Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 33 KA 7/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 17/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 38/08 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beigeladenen zu 8) wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert. Die Klage des Klägers zu 2) wird als unzulässig verworfen. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates erneut zu entscheiden hat. Die Kosten des Klageverfahrens tragen der Kläger zu 2), der Beklagte und der Beigeladene zu 8) zu je einem Drittel, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beigeladene zu 8) und der Kläger zu 2) je zur Hälfte. Die Revision wird für den Kläger zu 2) zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der dem Beigeladenen zu 8) erteilten Sonderbedarfszulassung.
Der Beigeladene zu 8) ist Facharzt für Innere Medizin und war bis zur Einstellung des stationären Betriebes am 31.12.2006 Oberarzt der Inneren Abteilung des Evangelischen Krankenhauses I-Stift in X. Seinen Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung lehnte der Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 24.07.2006 ab. Auf den dagegen eingelegten Widerspruch des Beigeladenen zu 8) erteilte der Beklagte diesem mit Beschluss vom 06.12.2006 (Bescheid vom 15.12.2006) eine Sonderbedarfszulassung nach § 24 a der Bedarfsplanungs-Richtlinien (BedPlRl) als Facharzt für Innere Medizin mit Vertragsarztsitz in X. Nach dieser Regelung könne unbeschadet der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen eine Zulassung ausgesprochen werden, wenn nachweislich lokaler Versorgungsbedarf in der vertragsärztlichen Versorgung in Teilen eines großräumigen Landkreises vorliege. Diese Voraussetzungen seien gegeben. Einen gewissen Hinweis für einen dauerhaften Versorgungsbedarf speziell in X gebe auch die Ende des Jahres wegen Schließung des Krankenhauses auslaufende umfängliche Ermächtigung des Chefarztes der Inneren Abteilung. Es sei auch eine Versorgungslücke in der gesamten Breite eines Versorgungsbereiches vorhanden. In X selbst sei kein fachärztlich tätiger Internist niedergelassen und nach dem Ausscheiden eines niedergelassenen Vertragsarztes nicht einmal ein hausärztlich tätiger Internist. In der benachbarten Stadt N stehe für gastroenterologische Leistungen, die der Beigeladene zu 8) erbringen könne, auch nur ein Arzt zur Verfügung. Bei dieser Sachlage sei die Versorgung der Versicherten in der Stadt X mit fachärztlich-internistischen Leistungen dauerhaft nicht gesichert.
Hiergegen richteten sich die von der Klägerin zu 1) am 12.01.2007 und die vom Kläger zu 2) als in N fachärztlich tätigen Internisten am 25.01.2007 erhobenen Klagen. Zu deren Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, die Voraussetzungen einer Sonderbedarfszulassung wegen eines lokalen Versorgungsbedarfs i. S. v. § 24 a BedPlRl lägen nicht vor. Die fachärztlich-internistische Versorgung könne durch die übrigen im Planungsbereich, insbesondere in N zugelassenen fachärztlich tätigen Internisten sichergestellt werden. Unzumutbare Entfernungen lägen nicht vor. Die Entfernung zwischen X und den Praxen in N betrage ca. 6 km, für deren Zurücklegung mit dem PKW etwa 10 Minuten und mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwa 25 Minuten benötigt würden.
Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) haben beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 06.12.2006, ausgefertigt als Bescheid am 15.12.2006, aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über den Widerspruch des Beigeladenen zu 8) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.07.2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte und der Beigeladene zu 8) haben beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Der Beklagte trug vor, in X sei nicht einmal ein hausärztlich tätiger Internist niedergelassen und allenfalls in zumutbarer Entfernung in N stehe für gastroenterologische Leistungen nur ein Arzt zur Verfügung. Dieser Umstand habe auch dort zur Ermächtigung eines Krankenhausarztes für gastroenterologische Leistungen geführt.
Der Beigeladene zu 8) trug vor, die Voraussetzungen, unter denen ein bereits zugelassener Arzt die einem weiteren Arzt erteilte Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und der des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Wege der sogenannten defensiven Konkurrentenklage anfechten könne, lägen nicht vor. Der Kläger zu 2) sei durch die dem Beigeladenen zu 8) erteilte Sonderbedarfszulassung nicht in eigenen Rechten betroffen. Die Klage sei zudem wegen eines lokalen Versorgungsbedarfs in X unbegründet. Dieser Versorgungsbedarf ergebe sich insbesondere aus den im Planungsbereich ausgesprochenen Ermächtigungen und erteilten Ausnahmegenehmigungen für an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsärzte.
