Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 5 Ar 224/90
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 10 B 25/95
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 27. Januar 1995 aufgehoben. Unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Marburg vom 27. Januar 1992 wird dem Kläger Prozeßkostenhilfe bewilligt, wobei er zwei Monatsraten in Höhe von 180,– DM und eine Restzahlung von 78,40 DM zu leisten hat.
Tatbestand:
I.
Mit seiner am 29. März 1990 gegen die Bundesanstalt für Arbeit (BA) erhobenen Klage machte der Kläger die Gewährung von höherem Arbeitslosengeld geltend. Gleichzeitig beantragte er die Gewährung von Prozeßkostenhilfe. In der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gab er an, lediglich Arbeitslosengeld in Höhe von 279,– DM wöchentlich zu beziehen. Durch Beschluss vom 27. Januar 1992 bewilligte das Sozialgericht (SG) Marburg dem Kläger Prozeßkostenhilfe und sprach die Beiordnung von Rechtsanwältin R. K. aus.
In der Sitzung des SG vom 17. Juni 1992 legte der Kläger ein Schreiben der Firma E. GmbH, S., vom 15. Juni 1992 vor, aus dem sich ergab, daß er seit dem 1. August 1991 dort beschäftigt war und nach der Gehaltsgruppe T 6 des Tarifvertrages für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen entlohnt wurde. Daraufhin schlossen die Beteiligten auf Vorschlag des Gerichts einen verfahrensbeendigenden Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, dem Kläger ab dem 3. Januar 1990 ein höheres Arbeitslosengeld – ausgerichtet an der Tarifgruppe 5 – zu gewähren.
Auf Antrag der Bevollmächtigten des Klägers setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG die der Rechtsanwältin aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 438,90 DM fest.
Am 15. April 1993 beantragte der Bezirksrevisor bei dem Hessischen Landessozialgericht (HLSG) beim SG für die Staatskasse, den Kläger gemäß § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 120 Abs. 4 Satz 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) zur Abgabe einer neuen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aufzufordern und die nach wesentlicher Änderung der Verhältnisse gegebenenfalls jetzt aus den Einkünften zu leistenden Zahlungen (§ 120 ZPO) zu bestimmen. Nach dem Schreiben der Firma E. GmbH sei davon auszugehen, daß die für die Bewilligungsentscheidung vom 27. Januar 1992 maßgebenden wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers sich wesentlich geändert hätten. Aufgrund der Aktenlage sei nicht ersichtlich, daß er weiterhin gehindert sei, zu den Kosten der Prozeßführung beizutragen.
Der Kläger legte daraufhin Verdienstbescheinigungen seines Arbeitsgebers vor, denen zufolge er über ein monatliches Nettogehalt von 2.383,78 DM verfügte. Desgleichen legte er Unterlagen vor, die das Bestehen verschiedener finanzieller Verbindlichkeiten und Belastungen belegten. Der Bezirksrevisor vertrat die Auffassung, daß sich für den Kläger aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse eine Pflicht zur Zahlung von Raten ergebe. Die Zahlungsbestimmungen im Rahmen der Prozeßkostenhilfebewilligung für den Kläger seien demgemäß nach § 120 Abs. 4 ZPO zu ändern und angemessene Ratenzahlungen zu beschließen.
Durch Beschluss vom 27. Januar 1995 lehnte das SG Marburg den Antrag der Staatskasse, unter Abänderung des Beschlusses über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe vom 27. Januar 1992 die Zahlung von monatlichen Raten festzusetzen, ab. Der Kläger sei nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zwar in der Läge, mit monatlichen Raten von 180, DM zu den Kosten der Prozeßführung beizutragen, dieses Leistungsvermögen habe aber schon zum Zeitpunkt der Prozeßkostenhilfebewilligung im Jahre 1992 bestanden; eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 120 Abs. 4 ZPO liege deshalb nicht vor. Die Aufhebung der Prozeßkostenhilfebewilligung nach § 124 Nr. 3 ZPO komme ebenfalls nicht in Betracht.
