Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2665/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1848/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist in erster Linie die Verrechnung von Ansprüchen der Beklagten zu 2) mit einem Anspruch des Klägers auf Altersrente für langjährig Versicherte streitig.
Die Beklagte zu 2), die das Sozialgericht Ulm (SG) im Klageverfahren nicht als Beklagte führte, sondern mit Beschluss vom 27. November 2006 beilud, bewilligte dem Kläger weiter Arbeitslosengeld ab dem 16. Oktober 1989 (Bescheide vom 13. Dezember 1989 und 10. Mai 1990). Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 19. September 1991 hob die Beklagte zu 2) (Arbeitsamt Ulm) die Bewilligungsbescheide für den Zeitraum vom 18. Oktober bis 09. November 1989, 25. Januar bis 08. Februar 1990 und vom 16. Juni bis 06. Juli 1990 auf, da der Kläger wegen einer Inhaftierung der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe. Er habe deshalb DM 3.908,90 zu Unrecht erhalten und müsse diesen Betrag erstatten, weshalb ein Betrag in Höhe von wöchentlich DM 90,18 bzw. ab 1. April 1992 DM 33,60 (Bescheid vom 13. April 1992) mit den laufenden Leistungen aufgerechnet werde. In einem hiergegen gerichteten Klageverfahren (S 6 Ar 2064/94) schloss der Kläger mit der Beklagten zu 2) am 23. Januar 1995 einen Vergleich, wonach er unter anderem die Erstattungspflicht, die durch den Bescheid vom 19. September 1991 festgesetzt wurde, anerkannte. Des Weiteren wurde in diesem Vergleich vereinbart, dass die Beklagte zu 2) mit dem noch verbliebenen Erstattungsbetrag gegen die Arbeitslosenhilfe des Klägers nicht vor dem 01. Februar 1998 aufrechne und der Aufrechnungsbetrag DM 10,00 in der Woche nicht überschreite. Vom 01. Januar bis 28. Februar 2005 bezog der Kläger Arbeitslosengeld II.
Seit 01. Januar 2005 erhält der Kläger von der Beklagten zu 1) Altersrente für langjährig Versicherte in Höhe von zunächst monatlich (netto) EUR 793,61 (Bescheide vom 12. Januar 2005 und 10. März 2005), später in Höhe von (netto) EUR 1.132,27 (Bescheid vom 12. Oktober 2005). Für die Zeit vom 01. Januar bis 28. Februar 2005 verrechnete die Beklagten zu 1) EUR 690,00 mit dem Anspruch auf Altersrente und erstattete diesen Betrag der Beklagten zu 2), nachdem diese mit Schreiben vom 27. Januar 2005 einen Erstattungsanspruch in dieser Höhe wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II vom 01. Januar bis 28. Februar 2005 geltend gemacht hatte. Aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Ehingen (Geschäftsnummer M 70/99) vom 20. Januar 1999 in der Zwangsvollstreckungssache des Landes Baden-Württemberg gegen den Kläger überwies die Beklagte zu 1) ab Dezember 2005 dem Studentenwerk Ulm einen monatlichen pfändbaren Betrag in Höhe von EUR 101,40 sowie für die Zeit vom 01. Januar bis 30. November 2005 eine Einmalzahlung in Höhe von EUR 1.915,40 (11 x EUR 101,40).
Mit Schreiben vom 06. Dezember 2005 ermächtigte die Beklagte zu 2) die Beklagten zu 1) zur Verrechnung eines Betrags in Höhe von EUR 711,36 gemäß § 52 in Verbindung mit § 51 Abs. 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I). Gegen den Kläger bestehe eine einziehbare und nicht verjährte Forderung, wobei der geltend gemachte Gesamtbetrag Säumniszuschläge bzw. Zinsen enthalte. Bei der Forderung handle es sich um Arbeitslosengeld für die Zeit vom 18. Oktober 1989 bis 06. Juli 1990, das mit Erstattungsbescheid des Arbeitsamts Ulm vom 19. September 1991 zurückgefordert worden sei. Da in den Jahren 1992 bis 1999 keine Aufrechnungen stattgefunden hätten und auch keine Vollstreckungsmaßnahmen angelaufen seien, erfolge nunmehr das Verrechnungsersuchen. Nach Anhörung des Klägers (Schreiben vom 16. Februar 2006) teilte die Beklagten zu 1) diesem mit, seine Altersrente werde mit der Erstattungsforderung der Beklagten zu 2) ab 01. Mai 2006 in Höhe von monatlich EUR 101,40 (Bescheid vom 17. März 2006) verrechnet. Zugleich stellte die Beklagte zu 1) die Zahlung des monatlichen Pfändungsbetrags an das Studentenwerk Ulm in Höhe von monatlich EUR 101,40 mit Ablauf des 30. April 2006 ein. Aufgrund des Widerspruchs des Klägers vom 03. April 2006 wurden Verrechnungsbeträge jedoch nicht einbehalten. Mit seinem Widerspruch machte er geltend, der Rückforderungsanspruch der Beklagten zu 2) sei rechtlich nicht begründet. Der Streit um EUR 711,36 sei weiterhin offen. Die Beklagte zu 2) versuche Gelder, welche sie bei einem verlorenen Prozess im Jahre 1992 gegen ihn vor dem SG eingebüßt habe, in rechtswidriger Weise zurückzubekommen. Zudem könne er bestehende Schulden durch die Verrechnung nicht mehr tilgen. Die Beklagten zu 2) teilte der Beklagten zu 1) daraufhin mit (Schreiben vom 26. April 2006), die Forderung in Höhe von EUR 711,36 bestehe zu Recht und der Forderungsbetrag befinde sich seit dem 27. März 2005 in der Zwangsvollstreckung, so dass die Forderung auch noch nicht verjährt sei. Die Forderung beziehe sich auf den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 19. September 1991. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2006). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beklagten zu 2) habe sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach das Bestehen der Forderung ausdrücklich bestätigt; man selbst könne die Rechtmäßigkeit der Forderung nicht überprüfen. Die Voraussetzungen für eine Verrechnung lägen mithin vor. Auch sei die Verrechnung verhältnismäßig und zweckmäßig.
