L 6 Ar 992/86

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 5 Ar 31/85
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 Ar 992/86
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die isolierte Anfechtungsklage bezüglich eines negativen Zusatzes im positiven Grund-Bescheid nach § 72 Abs. 1 Satz 4 AFG ist dann zulässig, wenn der nachfolgende Leistungsantrag nach § 72 Abs. 2 AFG noch nicht gestellt ist (vgl. Urteil des BSG vom 28. Juli 1987 – 7 RAr 92/85); Rechtsschutzinteresse besteht, wenn ein solcher Antrag noch gestellt werden kann.
2. Die drei-monatige Ausschlußfrist nach § 72 Abs. 2 AFG zur Beantragung von Kurzarbeitergeld wird durch das anhängige Verfahren bezüglich der Grundentscheidung nach § 72 Abs. 1 Satz 4 AFG gehemmt (vgl. Urteil des BSG vom 30. Mai 1978 – 7/12 RAr 100/76 –, bei dem diese Frage offengelassen wurde).
3. In dem positiven Grundbescheid nach § 72 Abs. 1 Satz 4 AFG ist kein Raum für einen Zusatz, wonach eine bestimmte Zahl von Arbeitnehmern auf einer bestimmten Baustelle von der Bewilligung des Kurzarbeitergeldes ausgeschlossen ist. Feststellungen dieser Art stellen einen Vorgriff auf eine Entscheidung im Rahmen des nachfolgenden Leistungsbescheides nach § 72 Abs. 2 AFG dar.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 12. Juni 1986 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren und des Beigeladenen für beide Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

In dem Rechtsstreit geht es um das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld (Kug).

Die Klägerin ist ein Bauunternehmen, das Hochbau, Tief- und Straßenbau betreibt und im streitigen Zeitraum ca. 130 bis 140 Arbeitnehmer beschäftigte.

Am 7. Dezember 1984 zeigte die Klägerin bei der Beklagten an, daß ihre Betriebsabteilung Hochbau mit insgesamt 48 Beschäftigten für die Zeit vom 10. Dezember 1984 bis voraussichtlich 30. Mai 1985 wegen Auftragsmangels kurzarbeiten werde.

Mit Bescheid vom 29. Januar 1985 gewährte die Beklagte (dem Grunde nach) für die Betriebsabteilung Hochbau der Klägerin Kug für die Zeit vom 10. Dezember 1984 bis längstens 30. Mai 1985 und wies formularmäßig darauf hin, daß Kug jeweils für einen Zeitraum von mindestens vier Wochen zu beantragen sei und der Antrag innerhalb einer Ausschlußfrist von drei Monaten beim Arbeitsamt einzureichen sei. Der Bescheid enthielt folgenden Zusatz:

"Bis zur Fertigstellung der nachstehenden Bauobjekte sind die acht Beschäftigten auf der Baustelle Amtsgericht W. und die neun Arbeitnehmer auf der Baustelle Spilburg Kaserne in W. von der Bewilligung des Kurzarbeitergeldes ausgeschlossen, da durch das vorhandene Gesamtbauvolumen die Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls nicht gegeben ist.”

Am 1. Februar 1985 hat die Klägerin hiergegen Widerspruch erhoben und unter anderem vorgetragen, daß für die Baustelle Amtsgericht W. zur Zeit vom Staatsbauamt Umplanungen vorgenommen würden, so daß dort nicht voll durchgearbeitet werden könne.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 1985 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, es habe sich herausgestellt, daß entgegen den Angaben der Klägerin bei der Baustelle Amtsgericht W. kein unvermeidbarer Arbeitsausfall entstehe. Vom Staatsbauamt würden Nachtragsaufträge erteilt, durch die der Arbeitsablauf in keiner Weise unterbrochen werde. Es müsse davon ausgegangen werden, daß witterungsbedingter Arbeitsausfall durch die Schlechtwettergeldregelung abgedeckt werden könne.

Am 18. März 1985 hat die Klägerin Klage erhoben zunächst mit dem Ziel der Verurteilung der Beklagten, die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld bezüglich des Arbeitsausfalles auf der Baustelle Amtsgericht W. anzuerkennen. Der Antrag wurde später dahin umgestellt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben, soweit darin die auf der Baustelle "Amtsgericht W.” beschäftigten Arbeitnehmer von der Bewilligung des Kurzarbeitergeldes ausgeschlossen worden seien.