Gegen diesen ihm am 16. Februar 1995 zugestellten Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner am 14. März 1995 eingegangenen Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat. Zur Begründung macht er im wesentlichen geltend, daß nach Sinn und Zweck des Gesetzes es nicht rechtens erscheine, wenn der Kläger abschließend in den Genuß der Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung komme. Die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung soll auf den bedürftigen Personenkreis beschränkt bleiben, und im Interesse der Allgemeinheit sollten ungerechtfertigte Belastungen von der Staatskasse ferngehalten werden. Sowohl § 120 Abs. 4 ZPO als auch § 124 Nr. 3 ZPO sei gemeinsam, daß es auf ein Verschulden des Klägers bzw. Antragstellers (etwa unrichtige oder unvollständige Angaben zur Prozeßkostenhilfe) nicht ankomme und daß der Zeitraum, in dem die begünstigte Prozeßpartei Änderungen zu ihren Ungunsten hinnehmen müsse, auf vier Jahre seit (rechtskräftiger) Beendigung des betreffenden Rechtsstreits befristet sei.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 27. Januar 1995 abzuändern und unter weiterer Abänderung des Beschlusses über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe vom 27. Januar 1992 die Zahlung von monatlichen Raten bis zur Deckung der feststehenden Gesamtkosten von 438,40 DM festzusetzen.
Der Kläger beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er nimmt auf die seiner Ansicht nach zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug.
Entscheidungsgründe:
II.
Die Beschwerde ist zulässig (zum Beschwerderecht der Staatskasse im Abänderungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO s. LAG Rheinland-Pfalz LAG-E § 127, 15) und auch in der Sache begründet. Das SG hat zu Unrecht für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe die Festsetzung von Monatsraten abgelehnt.
Nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozeßkostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Dabei ist das Gericht auch befugt, erstmalig eine Zahlungsbestimmung zu treffen (LAG Rheinland-Pfalz a.a.O.). Mit der beschwerdeführenden Staatskasse ist der erkennende Senat der Auffassung, daß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO nicht nur dann anzuwenden ist, wenn sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach der Prozeßkostenhilfe-Bewilligung wesentlich verändert haben, sondern auch dann, wenn diese Änderung vor der Bewilligungsentscheidung eingetreten ist, das Gericht sie aber deshalb nicht berücksichtigen konnte, weil sie ihm nicht bekannt war. Nicht erheblich im Sinne dieser Vorschrift ist lediglich eine solche Änderung, die das Gericht zwar gekannt, jedoch rechtlich oder tatsächlich anders bewertet hat (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 53. Auflage, Rdz. 8 A). Zutreffend hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, daß die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung auf den bedürftigen Personenkreis beschränkt bleiben und im Interesse der Allgemeinheit ungerechtfertigte Belastungen von der Staatskasse ferngehalten werden sollen. Deshalb heißt es in den Gesetzesmaterialien zu den §§ 127 und 120 ZPO, angesichts der sprunghaft gestiegenen Ausgaben der Länder für die Prozeßkostenhilfe müsse sichergestellt werden, daß die entsprechenden Haushaltsmittel nur zugunsten der wirklich bedürftigen Rechtsuchenden eingesetzt würden. In der Praxis durchgeführte Untersuchungen hätten ergeben, daß in einem Teil der untersuchten Bewilligungsverfahren bei gründlicher Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse Ratenzahlungen angeordnet worden wären, "Prozeßkostenhilfe zum Nulltarif” zu bewilligen. Nach § 120 Abs. 4 ZPO solle das Gericht seine Entscheidung über den vom Antragsteller zu leistenden Betrag zu den Kosten der Prozeßführung ändern können, wenn sich die für die Prozeßkostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Im Falle der Verbesserung könne das Gericht erstmalig Ratenzahlungen anordnen oder bereits festgesetzte Raten heraufsetzen. Dies komme etwa bei Beendigung einer Arbeitslosigkeit in Betracht (BT-Drucksache 10/6400, Nr. 6 – § 127 ZPO und Nr. 4 – § 120 ZPO).