Mit seiner am 14. Juli 2006 beim SG erhobenen Klage richtete sich der Kläger "gegen den Widerspruchsbescheid der Rentenversicherung (Widerspruchsstelle)". Zugleich nannte er als "Beklagte" die "Bundesagentur f. Arbeit, Regionaldirektion Baden-Württemberg" und die "Agentur für Arbeit, Weitzmannstr. 2, Ehingen". Er beantragte 1. die Prüfung, ob die Höhe der Rückzahlungsforderungen der Beklagten zu 2) von insgesamt DM 3.908,90 aus den Jahren 1989 und 1990 rechtmäßig sind, 2. Auskunft und Nachweise über Höhe und Zeitpunkt der vorgenommenen Abzüge, 3. die Aufhebung und Beendigung der Zahlungsforderungen mit Zwangseinziehung zum Jahresende 2002, 4. die Forderungsabweisung wegen Verwirkung und Verjährung sowie 5. Schadensersatz wegen betrügerischer Zahlungsmanipulation und Verrechnung überhöhter Beträge. Den Betrag von DM 3.908,90 habe er von der Beklagten zu 2) nie erhalten. Erst nach 15 Jahren sei die Beklagten zu 2) mit der Forderung an ihn herangetreten. Zudem sei die Ursprungsforderung in Höhe von DM 3.908,90 auf DM 2.312,00 gekürzt worden. Vor dem SG sei am 23. Januar 1995 ein Aufrechnungsbetrag von DM 10,00 pro Woche vereinbart worden, so dass die Beklagten zu 2) den Betrag Ende 2002 vollständig zurückerhalten habe. Im Übrigen sei nicht die "Rentenversicherung Bund" Beklagte, sondern "zwei verschiedene Arbeitsagenturen".
Die Beklagte zu 1) trat der Klage zunächst unter Hinweis auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids entgegen.
Nachdem die Beklagte zu 2), die das SG noch als Beigeladene führte (Beiladungsbeschluss vom 27. November 2006), mitgeteilt hatte (Schreiben vom 07. Februar 2007), dass die der Verrechnung zu Grunde liegende Forderung aus dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 19. September 1991 bereits seit 25. September 2001 in voller Höhe aufgerechnet worden sei, ging die Beklagten zu 1) davon aus, der Verrechnungsbescheid vom 17. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 sei gegenstandslos geworden (Schreiben vom 26. März 2007). Der Kläger nahm dieses "Anerkenntnis" nicht zur Erledigung des Rechtsstreits an. In der mündlichen Verhandlung am 29. Februar 2008, bei der der Kläger trotz Ladung, die ihm laut Zustellungsurkunde vom 29. Januar 2008 an diesem Tag zugestellt wurde und den Hinweis enthielt, dass auch im Fall des Ausbleibens von Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne, nicht teilnahm, hob die Beklagte zu 1) "klarstellend" den Bescheid vom 17. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 auf.
Mit Urteil vom 29. Februar 2008 wies das SG die Klage ab. Das Gericht sei an einer Entscheidung nicht gehindert, auch wenn der Kläger zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen sei, da er in der Terminsmitteilung darauf hingewiesen worden sei, dass auch im Falle seines Ausbleibens entschieden werden könne. Der Kläger habe sich mit seiner Klageschrift ausdrücklich gegen den Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2006 gewandt. Deshalb richte sich die Klage allein gegen die Beklagte zu 1). Die einzelnen gegen die "Beigeladene" (Beklagten zu 2) gerichteten Anträge könnten nur als unselbstständige Einwände eingestuft werden. Im Übrigen sei eine Verurteilung eines Beigeladenen nach § 75 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Die Klage sei jedoch nach Klageerhebung unzulässig geworden. Eine Verurteilung der Beklagten zu 1) komme nach Aufhebung des Bescheids vom 17. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 nicht mehr in Betracht. Denn die angefochtene Entscheidung der Beklagten zu 1) habe sich damit erledigt und Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich auf ein berechtigtes Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage berufen könne, lägen nicht vor. Auch sei ein Urteil zu Lasten der "Beigeladenen" (Beklagten zu 2) unter Berücksichtigung des § 75 Abs. 5 SGG ausgeschlossen. Hinsichtlich der Rückforderung in Höhe von DM 3.908,90 sei nicht ersichtlich, welcher konkrete Bescheid der "Beigeladenen" (Beklagten zu 2) aus Sicht des Klägers möglicherweise rechtswidrig sein solle. Außerdem sei vor Durchführung eines Klageverfahrens ein behördliches Überprüfungsverfahren durchzuführen. Soweit der Kläger Auskunft und Nachweise über Höhe und Zeitpunkt der vorgenommenen Abzüge verlange, sei ebenfalls nicht ersichtlich, dass insoweit ein entsprechender Antrag des Klägers von der durch Verwaltungsakt abgelehnt worden sei. Ohne nähere Darlegungen sei nicht erkennbar, dass der Kläger durch Vollstreckungsmaßnahmen der "Beigeladenen" (Beklagten zu 2) aus dem Jahr 2002 weiterhin beschwert sei. Die Übrigen Anträge würden sich auf die Verrechnung beziehen und seien nunmehr erledigt.