Das Sozialgericht hat den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides zur Neubescheidung verurteilt (Urteil vom 24.10.2007). Die Klagen seien zulässig, insbesondere sei der Kläger zu 2) auch klagebefugt. Die einschlägigen Bestimmungen, auf die sich die Rechtseinräumung an den Beigeladenen zu 8) als Konkurrenten stütze, vermittelten einen Drittschutz. Der drittschützende Charakter der Norm sei jedoch im Rahmen der Begründetheit des Rechtsmittels zu prüfen. Die Anfechtungsberechtigung des Dritten setze nach den Entscheidungen des BverfG vom 17.08.2004 (1 BVR 378/00) und des BSG (Urteil vom 07.02.2007, Az.: B 6 KA 6/06 R) voraus, dass dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet werde, Kläger und Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen erbringen würden und der dem Konkurrenten vermittelte Status gegenüber dem des Klägers nachrangig sei. Diese Voraussetzungen seien im Verhältnis zwischen dem Kläger zu 2) und dem Beigeladenen zu 8) gegeben. Die Nachrangigkeit des dem Beigeladenen zu 8) ermittelten Status ergebe sich insbesondere aus der Tatsache, dass Sonderbedarfszulassungen ebenso wie Ermächtigungen eine Bedarfsprüfung voraussetzen würden und damit gegenüber bereits bestehenden Zulassungen nachrangig seien. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Erteilung sei hier § 101 Abs. 1 Nr. 3 des Sozialgesetzbuches (SGB) V i. V. m. § 24 b BedPlRl. Danach sei Voraussetzung für die Sonderbedarfszulassung ein nachweislich lokaler Versorgungsbedarf in Teilen eines großstädtischen Planungsbereichs oder eines großräumigen Landkreises. Im Rahmen des dem Beklagten eingeräumten Beurteilungsspielraumes und der sich daraus ergebenden gerichtlichen Überprüfbarkeit sei der angefochtene Bescheid nicht rechtsfehlerfrei. Es sei nicht ersichtlich, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt zum Vorliegen eines lokalen Versorgungsbedarfs im gebotenen Maße ermittelt worden sei. Zur Begründung seiner Annahme eines lokalen Versorgungsbedarf habe der Beklagte maßgeblich darauf abgestellt, dass in X kein weiterer Internist niedergelassen sei und auch in der benachbarten Stadt N lediglich ein Arzt für gastroenterologische Untersuchungen zur Verfügung stehe. Dies rechtfertige die Annahme eines lokalen Versorgungsbedarfs indes nicht. Soweit der Beklagte darauf abstelle, dass in X kein weiterer Internist niedergelassen sei, fehlten nachvollziehbare Angaben hierzu, dass die in anderen Teilen des Planungsbereichs oder z. B. im angrenzenden Planungsbereich der Stadt Düsseldorf niedergelassenen fachärztlich niedergelassenen Internisten nicht dazu in der Lage seien, die fachärztlich internistische Versorgung der Versicherten auch in X sicher zu stellen. Nach der Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 09.06.1999, Az.: B 6 KA 1/99 B) liege ein lokaler Versorgungsbedarf auch jedenfalls dann nicht vor, wenn Vertragsärzte der maßgeblichen Ärztegruppe sowohl in einer nahe gelegenen Großstadt wie auch in einer anderen Stadt bzw. Gemeinde des jeweiligen Landkreises mit öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos erreicht werden können. Darüber hinaus sei zu prüfen, ob eine Inanspruchnahme von fachärztlich tätigen Internisten in anderen Städten des Planungsbereiches oder auch im angrenzenden Planungsbereich der Stadt Düsseldorf für Versicherte aus X aus Gründen unzureichender Verkehrsanbindungen oder anderen Gründen nicht zumutbar sei. Entgegen den Ausführungen des Beklagten ließen sich hierzu dem Beschluss keinerlei Ermittlungen bzw. nachvollziehbar nachprüfbare Erwägungen entnehmen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beigeladenen zu 8) vom 06.02.2008. Hinsichtlich des Vortrags der Klägerin zu 1) ist er der Auffassung, es sei unzutreffend, dass der gastroenterologische Versorgungsbedarf durch § 24 b BedPlRl aufgefangen werde. Buchstabe b) solle qualitative Defizite auffangen und beziehe sich ausschließlich auf den Inhalt z. B. des Schwerpunktes. Die Erbringung gastroenterologischer Leistungen nach Ziffer 13.3.3. EBM sei nicht ausschließlich Fachärzten mit Schwerpunkten Gastroenterologie vorbehalten. Die Basisleistungen in diesem Bereich würden auch durch fachärztliche Internisten ohne Schwerpunkt erbracht. Vom Standpunkt des Beklagten aus, dass das Auslaufen der Ermächtigung des Dr. N und der Umstand, das kein hausärztlicher Internist in X tätig sei, den Bedarf belege, komme es nicht darauf an, ob der Bedarf an fachinternistischen Leistungen in Nachbarstädten oder Nachbarbezirken gedeckt werden könne. Unzutreffend sei auch, dass die Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten sich daraus ergebe, dass der Planungsbereich Düsseldorf nicht einbezogen worden