Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
51
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 51 AS 1396/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Beschluss:
I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid vom 17.03.2008 wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf einstweilige Anordnung zur Auszahlung der Rentennachzahlung durch die Beigeladene wird abgelehnt.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Streitig ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, wie sich eine rückwirkende Rentenbewilligung zum zwischenzeitlichen Bezug von Arbeitslosengeld II verhält.
Die 1950 geborene Antragstellerin bezieht von der Antragsgegnerin seit April 2006 Arbeitslosengeld II.
Zuletzt wurde der Antragstellerin mit Bescheid vom 04.02.2008 Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.03.2008 bis 31.08.2008 in Höhe von 911,83 Euro (Monat März) bzw. 834,50 Euro (Folgemonate) bewilligt.
Mit Rentenbescheid vom 21.02.2008 bewilligte die Beigeladene der Antragstellerin rückwirkend ab 01.10.2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 974,31 Euro (Zahlbetrag 881,76 Euro). Die laufende Zahlung erfolgt ab 01.04.2008, die Nachzahlung in Höhe von 5.305,14 Euro wurde vorläufig ein-behalten.
Mit Schreiben vom 03.03.2008 teilte der Antragstellerin der Antragsgegnerin die Rentenbewilligung mit. Mit Bescheid vom 17.03.2008 hob die Antragsgegnerin die Bewilligung von Arbeitslosengeld II wegen Wegfall der Erwerbsfähigkeit mit Wir-kung vom 01.10.2007 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf. Eine Erstattung wurde nicht verfügt. Gegen diesen Bescheid wurde am 18.04.2008 Widerspruch erhoben.
Mit Schreiben vom 14.03.2008 beantragte die Antragsgegnerin bei der Beigelade-nen die Erstattung von Arbeitslosengeld II sowie der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.03.2008. Die Beigeladene erstattete nach dem Schreiben vom 28.04.2008 die Rentennachzahlung von 5.305,14 Euro sowie Beiträge zur Krankenversicherung (830,10 Euro) und zur Pflegeversicherung (99,36 Euro), mithin insgesamt 6.234,60 Euro.
Am 05.06.2008 stellte die Antragstellerin beim Sozialgericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Die Antragsgegnerin solle unter Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 17.03.2008 verpflichtet werden, die bereits ausgezahlte Nachzahlung von 5.305,14 Euro durch die Beigeladene an die Beigeladene zurück zu zahlen. Die Aufhebung dürfe nicht rückwirkend erfolgen. Die Rentennachzahlung stünde der Antragsgegnerin nicht zu. Der Erstattungsantrag müsste von der Antragsgegnerin zurück genommen werden.
Mit Schreiben vom 30.06.2008 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Pro-zesskostenhilfe.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 17.03.2008 anzuordnen und die Beigeladene im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Rentennachzahlung an die Antragstellerin auszuzahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzuweisen.
Das Gericht hat die Rentenversicherung notwendig beigeladen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands wegen der Einzelheiten auf die Akte des Gerichts und die Akten der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die Antragstellerin möchte nach dem Wortlaut ihres Antrags, dass die Renten-nachzahlung für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.03.2008 nicht an die Antragsgeg-nerin geht, sondern trotz des gleichzeitigen Bezugs von Arbeitslosengeld II von der Antragsgegnerin an die Beigeladene zurück gezahlt wird. Im Ergebnis geht es der Antragstellerin darum, dass sie selbst die Rentennachzahlung erhält. Die An-tragstellerin begehrt hierfür einerseits die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid (siehe 1.) und eine einstweili-ge Anordnung zur Rentenachzahlung (siehe 2.). Beide Anträge bleiben ohne Er-folg.
1. Aufschiebende Wirkung des Widerspruchs
Da die Antragstellerin den Erhalt einer ursprünglich bestehenden Rechtsposition (Bewilligung der begehrten Leistung mit Bescheid vom 04.02.2008) anstrebt, ist ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft.
Nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Danach ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung vorliegend statthaft. Denn dem Widerspruch kommt nach § 39 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG keine aufschiebende Wirkung zu, da es sich bei dem Aufhebungsbescheid vom 17.03.2008 um einen Verwaltungsakt handelt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet.