Gegen das dem Kläger laut Zustellungsurkunde am 07. März 2008 zugestellte Urteil hat dieser am 07. April 2008 schriftlich beim SG Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der Kläger beanstandet Verfahrensfehler, denn sein Klageantrag sei durch mutwilligen Beklagtenaustausch verfälscht worden. Auch sei es zu einem Ladungsversäumnis durch ein entsprechendes Anschreiben gekommen. Ein Verfahrensfehler liege auch in seiner "Abwesenheitstolerierung" durch das SG. Das SG habe nicht mit dem Vertreter der Beklagten zu 1) über seine Klage verhandeln dürfen. Auch habe das SG die Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Gründe der Entscheidung verweigert. Das SG habe seine Klage "ins Leere" laufen lassen. Er beantrage die Aufhebung des Urteils und "die ganze Klage noch mal abzuwickeln". Grund für die Klage sei die Zahlungsaufforderung der Beklagten zu 2) vom 11. Januar 2005 gewesen. In der Vergangenheit sei es bereits zu Abzügen bei seinen Einkünften gekommen.
Der Berichterstatter hat mit Beschluss vom 24. Juni 2008 den Beiladungsbeschluss des SG vom 27. November 2006 aufgehoben und den Beteiligten mitgeteilt, dass die vormalige Beigeladene fortan als Beklagte zu 2) im Verfahren vor dem LSG geführt wird.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29. Februar 2008 aufzuheben sowie 1. Prüfung, ob die Höhe der Rückzahlungsforderungen in Höhe von DM 3.908,90 aus den Jahren 1989 und 1990 rechtens sind 2. Auskunft und Nachweise über Höhe und Zeitpunkt der vorgenommenen Abzüge, 3. Aufhebung und Beendigung der Zahlungsforderungen mit Zwangseinziehung zum Jahresende 2002, 4. die Forderungsabweisung wegen Verwirkung und Verjährung und 5. Schadensersatz wegen betrügerischer Zahlungsmanipulation und Verrechnung überhöhter Beträge.
Die Beklagte zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beklagte zu 2) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe zu Recht festgestellt, dass die Klage nach Aufhebung des Bescheids vom 17. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 unzulässig geworden sei. Auch hinsichtlich der vom Kläger verfolgten übrigen Anträge schließe sie sich der Rechtsauffassung des SG an.
Der Sach- und Streitstand wurde mit den Beklagten am 28. Mai 2008 im Termin zu Erörterung des Sachverhalts erörtert. Mit Schreiben vom 25. Juni 2008 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt ist, durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von den Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (2 Bände der Beklagten zu 1), 10 Bände der Beklagten zu 2) und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
Die gemäß § 151 Abs. 1, 2 Satz 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Klagen des Klägers unzulässig (geworden) sind.
1. Der Senat konnte im Berufungsverfahren die Beklagte zu 2) nach Aufhebung des Beiladungsbeschlusses des SG vom 27. November 2006 als weitere Beklagte führen. Denn ein Beteiligtenwechsel ist auch im Berufungsverfahren noch zulässig (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 99 Rdnr. 6). Der Beteiligtenwechsel, mit dem die Beklagten im Übrigen einverstanden waren, war notwendig. Denn das SG hat die Beklagte zu 2) zu Unrecht zum Verfahren beigeladen und (nur) als Beigeladene geführt. Zwar richtete sich die Klageschrift vom 14. Juli 2006 "gegen den Widerspruchsbescheid" der Beklagten zu 1). Zugleich machte der Kläger aber hinreichend deutlich, dass er Klage gegen die Beklagte zu 2) erheben wollte. Dies ergibt sich daraus, dass er die "Bundesagentur f. Arbeit, Regionaldirektion Baden-Württemberg" und die "Agentur für Arbeit, Weitzmannstr. 2, Ehingen" ausdrücklich als "Beklagte" bezeichnete. Damit ist der Kläger den Anforderungen des § 92 Satz 1 SGG, nämlich die Beteiligten und mithin auch die Beklagte zu bezeichnen, ausreichend gerecht geworden. Selbst wenn man die Angabe in der Klageschrift als nicht ausreichend ansehen würde, hat der Kläger ebenfalls in den weiteren Schreiben vom 19. März 2007 (Blatt 17 der SG-Akte) deutlich gemacht, dass sich seine Klage auch gegen die Beklagte zu 2) richtet. Der Kläger hat ausdrücklich ausgeführt, Beklagte sei nicht "die Rentenversicherung Bund, sondern zwei verschiedene Arbeitsagenturen".
