L 6 Kg 1183/89

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 12 Kg 165/88
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 Kg 1183/89
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Auch eine mehr als dreijährige Dauer der Ableistung von Polizeivollzugsdienst, kann, bei anschließender Fortsetzung der Berufsausbildung, die Weitergewährung des Kindergeldes gem. § 2 Abs. 3 Nr. 2 BKGG über das 27. Lebensjahr hinaus rechtfertigen.
Voraussetzung ist jedoch, daß die ursprüngliche Absicht, den Polizeivollzugsdienst auf drei Jahre zu beschränken, nur deshalb nicht realisiert wurde, weil ein Studien- oder sonstiger Ausbildungsplatz zu diesem Zeitpunkt nicht zur Verfügung stand und die sich anschließende Zeit nur der Überbrückung bis zur Erlangung eines solchen Platzes dient (Fortführung von BSG SozR 5870 § 2 Nr. 23).
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 5. September 1989 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Kindergeld für seinen Sohn auch über dessen 27. Lebensjahr hinaus zusteht.

Der Sohn des Klägers ist am 1960 geboren. Er legte im sein Abitur ab. Am 1980 trat der Sohn des Klägers als Polizeivollzugsbeamter in den Dienst des Landes Hessen. Er war der Hessischen Bereitschaftspolizei zugewiesen. Bis 1982 war er Polizeiwachtmeister auf Probe. Mit Wirkung 1982 wurde er zum Polizeioberwachtmeister und 1983 zum Polizeihauptwachtmeister ernannt. Am 1984 beantragte er die Entlassung aus dem Dienst. Diese Entlassung ist mit Ablauf des erfolgt.

Am 1983 hatte sich der Sohn des Klägers erstmals ohne Erfolg für das Wintersemester um einen Studienplatz im Studiengang bei der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) beworben. Zum 1984 nahm an der -Universität ein Studium der Betriebswirtschaft auf. Das Studium wurde 1988 abgeschlossen.

Von 1984 an bezog der Kläger für seinen Sohn Kindergeld. Durch Bescheid vom 1987 wurde die Bewilligung des Kindergeldes mit Ablauf des Monats 1987 aufgehoben, nachdem der Sohn des Klägers in diesem Monat das 27. Lebensjahr vollendet hatte.

Am 1987 beantragte der Kläger unter Hinweis auf den von seinem Sohn abgeleisteten Polizeivollzugsdienst die Weitergewährung des Kindergeldes über den Monat 1987 hinaus. Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 1987 diesen Antrag mit der Begründung ab, der Sohn des Klägers habe schon mehr als drei Jahre Polizeivollzugsdienst geleistet, so daß die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) nicht erfüllt seien. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 1988 zurückgewiesen. Im Widerspruchsbescheid führte die Beklagte aus, nach dem Sinn des § 2 Abs. 3 Nr. 2 BKGG komme eine Berücksichtigung des Kindes über das 27. Lebensjahr hinaus nur dann in Betracht, wenn tatsächlich nach Ablauf von drei Jahren des freiwilligen Polizeivollzugsdienstes auf eigenen Wunsch ein Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis erfolge, um eine Berufsausbildung aufzunehmen. In der Regel könne dann davon ausgegangen werden, daß die freiwillige Dienstverpflichtung nur zum Zwecke der Erfüllung der Wehrdienstpflicht erfolgt sei. Scheide ein Polizeibeamter aber erst nach Ablauf dieser drei Jahre aus dem Polizeidienst aus, könne diese Vermutung nicht aufrechterhalten bleiben. Vielmehr müsse dann davon ausgegangen werden, daß hier ursprünglich eine zeitlich nicht begrenzte Berufsausübung angestrebt worden sei. Dies schließe eine Kindergeldgewährung nach Vollendung des 27. Lebensjahres aus.