Vorliegend handelt es sich auch um den Eintritt einer wesentlichen Änderung. Im Zeitpunkt der Beantragung der Prozeßkostenhilfe im März 1990 bezog der Kläger lediglich Arbeitslosengeld in Höhe von 279,– DM wöchentlich. Dieses Einkommen legte das SG seinem Beschluss vom 27. Januar 1992 zugrunde. Erst später wurde dann im Laufe des Hauptsacheverfahrens bekannt, daß der Kläger bereits seit August 1991 über erhebliche Einkünfte aus seiner Beschäftigung bei der Firma E. GmbH verfügte, die weit über seinen Einkünften aus der Zeit der Arbeitslosigkeit lagen. Wie aus den oben dargelegten Gesetzesmaterialien folgt, stellt aber gerade der Tatbestand der Beendigung einer Arbeitslosigkeit eine wesentliche Änderung im Sinne des § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO dar.
Trotz seines Wortlauts ("kann”) handelt es sich bei § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO nicht um eine Ermessensregelung. Angesichts von Sinn und Zweck des Gesetzes, nämlich – wie ausgeführt – Ungerechtigkeiten einer unveränderten Prozeßkostenhilfe trotz veränderter Verhältnisse zu beseitigen, ist das Gericht beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zur Änderung seiner Entscheidung von Amts wegen verpflichtet. Das Wort "kann” stellt mithin die Änderungsbefugnis in die Zuständigkeit des Gerichts und bedeutet in dem hier gegebenen Zusammenhang keine Ermessensfreiheit (Baumbach u.a., ZPO, § 120 Rdz. 22 m.w.N.). Vorliegend bedarf keiner Entscheidung, ob unter den Begriff der Änderung zu leistender Zahlungen nach § 120 Abs. 4 ZPO auch die gänzliche Entziehung der Prozeßkostenhilfe fällt. Mit Rücksicht auf § 115 Abs. 6 ZPO käme eine solche Entziehung in Betracht, weil die Kosten vier Monatsraten nicht übersteigen. Der Beschwerdeführer hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, daß der Regelungszweck auch mit der Festsetzung von Raten erreicht wird. Da der Kläger auch nach den Feststellungen des SG aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse in der Lage ist, mit monatlichen Ratenzahlungen von 180,– DM zu den Kosten der Prozeßführung beizutragen, sind entsprechende Monatsraten festzusetzen. Dabei hat der Senat berücksichtigt, daß die Gesamtkosten mit 438,40 DM feststehen, so daß zwei Monatsraten (insgesamt 360,– DM) und eine Restzahlung in Höhe von 78,40 DM anzusetzen sind.
Diese Entscheidung ist endgültig (§ 177 SGG).
Tatbestand:
I.
Mit seiner am 29. März 1990 gegen die Bundesanstalt für Arbeit (BA) erhobenen Klage machte der Kläger die Gewährung von höherem Arbeitslosengeld geltend. Gleichzeitig beantragte er die Gewährung von Prozeßkostenhilfe. In der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gab er an, lediglich Arbeitslosengeld in Höhe von 279,– DM wöchentlich zu beziehen. Durch Beschluss vom 27. Januar 1992 bewilligte das Sozialgericht (SG) Marburg dem Kläger Prozeßkostenhilfe und sprach die Beiordnung von Rechtsanwältin R. K. aus.
In der Sitzung des SG vom 17. Juni 1992 legte der Kläger ein Schreiben der Firma E. GmbH, S., vom 15. Juni 1992 vor, aus dem sich ergab, daß er seit dem 1. August 1991 dort beschäftigt war und nach der Gehaltsgruppe T 6 des Tarifvertrages für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen entlohnt wurde. Daraufhin schlossen die Beteiligten auf Vorschlag des Gerichts einen verfahrensbeendigenden Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, dem Kläger ab dem 3. Januar 1990 ein höheres Arbeitslosengeld – ausgerichtet an der Tarifgruppe 5 – zu gewähren.
Auf Antrag der Bevollmächtigten des Klägers setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG die der Rechtsanwältin aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 438,90 DM fest.
Am 15. April 1993 beantragte der Bezirksrevisor bei dem Hessischen Landessozialgericht (HLSG) beim SG für die Staatskasse, den Kläger gemäß § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 120 Abs. 4 Satz 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) zur Abgabe einer neuen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aufzufordern und die nach wesentlicher Änderung der Verhältnisse gegebenenfalls jetzt aus den Einkünften zu leistenden Zahlungen (§ 120 ZPO) zu bestimmen. Nach dem Schreiben der Firma E. GmbH sei davon auszugehen, daß die für die Bewilligungsentscheidung vom 27. Januar 1992 maßgebenden wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers sich wesentlich geändert hätten. Aufgrund der Aktenlage sei nicht ersichtlich, daß er weiterhin gehindert sei, zu den Kosten der Prozeßführung beizutragen.