2. Weitere vom Kläger gerügte Verfahrensfehler liegen nicht vor. Das SG konnte insbesondere auch ohne Erscheinen des Klägers zur mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit verhandeln und entscheiden. Dem Kläger wurde die Ladung vom 07. Januar 2008 nach § 63 Abs. 1 Satz 2 SGG am 29. Januar 2008, mithin einen Monat vor der mündlichen Verhandlung am 29. Februar 2008, bekannt gegeben. Dies ergibt sich aus der Zustellungsurkunde vom 29. Januar 2008 (Bl. 32 der SG-Akte). Danach wurde dem Kläger durch einen Postbediensteten die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 29. Januar 2008 in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt. Nachdem die Ladung den Hinweis enthielt, dass auch im Falle des Ausbleibens von Beteiligten Beweis erhoben, verhandelt und entscheiden werden kann (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG), und die Ladungsfrist von zwei Wochen (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 1 SGG) eingehalten wurde, war das SG nicht gehindert, den Rechtsstreit des Klägers am 29. Februar 2008 - trotz dessen Nichterscheinens - zu verhandeln und zu entscheiden.
Das SG durfte nach Verkündung des Urteils am 29. Februar 2008 auch von der Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Entscheidungsgründe absehen, nachdem die (anwesenden) Beteiligten ausweislich der Niederschrift vom 29. Februar 2008 hierauf verzichtet hatten (vgl. Keller, a.a.O., § 132 Rdnr. 6).
3. Die Anfechtungsklage (Antrag Ziff. 1 und 4) gegen die Beklagte zu 1) ist im Hinblick auf die strittige Verrechnung unzulässig geworden. Denn der Kläger kann nicht mehr geltend machen, er sei durch den angefochtenen Bescheid vom 17. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 beschwert. Ihm fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Verrechnung, die bereits während des Widerspruchsverfahrens ausgesetzt wurde, hat sich durch die Aufhebung des Bescheids vom 17. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 durch die Beklagte zu 1) während des Klageverfahrens erledigt (§ 39 Abs. 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs [SGB X]). In einem solchen Fall wird die Anfechtungsklage (nachträglich) unzulässig (vgl. hierzu Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 27. März 2007 - B 13 RJ 43/05 R - = in juris veröffentlicht).
Unzulässig ist auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG. Es fehlt - wie das SG zutreffend festgestellt hat - ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Sinne dieser Vorschrift. Eine Wiederholungsgefahr ist ausgeschlossen. Denn die Beklagte zu 2) hat mitgeteilt, dass die der Verrechnung zu Grunde liegende Forderung bereits seit 25. September 2001 in voller Höhe aufgerechnet ist.
4. Die Klage gegen die Beklagte zu 2) ist ebenfalls unzulässig. Dies ergibt sich bereits daraus, dass hinsichtlich der Anträge Ziff. 1 bis 3 ein Vorverfahren, das Prozessvoraussetzung für eine Anfechtungsklage ist, fehlt.
Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG sind vor Erhebung der Anfechtungsfrage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Die Durchführung des Vorverfahrens mit abschließender Entscheidung der Verwaltung ist eine Prozessvoraussetzung, die zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens zu prüfen ist (BSG, SozR 1500 § 78 Nr. 8; Leitherer, a.a.O., § 78 Rdnr. 2). Aus den von der Beklagten zu 2) vorgelegten Verwaltungsakten ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu 2) im Rahmen eines Vorverfahrens die Höhe der ursprünglichen Rückzahlungsforderung (DM 3.908,90) nochmals überprüft hat (Antrag Ziff. 1). Im Übrigen hat der Kläger ausweislich des vor dem SG am 23. Januar 1995 geschlossenen Vergleichs in dem Verfahren S 6 Ar 2064/94 die mit dem Bescheid vom 19. September 1991 festgesetzte Erstattungspflicht anerkannt.
Eines Vorverfahrens bedarf es nach § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG nur dann nicht, wenn 1. ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder 2. der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde, oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt oder 3. ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will. Die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG, wonach es ausnahmsweise eines Vorverfahrens nicht bedarf, sind vorliegend nicht erfüllt.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu 2) Auskunft und Nachweise über Höhe und Zeitpunkt der vorgenommenen Abzüge verweigert (Antrag Ziff. 2) oder über die Aufhebung und Beendigung der Zahlungsaufforderungen mit Zwangseinziehung zum Jahresende 2002 entscheiden hat (Antrag Ziff. 3).
Im Hinblick auf den Antrag Ziff. 5 ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte zu 1) die Verrechnung zu Gunsten der Beklagte zu 2) ausgesetzt hatte und nicht ersichtlich ist, dass dem Kläger hierdurch ein Schaden entstanden ist. Nachdem das SG die Zulässigkeit des Rechtswegs im Hinblick auf den vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch, bei dem es sich um einen Amtshaftungsanspruch handelt, inzident bejaht hat, ist der Senat nach § 17a Abs. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) an die Entscheidung gebunden. Diese Vorschrift verbietet dem Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache zu entscheiden hat, die Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs auch dann, wenn es sich bei dem geltend gemachten Anspruch letztlich um einen Amtshaftungsanspruch handelt (BSG, SozR 4 - 1720 § 17a Nr. 1).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist in erster Linie die Verrechnung von Ansprüchen der Beklagten zu 2) mit einem Anspruch des Klägers auf Altersrente für langjährig Versicherte streitig.