Der Kläger hat dagegen Klage erhoben und beantragt, die Bescheide vom 1987 und vom 1987 sowie den Widerspruchsbescheid vom 1988 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Kindergeld über das 27. Lebensjahr hinaus für die Zeit von Juni 1987 bis August 1988 zu zahlen. Durch Urteil vom 5. September 1989 hat das Sozialgericht Gießen unter Zulassung der Berufung den Bescheid vom 1987 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1988 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, Kindergeld für den Sohn des Klägers über das 27. Lebensjahr hinaus in gesetzlichem Umfang zu gewähren. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Beklagte wurde gleichzeitig dazu verurteilt, die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe für seinen Sohn Kindergeld auch für die Zeit nach Vollendung von dessen 27. Lebensjahr zu. Zwar sei bei einer über drei Jahre hinausgehenden freiwilligen Ausübung des Wehr- bzw. Polizeidienstes in der Regel davon auszugehen, daß der betreffende Soldat bzw. Polizist unabhängig von der gesetzlichen Wehrpflicht den berufsähnlichen Status eines Soldaten bzw. Polizisten erreichen wolle und sich nicht vorwiegend wegen der Wehrpflicht und anstelle des zu leistenden Grundwehrdienstes freiwillig verpflichtet habe. Bei einer freiwilligen Verpflichtung zur Wehrdienstleistung von mehr als drei Jahren bestehe deshalb eine Vermutung dafür, daß ihr Grund nicht vorwiegend darin liege, die gesetzliche Wehrpflicht zu erfüllen, so daß auch die Rechtfertigung entfalle, diesen Dienst als Verlängerungstatbestand für den Bezug des Kindergeldes über das allgemeine Höchstalter von 27 Jahren hinaus anzuerkennen. Hätte der Polizeidienst des Sohnes des Klägers am 1983 geendet, dann hätte dies allerdings auch vorliegend dazu geführt, daß sein Sohn ohne weiteres über die Vollendung seines 27. Lebensjahres hinaus für längstens 15. Monate bei fortdauerndem Studium weiter als Kind im Sinne des Bundeskindergeldgesetzes hätte berücksichtigt werden müssen. Eine Änderung dieses Sachverhalts sei aber nicht dadurch eingetreten, daß der Sohn des Klägers nach Ablauf dieser drei Jahre noch weitere sechs Monate im Polizeivollzugsdienst verblieben sei. Der Grund hierfür liege nämlich darin, daß sich sein Sohn zunächst erfolglos um einen Studienplatz im Fachbereich zum Wintersemester bemüht gehabt habe. Durch die Weiterverpflichtung bis 1984 sei es dann möglich geworden, zum frühestmöglichen Zeitpunkt, nämlich dem Sommersemester 1984 das Studium aufzunehmen. Einer weiteren Berücksichtigung hätte es nämlich nicht entgegengestanden, wenn der Sohn des Klägers den Polizeivollzugsdienst entsprechend seiner ursprünglichen Planung bereits nach drei Jahren beendet hätte und die Zwischenzeit bis zum Beginn des Sommersemesters 1984 in irgendeiner anderen Weise überbrückt hätte. Eine verfassungskonforme Anwendung des § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BKGG gebiete es jedoch, gemessen an dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz, auch eine freiwillige Verlängerung des Polizeivollzugsdienstes im Anschluß an einen aufgrund freiwilliger Verpflichtung geleisteten Polizeivollzugsdienst von drei Jahren als ebenso unschädlich für die weitere Berücksichtigung des Kindes über das 27. Lebensjahr hinaus anzusehen, wie jede andere Beschäftigung oder Tätigkeit, wenn damit nur die Zeit zwischen dem Ende des 3-jährigen Dienstes und dem frühestmöglichen Zeitpunkt überbrückt werde, zu dem die Berufsausbildung begonnen oder fortgesetzt werden könne. Aus dem Verhalten des Sohnes des Klägers könne geschlossen werden, daß er innerhalb des 3-Jahres-Zeitraums den Polizeidienst habe beenden wollen, um ein Studium aufzunehmen, dies aber aus Gründen, die ihm nicht zuzurechnen seien, nicht gelungen sei. Der Beweggrund für die weitere Verpflichtung habe somit nicht darin gelegen, einen "berufsähnlichen Status” zu erreichen, sondern lediglich darin, die Zeit bis zum frühestmöglichen Zeitpunkt der Aufnahme der Schul- oder Berufsausbildung zu überbrücken, zumal dieser Zeitraum ein Semester nicht überschritten habe. Soweit sich der Kläger gegen den Aufhebungsbescheid vom 1987 gewandt habe, sei die Klage insoweit abzuweisen gewesen. Dieser Aufhebungsbescheid sei rechtskräftig geworden und im übrigen auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden gewesen, da er von seinem Regelungsinhalt her lediglich festgestellt habe, daß der generelle Kindergeldanspruch mit Ablauf des 27. Lebensjahres geendet habe. Die Ausnahmetatbestände des § 2 Abs. 3 BKGG seien insoweit nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides gewesen.

