März 2006 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung nannte sie als Gesundheitsstörungen Brustkrebs, Halswirbelsäule und Bandscheibe. In der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 19. April 2006 vertrat unter Berufung auf den Entlassungsbericht der Sigel-Klinik Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. H. die Auffassung, dass die Klägerin zwar ihre letzte Tätigkeit als Hauswirtschaftshelferin nur noch unter drei Stunden, jedoch im übrigen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch entsprechende Tätigkeiten unter Berücksichtigung der schon genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich ausüben könne.

Mit Bescheid vom 20. April 2006 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Zwar seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, jedoch sei die Klägerin auch unter Berücksichtigung der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen noch in der Lage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben und damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert bzw. berufsunfähig.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, sie sei außer Stande, irgendeiner Arbeit nachzugehen. Schon nach geringfügigen Anstrengungen würden ihr beide Handgelenke anschwellen und bei bestimmten Bewegungen würden Schmerzen bis zum Kopf ausstrahlen. Außerdem habe sie ständig Schmerzen links im Hüft- bzw. Lendenbereich.

Die Beklagte veranlasste daraufhin das Gutachten der Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. H. vom 7. August 2006. Sie stellte als Diagnosen:

1. degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenvorfall LWK 5/SWK 1 und Fehlstellung, mit leichter Bewegungseinschränkung und mit geringen Nervenwurzelreizzeichen 2. Brustkrebs links (ED 7/05) mit Segmentresektion der linken Brust, Lymphknotenbiopsie, Chemotherapie und Radiatio bis 1/06, bisher ohne Hinweis auf lokale Wiederkehr oder Fernaussaat 3. arterielle Hypertonie bei Übergewicht, medikamentös eingestellt, bisher ohne Folgeschäden 4. beginnende postmenopause Osteoporose 5. ferner: leichtes Engpasssyndrom des Mittelhandnerven rechts, Migräne ohne Aura, beginnende Aufbrauchserscheinungen rechtes Schultergelenk ohne Bewegungseinschränkung, diskrete Fingergelenksarthrose D III links ohne Bewegungseinschränkung.

Dr. H. gelangte auf dieser Grundlage zu der Einschätzung, dass die Klägerin noch über ein sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten ohne häufige und länger dauernde Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne häufiges Bücken, ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne übermäßigen Zeitdruck und ohne Nachtschicht verfüge.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2006 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei auch unter Berücksichtigung der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen auszuüben. Sie sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Auch die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit würden nicht vorliegen, da sie keinen Berufschutz genieße. Sie sei als ungelernte Arbeiterin auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.

Dagegen hat die Klägerin am 23. Oktober 2006 Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die bestehenden Gesundheitsstörungen in ihrem Zusammenwirken zu weiteren Einschränkungen des Leistungsvermögens führten. Seit der Brustkrebsoperation im Sommer 2005 sowie der Chemotherapie und den Bestrahlungen bis Januar 2006 leide sie an Beschwerden im linken Arm. Der linke Arm schwelle insbesondere bei Bewegung und Belastung an, sei kraftlos und sehr schmerzhaft. Zwischenzeitlich bestünden auch belastungsunabhängige Schmerzen, insbesondere im linken Unterarm, auch nachts. Der rechte Arm sei seit Jahren schmerzbedingt in der Belastung eingeschränkt, ausgehend von der Halswirbelsäule bestehe eine schmerzhafte Ausstrahlung bis hinunter in die Finger der rechten Hand, welche ebenfalls immer wieder anschwellten. Der Feingriff sei zwischenzeitlich nur noch eingeschränkt möglich. Die anhaltenden Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule mit Ausstrahlung über den Schulter-Nacken-Bereich würden durch Migräneanfälle verstärkt. Hierbei sei insbesondere die rechte Kopfseite betroffen. Hinzu trete ein weiteres Schmerzsyndrom im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung über die Hüften in die Beine, insbesondere in das linke Bein. Das linke Bein sei immer wieder taub und pelzig und nicht länger belastbar. Sie könne schmerzbedingt nicht länger stehen, gehen oder auch sitzen. Der Schlaf sei durch die anhaltende Schmerzsymptomatik gestört. Sie drehe sich nachts dauernd herum und komme nicht zur Ruhe. Sie sei daher am Folgetag sehr erschöpft und könne sich nur noch kurzzeitig auf eine Tätigkeit konzentrieren.