Die Entscheidung nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG steht im Ermessen des Gerichts und erfolgt auf Grundlage einer Interessenabwägung. Abzuwägen sind das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des Verwaltungsaktes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verschont zu bleiben und das öffentliche Interesse an der Vollziehung der behördlichen Entscheidung. Im Rahmen dieser Interessenabwägung kommt den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache eine wesentliche Bedeutung zu. Dabei ist die Wertung des § 39 Nr. 1 SGB II zu berücksichtigen, wonach der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung der Individual- und öffentlichen Interessen (vgl. Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 39, Rn. 7) dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug prinzipiell Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Interessen einräumt. Eine Abweichung von diesem Regel-Ausnahmeverhältnis kommt nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen (vgl. BayLSG v. 13.4.2006, L 7 B 190/06 AS ER; Conradis, LPK-SGB II, § 39, Rn. 11) oder wenn ausnahmsweise besondere private Interessen überwiegen.
Hier bestehen zwar Zweifel an der Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis 31.03.2008. Es fehlt an einem Aufhebungsgrund nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X für eine rückwirkende Aufhebung. Die vergangene Zeit ist vielmehr im vorrangigen Erstattungsverfahren nach §§ 102 ff SGB X abzuwickeln (kein Wahlrecht der vor-leistenden Behörde, vgl. von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, § 107 Rn. 6; siehe im Übrigen LSG NRW Beschluss vom 08.05.2007, L 8 B 3/07 R mit Hinweis auf § 44a SGB II als Nahtlosigkeitsregelung).
Allerdings ist die Bewilligung von Arbeitslosengeld II gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X für die Zukunft ab 01.04.2008 aufzuheben. Die Antragstellerin bezieht ab diesem Zeitpunkt eine Rente und damit Einkommen in einer Höhe von 881,71 Eu-ro, das gemäß § 11 SGB II in Höhe von 851,71 Euro anzurechnen ist (Abzug des Pauschbetrags von 30,- Euro für private Versicherungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Ar-beitslosengeld II-Verordnung) und das bewilligte Arbeitslosengeld II (für die Zeit ab April 2008 monatlich 834,50 Euro) übersteigt. Damit entfällt die Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin nach § 9 Abs. 1 SGB II und nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II eine Anspruchsvoraussetzung für Arbeitslosengeld II.
Somit ist der Aufhebung für die Zeit ab 01.04.2008 nicht zu beanstanden.
Die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.03.2008 liegt vor dem Zeitpunkt, an dem der An-trag auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht eingegangen ist (05.06.2008). Es ist aber grundsätzlich nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, Ansprüche aus der Vergangenheit (Zeit vor dem Antrag an das Gericht) vorläufig zu regeln. Dies ist gegebenenfalls Aufgabe eines Hauptsacheverfahrens. Dies gilt auch im Rahmen der Interessenabwägung für Verfahren zur Anordnung der aufschieben-den Wirkung (BayLSG, Beschluss vom 21.05.2008, L 7 B 322/08 AS ER). Da im Aufhebungsbescheid vom 17.03.2008 auch keine Erstattung für die vergangenen Zeiträume verfügt wurde, besteht kein Anlass für eine Anordnung der aufschie-benden Wirkung.
2. Einstweilige Anordnung zur Rentennachzahlung
Die Antragstellerin begehrt nach dem Wortlaut ihres Antrags, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, die im Wege der Erstattung an die Antragsgegnerin ge-gangene Rentennachzahlung an die Beigeladene zurück zu zahlen.
Das Erstattungsverfahren nach §§ 102 ff SGB X bewirkt einen Ausgleich zwischen zwei Leistungsträgern. Die Antragstellerin hat hier keine Mitwirkungsrechte. Aller-dings gelten Ansprüche der Antragstellerin gegen die Beigeladene nach § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt, soweit der Erstattungsanspruch besteht.