Gegen das der Beklagten am 1989 zugestellte Urteil richtet sich die am 1989 eingegangene Berufung. Die Beklagte ist der Meinung, die freiwillige Verpflichtung zum Polizeivollzugsdienst führe im Falle des Sohnes des Klägers im Hinblick auf deren Dauer zu einem Ausschluß des Kindergeldanspruchs über das 27. Lebensjahr hinaus. Bei einer freiwilligen Verpflichtung zum Polizeivollzugsdienst sei es rechtlich nicht möglich, die Dauer des Dienstes von vorneherein zu begrenzen. Dies müsse dazu führen, daß der Polizeivollzugsdienst tatsächlich nach drei Jahren aufgegeben werde, um die Annahme zu rechtfertigen, daß die freiwillige Dienstverpflichtung nur zum Zwecke der Erfüllung der Wehrdienstpflicht erfolgt sei. Denn durch die Tätigkeit im Polizeidienst werde – anders als beim Wehrdienstleistenden – ein beruflicher Status als Polizeibeamter erreicht. Werde der Polizeivollzugsdienst für die Dauer von mehr als drei Jahren ausgeübt, müsse davon ausgegangen werden, daß ursprünglich eine zeitlich nicht begrenzte Berufsausübung angestrebt gewesen sei. Mit zunehmender Länge der Dienstverpflichtung werde das Element der Freiwilligkeit gegenüber der Erfüllung der allgemeinen Wehrpflicht in den Vordergrund gerückt. Auch die materiellen Vorteile, die einem Polizeibeamten geboten würden, fielen dabei erheblich ins Gewicht. Auch aus Gründen der Rechtssicherheit sei deshalb an dem 3-Jahreszeitraum festzuhalten.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 5. September 1989 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält das sozialgerichtliche Urteil für zutreffend. Er führt aus, sein Sohn habe von Anfang an nach Ablegung des Abiturs und vorübergehender Ableistung des Polizeivollzugsdienstes vorgehabt, ein Studium aufzunehmen. Der Polizeivollzugsdienst habe deshalb lediglich zur Überbrückung gedient. Ursprünglich sei die Studienaufnahme für das Wintersemester 1983/84 vorgesehen gewesen. Der ablehnende Bescheid der ZVS habe dies jedoch verhindert. Sein Sohn habe in erster Linie den Studiengang angestrebt gehabt. Erst als zweite Alternative sei das Studium der in Betracht gekommen. Als ihn die Ablehnung der ZVS erreicht habe, habe er sich dann zur Überbrückung bis zum Beginn des Sommersemesters 1984 entschlossen, vorübergehend den Polizeivollzugsdienst fortzusetzen. Den Polizeivollzugsdienst habe er niemals als Lebensberuf angesehen, sondern lediglich anstelle des Wehrdienstes abgeleistet.

Vom Senat wurde eine Auskunft bei der Direktion der Hessischen Bereitschaftspolizei über die Dienstleistung des Klägers eingeholt. In der erteilten Auskunft von 1990 wurde die Frage verneint, ob aktenkundige Hinweise darüber bestünden, daß der Sohn des Klägers den Polizeidienst nur für eine auf drei Jahre begrenzte Zeit habe ausüben wollen.

Der Sohn des Klägers, wurde in der mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 1990 als Zeuge gehört. Auf die darüber gefertigte Sitzungsniederschrift wird ebenso Bezug genommen wie auf den gesamten weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogene Leistungsakte der Beklagten ( ).

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und kraft Zulassung statthafte Berufung (§§ 151, 150 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht dazu verurteilt, dem Kläger Kindergeld für seinen Sohn auch über dessen 27. Lebensjahr hinaus in gesetzlichem Umfang zu gewähren. Daß der vom Sohn des Klägers abgeleistete Polizeivollzugsdienst nicht nur drei, sondern insgesamt dreieinhalb Jahre angedauert hat, steht der Weiterbewilligung von Kindergeld über das 27. Lebensjahr hinaus nicht entgegen.