Der Kläger legte daraufhin Verdienstbescheinigungen seines Arbeitsgebers vor, denen zufolge er über ein monatliches Nettogehalt von 2.383,78 DM verfügte. Desgleichen legte er Unterlagen vor, die das Bestehen verschiedener finanzieller Verbindlichkeiten und Belastungen belegten. Der Bezirksrevisor vertrat die Auffassung, daß sich für den Kläger aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse eine Pflicht zur Zahlung von Raten ergebe. Die Zahlungsbestimmungen im Rahmen der Prozeßkostenhilfebewilligung für den Kläger seien demgemäß nach § 120 Abs. 4 ZPO zu ändern und angemessene Ratenzahlungen zu beschließen.
Durch Beschluss vom 27. Januar 1995 lehnte das SG Marburg den Antrag der Staatskasse, unter Abänderung des Beschlusses über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe vom 27. Januar 1992 die Zahlung von monatlichen Raten festzusetzen, ab. Der Kläger sei nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zwar in der Läge, mit monatlichen Raten von 180, DM zu den Kosten der Prozeßführung beizutragen, dieses Leistungsvermögen habe aber schon zum Zeitpunkt der Prozeßkostenhilfebewilligung im Jahre 1992 bestanden; eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 120 Abs. 4 ZPO liege deshalb nicht vor. Die Aufhebung der Prozeßkostenhilfebewilligung nach § 124 Nr. 3 ZPO komme ebenfalls nicht in Betracht.
Gegen diesen ihm am 16. Februar 1995 zugestellten Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner am 14. März 1995 eingegangenen Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat. Zur Begründung macht er im wesentlichen geltend, daß nach Sinn und Zweck des Gesetzes es nicht rechtens erscheine, wenn der Kläger abschließend in den Genuß der Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung komme. Die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung soll auf den bedürftigen Personenkreis beschränkt bleiben, und im Interesse der Allgemeinheit sollten ungerechtfertigte Belastungen von der Staatskasse ferngehalten werden. Sowohl § 120 Abs. 4 ZPO als auch § 124 Nr. 3 ZPO sei gemeinsam, daß es auf ein Verschulden des Klägers bzw. Antragstellers (etwa unrichtige oder unvollständige Angaben zur Prozeßkostenhilfe) nicht ankomme und daß der Zeitraum, in dem die begünstigte Prozeßpartei Änderungen zu ihren Ungunsten hinnehmen müsse, auf vier Jahre seit (rechtskräftiger) Beendigung des betreffenden Rechtsstreits befristet sei.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 27. Januar 1995 abzuändern und unter weiterer Abänderung des Beschlusses über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe vom 27. Januar 1992 die Zahlung von monatlichen Raten bis zur Deckung der feststehenden Gesamtkosten von 438,40 DM festzusetzen.
Der Kläger beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er nimmt auf die seiner Ansicht nach zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug.
Entscheidungsgründe:
II.
Die Beschwerde ist zulässig (zum Beschwerderecht der Staatskasse im Abänderungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO s. LAG Rheinland-Pfalz LAG-E § 127, 15) und auch in der Sache begründet. Das SG hat zu Unrecht für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe die Festsetzung von Monatsraten abgelehnt.
Nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozeßkostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Dabei ist das Gericht auch befugt, erstmalig eine Zahlungsbestimmung zu treffen (LAG Rheinland-Pfalz a.a.O.). Mit der beschwerdeführenden Staatskasse ist der erkennende Senat der Auffassung, daß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO nicht nur dann anzuwenden ist, wenn sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach der Prozeßkostenhilfe-Bewilligung wesentlich verändert haben, sondern auch dann, wenn diese Änderung vor der Bewilligungsentscheidung eingetreten ist, das Gericht sie aber deshalb nicht berücksichtigen konnte, weil sie ihm nicht bekannt war. Nicht erheblich im Sinne dieser Vorschrift ist lediglich eine solche Änderung, die das Gericht zwar gekannt, jedoch rechtlich oder tatsächlich anders bewertet hat (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 53. Auflage, Rdz. 8 A). Zutreffend hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, daß die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung auf den bedürftigen Personenkreis beschränkt bleiben und im Interesse der Allgemeinheit ungerechtfertigte Belastungen von der Staatskasse ferngehalten werden sollen. Deshalb heißt es in den Gesetzesmaterialien zu den §§ 127 und 120 ZPO, angesichts der sprunghaft gestiegenen Ausgaben der Länder für die Prozeßkostenhilfe müsse sichergestellt werden, daß die entsprechenden Haushaltsmittel nur zugunsten der wirklich bedürftigen Rechtsuchenden eingesetzt würden. In der Praxis durchgeführte Untersuchungen hätten ergeben, daß in einem Teil der untersuchten Bewilligungsverfahren bei gründlicher Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse Ratenzahlungen angeordnet worden wären, "Prozeßkostenhilfe zum Nulltarif” zu bewilligen. Nach § 120 Abs. 4 ZPO solle das Gericht seine Entscheidung über den vom Antragsteller zu leistenden Betrag zu den Kosten der Prozeßführung ändern können, wenn sich die für die Prozeßkostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Im Falle der Verbesserung könne das Gericht erstmalig Ratenzahlungen anordnen oder bereits festgesetzte Raten heraufsetzen. Dies komme etwa bei Beendigung einer Arbeitslosigkeit in Betracht (BT-Drucksache 10/6400, Nr. 6 – § 127 ZPO und Nr. 4 – § 120 ZPO).
Vorliegend handelt es sich auch um den Eintritt einer wesentlichen Änderung. Im Zeitpunkt der Beantragung der Prozeßkostenhilfe im März 1990 bezog der Kläger lediglich Arbeitslosengeld in Höhe von 279,– DM wöchentlich. Dieses Einkommen legte das SG seinem Beschluss vom 27. Januar 1992 zugrunde. Erst später wurde dann im Laufe des Hauptsacheverfahrens bekannt, daß der Kläger bereits seit August 1991 über erhebliche Einkünfte aus seiner Beschäftigung bei der Firma E. GmbH verfügte, die weit über seinen Einkünften aus der Zeit der Arbeitslosigkeit lagen. Wie aus den oben dargelegten Gesetzesmaterialien folgt, stellt aber gerade der Tatbestand der Beendigung einer Arbeitslosigkeit eine wesentliche Änderung im Sinne des § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO dar.
Trotz seines Wortlauts ("kann”) handelt es sich bei § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO nicht um eine Ermessensregelung. Angesichts von Sinn und Zweck des Gesetzes, nämlich – wie ausgeführt – Ungerechtigkeiten einer unveränderten Prozeßkostenhilfe trotz veränderter Verhältnisse zu beseitigen, ist das Gericht beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zur Änderung seiner Entscheidung von Amts wegen verpflichtet. Das Wort "kann” stellt mithin die Änderungsbefugnis in die Zuständigkeit des Gerichts und bedeutet in dem hier gegebenen Zusammenhang keine Ermessensfreiheit (Baumbach u.a., ZPO, § 120 Rdz. 22 m.w.N.). Vorliegend bedarf keiner Entscheidung, ob unter den Begriff der Änderung zu leistender Zahlungen nach § 120 Abs. 4 ZPO auch die gänzliche Entziehung der Prozeßkostenhilfe fällt. Mit Rücksicht auf § 115 Abs. 6 ZPO käme eine solche Entziehung in Betracht, weil die Kosten vier Monatsraten nicht übersteigen. Der Beschwerdeführer hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, daß der Regelungszweck auch mit der Festsetzung von Raten erreicht wird. Da der Kläger auch nach den Feststellungen des SG aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse in der Lage ist, mit monatlichen Ratenzahlungen von 180,– DM zu den Kosten der Prozeßführung beizutragen, sind entsprechende Monatsraten festzusetzen. Dabei hat der Senat berücksichtigt, daß die Gesamtkosten mit 438,40 DM feststehen, so daß zwei Monatsraten (insgesamt 360,– DM) und eine Restzahlung in Höhe von 78,40 DM anzusetzen sind.
Diese Entscheidung ist endgültig (§ 177 SGG).
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