Da die Antragstellerin nur ein Interesse daran haben kann, dass die Rentennach-zahlung im Endergebnis ihr selbst zufließt und die Erstattung zwischen den Leis-tungsträgern für sie nur insoweit von Belang ist (die Antragstellerin will ja nicht un-eigennützig Ausgaben der Beigeladenen verhindern), ist ihr Antrag entsprechend § 123 SGG dahingehend auszulegen, dass die Beigeladene ungeachtet der Er-stattung vorläufig verpflichtet wird, die Rentennachzahlung direkt an die Antrag-stellerin auszuzahlen.
Da die Antragstellerin eine Erweiterung ihrer Rechtsposition anstrebt, ist eine einstweilige Anordnung in Form einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. Das Erstattungsverfahren erfolgt zwischen den Behörden nicht in Form eines Verwaltungsaktes, so dass ein Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 SGG ausscheidet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes mit Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Eine solche Anordnung setzt sowohl einen Anordnungsanspruch (materielles Recht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird) als auch einen Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit im Sinne der Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, weil ein Abwarten auf eine Entscheidung nicht zuzumuten ist) voraus. Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung).
Im vorliegenden Fall fehlt es sowohl an einem Anordnungsanspruch als auch an einem Anordnungsgrund.
Ein Anordnungsanspruch auf Auszahlung der erstatteten Rentennachzahlung be-steht nicht. Die Antragstellerin hat im Erstattungsverfahren gegenüber der An-tragsgegnerin und gegenüber der Beigeladenen keine eigenen Rechte. Die An-tragstellerin kann Ansprüche auf Auszahlung der Rentennachzahlung auf Grund-lage des Rentenbewilligungsbescheids nur gegenüber der Beigeladenen geltend machen (vgl. von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, § 107 Rn. 2 und 9). Diese Ansprü-che sind jedoch gemäß § 107 SGB X erloschen, soweit der Erstattungsanspruch bestand.
Hier besteht ein Erstattungsanspruch der Antragsgegnerin nach § 104 Abs. 1 SGB X. Die Antragsgegnerin ist gemäß § 5 SGB II im Verhältnis zu einer Rentenbewilli-gung nachrangig verpflichtet. Die Rente ist gemäß § 9 Abs. 1, § 11 SGB II als Ein-kommen anzurechnen und mindert die Hilfebedürftigkeit und damit den Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Der Rechtsgrund für die Leistung von Arbeitslosengeld II ist nicht nachträglich weggefallen (vgl. oben keine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung und § 44a SGB II als Nahtlosigkeitsregelung), so dass kein Fall von § 103 SGB X vorliegt. Die Leistungen sind gleichartig hinsichtlich Leistungszweck und Leistungszeit. Die strittige Leistung (Rentennachzahlung) hat die Beigeladene nicht erbracht vor Kenntnis der Leistung von Arbeitslosengeld II. Der Umfang des Erstattungsanspruchs und damit das Erlöschen des Zahlungsanspruchs bemisst sich nach dem Rentenanspruch (§ 104 Abs. 3 SGB X). Berechnungsfehler sind nicht ersichtlich (vgl. Erstattungsberechnung vom 28.04.2008), insbesondere übersteigt das geleistete Arbeitslosengeld II (im strittigen Zeitraum 6.034,33 Euro) die Rentenbewilligung für diese Zeit (5.305,14 Euro), so dass die vollständige Auszahlung der Rentennachzahlung an die Antragsgegnerin zutreffend ist.
Die Antragstellerin ist nochmals darauf hinzuweisen, dass sie unter keinen Umständen das Arbeitslosengeld II und zusätzlich die Rente für die gleiche Zeit bekommen kann. Die von der Antragsgegnerin erhaltenen Leistungen werden von der Rentennachzahlung abgezogen.
Es fehlt auch an einem Anordnungsgrund. Die Antragstellerin erhält laufend eine Rente, die den bisherigen Bedarf an Arbeitslosengeld II abdeckt. Es ist keine ak-tuelle Notlage erkennbar, die eine vorläufige gerichtliche Regelung zur Abwen-dung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen lässt.
Die Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung war nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
3. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von
§ 193 SGG.
4. Prozesskostenhilfe
Prozesskostenhilfe (PKH) ist nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) einem. Antragsteller zu gewähren, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht bestand hier nicht.