Kindergeld wird für Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden, nach § 2 Abs. 3 Satz 1 BKGG grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres gewährt. Da der Sohn des Klägers im 1987 das 27. Lebensjahr vollendet hatte, kann eine Weitergewährung des Kindergeldes über das 27. Lebensjahr hinaus nur nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 3 BKGG erfolgen. Nach der hier allein in Betracht kommenden Alternative des § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BKGG wird ein sich in der Berufsausbildung befindliches Kind, das sich freiwillig für eine Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst oder Polizeivollzugsdienst, der anstelle des Wehr- oder Zivildienstes abgeleistet wird, verpflichtet hat, für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des gesetzlichen Grundwehrdienstes über das 27. Lebensjahr hinaus berücksichtigt. Diese Voraussetzungen liegen beim Sohn des Klägers vor.

Der Sohn des Klägers war nach Ablegung des Abiturs im Oktober 1980 in den Polizeivollzugsdienst des Landes Hessen eingetreten. Indes erfolgte dieser Eintritt in den Polizeivollzugsdienst ohne eine vorherige zeitliche Befristung. Eine solche Befristung war hinsichtlich des vom Sohn des Klägers eingegangenen Dienstverhältnisses auch gar nicht möglich. Denn anders als bei der freiwilligen Ableistung des Wehrdienstes, bei der eine vorherige zeitliche Befristung im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 Soldatengesetz), kennen die §§ 187 ff. Hessisches Beamtengesetz (HBG) bzw. die Verordnung über die Laufbahnen des hessischen Polizeivollzugsdienstes (HPolLVO) den befristeten Polizeivollzugsdienst grundsätzlich nicht. Wenn dennoch der Polizeivollzugsdienst, der nach § 42 Wehrpflichtgesetz (WPfeG) anstelle des Wehrdienstes abgeleistet wird, seinerseits einen Verlängerungstatbestand i.S.v. § 2 Abs. 3 Nr. 2 BKGG darstellt, der der zeitlich befristeten freiwilligen Wehrdienstverpflichtung gleichgestellt ist, ohne daß Polizeivollzugsdienst die vorherige zeitliche Befristung der eingegangenen Verpflichtung vereinbart und damit unwiderleglich vermutet werden kann, daß der Grund seiner Ableistung gerade nicht in der Erlangung eines berufsähnlichen Status liegt, ist allein maßgeblich, welcher tatsächliche – innere – Wille bei der Verpflichtung zu diesem Polizeivollzugsdienst bestanden hat, als die Verpflichtung zu seiner Ableistung eingegangen worden ist. Sollte der Polizeivollzugsdienst danach nicht nur vorübergehend ausgeübt, sondern der eigentliche Lebensberuf werden, dann kommt eine Gleichstellung mit dem freiwillig Wehrdienstleistenden, der sich auf höchstens drei Jahre verpflichtet hat, nicht in Betracht. War der Polizeivollzugsdienst jedoch von vornherein als Wehrdienstersatz für einen bis zu drei Jahre dauernden Zeitraum gedacht, dann ist eine solche Gleichstellung mit der freiwilligen dreijährigen Wehrdienstverpflichtung, die ihrerseits zu einer Verlängerung der Kindergeldberechtigung führen kann, vorzunehmen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht der Senat beim Sohn des Klägers von einer solchermaßen erfolgten "ersatzweisen” Ableistung des Polizeivollzugsdienstes aus. Der Sohn des Klägers hat in einer für den Senat glaubhaften Weise als Zeuge bekundet, daß er nach dem Abitur vor hatte, ein Studium aufzunehmen. Weil er nach der Musterung jedoch damit rechnen mußte, zum Wehrdienst eingezogen zu werden, überlegte er sich Alternativen, um diese Zeit besser nutzen zu können, als dies – aus seiner Sicht – durch die Ableistung des Wehrdienstes möglich gewesen wäre. Dies führte zu der Überlegung, in den Polizeivollzugsdienst einzutreten. Von Anfang an hatte dabei der Sohn des Klägers vor, die Dauer des Polizeivollzugsdienstes auf einen Zeitraum von drei Jahren zu begrenzen, um dann seine Studienpläne zu realisieren. Mit diesen drei Jahren wollte er zugleich sicherstellen, nicht mehr zu Wehrübungen herangezogen zu werden.