Das SG hat Auskünfte der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. hat in seiner Auskunft vom 4. Januar 2007 (Blatt 16 SG-Akte) mitgeteilt, fünf Vorstellungen der Klägerin seien in jeweils größeren Abständen zur Abklärung nur vorübergehender Beschwerden erfolgt. An nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen sei lediglich eine somatoforme Angststörung zu nennen, die hier aber nicht behandelt worden sei, sondern nur nebenbei zur Sprache gekommen sei. Aus nervenärztlicher Sicht bestünden hinsichtlich einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich keine Bedenken. Der Hausarzt Dr. G. hat in seiner Auskunft vom 8. Januar 2007 (Blatt 17/18 SG-Akte) angegeben, dass nach seiner Einschätzung bei der Vielzahl und dem Ausprägungsgrad der Leiden höchstens eine Tätigkeit von vier Stunden täglich möglich sei. Der behandelnde Frauenarzt Dr. L. hat mit Schreiben vom 10. Januar 2007 (Blatt 19 SG-Akte) mitgeteilt, dass er eine leichte körperliche Tätigkeit von höchstens sechs Stunden, mindestens aber vier Stunden täglich für durchaus vertretbar halte. In keinem Falle solle eine schwere körperliche Arbeit mit regelmäßigem Heben von Lasten oder häufigen Dreh- und Streckbewegungen der Arme nach oben durchgeführt werden. Der Orthopäde Dr. B. hat in der Auskunft vom 7. Juli 2007 (Blatt 38/39 SG-Akte) schließlich mitgeteilt, dass der Klägerin sicher nur noch leichte Tätigkeiten möglich seien. Inwieweit die Restarbeitsfähigkeit hierbei mit bzw. über sechs Stunden zu beurteilen sei, könne nicht eindeutig festgelegt werden. Gutachterlich werde jedoch die Restarbeitsfähigkeit eher mit bis zu fünf bis sechs Stunden für leichte Tätigkeiten eingeschätzt.

Das SG hat sodann das Gutachten des Orthopäden Dr. He. vom 4. Oktober 2007 eingeholt (Blatt 82 ff SG-Akte). Aufgrund der von ihm am 11. September 2007 vorgenommenen Untersuchung der Klägerin stellte er folgende Gesundheitsstörungen fest:

1. Chronische belastungsabhängige Schmerzen in der unteren Lendenregion mit Ausstrahlung in die Gesäßregion links ohne neurologische Begleiterscheinungen bei computertomographisch nachgewiesenem älteren Bandscheibenvorfall L 5/S 1 links intraforaminal 2. Belastungsabhängige Schmerzen in der Nackenregion mit Ausstrahlung über die Schultern in beide Arme bei umfangreichen Blockierungen der Brustwirbelsäule und sekundären Verspannungen der regionalen Muskulatur 3. Schmerzhafte Funktionsstörungen des linken oberen Sprunggelenks nach Fraktur und Osteosynthese im Mai 2007.