I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid vom 17.03.2008 wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf einstweilige Anordnung zur Auszahlung der Rentennachzahlung durch die Beigeladene wird abgelehnt.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Streitig ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, wie sich eine rückwirkende Rentenbewilligung zum zwischenzeitlichen Bezug von Arbeitslosengeld II verhält.
Die 1950 geborene Antragstellerin bezieht von der Antragsgegnerin seit April 2006 Arbeitslosengeld II.
Zuletzt wurde der Antragstellerin mit Bescheid vom 04.02.2008 Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.03.2008 bis 31.08.2008 in Höhe von 911,83 Euro (Monat März) bzw. 834,50 Euro (Folgemonate) bewilligt.
Mit Rentenbescheid vom 21.02.2008 bewilligte die Beigeladene der Antragstellerin rückwirkend ab 01.10.2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 974,31 Euro (Zahlbetrag 881,76 Euro). Die laufende Zahlung erfolgt ab 01.04.2008, die Nachzahlung in Höhe von 5.305,14 Euro wurde vorläufig ein-behalten.
Mit Schreiben vom 03.03.2008 teilte der Antragstellerin der Antragsgegnerin die Rentenbewilligung mit. Mit Bescheid vom 17.03.2008 hob die Antragsgegnerin die Bewilligung von Arbeitslosengeld II wegen Wegfall der Erwerbsfähigkeit mit Wir-kung vom 01.10.2007 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf. Eine Erstattung wurde nicht verfügt. Gegen diesen Bescheid wurde am 18.04.2008 Widerspruch erhoben.
Mit Schreiben vom 14.03.2008 beantragte die Antragsgegnerin bei der Beigelade-nen die Erstattung von Arbeitslosengeld II sowie der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.03.2008. Die Beigeladene erstattete nach dem Schreiben vom 28.04.2008 die Rentennachzahlung von 5.305,14 Euro sowie Beiträge zur Krankenversicherung (830,10 Euro) und zur Pflegeversicherung (99,36 Euro), mithin insgesamt 6.234,60 Euro.
Am 05.06.2008 stellte die Antragstellerin beim Sozialgericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Die Antragsgegnerin solle unter Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 17.03.2008 verpflichtet werden, die bereits ausgezahlte Nachzahlung von 5.305,14 Euro durch die Beigeladene an die Beigeladene zurück zu zahlen. Die Aufhebung dürfe nicht rückwirkend erfolgen. Die Rentennachzahlung stünde der Antragsgegnerin nicht zu. Der Erstattungsantrag müsste von der Antragsgegnerin zurück genommen werden.
Mit Schreiben vom 30.06.2008 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Pro-zesskostenhilfe.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 17.03.2008 anzuordnen und die Beigeladene im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Rentennachzahlung an die Antragstellerin auszuzahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzuweisen.
Das Gericht hat die Rentenversicherung notwendig beigeladen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands wegen der Einzelheiten auf die Akte des Gerichts und die Akten der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die Antragstellerin möchte nach dem Wortlaut ihres Antrags, dass die Renten-nachzahlung für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.03.2008 nicht an die Antragsgeg-nerin geht, sondern trotz des gleichzeitigen Bezugs von Arbeitslosengeld II von der Antragsgegnerin an die Beigeladene zurück gezahlt wird. Im Ergebnis geht es der Antragstellerin darum, dass sie selbst die Rentennachzahlung erhält. Die An-tragstellerin begehrt hierfür einerseits die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid (siehe 1.) und eine einstweili-ge Anordnung zur Rentenachzahlung (siehe 2.). Beide Anträge bleiben ohne Er-folg.
1. Aufschiebende Wirkung des Widerspruchs
Da die Antragstellerin den Erhalt einer ursprünglich bestehenden Rechtsposition (Bewilligung der begehrten Leistung mit Bescheid vom 04.02.2008) anstrebt, ist ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft.
Nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Danach ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung vorliegend statthaft. Denn dem Widerspruch kommt nach § 39 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG keine aufschiebende Wirkung zu, da es sich bei dem Aufhebungsbescheid vom 17.03.2008 um einen Verwaltungsakt handelt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet.