Die Beklagte zu 2), die das Sozialgericht Ulm (SG) im Klageverfahren nicht als Beklagte führte, sondern mit Beschluss vom 27. November 2006 beilud, bewilligte dem Kläger weiter Arbeitslosengeld ab dem 16. Oktober 1989 (Bescheide vom 13. Dezember 1989 und 10. Mai 1990). Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 19. September 1991 hob die Beklagte zu 2) (Arbeitsamt Ulm) die Bewilligungsbescheide für den Zeitraum vom 18. Oktober bis 09. November 1989, 25. Januar bis 08. Februar 1990 und vom 16. Juni bis 06. Juli 1990 auf, da der Kläger wegen einer Inhaftierung der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe. Er habe deshalb DM 3.908,90 zu Unrecht erhalten und müsse diesen Betrag erstatten, weshalb ein Betrag in Höhe von wöchentlich DM 90,18 bzw. ab 1. April 1992 DM 33,60 (Bescheid vom 13. April 1992) mit den laufenden Leistungen aufgerechnet werde. In einem hiergegen gerichteten Klageverfahren (S 6 Ar 2064/94) schloss der Kläger mit der Beklagten zu 2) am 23. Januar 1995 einen Vergleich, wonach er unter anderem die Erstattungspflicht, die durch den Bescheid vom 19. September 1991 festgesetzt wurde, anerkannte. Des Weiteren wurde in diesem Vergleich vereinbart, dass die Beklagte zu 2) mit dem noch verbliebenen Erstattungsbetrag gegen die Arbeitslosenhilfe des Klägers nicht vor dem 01. Februar 1998 aufrechne und der Aufrechnungsbetrag DM 10,00 in der Woche nicht überschreite. Vom 01. Januar bis 28. Februar 2005 bezog der Kläger Arbeitslosengeld II.
Seit 01. Januar 2005 erhält der Kläger von der Beklagten zu 1) Altersrente für langjährig Versicherte in Höhe von zunächst monatlich (netto) EUR 793,61 (Bescheide vom 12. Januar 2005 und 10. März 2005), später in Höhe von (netto) EUR 1.132,27 (Bescheid vom 12. Oktober 2005). Für die Zeit vom 01. Januar bis 28. Februar 2005 verrechnete die Beklagten zu 1) EUR 690,00 mit dem Anspruch auf Altersrente und erstattete diesen Betrag der Beklagten zu 2), nachdem diese mit Schreiben vom 27. Januar 2005 einen Erstattungsanspruch in dieser Höhe wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II vom 01. Januar bis 28. Februar 2005 geltend gemacht hatte. Aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Ehingen (Geschäftsnummer M 70/99) vom 20. Januar 1999 in der Zwangsvollstreckungssache des Landes Baden-Württemberg gegen den Kläger überwies die Beklagte zu 1) ab Dezember 2005 dem Studentenwerk Ulm einen monatlichen pfändbaren Betrag in Höhe von EUR 101,40 sowie für die Zeit vom 01. Januar bis 30. November 2005 eine Einmalzahlung in Höhe von EUR 1.915,40 (11 x EUR 101,40).
Mit Schreiben vom 06. Dezember 2005 ermächtigte die Beklagte zu 2) die Beklagten zu 1) zur Verrechnung eines Betrags in Höhe von EUR 711,36 gemäß § 52 in Verbindung mit § 51 Abs. 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I). Gegen den Kläger bestehe eine einziehbare und nicht verjährte Forderung, wobei der geltend gemachte Gesamtbetrag Säumniszuschläge bzw. Zinsen enthalte. Bei der Forderung handle es sich um Arbeitslosengeld für die Zeit vom 18. Oktober 1989 bis 06. Juli 1990, das mit Erstattungsbescheid des Arbeitsamts Ulm vom 19. September 1991 zurückgefordert worden sei. Da in den Jahren 1992 bis 1999 keine Aufrechnungen stattgefunden hätten und auch keine Vollstreckungsmaßnahmen angelaufen seien, erfolge nunmehr das Verrechnungsersuchen. Nach Anhörung des Klägers (Schreiben vom 16. Februar 2006) teilte die Beklagten zu 1) diesem mit, seine Altersrente werde mit der Erstattungsforderung der Beklagten zu 2) ab 01. Mai 2006 in Höhe von monatlich EUR 101,40 (Bescheid vom 17. März 2006) verrechnet. Zugleich stellte die Beklagte zu 1) die Zahlung des monatlichen Pfändungsbetrags an das Studentenwerk Ulm in Höhe von monatlich EUR 101,40 mit Ablauf des 30. April 2006 ein. Aufgrund des Widerspruchs des Klägers vom 03. April 2006 wurden Verrechnungsbeträge jedoch nicht einbehalten. Mit seinem Widerspruch machte er geltend, der Rückforderungsanspruch der Beklagten zu 2) sei rechtlich nicht begründet. Der Streit um EUR 711,36 sei weiterhin offen. Die Beklagte zu 2) versuche Gelder, welche sie bei einem verlorenen Prozess im Jahre 1992 gegen ihn vor dem SG eingebüßt habe, in rechtswidriger Weise zurückzubekommen. Zudem könne er bestehende Schulden durch die Verrechnung nicht mehr tilgen. Die Beklagten zu 2) teilte der Beklagten zu 1) daraufhin mit (Schreiben vom 26. April 2006), die Forderung in Höhe von EUR 711,36 bestehe zu Recht und der Forderungsbetrag befinde sich seit dem 27. März 2005 in der Zwangsvollstreckung, so dass die Forderung auch noch nicht verjährt sei. Die Forderung beziehe sich auf den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 19. September 1991. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2006). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beklagten zu 2) habe sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach das Bestehen der Forderung ausdrücklich bestätigt; man selbst könne die Rechtmäßigkeit der Forderung nicht überprüfen. Die Voraussetzungen für eine Verrechnung lägen mithin vor. Auch sei die Verrechnung verhältnismäßig und zweckmäßig.