Die Klägerin hat unter anderem vorgetragen, daß ein Arbeitsausfall an der Baustelle Amtsgericht W. dadurch eingetreten sei, daß ein Anschlußauftrag erst am 8. Februar 1985 erteilt worden sei.

Mit Urteil vom 12. Juni 1986 (S-5/Ar-31/85) hat das Sozialgericht Marburg entsprechend dem Antrag der Klägerin entschieden und dies im wesentlichen damit begründet, die Klage gegen den Zusatz im Bescheid vom 29. Januar 1985 sei zulässig, da es sich insoweit um eine eigenständige Regelung handele. Die auf die Anzeige über Arbeitsausfall gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 AFG zu treffende Entscheidung, ob für einen Betrieb oder eine Betriebsabteilung die Voraussetzungen für die Gewährung von Kug anerkannt würden und die auf den Antrag auf Gewährung von Kug im Sinne des § 72 Abs. 2 AFG zu treffende Bewilligungsentscheidung seien streng voneinander zu unterscheiden. Mit dem Zusatz zum angefochtenen Bescheid habe die Beklagte aber bereits eine Entscheidung getroffen, die sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht habe treffen dürfen, da sie mangels eines konkreten Leistungsantrages noch nicht gewußt habe, welche namentlich benannten Arbeitnehmer auf der Baustelle "Amtsgericht W. beschäftigt sein würden. Soweit es zu diesem frühen Zeitpunkt geboten sein könnte, einem Arbeitgeber zur Vermeidung späterer Nachteile einen Hinweis wegen später möglicher Nichtanerkennung zu geben, dürfe jedenfalls kein Versagungsbescheid bezüglich einzelner Arbeitnehmer bzw. Gruppen von Arbeitnehmern ergehen, wenn allein zu entscheiden sei, ob ein Betrieb oder eine Betriebsabteilung die Voraussetzungen für die Gewährung von Kug erfülle. Die Klägerin, die letztlich die Gewährung von Kug für die auf der Baustelle "Amtsgericht W. beschäftigten Arbeitnehmer begehre, werde ihren Anspruch im Rahmen einer Antragstellung gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 AFG weiter zu verfolgen haben. Auch wenn anerkannt sei, daß dieser Antrag gemeinsam mit der Erstattung der Anzeige über Arbeitsausfall gestellt werden könne, sei es der Kammer nicht möglich gewesen, eine Entscheidung der zwischen den Beteiligten streitigen Frage über das Vorliegen eines unvermeidbaren Arbeitsausfalles auf der Baustelle "Amtsgericht W.” zu treffen, nicht zuletzt deshalb, weil die Klägerin ihr diesbezügliches Klagevorbringen trotz entsprechender Auflagen des Gerichtes auch nach mehrfachen Erinnerungen nicht substantiiert habe. Das Sozialgericht hat die Berufung im Tenor des Urteils zugelassen.