sei, denn bei einem lokalen Versorgungsbedarf sei nur auf dem Planungsbereich selbst abzustellen. Der lokale Versorgungsbedarf für X sei zu Recht angenommen worden. Der Begriff sei nicht eindeutig geklärt, er sei zu verstehen als Abgrenzung zu Großstädten und großräumigen Gegenden. Vorliegend bestehe ein Versorgungsbedarf. Die Leistungen, die Dr. N erbringe, könnten auch vom Berufungsführer erbracht werden. An der fachinternistischen Versorgung in X seien auch rechtswidrig Hausärzte und hausärztliche tätige Internisten beteiligt, denen Abrechnungsgenehmigungen erteilt würden. Aus diesem Grunde sei ein akuter Versorgungsbedarf gegeben. Gleiches gelte, wenn die Klägerin zu 1) hausärztlich tätig werdenden Internisten Abrechnungsgenehmigungen erteile für Leistungen, die fachärztlich tätige Internisten ohne Schwerpunkt abrechnen dürften. Die Sonderbedarfszulassung müsse darüber hinaus unerlässlich i. S. d. § 101 Abs. 1 Ziff. 3 SGB V sein. Dies beinhalte eine Bewertung, bei deren Abwägung das Interesse, das der konkreten Bedarfsplanung zugrunde liege gegenüber dem Interesse der Bevölkerung an gesundheitspolitischen und allgemeinen Interessen an der Sonderbedarfszulassung abgewogen würden. Daneben müsse aber auch das Interesse des die Sonderbedarfszulassung geltend machenden Arztes aus Art. 12 Grundgesetz (GG) berücksichtigt werden. Bei dieser Abwägung spreche für den Sonderbedarf, dass von dem festgestellten Versorgungsdefizit nicht nur Splittersiedlungen und kleine Ortschaften betroffen seien, sondern eine historische gewachsene Stadt mit ca. 22500 Einwohnern. Betroffen sei hier die fachärztlich-internistische Basisversorgung, die vielfach gefragt sei. Der Versorgungsbedarf bestehe auch dauerhaft, die Erbringung der Leistungen reiche auch in finanzieller Hinsicht aus. Letzteres sei weitere Voraussetzung für die Annahme des Versorgungsbedarfs.
Die Klage des Klägers zu 2) sei schon deshalb abzuweisen, weil die Regelungen über die Sonderbedarfszulassung keinen drittschützenden Charakter hätten. Die Regelungen hätten nicht den Zweck, unliebsame Konkurrenten fernzuhalten, sondern eine lückenlose Versorgung zu garantieren. Aus diesem Grunde werde bei der Annahme eines Versorgungsbedarfs auch nicht an subjektive Voraussetzungen geknüpft, sondern an das Vorhandensein eines objektiven Bedarfs. Der Zulassungswillige und der bereits zugelassene Arzt hätten den gleichen Status, so dass hier auch nicht von einer Nachrangigkeit ausgegangen werden könnte. Im übrigen sei es auch nicht mehr haltbar, dass es sich bei der Zulassungsbeschränkung um eine reine Berufsausübungsregelung handele. Auch das BSG sei in der Begründung in seiner Entscheidung vom 07.02.2007 (Az. B 6 KA 8/06 R) selbst davon ausgegangen, das zumindest eine berufswahlnahe Regelung vorliege, die durch Gemeinwohl Belange von überragender Bedeutung gerechtfertigt sei. Aus diesem Grunde habe § 24 a BedPlRl keinen drittschützenden Charakter, da dieser zur Voraussetzung habe, dass die Genehmigung statusbegründend sein müsse und der Status nachrangig sei.
Auch der Wortlaut der Regelung spreche gegen die drittschützende Wirkung. Wenn die Sonderbedarfszulassung nachrangig wäre hätte auch hier, wie bei der Erteilung der Ermächtigung, eine zeitliche Begrenzung erfolgen müssen. Darüber hinaus gehe das Sozialgericht zu Unrecht davon aus, dass der Kläger zu 2) in seiner Berufsausübung betroffen sei. Voraussetzung hierfür sei, dass die selbe Leistung im selben räumlichen Bereich betroffen sei. Die wirtschaftliche Beeinträchtigung müsse wesentlich sein. Das sei z. B. nicht der Fall, wenn das Budget des niedergelassenen Arztes bereits ausgelastet sei. Hierzu hätte der Kläger zu 2) darlegen und beweisen müssen. Im übrigen fehle die Anfechtungsberechtigung, wenn nicht das gleiche Fachgebiet betroffen sei. Der Kläger zu 2) sei als fachärztlicher Internist in N mit dem Schwerpunkt Pneumologie tätig, der Beigeladene zu 8) erstrebe eine Sonderbedarfszulassung in X als Facharzt für innere Medizin. Beide Vertragsarztsitze lägen im innerstädtischen Bereich und seien ca. 5,5 km voneinander entfernt. Es sei daher nicht ersichtlich, aus welchem Grunde durch die Zulassung durch den Beigeladenen zu 8) eine Betroffenheit des Klägers zu 2) gegeben sei. Dieser hätte auch darlegen müssen, in welchem Umfang er Patienten in X behandele und welche Leistungen er an diesen erbringe.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte des Beklagten, der Zulassungsakte des Beigeladenen zu 8), die der Senat beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, sowie auf den Vortrag der Beteiligten im übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel des Beigeladenen zu 8) hat nur teilweise Erfolg.