Wenn der Sohn des Klägers dabei bekundete, sich zum damaligen Zeitpunkt eine Möglichkeit von vielleicht 10 % offengehalten zu haben, ggfs. auch über diesen Zeitraum hinaus bei der Polizei zu verbleiben, so bezog er dies ausdrücklich auf unkalkulierbare Umstände im persönlichen Bereich, die möglicherweise eine andere Entscheidung als das Studium erzwingen würden. Dies steht dem Willen auf eine zeitliche Befristung indes nicht entgegen. Auch jemand, der sich freiwillig zum Wehrdienst für eine bestimmte Zeit verpflichtet, braucht nicht von vorne herein vollkommen auszuschließen, den Wehrdienst jedenfalls dann fortzusetzen, wenn sich Umstände einstellen, die eine beabsichtigte spätere Ausbildung etwa durch ein Hochschulstudium nicht mehr ermöglichen.

Nachdrücklich unterstrichen wird die vorgesehene zeitliche Befristung durch die Bewerbung des Sohnes um einen Studienplatz bei der ZVS im Juni 1983 für das anschließende Wintersemester 1983/84. Durch diese Bewerbung, deren Ernsthaftigkeit für den Senat nicht in Frage steht, wird deutlich, daß der Sohn des Klägers tatsächlich nach Ablauf von drei Jahren aus dem Polizeivollzugsdienst ausscheiden und das ursprüngliche Vorhaben eines Hochschulstudiums wieder aufgreifen wollte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Umstand, daß der Sohn des Klägers, nachdem seinem Antrag auf Zuweisung eines Studienplatzes nicht entsprochen worden war, die Zeit des Polizeivollzugsdienstes um ein halbes Jahr verlängerte, bevor er dann im Sommersemester 1984 – dem nächstmöglichen Studienbeginn – unter Verzicht auf seinen Plan zum Studium der , das -Studium aufnahm, der Annahme des Verzögerungstatbestandes des § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BKGG nicht entgegen. Denn hinsichtlich dieser Verlängerung des Polizeivollzugsdienstes kann nach Auffassung des Senats nichts anderes gelten als bei der Verlängerung des freiwilligen Wehrdienstes im Anschluß an einen aufgrund freiwilliger Verpflichtung geleisteten Wehrdienst. Ebenso wie dort (vgl. BSG Urteil vom 20. Oktober 1981 – 10/8b RKg 16/80 = SozR 5870 § 2 Nr. 23) gebietet es eine verfassungskonforme Anwendung des § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BKGG, gemessen an dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) auch einen freiwilligen Polizeivollzugsdienst, der die ursprünglich geplante zeitliche Befristung überschreitet, als ebenso unschädlich für die weitere Berücksichtigung des Kindes über das 27. Lebensjahr hinaus zu werten, wie jede andere Beschäftigung oder Tätigkeit, wenn damit nur die Zeit zwischen dem Ende des dreijährigen Dienstes und dem frühestmöglichen Zeitpunkt überbrückt wird, zu dem die Berufsausbildung begonnen oder fortgesetzt werden kann.

Frühestmöglicher Zeitpunkt nach Ablehnung einer Zulassung zum Wintersemester 1983/84 war vorliegend für die Aufnahme eines Studiums das Sommersemester 1984. Unmittelbar vor dessen Ende hat der Sohn des Klägers den Polizeivollzugsdienst dann auch tatsächlich beendet. Der Beweggrund für die weitere Verpflichtung über die Dauer von drei Jahren hinaus lag – auch dies hat die Einvernahme des Sohnes des Klägers ergeben – nicht darin, einen weitergehenden berufsähnlichen Status als Polizeivollzugsbediensteter zu erreichen, sondern allein darin, die Zeit bis zu einem frühestmöglichen Beginn des Studiums sinnvoll überbrücken zu können.

Da auch die übrigen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung vorliegen, steht dem Sohn des Klägers für die Zeit ab Juni 1987 für die Dauer von längstens 15 Monaten (§ 5 Abs. 1 Satz 4 WPflG) das begehrte Kindergeld zu.

Die Berufung der Beklagten war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision hat der Senat gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Saved