Gegen das ihr am 25. Juni 1986 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. Juli 1986 Berufung eingelegt. Die Beklagte trägt vor, das Sozialgericht irre, wenn es die mit Bescheid vom 29. Januar 1985 ausgesprochene Teilablehnung als dem nachfolgenden Antragsverfahren nach § 72 Abs. 2 AFG zugehörig ansehe. Mit dem Anerkennungsbescheid vom 29. Januar 1985 seien acht Arbeitnehmer, die auf der Baustelle des Amtsgerichts W. tätig gewesen seien, von der Anerkennung der Anspruchsvoraussetzungen ausgeschlossen worden, weil der Arbeitsausfall insoweit als vermeidbar angesehen worden sei. Diese Teilablehnung müsse Gegenstand des Anerkennungsbescheides werden und nicht des nachfolgenden Bescheides. Die ablehnende Entscheidung habe sich auch nicht auf acht namentliche Arbeitnehmer bezogen, es sei daher der Klägerin überlassen geblieben, wen sie jeweils auf der betreffenden Baustelle einsetzte. Die Beklagte müsse nicht jeden gemeldeten Arbeitsausfall anerkennen. Es müsse ihr möglich sein, den Umfang des angezeigten Arbeitsausfalles einer Überprüfung zu unterziehen und gegebenenfalls eine differenzierte Entscheidung zu treffen. Übersteige nämlich der angezeigte Arbeitsausfall das notwendige Maß im Verhältnis zum Auftragsbestand, so sei der übersteigende Arbeitsausfall nicht mehr unvermeidbar im Sinne § 64 Abs. 1 Nr. 2 AFG. Unter Berücksichtigung des damals vorhandenen Auftragsbestandes und der jeweils von der Klägerin geplanten Fertigstellungstermine habe hinsichtlich der genannten Baustelle kein unvermeidbarer Arbeitsausfall anerkannt werden können. Der voraussichtliche Fertigstellungstermin beim Amtsgericht W. habe nach dem 30. Mai 1985 gelegen, tatsächlich fertig geworden sei die Klägerin am 30. Juli 1985. Der Umstand, daß die Klägerin für ihre Hochbauabteilung danach erst wieder für die Zeit vom 2. Januar 1986 bis 31. Mai 1986 die Gewährung von Kug beantragt habe, belege letztlich, daß das Arbeitsamt W. den damaligen Auftragsbestand und den sich hieraus ergebenden Umfang der Kurzarbeit zutreffend eingeschätzt habe.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 12. Juni 1986 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt vor, da die Beklagte die gesetzlich vorgeschriebene Systematik der §§ 63 ff. AFG nicht beachtet habe, seien schon von daher die angefochtenen Bescheide aufzuheben gewesen. Auch wenn es in der Praxis regelmäßig so sein werde, daß das zuständige Arbeitsamt bei Erlaß des Anerkennungsbescheides den Arbeitgeber darauf hinweise, daß unter Umständen nicht für sämtliche Arbeitnehmer seines Betriebes Kurzarbeit gewährt werde, so könne dies lediglich im Sinne einer rechtsunverbindlichen Beratung geschehen. Die Beklagte hätte das beantragte Kug auch deswegen gewähren müssen, weil auf der Baustelle Amtsgericht W. im streitgegenständlichen Zeitpunkt im Januar 1985 ein unvermeidbarer Arbeitsausfall für die Klägerin bestanden habe. Die Umbauarbeiten im Keller und Erdgeschoß seien bis zum 24. Dezember 1984 fertig gestellt worden. Um die noch zu erbringenden Arbeiten sowie weitere zusätzliche Arbeiten im Dachgeschoß (Auftragserteilung 8. Februar 1985) durchführen zu können, sei ein eigenes Hebegeräte erforderlich gewesen. Die Entscheidung, ob Kran oder Aufzug, habe erst nach der weiteren Auftragsvergabe erfolgen können. Auf der streitbefangenen Baustelle seien auch Ausfälle durch Kurzarbeit entstanden, die sich auf ca. DM 4.900,– zuzüglich Sozialabgaben bezifferten.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und zur Sache nichts vorgetragen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt. Der Senat konnte auch in Abwesenheit von Beteiligten verhandeln und entscheiden, da alle Beteiligten rechtzeitig und ordnungsgemäß zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 2. November geladen und dabei darauf hingewiesen worden waren, daß auch im Falle der Abwesenheit verhandelt und entschieden werden könne.

Die Berufung ist auch zulässig, und zwar unabhängig von der durch das Sozialgericht erfolgten Zulassung. Es handelt sich um wiederkehrende Ansprüche der Arbeitnehmer der Klägerin, die diese in Prozeßstandschaft der Arbeitnehmer geltend macht, für einen längeren Zeitraum als 13 Wochen (drei Monate), § 144 Abs. 1 Nr. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG, vgl. Urteil des BSG vom 28. Juli 1987 – 7 RAr 92/85 –). Dies gilt nicht erst für den von der Klägerin offenbar noch nicht gestellten Antrag auf die eigentliche Leistung, sondern bereits für die nach § 72 Abs. 1 Satz 4 AFG von der Beklagten zu treffende selbständige Grundentscheidung (vgl. Urteil des BSG vom 17. Februar 1981 – 7 RAr 4/80 – in SozR 4100 § 64 AFG Nr. 5) über das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach §§ 63, 64 Abs. 1 AFG (vgl. Urteil des BSG vom 28. Juli 1987 s.o.). Im vorliegende Fall ändert sich nichts dadurch, daß nicht die für die Klägerin im wesentlichen positive Entscheidung insgesamt angefochten ist, sondern lediglich die nach Auffassung des Senates selbständig anfechtbare Einschränkung, daß die acht Beschäftigten auf der Baustelle des Amtsgerichtes W. von der Bewilligung des Kurzarbeitergeldes ausgeschlossen seien.