Mit seiner am 14. Juli 2006 beim SG erhobenen Klage richtete sich der Kläger "gegen den Widerspruchsbescheid der Rentenversicherung (Widerspruchsstelle)". Zugleich nannte er als "Beklagte" die "Bundesagentur f. Arbeit, Regionaldirektion Baden-Württemberg" und die "Agentur für Arbeit, Weitzmannstr. 2, Ehingen". Er beantragte 1. die Prüfung, ob die Höhe der Rückzahlungsforderungen der Beklagten zu 2) von insgesamt DM 3.908,90 aus den Jahren 1989 und 1990 rechtmäßig sind, 2. Auskunft und Nachweise über Höhe und Zeitpunkt der vorgenommenen Abzüge, 3. die Aufhebung und Beendigung der Zahlungsforderungen mit Zwangseinziehung zum Jahresende 2002, 4. die Forderungsabweisung wegen Verwirkung und Verjährung sowie 5. Schadensersatz wegen betrügerischer Zahlungsmanipulation und Verrechnung überhöhter Beträge. Den Betrag von DM 3.908,90 habe er von der Beklagten zu 2) nie erhalten. Erst nach 15 Jahren sei die Beklagten zu 2) mit der Forderung an ihn herangetreten. Zudem sei die Ursprungsforderung in Höhe von DM 3.908,90 auf DM 2.312,00 gekürzt worden. Vor dem SG sei am 23. Januar 1995 ein Aufrechnungsbetrag von DM 10,00 pro Woche vereinbart worden, so dass die Beklagten zu 2) den Betrag Ende 2002 vollständig zurückerhalten habe. Im Übrigen sei nicht die "Rentenversicherung Bund" Beklagte, sondern "zwei verschiedene Arbeitsagenturen".
Die Beklagte zu 1) trat der Klage zunächst unter Hinweis auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids entgegen.
Nachdem die Beklagte zu 2), die das SG noch als Beigeladene führte (Beiladungsbeschluss vom 27. November 2006), mitgeteilt hatte (Schreiben vom 07. Februar 2007), dass die der Verrechnung zu Grunde liegende Forderung aus dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 19. September 1991 bereits seit 25. September 2001 in voller Höhe aufgerechnet worden sei, ging die Beklagten zu 1) davon aus, der Verrechnungsbescheid vom 17. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 sei gegenstandslos geworden (Schreiben vom 26. März 2007). Der Kläger nahm dieses "Anerkenntnis" nicht zur Erledigung des Rechtsstreits an. In der mündlichen Verhandlung am 29. Februar 2008, bei der der Kläger trotz Ladung, die ihm laut Zustellungsurkunde vom 29. Januar 2008 an diesem Tag zugestellt wurde und den Hinweis enthielt, dass auch im Fall des Ausbleibens von Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne, nicht teilnahm, hob die Beklagte zu 1) "klarstellend" den Bescheid vom 17. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 auf.
Mit Urteil vom 29. Februar 2008 wies das SG die Klage ab. Das Gericht sei an einer Entscheidung nicht gehindert, auch wenn der Kläger zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen sei, da er in der Terminsmitteilung darauf hingewiesen worden sei, dass auch im Falle seines Ausbleibens entschieden werden könne. Der Kläger habe sich mit seiner Klageschrift ausdrücklich gegen den Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2006 gewandt. Deshalb richte sich die Klage allein gegen die Beklagte zu 1). Die einzelnen gegen die "Beigeladene" (Beklagten zu 2) gerichteten Anträge könnten nur als unselbstständige Einwände eingestuft werden. Im Übrigen sei eine Verurteilung eines Beigeladenen nach § 75 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Die Klage sei jedoch nach Klageerhebung unzulässig geworden. Eine Verurteilung der Beklagten zu 1) komme nach Aufhebung des Bescheids vom 17. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 nicht mehr in Betracht. Denn die angefochtene Entscheidung der Beklagten zu 1) habe sich damit erledigt und Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich auf ein berechtigtes Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage berufen könne, lägen nicht vor. Auch sei ein Urteil zu Lasten der "Beigeladenen" (Beklagten zu 2) unter Berücksichtigung des § 75 Abs. 5 SGG ausgeschlossen. Hinsichtlich der Rückforderung in Höhe von DM 3.908,90 sei nicht ersichtlich, welcher konkrete Bescheid der "Beigeladenen" (Beklagten zu 2) aus Sicht des Klägers möglicherweise rechtswidrig sein solle. Außerdem sei vor Durchführung eines Klageverfahrens ein behördliches Überprüfungsverfahren durchzuführen. Soweit der Kläger Auskunft und Nachweise über Höhe und Zeitpunkt der vorgenommenen Abzüge verlange, sei ebenfalls nicht ersichtlich, dass insoweit ein entsprechender Antrag des Klägers von der durch Verwaltungsakt abgelehnt worden sei. Ohne nähere Darlegungen sei nicht erkennbar, dass der Kläger durch Vollstreckungsmaßnahmen der "Beigeladenen" (Beklagten zu 2) aus dem Jahr 2002 weiterhin beschwert sei. Die Übrigen Anträge würden sich auf die Verrechnung beziehen und seien nunmehr erledigt.