Das Leistungsvermögen schätzte Dr. He. dahingehend ein, dass der Klägerin zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine leichte Tätigkeit überwiegend im Sitzen nur drei bis unter sechs Stunden täglich zuzumuten sei, da aufgrund der knöchernen Verletzung im linken oberen Sprunggelenk im Jahr 2007 derzeit mehrfach täglich die Möglichkeit bestehen sollte, wenigstens einige wenige Minuten lang zu liegen und das linke Bein hoch zu lagern um die Schwellneigung im linken Unterschenkel- und Fußbereich zu bekämpfen. Er erwarte aber in drei bis vier Monaten eine deutliche Besserung der posttraumatischen Funktionsstörungen, sodass voraussichtlich dann eine leidensgerechte Tätigkeit vollschichtig möglich wäre. Im Hinblick auf die degenerativen Bandscheibenleiden der unteren Lendenwirbelsäule solle die Klägerin daher mittelschweres Heben und Tragen oder gar schweres Heben und Tragen vermeiden. Lang anhaltende Zwangshaltungen der Lendenwirbelregion sollten vermieden werden. Gelegentliches Bücken sei dagegen zumutbar. Die Körperhaltung sollte immer wieder zwischen Sitzen, Gehen und Stehen gewechselt werden können, ein stündlicher Wechsel erscheine allerdings hinreichend. Im Bezug auf die Schulter-Nacken-Arm-Beschwerden sollten lang anhaltende Zwangshaltungen in dieser Region vermieden werden. Damit erschienen Akkord- und Fließbandarbeiten eher nicht mehr leidensgerecht, da sie üblicherweise mit solchen lang anhaltenden Zwangshaltungen einhergingen. Im Hinblick auf das linke obere Sprunggelenk würden sich derzeit deutliche Einschränkungen ergeben, die allerdings nicht von Dauer seien. Bei ungestörtem Heilverlauf sollte es innerhalb der nächsten drei bis vier Monate zu einer weitestgehenden Wiederherstellung mit normaler Funktion des linken oberen Sprunggelenks kommen. Aktuell solle die Klägerin allerdings überwiegend im Sitzen arbeiten.

Die Klägerin ist dem entgegen getreten und hat geltend gemacht, dass sie nicht nachvollziehen könne, dass sich der Gutachter hauptsächlich auf die Sprunggelenksfraktur gestützt habe. Sie bewerte die Beschwerden im Schulter-Nacken-Arm-Bereich und der Wirbelsäule als wesentlich schwerwiegender.

Mit Urteil vom 27. November 2007 hat das SG ohne mündliche Verhandlung die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die maßgeblichen Voraussetzungen nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht gegeben seien. Vielmehr sei die Klägerin noch in der Lage zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung bestimmter qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Das SG hat sich hierbei insbesondere auf das Gutachten von Dr. He. gestützt und ist auf dieser Grundlage davon ausgegangen, dass hier zwar die gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu qualitativen Einschränkungen führen, jedoch das quantitative Leistungsvermögen nicht einschränken würden. In Übereinstimmung mit dem Sachverständigen werde nicht davon ausgegangen, dass im Hinblick auf die Sprunggelenksverletzung eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht folge. Vielmehr sei hier mit Dr. He. davon auszugehen, dass die Einschränkungen lediglich drei bis vier Monate andauerten und schon deswegen keine Erwerbsminderung im Sinne von § 43 SGB VI vorliege, da insoweit auf einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten abzustellen sei. Die Beurteilung von Dr. He. verdiene auch den Vorzug gegenüber der abweichenden, aber hinsichtlich der maßgeblichen orthopädischen Befunden fachfremden Einschätzung von Dr. G. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft, der von einer vierstündigen Leistungsfähigkeit ausgegangen sei. Der Orthopäde Dr. B. und der Frauenarzt Dr. L. hätten demgegenüber die Leistungsfähigkeit auf fünf bis sechs Stunden bzw. vier bis sechs Stunden eingeschätzt und stünden damit nicht im zwingenden Widerspruch zu Dr. He ... Eine Diskrepanz zur Einschätzung von Dr. C. bestünde ohnehin nicht, da dieser noch von einer Leistungsfähigkeit von mindestens sechs Stunden ausgegangen sei.