Im Gegensatz zu dem vom BSG entschiedenen Fall (Urteil vom 28. Juli 1987 s.o.) scheitert die Zulässigkeit bereits der Klage vor dem Sozialgericht, mit der Folge der Begründetheit der Berufung, hier nicht daran, daß die Klägerin neben der Anfechtungs- auch die Leistungsklage hätte erheben müssen. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin gerade noch keinen Leistungsantrag gestellt, sondern trotz entsprechender Hinweise durch das Sozialgericht den Klageantrag auf die Aufhebung des sie belastenden Zusatzes im Bescheid vom 29. Januar 1985 beschränkt. Der erkennende Senat geht auch davon aus, daß die dreimonatige Ausschlußfrist nach § 72 Abs. 2 AFG zur Beantragung der eigentlichen Leistung noch nicht abgelaufen, sondern durch das anhängige Verfahren gehemmt ist (vgl. Urteil des BSG vom 30. Mai 1978 – 7/12 RAr 100/76 – bei dem diese Frage offen gelassen wurde). Damit fehlt es auch nicht an dem Rechtsschutzinteresse der Klägerin, die den Leistungsantrag nach rechtskräftigem positivem Ausgang des Rechtsstreites noch nachholen kann.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 12. Juni 1986 ist rechtsfehlerfrei und war deshalb nicht aufzuheben. Zutreffend hat das Sozialgericht den im Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 1985 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 1985 enthaltenen Ausschluß der auf der Baustelle "Amtsgericht W. beschäftigten Arbeitnehmer von der Bewilligung des Kurzarbeitergeldes als rechtswidrig angesehen und als selbständig anfechtbare Regelung aufgehoben.

Die Beklagte hat die strenge gesetzliche Unterscheidung zwischen dem Grundbescheid nach § 72 Abs. 1 Satz 4 AFG und dem Leistungsbescheid nach § 72 Abs. 2 AFG mißachtet und mit dem aufzuhebenden Zusatz in den Grundbescheid bereits Elemente des nachfolgenden Leistungsbescheides einbezogen.