Die zulässige Berufung ist begründet, soweit das Sozialgericht den Kläger zu 2) gegenüber der dem Beigeladenen zu 8) mit Beschluss vom 06.12.2006 erteilten Sonderbedarfszulassung als klagebefugt angesehen hat. Eine defensive Konkurrentenklage und damit die Anfechtungsbefugnis eines niedergelassenen Vertragsarztes ist in der Rechtsprechung des BSG bisher nur gegen die Ermächtigung eines Krankenhausarztes unter der Voraussetzung als gegeben angesehen worden, dass der Vertragsarzt darlegt, im selben räumlichen Bereich dieselben von der Ermächtigung umfassten Leistungen zu erbringen, somit eine reale Konkurrenzsituation wesentlichen Umfangs hinsichtlich der Versorgung von Patienten aus dem selben Einzugsbereich besteht und es sich bei dem angefochtenen Status um einen nachrangigen gegenüber dem des niedergelassenen Vertragsarztes handelt. Demgegenüber ist die Zulässigkeit der defensiven Konkurrentenklage und damit die Anfechtungsbefugnis unter Vertragsärzten bisher nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen. Unter Vertragsärzten gilt weiterhin der Grundsatz, dass diese gegen Konkurrenz nicht geschützt sind und die Versorgungsnotwendigkeiten den beruflichen Interessen der jeweiligen Ärzte vorgehen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem die Anfechtungsbefugnis eines Vertragsarztes gegen die Ermächtigung eines Krankenhausarztes eröffnenden Beschluss vom 17.02.2008 - SozR 4-1500 § 54 Nr. 4 - Rechtsansprüche der Vertragsärzte untereinander zur Sicherung einer wirtschaftlich ungefährdeten Tätigkeit verneint. Daraus folgt, dass in dem Fall, in dem für die Versicherten die Wege, die sie zurücklegen müssen, um einen Arzt aufzusuchen, unzumutbar sind, dadurch die Rechte der Vertragsärzte nicht betroffen sind und sie demzufolge auch keine unliebsame Konkurrenz abwehren können. Soweit bereits diese grundsätzlichen Überlegungen der Annahme einer Klagebefugnis des Klägers zu 2) gegenüber der dem Beigeladenen zu 8) erteilten Sonderbedarfszulassung sprechen, hält der Senat darüber hinaus auch die vom BSG in seiner Entscheidung vom 17.10.2007 (a.a.O.) geforderten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer defensiven Konkurrentenklage im Einzelnen für nicht gegeben. Zwar hat der Kläger zu 2) vorgetragen, dass eine reale Konkurrenzsituation zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 8) vorliegt, da er bereits im selben Planungs- und Versorgungsbereich tätig sei, in dem der Beigeladene zu 8) durch seine Sonderbedarfszulassung tätig werden wolle. Der Kläger zu 2) behandelt Patienten in N, welches in räumlicher Entfernung von ca. 5 km zu dem potenziellen Tätigkeitsbereich des Beigeladenen zu 8) in X liegt. Angaben dazu, um wieviele Patienten im Einzelnen es sich handelt und welche Leistungen, die sich mit den vom Beigeladenen zu 8) zu erbringenden überschneiden, erbracht werden, fehlen hingegen, so dass sich auch insoweit eine Anfechtungsbefugnis des Klägers zu 2) nicht feststellen lässt.
Hinsichtlich des weitergehenden Begehrens des Beigeladenen zu 8) war die Berufung jedoch zurückzuweisen. Das Sozialgericht hat zu Recht den Beschluss des Beklagten vom 06.12.2006 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, über den Widerspruch des Beigeladenen zu 8) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.07.2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, denn der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin i. S. d. § 54 Abs. 2 Satz 1 des SGG in ihren Rechten. Insoweit folgt der Senat der zutreffenden und ausführlichen der sozialgerichtlichen Entscheidung, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage im Wesentlichen zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend hält der Senat es für erforderlich, dass der Beklagte bei der von ihm zu treffenden Entscheidung die Frage, ob ein besonderer Versorgungsbedarf vorliegt, vorrangig auf den Planungsbereich N beschränkt, da die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 8) für diesen Planungsbereich erteilt wird. Die Einbeziehung des Planungsbereich Düsseldorf hält der Senat für fernliegend.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG.