Die Entscheidung nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG steht im Ermessen des Gerichts und erfolgt auf Grundlage einer Interessenabwägung. Abzuwägen sind das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des Verwaltungsaktes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verschont zu bleiben und das öffentliche Interesse an der Vollziehung der behördlichen Entscheidung. Im Rahmen dieser Interessenabwägung kommt den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache eine wesentliche Bedeutung zu. Dabei ist die Wertung des § 39 Nr. 1 SGB II zu berücksichtigen, wonach der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung der Individual- und öffentlichen Interessen (vgl. Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 39, Rn. 7) dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug prinzipiell Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Interessen einräumt. Eine Abweichung von diesem Regel-Ausnahmeverhältnis kommt nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen (vgl. BayLSG v. 13.4.2006, L 7 B 190/06 AS ER; Conradis, LPK-SGB II, § 39, Rn. 11) oder wenn ausnahmsweise besondere private Interessen überwiegen.
Hier bestehen zwar Zweifel an der Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis 31.03.2008. Es fehlt an einem Aufhebungsgrund nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X für eine rückwirkende Aufhebung. Die vergangene Zeit ist vielmehr im vorrangigen Erstattungsverfahren nach §§ 102 ff SGB X abzuwickeln (kein Wahlrecht der vor-leistenden Behörde, vgl. von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, § 107 Rn. 6; siehe im Übrigen LSG NRW Beschluss vom 08.05.2007, L 8 B 3/07 R mit Hinweis auf § 44a SGB II als Nahtlosigkeitsregelung).
Allerdings ist die Bewilligung von Arbeitslosengeld II gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X für die Zukunft ab 01.04.2008 aufzuheben. Die Antragstellerin bezieht ab diesem Zeitpunkt eine Rente und damit Einkommen in einer Höhe von 881,71 Eu-ro, das gemäß § 11 SGB II in Höhe von 851,71 Euro anzurechnen ist (Abzug des Pauschbetrags von 30,- Euro für private Versicherungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Ar-beitslosengeld II-Verordnung) und das bewilligte Arbeitslosengeld II (für die Zeit ab April 2008 monatlich 834,50 Euro) übersteigt. Damit entfällt die Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin nach § 9 Abs. 1 SGB II und nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II eine Anspruchsvoraussetzung für Arbeitslosengeld II.
Somit ist der Aufhebung für die Zeit ab 01.04.2008 nicht zu beanstanden.
Die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.03.2008 liegt vor dem Zeitpunkt, an dem der An-trag auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht eingegangen ist (05.06.2008). Es ist aber grundsätzlich nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, Ansprüche aus der Vergangenheit (Zeit vor dem Antrag an das Gericht) vorläufig zu regeln. Dies ist gegebenenfalls Aufgabe eines Hauptsacheverfahrens. Dies gilt auch im Rahmen der Interessenabwägung für Verfahren zur Anordnung der aufschieben-den Wirkung (BayLSG, Beschluss vom 21.05.2008, L 7 B 322/08 AS ER). Da im Aufhebungsbescheid vom 17.03.2008 auch keine Erstattung für die vergangenen Zeiträume verfügt wurde, besteht kein Anlass für eine Anordnung der aufschie-benden Wirkung.
2. Einstweilige Anordnung zur Rentennachzahlung
Die Antragstellerin begehrt nach dem Wortlaut ihres Antrags, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, die im Wege der Erstattung an die Antragsgegnerin ge-gangene Rentennachzahlung an die Beigeladene zurück zu zahlen.
Das Erstattungsverfahren nach §§ 102 ff SGB X bewirkt einen Ausgleich zwischen zwei Leistungsträgern. Die Antragstellerin hat hier keine Mitwirkungsrechte. Aller-dings gelten Ansprüche der Antragstellerin gegen die Beigeladene nach § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt, soweit der Erstattungsanspruch besteht.