Die Klägerin hat gegen das ihrem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 5. Dezember 2007 zugestellte Urteil am 24. Dezember 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, dass sie nach wie vor gestützt auf die Auskunft des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. G. der nachhaltigen Auffassung sei, dass sie aufgrund ihres angegriffenen Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage sei, eine vollschichtige Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Außerdem hätte das SG sich zu weiterer Sachaufklärung gedrängt fühlen müssen, da auch Dr. He. im Hinblick auf den Knöchelbruch vom 13. Mai 2007 ausdrücklich ausgeführt habe, dass etwa seit Mitte August 2007 selbst eine leichte Tätigkeit nur noch unter sechs Stunden arbeitstäglich möglich sei. Der von Dr. He. geschilderte Heilungsverlauf stelle lediglich auch eine unbewiesene hypothetische Prognose dar. Dies decke sich auch mit den Ausführungen der von der Beklagten vorgelegten sozialmedizinischen Stellungnahmen des Facharztes für Chirurgie Dr. St., der es ausdrücklich für sinnvoll erachtete, noch entsprechende Befundberichte über den weiteren Verlauf des Sprunggelenkbruchs beizuziehen. Außerdem müsse die Klägerin 2008 wieder ins Krankenhaus zur Metallentfernung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 17. März 2006 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend und legt noch die sozialmedizinische Stellungnahme des Facharztes für Chirurgie Dr. St. vom 5. Mai 2008 vor. Darin verweist Dr. St. u. a. darauf, dass zum jetzigen Zeitpunkt sich keine Anhaltspunkte ergeben würden, dass eine Wiederkehr der Brustkrebserkrankung aufgetreten wäre, vielmehr die Beschwerden ganz überwiegend auf orthopädischem Fachgebiet bestünden. Dr. He. sei auch nachvollziehbar nur von einer vorübergehenden Leistungsminderung von drei bis unter sechs Stunden für leichte Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Sprunggelenksbruch links ausgegangen. Da nach der operativen Versorgung die Röntgenkontrollen eine korrekte Stellung der Brüche zeigten, sei davon auszugehen, dass keine gravierenden Funktionsstörungen zurück blieben. Dass selbstverständlich nochmals ein Krankenhausaufenthalt notwendig werde, sei erklärlich, da die Metallimplantate am Innen- und Außenknöchel ca. ein Jahr nach Einbringung wieder entfernt werden sollten. Dies stelle allerdings keinen größeren Eingriff dar und sei nur mit wenigen Tagen stationären Aufenthaltes verbunden. Danach sei lediglich noch eine ca. zweiwöchige Schonung notwendig. In der Gesamtschau sei aufgrund der jetzt vorliegenden Befundlage eine quantitative Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten nicht zu begründen, zumal diese überwiegend im Sitzen durchgeführt werden sollten.

Die Klägerin hat noch von den Nervenärzten Dr. W./Dr. C. einen Befundbericht vom 17. April 2008 zum Carpaltunnelsyndrom vorgelegt. Danach ist als Diagnose gestellt: Carpaltunnelsyndrom rechts mäßig und als Bemerkung ausgeführt, falls eine konservative Behandlung nicht ausreichend sei, müsse dann rechts eine Carpaltunnelsyndrom-Operation erfolgen.

Der Senat hat noch bei Dr. Hen., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung der Kreiskliniken Reutlingen, E.klinik Bad U., die sachverständige Zeugenauskunft vom 23. Juni 2008 eingeholt. Dr. Hen. hat darin mitgeteilt, dass am 4. Juni 2008 die Operation zur Metallentfernung unter ambulanten Bedingungen stattgefunden habe, der postoperative Verlauf sei komplikationslos gewesen, die Nachbehandlung sei bis zum 7. Juni 2008 erfolgt.

Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 26. Juni 2008 auf die Möglichkeit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss hingewiesen. Es ist jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Den Beteiligten war Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Die Berufung ist im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, ein Berufungsausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung (alte Fassung) liegt nicht vor. Die Klägerin begehrt die dauerhafte Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen (voller bzw. teilweiser) Erwerbsminderung nicht vorliegen.

1.

Nach § 43 Abs. 2 SGB VI (in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl I, 1827) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1).

Voll erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist jedoch nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen der Beklagten bei der Klägerin vor, insbesondere hinsichtlich der notwendigen Pflichtbeiträge und der Wartezeit. Die Klägerin ist jedoch nicht im Sinne der obigen gesetzlichen Regelung erwerbsgemindert.

Der wesentliche Schwerpunkt der Gesundheitsstörungen der Klägerin liegt auf orthopädischem Gebiet.

Auf der Grundlage des im Urkundenbeweis zu verwertenden Gutachtens aus dem Verwaltungsverfahren der Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. H., der beigezogenen Auskünfte der behandelnden Ärzte sowie des im SG-Verfahren eingeholten orthopädischen Gutachtens von Dr. He. kann die Klägerin im Ergebnis unter Beachtung qualitativer Einschränkungen noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig ausüben.

Dr. H. hat im Zusammenhang mit den degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule nach Bandscheibenvorfall L 5/S 1 und Fehlstellung eine leichte Bewegungseinschränkung und geringe Wurzelreizzeichen festgestellt. Dr. He. hat in dem Zusammenhang unter Bezugnahme auf eine Computertomographie der Lendenwirbelsäule mit seitlicher Pilotstudie einen mittelgroßen intraforaminalen Bandscheibenvorfall L 5/S 1 links ohne zusätzliche Verschleißerscheinungen in den übrigen Segmenten beschrieben, ohne neurologische Begleiterscheinungen. Weiter hat im Zusammenhang mit den Schulter-Nacken-Bereich Dr. H. beginnende Aufbrauchserscheinungen am rechten Schultergelenk ohne Bewegungseinschränkung beschrieben und Dr. He. hat hierzu noch darauf hingewiesen, dass zum einen die Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule vom 28. April 2003 keinen gravierenden pathologischen Befund beschreiben. Allerdings hat er manual-medizinisch zahlreiche Blockierungen im Bereich der Brustwirbelsäule gefunden, bei der orientierenden-neurologischen Untersuchung der oberen und unteren Gliedmaßen jedoch keine sicheren Anzeichen eines Nerven- bzw. Nervenwurzelschadens feststellen können. Er hat im Weiteren aufgrund eben dieser funktionellen Störungen (zahlreiche Blockierungen der Brustwirbelsäule, sekundäre Verspannungen der Schulter-Nacken-Muskulatur und der Brustmuskulatur) die geklagten Beschwerden allerdings durchaus nachempfinden können.

Im Bezug auf die Mai 2007 aufgetretene Sprunggelenksfraktur links ging Dr. He. zwar zum damaligen Zeitpunkt seiner Begutachtung im September 2007 davon aus, dass im Hinblick auf das linke obere Sprunggelenk gravierende Einschränkungen bestünden. Er weist allerdings auch darauf hin, dass bei weiterhin unkompliziertem Verlauf mit einer weitgehenden Wiederherstellung der Sprunggelenksfunktion links in den nächsten drei bis vier Monaten (gerechnet ab September 2007) zu rechnen sei. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass laut Auskunft des Chefarztes Dr. Hen. der Chirurgischen Abteilung der Kreiskliniken Reutlingen, E.klinik Bad Urach, vom 23. Juni 2008 zwischenzeitlich am 4. Juni 2008 die Metallimplantate entfernt wurden und der postoperative Verlauf komplikationslos war. Damit aber bestehen die von Dr. He. beschriebenen vorübergehenden Einschränkungen nicht mehr. Insgesamt ist daher Dr. He. letztlich in Übereinstimmung mit Dr. H. auch zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der bereits oben beschriebenen qualitativen Einschränkungen noch leichte körperliche Arbeiten vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben kann.

Der Senat gelangt auch unter Berücksichtigung der Auskünfte der behandelnden Ärzte zu keiner anderen Einschätzung. Denn im Unterschied zum behandelnden Hausarzt Dr. G., der das Leistungsvermögen mit lediglich vier Stunden täglich einschätzte, handelt es sich bei Dr. He. und Dr. H. um Fachärzte auf dem Gebiet der Orthopädie bzw. Sozialmedizin, also um Ärzte, die insoweit über die größere Fachkompetenz verfügen. Und auch der behandelnde Orthopäde selbst hat das Leistungsvermögen zumindest mit fünf bis sechs Stunden eingeschätzt. Der Frauenarzt Dr. L. hat schließlich das Leistungsvermögen auf mindestens vier bis sechs Stunden unter Berücksichtigung der Grunderkrankung des Mamma-Karzinoms eingeschätzt. Er hat in dem Zusammenhang in seiner Auskunft an anderer Stelle ausgeführt, dass bezüglich der Grunderkrankung des Mamma-Karzinoms seiner Meinung nach keine wesentliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestehe. Da im Übrigen bezüglich der Krebserkrankung keine Anhaltspunkte für Rezidive bestehen, kann dies auch keine quantitative Leistungseinschränkung letztlich begründen. Auch aus dem Befundbericht der Neurologen Dres. W. und C. ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin. Schon Dr. H. hat in ihrem Gutachten ein leichtes Engpasssyndrom der Mittelhandnerven rechts beschrieben, das bereits seit September 2004 auch bekannt sei. Bislang habe noch keine Indikation zur operativen Therapie bestanden. Bei der von ihr durchgeführten Untersuchung habe sich auch lediglich ein Druckschmerz am volaren Handgelenk gefunden. Das Hoffmann-Tinel-Zeichen war bei ihrer Untersuchung negativ. Bei der radiologischen Untersuchung wurden keine wesentlichen degenerativen Veränderungen der Fingergelenke nachgewiesen. Bei der Untersuchung fand Dr. H. keine Schwellungen im Bereich der Fingergelenke. Die Fingerbeweglichkeit war normal, der Faustschluss komplett und der Händedruck beidseits etwas schwach. Auch Dr. He. hat im Rahmen seiner Untersuchung keine relevanten Bewegungseinschränkungen festgestellt im Bereich der Hände. Bei der Sensibilitätsprüfung haben sich keine deutlichen Gefühlsstörungen oder Seitendifferenzen gefunden. Komplexbewegungen, wie z. B. Nackengriff oder Schürzengriff, waren nach den Feststellungen von Dr. He. beidseits möglich. Ebenso konnten Faust-, Spitz- und Schlüsselgriff der Hände beidseits ausgeführt werden.

Insgesamt kann sich der Senat damit nicht davon überzeugen, dass bei der Klägerin neben den insoweit unstreitigen qualitativen Einschränkungen auch quantitativ eine Beschränkung des Leistungsvermögens dahingehend besteht, dass sie nicht mehr in der Lage ist, sechs Stunden und mehr täglich leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausführen zu können. Damit besteht kein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Es war im Übrigen im Hinblick auf dieses Leistungsvermögen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI). Auch Anhaltspunkte dafür, dass hier in der Person der Klägerin eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht und schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSGE 56, 64 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1996 in BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch zuletzt BSG im Urteil vom 5. Oktober 2005 - B 5 RJ 6/05 R - in SozR 4-2600 § 43 Nr.5).

2.

Gem. § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die 1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und 2. berufsunfähig sind.

Berufsunfähig sind gem. § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (Satz 3). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Bei der Klägerin scheitert ein Berufsschutz schon daran, dass es sich bei den von ihr ausgeübten Tätigkeiten um ungelernte, bzw. allenfalls untere angelernte Tätigkeiten handelte und sie damit auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar ist.

Damit ist die Klägerin auch nicht berufsunfähig.

Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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