Soweit dem Kläger zu 2) die Klagebefugnis abgesprochen worden ist, war die Revision zuzulassen, da der Senat der Frage, ob die in der Entscheidung des BSG vom 17.10.2007 aufgestellten Kriterien zur Annahme der Zulässigkeit einer defensiven Konkurrentenklage zwischen Vertragsarzt und ermächtigtem Arzt auf die Situation zwischen Vertragsarzt und dem im Wege des Sonderbedarfs zugelassenen Arzt übertragbar sind (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der dem Beigeladenen zu 8) erteilten Sonderbedarfszulassung.
Der Beigeladene zu 8) ist Facharzt für Innere Medizin und war bis zur Einstellung des stationären Betriebes am 31.12.2006 Oberarzt der Inneren Abteilung des Evangelischen Krankenhauses I-Stift in X. Seinen Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung lehnte der Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 24.07.2006 ab. Auf den dagegen eingelegten Widerspruch des Beigeladenen zu 8) erteilte der Beklagte diesem mit Beschluss vom 06.12.2006 (Bescheid vom 15.12.2006) eine Sonderbedarfszulassung nach § 24 a der Bedarfsplanungs-Richtlinien (BedPlRl) als Facharzt für Innere Medizin mit Vertragsarztsitz in X. Nach dieser Regelung könne unbeschadet der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen eine Zulassung ausgesprochen werden, wenn nachweislich lokaler Versorgungsbedarf in der vertragsärztlichen Versorgung in Teilen eines großräumigen Landkreises vorliege. Diese Voraussetzungen seien gegeben. Einen gewissen Hinweis für einen dauerhaften Versorgungsbedarf speziell in X gebe auch die Ende des Jahres wegen Schließung des Krankenhauses auslaufende umfängliche Ermächtigung des Chefarztes der Inneren Abteilung. Es sei auch eine Versorgungslücke in der gesamten Breite eines Versorgungsbereiches vorhanden. In X selbst sei kein fachärztlich tätiger Internist niedergelassen und nach dem Ausscheiden eines niedergelassenen Vertragsarztes nicht einmal ein hausärztlich tätiger Internist. In der benachbarten Stadt N stehe für gastroenterologische Leistungen, die der Beigeladene zu 8) erbringen könne, auch nur ein Arzt zur Verfügung. Bei dieser Sachlage sei die Versorgung der Versicherten in der Stadt X mit fachärztlich-internistischen Leistungen dauerhaft nicht gesichert.
Hiergegen richteten sich die von der Klägerin zu 1) am 12.01.2007 und die vom Kläger zu 2) als in N fachärztlich tätigen Internisten am 25.01.2007 erhobenen Klagen. Zu deren Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, die Voraussetzungen einer Sonderbedarfszulassung wegen eines lokalen Versorgungsbedarfs i. S. v. § 24 a BedPlRl lägen nicht vor. Die fachärztlich-internistische Versorgung könne durch die übrigen im Planungsbereich, insbesondere in N zugelassenen fachärztlich tätigen Internisten sichergestellt werden. Unzumutbare Entfernungen lägen nicht vor. Die Entfernung zwischen X und den Praxen in N betrage ca. 6 km, für deren Zurücklegung mit dem PKW etwa 10 Minuten und mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwa 25 Minuten benötigt würden.
Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) haben beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 06.12.2006, ausgefertigt als Bescheid am 15.12.2006, aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über den Widerspruch des Beigeladenen zu 8) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.07.2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte und der Beigeladene zu 8) haben beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Der Beklagte trug vor, in X sei nicht einmal ein hausärztlich tätiger Internist niedergelassen und allenfalls in zumutbarer Entfernung in N stehe für gastroenterologische Leistungen nur ein Arzt zur Verfügung. Dieser Umstand habe auch dort zur Ermächtigung eines Krankenhausarztes für gastroenterologische Leistungen geführt.
Der Beigeladene zu 8) trug vor, die Voraussetzungen, unter denen ein bereits zugelassener Arzt die einem weiteren Arzt erteilte Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und der des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Wege der sogenannten defensiven Konkurrentenklage anfechten könne, lägen nicht vor. Der Kläger zu 2) sei durch die dem Beigeladenen zu 8) erteilte Sonderbedarfszulassung nicht in eigenen Rechten betroffen. Die Klage sei zudem wegen eines lokalen Versorgungsbedarfs in X unbegründet. Dieser Versorgungsbedarf ergebe sich insbesondere aus den im Planungsbereich ausgesprochenen Ermächtigungen und erteilten Ausnahmegenehmigungen für an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsärzte.