Da die Antragstellerin nur ein Interesse daran haben kann, dass die Rentennach-zahlung im Endergebnis ihr selbst zufließt und die Erstattung zwischen den Leis-tungsträgern für sie nur insoweit von Belang ist (die Antragstellerin will ja nicht un-eigennützig Ausgaben der Beigeladenen verhindern), ist ihr Antrag entsprechend § 123 SGG dahingehend auszulegen, dass die Beigeladene ungeachtet der Er-stattung vorläufig verpflichtet wird, die Rentennachzahlung direkt an die Antrag-stellerin auszuzahlen.
Da die Antragstellerin eine Erweiterung ihrer Rechtsposition anstrebt, ist eine einstweilige Anordnung in Form einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. Das Erstattungsverfahren erfolgt zwischen den Behörden nicht in Form eines Verwaltungsaktes, so dass ein Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 SGG ausscheidet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes mit Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Eine solche Anordnung setzt sowohl einen Anordnungsanspruch (materielles Recht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird) als auch einen Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit im Sinne der Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, weil ein Abwarten auf eine Entscheidung nicht zuzumuten ist) voraus. Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung).
Im vorliegenden Fall fehlt es sowohl an einem Anordnungsanspruch als auch an einem Anordnungsgrund.
Ein Anordnungsanspruch auf Auszahlung der erstatteten Rentennachzahlung be-steht nicht. Die Antragstellerin hat im Erstattungsverfahren gegenüber der An-tragsgegnerin und gegenüber der Beigeladenen keine eigenen Rechte. Die An-tragstellerin kann Ansprüche auf Auszahlung der Rentennachzahlung auf Grund-lage des Rentenbewilligungsbescheids nur gegenüber der Beigeladenen geltend machen (vgl. von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, § 107 Rn. 2 und 9). Diese Ansprü-che sind jedoch gemäß § 107 SGB X erloschen, soweit der Erstattungsanspruch bestand.
Hier besteht ein Erstattungsanspruch der Antragsgegnerin nach § 104 Abs. 1 SGB X. Die Antragsgegnerin ist gemäß § 5 SGB II im Verhältnis zu einer Rentenbewilli-gung nachrangig verpflichtet. Die Rente ist gemäß § 9 Abs. 1, § 11 SGB II als Ein-kommen anzurechnen und mindert die Hilfebedürftigkeit und damit den Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Der Rechtsgrund für die Leistung von Arbeitslosengeld II ist nicht nachträglich weggefallen (vgl. oben keine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung und § 44a SGB II als Nahtlosigkeitsregelung), so dass kein Fall von § 103 SGB X vorliegt. Die Leistungen sind gleichartig hinsichtlich Leistungszweck und Leistungszeit. Die strittige Leistung (Rentennachzahlung) hat die Beigeladene nicht erbracht vor Kenntnis der Leistung von Arbeitslosengeld II. Der Umfang des Erstattungsanspruchs und damit das Erlöschen des Zahlungsanspruchs bemisst sich nach dem Rentenanspruch (§ 104 Abs. 3 SGB X). Berechnungsfehler sind nicht ersichtlich (vgl. Erstattungsberechnung vom 28.04.2008), insbesondere übersteigt das geleistete Arbeitslosengeld II (im strittigen Zeitraum 6.034,33 Euro) die Rentenbewilligung für diese Zeit (5.305,14 Euro), so dass die vollständige Auszahlung der Rentennachzahlung an die Antragsgegnerin zutreffend ist.
Die Antragstellerin ist nochmals darauf hinzuweisen, dass sie unter keinen Umständen das Arbeitslosengeld II und zusätzlich die Rente für die gleiche Zeit bekommen kann. Die von der Antragsgegnerin erhaltenen Leistungen werden von der Rentennachzahlung abgezogen.
Es fehlt auch an einem Anordnungsgrund. Die Antragstellerin erhält laufend eine Rente, die den bisherigen Bedarf an Arbeitslosengeld II abdeckt. Es ist keine ak-tuelle Notlage erkennbar, die eine vorläufige gerichtliche Regelung zur Abwen-dung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen lässt.
Die Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung war nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
3. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von
§ 193 SGG.
4. Prozesskostenhilfe
Prozesskostenhilfe (PKH) ist nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) einem. Antragsteller zu gewähren, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht bestand hier nicht.
Rechtskraft
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