Der nach § 72 Abs. 1 Satz 4 AFG unverzüglich nach Erstattung der Anzeige zu erteilende Bescheid darf lediglich eine Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld nach §§ 63, 64 Abs. 1 AFG dem Grunde nach treffen. Dazu gehören die Feststellungen, ob es sich um einen vorübergehenden Arbeitsausfall handelt, ob regelmäßig mindestens ein Arbeitnehmer beschäftigt ist, ob zu erwarten ist, daß durch die Gewährung von Kurzarbeitergeld den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze und dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten werden, ob es sich um einen Betrieb oder selbständigen Betriebsteil handelt, ob der Arbeitsausfall auf wirtschaftlichen Ursachen einschließlich betrieblicher Strukturveränderungen oder auf einem unabwendbaren Ereignis beruht, ob der Arbeitsausfall unvermeidbar ist und ob in einem zusammenhangenden Zeitraum von mindestens vier Wochen für mindestens 1/3 der in dem Betrieb tatsächlich beschäftigten Arbeitnehmer jeweils mehr als 10 v.H. der Arbeitszeit (§ 69) ausfällt. Dabei handelt es sich zunächst um Mindestvoraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit die Beklagte die Gewährung von Kurzarbeitergeld dem Grunde nach bewilligen kann. Nur, wenn unter anderem bei mindestens 1/3 der tatsächlich beschäftigten Arbeitnehmer jeweils (also bei jedem) mehr als 10 % der Arbeitszeit ausfällt, ist nach dem Willen des Gesetzgebers ein Fall für das Kurzarbeitergeld dem Grunde nach gegeben. Es handelt sich dabei um die betrieblichen Voraussetzungen, die vom Antragsteller nur insoweit beeinflußt werden können, als sich seine Anzeige auf den Gesamtbetrieb oder einen oder verschiedene Betriebsabteilungen erstreckt. Ergibt die Prüfung der Beklagten nunmehr, daß die betrieblichen Mindestvoraussetzungen bei der hier streitbefangenen Betriebsabteilung Hochbau vorliegen, dann ist Kurzarbeitergeld dem Grunde nach zu gewähren. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Beklagte gelangte nach Prüfung zu dem Ergebnis, daß die betrieblichen Voraussetzungen vorliegen, wie sich aus den Stellungnahmen auf Bl. 8 und Bl. 9 der Verwaltungsakte und dem Bescheid vom 29. Januar 1985 ergibt. Die Beklagte hat auch insoweit die richtige Berechnung zugrunde gelegt, als sie bei einer Gesamtzahl von 48 Arbeitnehmern die Mindestzahl der von einem mehr als 10 % betragenden Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer mit 16 feststellte. Diese Mindestzahl von betroffenen Arbeitnehmern wurde auch nicht dadurch widerlegt, sondern vielmehr gerade bestätigt, daß die Beklagte weiter davon ausging, daß 17 Beschäftigte (acht auf der Baustelle des Amtsgerichts und neun auf der Baustelle der Kaserne) nicht von Kurzarbeit betroffen seien. Rechtsfehlerhaft hat die Beklagte diese negative Feststellung als Einschränkung in den Bescheid hineingenommen, der richtigerweise nur hätte lauten dürfen, daß die betrieblichen (Mindest-)Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld vorliegen. Von der gesetzlichen Regelung her gesehen muß die Beklagte den Grund-Bescheid erteilen, wenn die (Mindest-)Voraussetzungen vorliegen, fehlen jedoch eine oder mehrere Voraussetzungen, dann ist der Antrag insgesamt abzulehnen. Die von der Beklagten praktizierte Misch-Lösung ist rechtswidrig. Die Einschränkung kann auch nicht als Nebenbestimmung im Sinne des § 32 SGB X angesehen werden und damit Bestand haben. Unbeschadet, daß keine der in § 32 Abs. 2 SGB X geregelten Fälle einer Nebenbestimmung vorliegt, ist zwar wegen der Verwendung eines Formulars im angefochtenen Bescheid die Form eines Zusatzes gewählt worden, inhaltlich ist jedoch ein Teil des von der Klägerin begehrten Ausspruchs abgelehnt worden. Aus den Rechtsgedanken des § 32 Abs. 1 und 3 SGB X wird jedoch das oben aufgeführte Ergebnis bestätigt; übertragen bedeutet dies, daß bei einer Grundentscheidung der vorliegenden Art eine teilweise Einschränkung bzw. Ablehnung nur erfolgen könnte, wenn eine Rechtsvorschrift dies zuließe oder dies dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufe. Beides ist hier gerade nicht gegeben, da keine Rechtsvorschrift die von der Beklagten praktizierte Teilablehnung stützt und die Teilablehnung auch dem Zweck des Bescheides nach § 72 Abs. 1 Satz 4 AFG zuwiderläuft. Dieser Grundbescheid befaßt sich gerade nicht mit den Leistungsansprüchen einzelner Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, sondern nur mit der Feststellung bestimmter (Mindest-) Voraussetzungen von Betrieben oder selbständigen Betriebsabteilungen.

Der Ausschluß einzelner Arbeitnehmer hätte erst dann erfolgen dürfen, wenn die konkrete Leistung für konkrete Arbeitnehmer beantragt worden wäre und die dann zu erfüllenden Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Es hätte der Beklagten allerdings schon vorher freigestanden bzw. oblegen, im Rahmen des Sozialrechtsverhältnisses die Klägerin auf Bedenken hinzuweisen, daß ein Arbeitsausfall an den beiden genannten Baustellen voraussichtlich bzw. nach ihrer jetzigen Sicht der Dinge nicht unvermeidlich sein werde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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