Gegen das dem Kläger laut Zustellungsurkunde am 07. März 2008 zugestellte Urteil hat dieser am 07. April 2008 schriftlich beim SG Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der Kläger beanstandet Verfahrensfehler, denn sein Klageantrag sei durch mutwilligen Beklagtenaustausch verfälscht worden. Auch sei es zu einem Ladungsversäumnis durch ein entsprechendes Anschreiben gekommen. Ein Verfahrensfehler liege auch in seiner "Abwesenheitstolerierung" durch das SG. Das SG habe nicht mit dem Vertreter der Beklagten zu 1) über seine Klage verhandeln dürfen. Auch habe das SG die Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Gründe der Entscheidung verweigert. Das SG habe seine Klage "ins Leere" laufen lassen. Er beantrage die Aufhebung des Urteils und "die ganze Klage noch mal abzuwickeln". Grund für die Klage sei die Zahlungsaufforderung der Beklagten zu 2) vom 11. Januar 2005 gewesen. In der Vergangenheit sei es bereits zu Abzügen bei seinen Einkünften gekommen.
Der Berichterstatter hat mit Beschluss vom 24. Juni 2008 den Beiladungsbeschluss des SG vom 27. November 2006 aufgehoben und den Beteiligten mitgeteilt, dass die vormalige Beigeladene fortan als Beklagte zu 2) im Verfahren vor dem LSG geführt wird.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29. Februar 2008 aufzuheben sowie 1. Prüfung, ob die Höhe der Rückzahlungsforderungen in Höhe von DM 3.908,90 aus den Jahren 1989 und 1990 rechtens sind 2. Auskunft und Nachweise über Höhe und Zeitpunkt der vorgenommenen Abzüge, 3. Aufhebung und Beendigung der Zahlungsforderungen mit Zwangseinziehung zum Jahresende 2002, 4. die Forderungsabweisung wegen Verwirkung und Verjährung und 5. Schadensersatz wegen betrügerischer Zahlungsmanipulation und Verrechnung überhöhter Beträge.
Die Beklagte zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beklagte zu 2) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe zu Recht festgestellt, dass die Klage nach Aufhebung des Bescheids vom 17. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 unzulässig geworden sei. Auch hinsichtlich der vom Kläger verfolgten übrigen Anträge schließe sie sich der Rechtsauffassung des SG an.
Der Sach- und Streitstand wurde mit den Beklagten am 28. Mai 2008 im Termin zu Erörterung des Sachverhalts erörtert. Mit Schreiben vom 25. Juni 2008 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt ist, durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von den Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (2 Bände der Beklagten zu 1), 10 Bände der Beklagten zu 2) und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
Die gemäß § 151 Abs. 1, 2 Satz 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Klagen des Klägers unzulässig (geworden) sind.
1. Der Senat konnte im Berufungsverfahren die Beklagte zu 2) nach Aufhebung des Beiladungsbeschlusses des SG vom 27. November 2006 als weitere Beklagte führen. Denn ein Beteiligtenwechsel ist auch im Berufungsverfahren noch zulässig (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 99 Rdnr. 6). Der Beteiligtenwechsel, mit dem die Beklagten im Übrigen einverstanden waren, war notwendig. Denn das SG hat die Beklagte zu 2) zu Unrecht zum Verfahren beigeladen und (nur) als Beigeladene geführt. Zwar richtete sich die Klageschrift vom 14. Juli 2006 "gegen den Widerspruchsbescheid" der Beklagten zu 1). Zugleich machte der Kläger aber hinreichend deutlich, dass er Klage gegen die Beklagte zu 2) erheben wollte. Dies ergibt sich daraus, dass er die "Bundesagentur f. Arbeit, Regionaldirektion Baden-Württemberg" und die "Agentur für Arbeit, Weitzmannstr. 2, Ehingen" ausdrücklich als "Beklagte" bezeichnete. Damit ist der Kläger den Anforderungen des § 92 Satz 1 SGG, nämlich die Beteiligten und mithin auch die Beklagte zu bezeichnen, ausreichend gerecht geworden. Selbst wenn man die Angabe in der Klageschrift als nicht ausreichend ansehen würde, hat der Kläger ebenfalls in den weiteren Schreiben vom 19. März 2007 (Blatt 17 der SG-Akte) deutlich gemacht, dass sich seine Klage auch gegen die Beklagte zu 2) richtet. Der Kläger hat ausdrücklich ausgeführt, Beklagte sei nicht "die Rentenversicherung Bund, sondern zwei verschiedene Arbeitsagenturen".