Das Sozialgericht hat den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides zur Neubescheidung verurteilt (Urteil vom 24.10.2007). Die Klagen seien zulässig, insbesondere sei der Kläger zu 2) auch klagebefugt. Die einschlägigen Bestimmungen, auf die sich die Rechtseinräumung an den Beigeladenen zu 8) als Konkurrenten stütze, vermittelten einen Drittschutz. Der drittschützende Charakter der Norm sei jedoch im Rahmen der Begründetheit des Rechtsmittels zu prüfen. Die Anfechtungsberechtigung des Dritten setze nach den Entscheidungen des BverfG vom 17.08.2004 (1 BVR 378/00) und des BSG (Urteil vom 07.02.2007, Az.: B 6 KA 6/06 R) voraus, dass dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet werde, Kläger und Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen erbringen würden und der dem Konkurrenten vermittelte Status gegenüber dem des Klägers nachrangig sei. Diese Voraussetzungen seien im Verhältnis zwischen dem Kläger zu 2) und dem Beigeladenen zu 8) gegeben. Die Nachrangigkeit des dem Beigeladenen zu 8) ermittelten Status ergebe sich insbesondere aus der Tatsache, dass Sonderbedarfszulassungen ebenso wie Ermächtigungen eine Bedarfsprüfung voraussetzen würden und damit gegenüber bereits bestehenden Zulassungen nachrangig seien. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Erteilung sei hier § 101 Abs. 1 Nr. 3 des Sozialgesetzbuches (SGB) V i. V. m. § 24 b BedPlRl. Danach sei Voraussetzung für die Sonderbedarfszulassung ein nachweislich lokaler Versorgungsbedarf in Teilen eines großstädtischen Planungsbereichs oder eines großräumigen Landkreises. Im Rahmen des dem Beklagten eingeräumten Beurteilungsspielraumes und der sich daraus ergebenden gerichtlichen Überprüfbarkeit sei der angefochtene Bescheid nicht rechtsfehlerfrei. Es sei nicht ersichtlich, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt zum Vorliegen eines lokalen Versorgungsbedarfs im gebotenen Maße ermittelt worden sei. Zur Begründung seiner Annahme eines lokalen Versorgungsbedarf habe der Beklagte maßgeblich darauf abgestellt, dass in X kein weiterer Internist niedergelassen sei und auch in der benachbarten Stadt N lediglich ein Arzt für gastroenterologische Untersuchungen zur Verfügung stehe. Dies rechtfertige die Annahme eines lokalen Versorgungsbedarfs indes nicht. Soweit der Beklagte darauf abstelle, dass in X kein weiterer Internist niedergelassen sei, fehlten nachvollziehbare Angaben hierzu, dass die in anderen Teilen des Planungsbereichs oder z. B. im angrenzenden Planungsbereich der Stadt Düsseldorf niedergelassenen fachärztlich niedergelassenen Internisten nicht dazu in der Lage seien, die fachärztlich internistische Versorgung der Versicherten auch in X sicher zu stellen. Nach der Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 09.06.1999, Az.: B 6 KA 1/99 B) liege ein lokaler Versorgungsbedarf auch jedenfalls dann nicht vor, wenn Vertragsärzte der maßgeblichen Ärztegruppe sowohl in einer nahe gelegenen Großstadt wie auch in einer anderen Stadt bzw. Gemeinde des jeweiligen Landkreises mit öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos erreicht werden können. Darüber hinaus sei zu prüfen, ob eine Inanspruchnahme von fachärztlich tätigen Internisten in anderen Städten des Planungsbereiches oder auch im angrenzenden Planungsbereich der Stadt Düsseldorf für Versicherte aus X aus Gründen unzureichender Verkehrsanbindungen oder anderen Gründen nicht zumutbar sei. Entgegen den Ausführungen des Beklagten ließen sich hierzu dem Beschluss keinerlei Ermittlungen bzw. nachvollziehbar nachprüfbare Erwägungen entnehmen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beigeladenen zu 8) vom 06.02.2008. Hinsichtlich des Vortrags der Klägerin zu 1) ist er der Auffassung, es sei unzutreffend, dass der gastroenterologische Versorgungsbedarf durch § 24 b BedPlRl aufgefangen werde. Buchstabe b) solle qualitative Defizite auffangen und beziehe sich ausschließlich auf den Inhalt z. B. des Schwerpunktes. Die Erbringung gastroenterologischer Leistungen nach Ziffer 13.3.3. EBM sei nicht ausschließlich Fachärzten mit Schwerpunkten Gastroenterologie vorbehalten. Die Basisleistungen in diesem Bereich würden auch durch fachärztliche Internisten ohne Schwerpunkt erbracht. Vom Standpunkt des Beklagten aus, dass das Auslaufen der Ermächtigung des Dr. N und der Umstand, das kein hausärztlicher Internist in X tätig sei, den Bedarf belege, komme es nicht darauf an, ob der Bedarf an fachinternistischen Leistungen in Nachbarstädten oder Nachbarbezirken gedeckt werden könne. Unzutreffend sei auch, dass die Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten sich daraus ergebe, dass der Planungsbereich Düsseldorf nicht einbezogen worden sei, denn bei einem lokalen Versorgungsbedarf sei nur auf dem Planungsbereich selbst abzustellen. Der lokale Versorgungsbedarf für X sei zu Recht angenommen worden. Der Begriff sei nicht eindeutig geklärt, er sei zu verstehen als Abgrenzung zu Großstädten und großräumigen Gegenden. Vorliegend bestehe ein Versorgungsbedarf. Die Leistungen, die Dr. N erbringe, könnten auch vom Berufungsführer erbracht werden. An der fachinternistischen Versorgung in X seien auch rechtswidrig Hausärzte und hausärztliche tätige Internisten beteiligt, denen Abrechnungsgenehmigungen erteilt würden. Aus diesem Grunde sei ein akuter Versorgungsbedarf gegeben. Gleiches gelte, wenn die Klägerin zu 1) hausärztlich tätig werdenden Internisten Abrechnungsgenehmigungen erteile für Leistungen, die fachärztlich tätige Internisten ohne Schwerpunkt abrechnen dürften. Die Sonderbedarfszulassung müsse darüber hinaus unerlässlich i. S. d. § 101 Abs. 1 Ziff. 3 SGB V sein. Dies beinhalte eine Bewertung, bei deren Abwägung das Interesse, das der konkreten Bedarfsplanung zugrunde liege gegenüber dem Interesse der Bevölkerung an gesundheitspolitischen und allgemeinen Interessen an der Sonderbedarfszulassung abgewogen würden. Daneben müsse aber auch das Interesse des die Sonderbedarfszulassung geltend machenden Arztes aus Art. 12 Grundgesetz (GG) berücksichtigt werden. Bei dieser Abwägung spreche für den Sonderbedarf, dass von dem festgestellten Versorgungsdefizit nicht nur Splittersiedlungen und kleine Ortschaften betroffen seien, sondern eine historische gewachsene Stadt mit ca. 22500 Einwohnern. Betroffen sei hier die fachärztlich-internistische Basisversorgung, die vielfach gefragt sei. Der Versorgungsbedarf bestehe auch dauerhaft, die Erbringung der Leistungen reiche auch in finanzieller Hinsicht aus. Letzteres sei weitere Voraussetzung für die Annahme des Versorgungsbedarfs.
Die Klage des Klägers zu 2) sei schon deshalb abzuweisen, weil die Regelungen über die Sonderbedarfszulassung keinen drittschützenden Charakter hätten. Die Regelungen hätten nicht den Zweck, unliebsame Konkurrenten fernzuhalten, sondern eine lückenlose Versorgung zu garantieren. Aus diesem Grunde werde bei der Annahme eines Versorgungsbedarfs auch nicht an subjektive Voraussetzungen geknüpft, sondern an das Vorhandensein eines objektiven Bedarfs. Der Zulassungswillige und der bereits zugelassene Arzt hätten den gleichen Status, so dass hier auch nicht von einer Nachrangigkeit ausgegangen werden könnte. Im übrigen sei es auch nicht mehr haltbar, dass es sich bei der Zulassungsbeschränkung um eine reine Berufsausübungsregelung handele. Auch das BSG sei in der Begründung in seiner Entscheidung vom 07.02.2007 (Az. B 6 KA 8/06 R) selbst davon ausgegangen, das zumindest eine berufswahlnahe Regelung vorliege, die durch Gemeinwohl Belange von überragender Bedeutung gerechtfertigt sei. Aus diesem Grunde habe § 24 a BedPlRl keinen drittschützenden Charakter, da dieser zur Voraussetzung habe, dass die Genehmigung statusbegründend sein müsse und der Status nachrangig sei.
Auch der Wortlaut der Regelung spreche gegen die drittschützende Wirkung. Wenn die Sonderbedarfszulassung nachrangig wäre hätte auch hier, wie bei der Erteilung der Ermächtigung, eine zeitliche Begrenzung erfolgen müssen. Darüber hinaus gehe das Sozialgericht zu Unrecht davon aus, dass der Kläger zu 2) in seiner Berufsausübung betroffen sei. Voraussetzung hierfür sei, dass die selbe Leistung im selben räumlichen Bereich betroffen sei. Die wirtschaftliche Beeinträchtigung müsse wesentlich sein. Das sei z. B. nicht der Fall, wenn das Budget des niedergelassenen Arztes bereits ausgelastet sei. Hierzu hätte der Kläger zu 2) darlegen und beweisen müssen. Im übrigen fehle die Anfechtungsberechtigung, wenn nicht das gleiche Fachgebiet betroffen sei. Der Kläger zu 2) sei als fachärztlicher Internist in N mit dem Schwerpunkt Pneumologie tätig, der Beigeladene zu 8) erstrebe eine Sonderbedarfszulassung in X als Facharzt für innere Medizin. Beide Vertragsarztsitze lägen im innerstädtischen Bereich und seien ca. 5,5 km voneinander entfernt. Es sei daher nicht ersichtlich, aus welchem Grunde durch die Zulassung durch den Beigeladenen zu 8) eine Betroffenheit des Klägers zu 2) gegeben sei. Dieser hätte auch darlegen müssen, in welchem Umfang er Patienten in X behandele und welche Leistungen er an diesen erbringe.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte des Beklagten, der Zulassungsakte des Beigeladenen zu 8), die der Senat beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, sowie auf den Vortrag der Beteiligten im übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel des Beigeladenen zu 8) hat nur teilweise Erfolg.
Die zulässige Berufung ist begründet, soweit das Sozialgericht den Kläger zu 2) gegenüber der dem Beigeladenen zu 8) mit Beschluss vom 06.12.2006 erteilten Sonderbedarfszulassung als klagebefugt angesehen hat. Eine defensive Konkurrentenklage und damit die Anfechtungsbefugnis eines niedergelassenen Vertragsarztes ist in der Rechtsprechung des BSG bisher nur gegen die Ermächtigung eines Krankenhausarztes unter der Voraussetzung als gegeben angesehen worden, dass der Vertragsarzt darlegt, im selben räumlichen Bereich dieselben von der Ermächtigung umfassten Leistungen zu erbringen, somit eine reale Konkurrenzsituation wesentlichen Umfangs hinsichtlich der Versorgung von Patienten aus dem selben Einzugsbereich besteht und es sich bei dem angefochtenen Status um einen nachrangigen gegenüber dem des niedergelassenen Vertragsarztes handelt. Demgegenüber ist die Zulässigkeit der defensiven Konkurrentenklage und damit die Anfechtungsbefugnis unter Vertragsärzten bisher nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen. Unter Vertragsärzten gilt weiterhin der Grundsatz, dass diese gegen Konkurrenz nicht geschützt sind und die Versorgungsnotwendigkeiten den beruflichen Interessen der jeweiligen Ärzte vorgehen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem die Anfechtungsbefugnis eines Vertragsarztes gegen die Ermächtigung eines Krankenhausarztes eröffnenden Beschluss vom 17.02.2008 - SozR 4-1500 § 54 Nr. 4 - Rechtsansprüche der Vertragsärzte untereinander zur Sicherung einer wirtschaftlich ungefährdeten Tätigkeit verneint. Daraus folgt, dass in dem Fall, in dem für die Versicherten die Wege, die sie zurücklegen müssen, um einen Arzt aufzusuchen, unzumutbar sind, dadurch die Rechte der Vertragsärzte nicht betroffen sind und sie demzufolge auch keine unliebsame Konkurrenz abwehren können. Soweit bereits diese grundsätzlichen Überlegungen der Annahme einer Klagebefugnis des Klägers zu 2) gegenüber der dem Beigeladenen zu 8) erteilten Sonderbedarfszulassung sprechen, hält der Senat darüber hinaus auch die vom BSG in seiner Entscheidung vom 17.10.2007 (a.a.O.) geforderten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer defensiven Konkurrentenklage im Einzelnen für nicht gegeben. Zwar hat der Kläger zu 2) vorgetragen, dass eine reale Konkurrenzsituation zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 8) vorliegt, da er bereits im selben Planungs- und Versorgungsbereich tätig sei, in dem der Beigeladene zu 8) durch seine Sonderbedarfszulassung tätig werden wolle. Der Kläger zu 2) behandelt Patienten in N, welches in räumlicher Entfernung von ca. 5 km zu dem potenziellen Tätigkeitsbereich des Beigeladenen zu 8) in X liegt. Angaben dazu, um wieviele Patienten im Einzelnen es sich handelt und welche Leistungen, die sich mit den vom Beigeladenen zu 8) zu erbringenden überschneiden, erbracht werden, fehlen hingegen, so dass sich auch insoweit eine Anfechtungsbefugnis des Klägers zu 2) nicht feststellen lässt.
Hinsichtlich des weitergehenden Begehrens des Beigeladenen zu 8) war die Berufung jedoch zurückzuweisen. Das Sozialgericht hat zu Recht den Beschluss des Beklagten vom 06.12.2006 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, über den Widerspruch des Beigeladenen zu 8) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.07.2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, denn der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin i. S. d. § 54 Abs. 2 Satz 1 des SGG in ihren Rechten. Insoweit folgt der Senat der zutreffenden und ausführlichen der sozialgerichtlichen Entscheidung, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage im Wesentlichen zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend hält der Senat es für erforderlich, dass der Beklagte bei der von ihm zu treffenden Entscheidung die Frage, ob ein besonderer Versorgungsbedarf vorliegt, vorrangig auf den Planungsbereich N beschränkt, da die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 8) für diesen Planungsbereich erteilt wird. Die Einbeziehung des Planungsbereich Düsseldorf hält der Senat für fernliegend.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG.
Soweit dem Kläger zu 2) die Klagebefugnis abgesprochen worden ist, war die Revision zuzulassen, da der Senat der Frage, ob die in der Entscheidung des BSG vom 17.10.2007 aufgestellten Kriterien zur Annahme der Zulässigkeit einer defensiven Konkurrentenklage zwischen Vertragsarzt und ermächtigtem Arzt auf die Situation zwischen Vertragsarzt und dem im Wege des Sonderbedarfs zugelassenen Arzt übertragbar sind (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
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NRW
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