2. Weitere vom Kläger gerügte Verfahrensfehler liegen nicht vor. Das SG konnte insbesondere auch ohne Erscheinen des Klägers zur mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit verhandeln und entscheiden. Dem Kläger wurde die Ladung vom 07. Januar 2008 nach § 63 Abs. 1 Satz 2 SGG am 29. Januar 2008, mithin einen Monat vor der mündlichen Verhandlung am 29. Februar 2008, bekannt gegeben. Dies ergibt sich aus der Zustellungsurkunde vom 29. Januar 2008 (Bl. 32 der SG-Akte). Danach wurde dem Kläger durch einen Postbediensteten die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 29. Januar 2008 in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt. Nachdem die Ladung den Hinweis enthielt, dass auch im Falle des Ausbleibens von Beteiligten Beweis erhoben, verhandelt und entscheiden werden kann (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG), und die Ladungsfrist von zwei Wochen (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 1 SGG) eingehalten wurde, war das SG nicht gehindert, den Rechtsstreit des Klägers am 29. Februar 2008 - trotz dessen Nichterscheinens - zu verhandeln und zu entscheiden.
Das SG durfte nach Verkündung des Urteils am 29. Februar 2008 auch von der Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Entscheidungsgründe absehen, nachdem die (anwesenden) Beteiligten ausweislich der Niederschrift vom 29. Februar 2008 hierauf verzichtet hatten (vgl. Keller, a.a.O., § 132 Rdnr. 6).
3. Die Anfechtungsklage (Antrag Ziff. 1 und 4) gegen die Beklagte zu 1) ist im Hinblick auf die strittige Verrechnung unzulässig geworden. Denn der Kläger kann nicht mehr geltend machen, er sei durch den angefochtenen Bescheid vom 17. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 beschwert. Ihm fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Verrechnung, die bereits während des Widerspruchsverfahrens ausgesetzt wurde, hat sich durch die Aufhebung des Bescheids vom 17. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 durch die Beklagte zu 1) während des Klageverfahrens erledigt (§ 39 Abs. 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs [SGB X]). In einem solchen Fall wird die Anfechtungsklage (nachträglich) unzulässig (vgl. hierzu Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 27. März 2007 - B 13 RJ 43/05 R - = in juris veröffentlicht).
Unzulässig ist auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG. Es fehlt - wie das SG zutreffend festgestellt hat - ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Sinne dieser Vorschrift. Eine Wiederholungsgefahr ist ausgeschlossen. Denn die Beklagte zu 2) hat mitgeteilt, dass die der Verrechnung zu Grunde liegende Forderung bereits seit 25. September 2001 in voller Höhe aufgerechnet ist.
4. Die Klage gegen die Beklagte zu 2) ist ebenfalls unzulässig. Dies ergibt sich bereits daraus, dass hinsichtlich der Anträge Ziff. 1 bis 3 ein Vorverfahren, das Prozessvoraussetzung für eine Anfechtungsklage ist, fehlt.
Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG sind vor Erhebung der Anfechtungsfrage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Die Durchführung des Vorverfahrens mit abschließender Entscheidung der Verwaltung ist eine Prozessvoraussetzung, die zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens zu prüfen ist (BSG, SozR 1500 § 78 Nr. 8; Leitherer, a.a.O., § 78 Rdnr. 2). Aus den von der Beklagten zu 2) vorgelegten Verwaltungsakten ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu 2) im Rahmen eines Vorverfahrens die Höhe der ursprünglichen Rückzahlungsforderung (DM 3.908,90) nochmals überprüft hat (Antrag Ziff. 1). Im Übrigen hat der Kläger ausweislich des vor dem SG am 23. Januar 1995 geschlossenen Vergleichs in dem Verfahren S 6 Ar 2064/94 die mit dem Bescheid vom 19. September 1991 festgesetzte Erstattungspflicht anerkannt.
Eines Vorverfahrens bedarf es nach § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG nur dann nicht, wenn 1. ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder 2. der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde, oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt oder 3. ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will. Die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG, wonach es ausnahmsweise eines Vorverfahrens nicht bedarf, sind vorliegend nicht erfüllt.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu 2) Auskunft und Nachweise über Höhe und Zeitpunkt der vorgenommenen Abzüge verweigert (Antrag Ziff. 2) oder über die Aufhebung und Beendigung der Zahlungsaufforderungen mit Zwangseinziehung zum Jahresende 2002 entscheiden hat (Antrag Ziff. 3).
Im Hinblick auf den Antrag Ziff. 5 ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte zu 1) die Verrechnung zu Gunsten der Beklagte zu 2) ausgesetzt hatte und nicht ersichtlich ist, dass dem Kläger hierdurch ein Schaden entstanden ist. Nachdem das SG die Zulässigkeit des Rechtswegs im Hinblick auf den vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch, bei dem es sich um einen Amtshaftungsanspruch handelt, inzident bejaht hat, ist der Senat nach § 17a Abs. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) an die Entscheidung gebunden. Diese Vorschrift verbietet dem Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache zu entscheiden hat, die Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs auch dann, wenn es sich bei dem geltend gemachten Anspruch letztlich um einen Amtshaftungsanspruch handelt (BSG, SozR 4 - 1720 § 17a Nr. 1).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved