Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AL 7701/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 1665/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.02.2008 einschließlich des Bescheides der Beklagten vom 02.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 insoweit abgeändert, dass für den streitgegenständlichen Erstattungszeitraum ein Anspruch der Beklagten auf Erstattung von Beiträgen zur Sozialversicherung nicht besteht.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren und im Sozialgerichtsverfahren zu jeweils einem Viertel zu erstatten.
4. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Arbeitslosenhilfe und von Beiträgen zur Sozialversicherung im Streit.
Der 1945 geborene Kläger arbeitete von 1971 bis Dezember 1994 bei der Firma N. in E., zuletzt als Stichprobenprüfer, und erhielt anlässlich der Auflösung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.12.1994 eine Abfindung in Höhe von netto 100.956,00 DM. Der Kläger bezog bis zum 14.03.1997 Arbeitslosengeld und beantragte am 18.02.1997 die Gewährung von Anschlussarbeitslosenhilfe. Als Vermögen gab er nur seine Eigentumswohnung sowie ein Sparguthaben über 7.878,80 DM an. Mit Bescheid vom 20.02.2997 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab dem 15.03.1997.
Auf den Fortzahlungsantrag des Kläger vom 06.10.1997, in welchem keine wesentlichen Änderungen in den Vermögensverhältnissen angegeben wurden, reagierte die Beklagte zunächst mit einer Nachfrage nach dem Verbleib der Abfindung des Klägers. Der Kläger teilte am 08.10.1997 hierzu mit, er habe 50.000 DM für die Schuldenrückzahlung bezüglich der Anzahlung seiner 1990 erworbenen Wohnung an Herrn O. T. (30.000 DM) und Herrn M. E. (20.000 DM), beide wohnhaft in der Türkei, je 10.000,00 DM für Familienurlaube 1995 und 1996, 12.000,00 DM für eine gemeinsame Pilgerfahrt mit seiner Ehefrau nach Mekka 1996 und je 5.000,00 DM für die Hochzeiten zweier seiner Kinder und den Rest für die Wohnungsrenovierung verbraucht. Mit Bescheid vom 08.10.1997 bewilligte die Beklagte daraufhin die Fortzahlung der Arbeitslosenhilfe ab dem 01.12.1997.
Der Kläger erhielt in der Folgezeit auf seine weiteren Anträge hin Anschlussarbeitslosenhilfe mit Unterbrechungen bis zum 14.03.2004.
Im September 2005 erfuhr die Beklagte durch eine Mitteilung des Hauptzollamtes S. erstmalig, dass der Kläger am 24.10.1995 einen Betrag von 50.000,00 DM für eine Laufzeit von drei Jahren bei der türkischen Nationalbank (TCMB) angelegt hatte. Die Beklagte hörte den Kläger hierzu an, woraufhin dieser durch seine Prozessbevollmächtigten am 31.01.2006 mitteilen ließ, dass er nicht Eigentümer oder wirtschaftlicher Berechtigter irgendwelcher Guthaben sei; er versuche derzeit, in der Türkei hierfür Nachweise zu erhalten.
Mit Bescheid vom 02.06.2006 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 15.03.1997 bis zum 22.08.1997 auf und forderte die für diesen Zeitraum gezahlte Arbeitslosenhilfe nebst Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 6.194,2 EUR vom Kläger zurück, weil dieser aufgrund seines Vermögens nicht hilfebedürftig gewesen sei und die fehlerhafte Bewilligung auf den Falschangaben des Klägers beruht habe.
Seinen Widerspruch begründet der Kläger damit, dass er sich im Jahr 1990 20.000 DM von M. E. und 30.000 DM von O. T. geliehen habe. Es sei beabsichtigt gewesen, die Schulden direkt aus der erhaltenen Abfindung zu tilgen. Die beiden Darlehensgeber bzw. deren Erben hätten ihn jedoch dazu überredet, den Betrag auf seinen Namen bei der TCMB anzulegen, um die bei dieser angebotenen besonders hohen Anlagezinsen für in Deutschland lebende Türken auszunutzen. Dabei sei vereinbart worden, dass nach Ende der Laufzeit, sofern eine Verlängerung nicht gewünscht sei, der Anlagebetrag samt Zinsen an die Gläubiger entsprechend ihrem Anteil ausgezahlt werden solle. Im Jahr 1999 sei zunächst eine Zinsauszahlung erfolgt, und nach einer Verlängerung der Laufzeit sei dann anschließend der vollständige Betrag, nämlich 13.155,00 EUR an die Erben von M. E. und 19.732,00 EUR an O. T. ausgezahlt worden.
Der Kläger legte eine Erklärung von M. E. vom 25.01.2006 vor, in welcher dieser bestätigt, dass der Kläger sich 1990 von seinem 1994 verstorbenen Vater, dessen Schwiegervater, 20.000,00 DM geliehen habe. Auf ihren Wunsch sei das Geld durch den Kläger bei der TCMB angelegt worden, um dort höhere Zinsen zu erzielen. Er habe 1999 vom Kläger 5874,00 DM Zinsen und am 20.09.2003 13.155,00 EUR der Restsumme erhalten und das Geld an die übrigen Erben verteilt. Der Kläger legte einen Kontoauszug der TCMB vor, wonach am 13.09.1999 ein Zinsbetrag von 14.685,00 DM und am 19.09.2003 der Guthabensbetrag von 25.564,59 EUR zzgl. Zinsen von 7322,02 EUR (insgesamt 32.886,61 EUR) ausgezahlt worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass der Kläger sich als Kontoinhaber dennoch am Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft festhalten lassen müsse und sich nicht auf ein verdecktes Treuhandverhältnis berufen könne.
Der Kläger hat am 19.10.2006 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, mit welcher er sich insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) stützte, nach welchem eine stille Treuhandvereinbarung bei Geldanlagen nicht prinzipiell unbeachtlich ist (BSG, Urteil vom 24.5.2006 - B 11a AL 7/05 R -).
Das SG forderte den Kläger zur Vorlage weiterer Nachweise auf. Der Kläger teilte daraufhin mit, dass mit M. E. und O. T. im Jahr 1990 in der Türkei mündliche Darlehensverträge geschlossen worden seien, bei denen weder ein konkretes Rückzahlungsdatum noch Zinszahlungen vereinbart worden seien. Das Geld habe er Ende des Jahres 1990 in der Türkei bar erhalten und am 18.04.1991 zusammen mit angesparten 20.000,00 DM in bar als Eigenkapital für den Wohnungskauf bei der Landesgirokasse eingezahlt. Die Rückzahlung an die Erben des M. E. sei 1999 und am 20.09.2003 bar erfolgt, O. T. habe 2003 15.150,00 EUR ebenfalls in bar erhalten. Der Kläger hat dazu eine Erklärung des O. T. vom 06.06.2007 vorgelegt, Erklärungen seiner Kinder über von ihm erhaltene Geldgeschenke, den Kaufvertrag und Darlehensvertrag sowie Finanzierungsplan seiner Eigentumswohnung, einen Kontoauszug vom April 1991 und seinen Pass sowie den Pass seiner Frau zum Nachweis der 1996 erfolgten Pilgerfahrt nach Mekka. Der Kläger vertrat zudem die Auffassung, dass ihm bezüglich der Nichtangabe des aus seiner Sicht ihm nicht zustehenden Geldes bei der TCMB grobe Fahrlässigkeit nicht vorgeworfen werden könne.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14.02.2008 als unbegründet abgewiesen. Nach § 45 Abs. 1 sowie Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III habe der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht. Denn nach § 134 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) i.V.m. § 137 Abs. 2 AFG sowie § 6 Abs. 1 der Arbeitslosenhilfeverordnung (Alhi-VO) vom 07.08.1974 in der seit dem 01.04.1996 geltenden Fassung habe das Vermögen des Klägers den Freibetrag für den Bezug von Arbeitslosenhilfe in Höhe von 16.000,00 DM (2 mal 8.000,00 DM für den Kläger und seine Ehefrau) sowie den weiteren Freibetrag von 10.000,00 DM für die Abfindung überstiegen. Auf Grund der bei der TCMB angelegten 50.000,00 DM habe der Kläger ein Vermögen in Höhe von 24.000,00 DM zu Unrecht verschwiegen, welches seine Bedürftigkeit gemäß § 9 Alhi-VO für die Zahl der Wochen ausschließe, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergebe, nach welchem sich die Arbeitslosenhilfe richte. Das auf den Namen des Klägers angelegte Sparguthaben bei der TCMB sei dem Kläger auch als eigenes Vermögen zuzurechnen. Zwar habe das BSG grundsätzlich anerkannt, dass auch eine stille Treuhand bzw. stille Zession insoweit nicht prinzipiell unbeachtlich sei. Allein die Publizität eines Treuhandkontos oder ihr Fehlen entschieden daher nicht darüber, als wessen Vermögen das Kontoguthaben zu behandeln sei (BSG, Urteil vom 24.5.2006, - B 11a AL 49/05 R -). Es sei jedoch bei der Prüfung des Vorliegens eines Treuhandverhältnisses ein strenger Maßstab anzulegen, nach welchem das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse eindeutig erkennbar sein müsse. Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen seien demnach nur anzuerkennen, wenn der Vertrag als solcher und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem zwischen Dritten üblichen entsprächen. Nach diesem Maßstab könne vorliegend nicht festgestellt werden, dass der Kläger sein Recht an dem Sparguthaben bei der TCMB wirklich an O. T. und die Erben des M. E. abgetreten habe. Der Kläger selbst habe angegeben, dass angesichts der behaupteten Darlehen von M. E. und O. Ta. kein konkretes Rückzahlungsdatum und keine Zinszahlungen vereinbart worden seien. Offensichtlich deswegen habe der Kläger auch keine Veranlassung gesehen, aus der im Jahr 1995 erhaltenen Abfindung von über 100.000,00 DM eine Rückzahlung dieser Darlehensschulden vorzunehmen. Vielmehr habe der Kläger erst 10 Monate später am 24.10.1995 einen Betrag von 50.000,00 DM bei der TCMB angelegt. Auch wenn man davon ausgehe, dass diesem eine Absprache mit O. T. und den Erben des M. E. vorausgegangen sei, dass die Anlage des Geldes für diese bei der TCMB erfolgen solle, könne darin eine Treuhandvereinbarung mit einer Abtretung der Auszahlungsansprüche an die Darlehensgläubiger nicht gesehen werden. Zunächst spreche dagegen, dass ausweislich der Erklärung des O. T. dieser im Jahr 2003 lediglich einen Betrag von 15.350,00 EUR erhalten habe, welcher gerundet lediglich dem in Euro umgerechneten Darlehensbetrag von 30.000,00 DM entspreche, was das Ziel der Vereinbarung der Erzielung von Zinsen widerlegen dürfte. Das vom Kläger bei der TCMB angelegte Geld sei daher sein Vermögen geblieben, welches nicht mit einer sich aus einer Abtretung ergebenden schuldrechtlichen Herausgabeverpflichtung belastet gewesen sei. Da der Kläger somit im streitgegenständlichen Zeitraum über ein anrechenbares Vermögen von 24.000,00 DM verfügt habe, habe gem. § 9 Alhi-VO für die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das der Arbeitslosenhilfegewährung zu Grunde liegenden Arbeitsentgelt von 1.040,00 DM wöchentlich ergebende Zahl von 23 Wochen und damit vom 15.03.1997 bis zum 22.08.1997 keine Bedürftigkeit.
Der Kläger habe auch grob fahrlässig das Konto nicht angegeben, da es jedem habe einleuchten müssen, dass ein so hohes Sparguthaben angegeben werden müsse. Der Kläger sei im Antrag auf Arbeitslosenhilfe ausdrücklich und unmissverständlich nach eigenen Bankguthaben befragt worden, wozu er lediglich sein in Deutschland bestehendes Sparguthaben angegeben habe. Selbst wenn er hierbei an die behaupteten Vereinbarungen mit O. Ta. und die Erben des M. E. gedacht haben solle, hätte er das Konto bei einfachen und naheliegenden Überlegungen dennoch angeben müssen, damit die Beklagte die maßgeblichen Rechtsfragen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung hätte klären können. Das Urteil des SG wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 10.03.2008 zugestellt.
Am 08.04.2008 haben die Bevollmächtigten des Klägers beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG habe ein treuhänderisch verwaltetes Vermögen vorgelegen, welches dem Kläger nicht zuzurechnen gewesen sei. Der Kläger hätte seine Pflichten als Treuhänder verletzt, wenn er das Sparkonto für eigene Bedürfnisse verwendet hätte. Dem stehe nicht entgegen, dass es sich um eine mündliche Vereinbarung des Klägers mit seinen Darlehensgebern handele, weil ein Schriftformerfordernis gerade nicht bestehe. Ausreichend sei für das Zustandekommen des Treuhandverhältnisses lediglich eine gleichgerichtete Willenserklärung der Beteiligten. Der Kläger habe zu jeder Zeit an der Sachverhaltsaufklärung mitgewirkt und alle entsprechenden Bestätigungen vorgelegt. Das SG habe auch verkannt, dass im Falle der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes die Feststellungslast bei der Beklagten liege. Die Vereinbarung des Darlehens in mündlicher Form belege indes objektiv eine gewisse Sorglosigkeit des Klägers, welche ihm allerdings dann auch als subjektive Komponente bei der groben Fahrlässigkeit zu Gute zu halten sei. Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit habe die Vorinstanz außerdem völlig außer Acht gelassen, dass der Kläger nur über bescheidene Deutschkenntnisse verfüge. Schließlich habe das SG auch zu Unrecht verkannt, dass die Treuhandvereinbarung durchaus einem Fremdvergleich standhalte. Die Vorinstanz verkenne bei ihrer Beurteilung, dass es sich bei Herrn O. T. um keinen nahen Angehörigen des Berufungsklägers handele, so dass die strengen Grundsätze des Fremdvergleichs in diesem Verhältnis nicht zur Anwendung kämen.
Außerdem werde in der Urteilsbegründung der Vortrag des Klägerbevollmächtigten vom 07.08.2007 ignoriert, wonach aufgrund der Änderung im § 335 Abs. 1 SGB III seit dem 01.01.2005 keine Rechtsgrundlagen mehr für die Rückförderung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung bei aufgehobener Arbeitslosenhilfe bestehe (unter Berufung auf Gerichtsbescheid des SG Konstanz vom 23.05.2006 -S 9 AL 3328/05-).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.02.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist zum Teil begründet. Der Senat hat vorliegend mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Die Berufung des Klägers ist im Hinblick auf die Geltendmachung von Erstattungsbeträgen wegen Beiträgen zur Sozialversicherung begründet. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist im vorliegenden Fall keine erweiternde oder analoge Anwendung der Rechtsnorm des § 335 SGB III möglich (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 15.12.2006 - L 12 AL 3427/06 - mit Zulassung der Revision für die Beklagte). Der Beklagten ist zwar einzuräumen, dass dadurch, dass es nach dem 01.01.2005 keine Erstattungsforderung bezüglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen bei überzahlter Arbeitslosenhilfe mehr gibt, eine offenbar planwidrige Gesetzeslücke entstanden ist. Damit jedoch eine planwidrige Gesetzeslücke im Wege der Auslegung oder der Analogie "planvoll geschlossen" werden kann, muss es sich um eine unbeabsichtigte oder unbewusste Gesetzeslücke handeln. Davon kann hier keinesfalls die Rede sein. Der Gesetzgeber hat bei der Neufassung des § 335 Abs. 1 SGB III bewusst das Wort Arbeitslosenhilfe gestrichen und hat dies sogar ausdrücklich als "Folgeänderung zur Aufhebung der Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe auf Grund der Einführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende im Zweiten Buch" bezeichnet. Der Gesetzgeber wollte die Arbeitslosenhilfe aus § 335 Abs. 1 SGB III streichen und hat dies bewusst und begründet getan. Bei dieser Sachlage kann nicht durch Rechtsauslegung oder Analogiebildung die Rechtsnorm so gelesen werden, als habe der Gesetzgeber die Änderung nicht vorgenommen. Eine erweiternde Auslegung oder eine Analogie ist vorliegend nicht möglich, weil die von der Beklagten gewünschte Auslegung im Wortlaut des Gesetzes keinerlei Anklang gefunden hat. Für Eingriffe in die Rechte Betroffener ist eine klare gesetzliche Grundlage zu fordern, an der es hier gerade fehlt. Aus dem in Art. 20 GG normierten Rechtsstaatsprinzip folgt ein allgemeiner Vorbehalt des Gesetzes bei staatlichen Eingriffen in grundrechtlich geschützte Positionen von Betroffenen. Wenn eine staatliche Maßnahme in Grundrechte eingreift, gerät der Stufenbau der Rechtsordnung durcheinander, weil Grundrechte Verfassungsrang haben und auch nur durch einfaches Recht eingeschränkt werden können. Für Grundrechtseingriffe ist also stets eine spezielle Ermächtigung in der Form eines Gesetzes zu fordern (siehe hierzu Umbach/Clemens, Grundgesetz-Kommentar, Art. 20 Rdnr. 73 ff.). Auch die Kommentarliteratur hält demzufolge eine Auslegung in dem von der Beklagten gewünschten Sinne nicht für möglich. Z. B. weist Niesel in der 3. Auflage des SGB III-Kommentars darauf hin, dass ab dem 1.1.2005 keine Rechtsgrundlage für die Rückforderung von Beiträgen bei aufgehobener Alhi-Bewilligung mehr besteht, auch wenn sich die Aufhebung auf Zeiträume vor dem 31.12.2004 bezieht ("Dieses wohl kaum beabsichtigte Ergebnis (das bei der Aufhebung der Uhg-Bestimmungen zum 1.1.2004 vermieden wurde, indem § 335 nicht geändert wurde) ist de lege lata nicht zu vermeiden").
Sofern die Beklagte ergänzend vorträgt, dass die Gesetzesänderung der Rückforderung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung bei der Gewährung von Arbeitslosenhilfe jedenfalls für die Zeiträume vor dem 01.01.2005 nicht entgegen stehe, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Denn für den Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen ist eine wirksame Ermächtigungsgrundlage zum Zeitpunkt des Eingriffs und nicht zu einem irgendwann in der Vergangenheit gelegenen Zeitpunkt erforderlich. Maßgeblich ist insoweit die Rechtslage bei Erlass des Bescheides (BSG, Urteil vom 27.08.2008 - B 11 AL 11/07 R -). Etwas anderes gilt nach der bisher vorliegenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu dieser Thematik lediglich in den Fällen, in denen der Erstattungsanspruch noch zu Zeiten entstanden ist, als § 335 SGB III für den Erstattungsanspruch eine Ermächtigungsgrundlage vorsah, also bei Geltendmachung durch den Erstattungsbescheid spätestens am 31.12.2004 (BSG a.a.O.). Diese Fallgestaltung ist vorliegend aber nicht gegeben.
Die Berufung des Klägers ist jedoch im Übrigen unbegründet, denn die Beklagte hat die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe zu Recht zurückgenommen und insoweit die Erstattung zu Unrecht bewilligter Arbeitslosenhilfe vom 15.03.1997 bis zum 22.08.1997 geltend gemacht. Das SG hat die einschlägigen Rechtsgrundlagen zutreffend benannt und überzeugend und umfassend ausgeführt und berechnet, dass und in welcher Höhe im Übrigen von dem Kläger Arbeitslosenhilfe zu erstatten ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt.
Insbesondere hat das SG insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass die von dem Kläger behaupteten Vereinbarungen mit Dritten, ihr Vorliegen einmal unterstellt, einem Fremdvergleich zu den üblichen bei der Gewährung von Darlehen verwendeten Konditionen nicht standhalten.
Ein Treuhandvertrag ist in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensrechte überträgt, ihn aber in Ausübung der sich daraus im Außenverhältnis ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R -). Während der abtretende Arbeitslose mithin einen Anspruch verliert (vgl. BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R -), erwirbt der Treuhänder je nach Ausgestaltung bis hin zum Vollrecht (vgl. Bassenge in Palandt, BGB, 65. Aufl., § 903 Rdnr. 33) ein Vermögensrecht hinzu. Er ist aber zugleich mit einer schuldrechtlichen (Herausgabe-) Verpflichtung belastet, die, wenn sie nicht unmittelbar auf einem Vermögensgegenstand lastet (BSGE 84, 48 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 7; BSG SozR 3-4220 § 6 Nr. 9), grundsätzlich erst bei der Frage der Verwertbarkeit oder Zumutbarkeit Berücksichtigung finden kann (BSGE 87, 143 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 8; BSG SozR 3-4220 § 6 Nr. 9; BSG SozR 3-4100 § 137 Nr. 12; vgl. BSG, Urteil vom 24.05.2006, - B 11a AL 49/05 R - m.w.N.).
Zwar entscheidet deswegen die Publizität eines Treuhandkontos oder ihr Fehlen nicht allein darüber, wem das Vermögen zuzurechnen ist. Ein Rechtsgrundsatz dieses Inhaltes kann der zivilgerichtlichen Rechtsprechung zum Widerspruchsrecht des Treugebers nach § 771 ZPO bei verdeckten Treuhandverhältnissen nicht entnommen werden. Für eine Relativierung der nach bürgerlichem Recht zu beurteilenden Vermögensverhältnisse im Zusammenhang mit der Gewährung staatlicher Leistungen im Bereich des Sozialrechts besteht keine Veranlassung. Weder im Gesetz noch in der Alhi-VO ist zudem ein Ansatz für die Berücksichtigung von fiktivem Vermögen zu finden. Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen oder nahestehenden Dritten sind jedoch nur anzuerkennen, wenn der Vertrag als solcher und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem zwischen Dritten Üblichen entsprechen (vgl. BSG, Urteil vom 24.5.2006, - B 11a AL 49/05 R - m.w.N.).
Insoweit ist die vom Kläger behauptete Vereinbarung mit seinen Bekannten O. T. und M. E. höchst unüblich und kaum mit den normalerweise bei einer Gewährung von Darlehen vereinbarten Bedingungen vergleichbar: Nicht nur, dass auf eine im Interesse der Rechtssicherheit gebotene schriftliche Fixierung verzichtet wurde, es fehlt den mündlich geschlossenen Vereinbarungen auch an einer Regelung über den Rückzahlungszeitpunkt sowie den zu zahlenden Darlehenszins. Dem Kläger wurde danach von seinen Bekannten in einer ausgesprochen informellen Vereinbarung Geld überlassen, aus welchem er aufgrund seiner besonderen Stellung als in Deutschland lebender Türke durch die Anlage bei der TCMB einen besonders hohen Zins erzielen sollte. Insofern lägen nach den Erklärungen der Herren O. T. und M. E. unzweifelhaft vom Kläger eingegangene Schulden vor, welche jedoch nicht in dem erforderlichen engen Zusammenhang zu dem Guthaben des Klägers bei der TCMB stehen, welches dem Kläger allein zuzuordnen ist. Dies hat auch deswegen zu geschehen, weil das SG zutreffend darauf hinweist, dass der Kläger keine Veranlassung gesehen hat, aus der im Jahr 1995 erhaltenen Abfindung von über 100.000,00 DM eine Rückzahlung dieser Darlehensschulden vorzunehmen. Tatsächlich hat der Kläger auch erst 10 Monate später am 24.10.1995 einen Betrag von 50.000,00 DM bei der TCMB angelegt. Insofern kann aber auch heute aufgrund der ursprünglich falschen Angaben des Klägers und der grundsätzlichen Austauschbarkeit von Geld nicht mehr unterschieden werden, welches Geld der Kläger insoweit bei der TCMB überhaupt angelegt hat.
Schulden sind im Übrigen bei der Arbeitslosenhilfe nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts prinzipiell in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen. Bereits auf der Stufe der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte können Verbindlichkeiten nur dann ausnahmsweise mindernd berücksichtigt werden, wenn sie unmittelbar auf einem Vermögensgegenstand lasten, wie etwa Hypothekenschulden auf einem Hausgrundstück (vgl BSGE 84, 48, 53 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 7; BSGE 87, 143, 146 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 8).
Die Verwertbarkeit des Vermögens bei anderen Schulden ist nur dann ausgeschlossen, wenn und soweit den zu berücksichtigenden Aktiva fällige Verbindlichkeiten gegenüberstehen. Von einer "Bindung des Vermögens" im Sinne des § 6 Abs. 2 Alhi-VO ist nur dann auszugehen, wenn der Vermögensinhaber im Zeitpunkt der grundsätzlich gebotenen Verwertung seines Vermögens zur Tilgung von Schulden verpflichtet ist (BSGE 46, 271 = SozR 4100 § 138 Nr. 3; BSG, Urteil vom 30.05.1990 - 11 RAr 33/88 - = DBlR 3732a zu § 137 AFG; BSG, Urteil vom 20.02.1991 - 11 RAr 35/89 - = DBlR 3807 zu § 137 AFG). Vorliegend hat der Kläger die von ihm behaupteten Schulden aus den Darlehensvereinbarungen, die nicht befristet waren, erstmalig im Jahre 1999 bedient, weswegen eine Fälligkeit dieser Schulden bis zum Ende des streitgegenständlichen Zeitraumes am 22.08.1997 nicht festzustellen ist. Dementsprechend können die behaupteten Schulden, sollten sie tatsächlich so bestanden haben, auch dann nicht zu einer Berücksichtigung bei der Bedürftigkeitsprüfung führen.
Schließlich hat das SG auch zu Recht festgestellt, dass der Kläger die falschen Angaben grob fahrlässig gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt ist, also nahe liegende Überlegungen nicht angestellt worden sind (BSG SozR 4300 § 2 Nr. 1). Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss ( BSGE 42, 184 , 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSGE 62, 32 , 35 = SozR 4100 § 71 Nr. 2); dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff: BSGE 35, 108 , 112; 44, 264, 273 = SozR 5870 § 13 Nr. 20).
Ob ein bestimmter Verschuldensgrad (Fahrlässigkeit, grobe Fahrlässigkeit, Vorsatz) vorliegt, ist im wesentlichen eine Tatfrage. Der Kläger hat zahlreiche Merkblätter der Beklagten erhalten und die Kenntnisnahme ihres Inhalts mit seiner Unterschrift bestätigt. Auch als der deutschen Sprache nicht ganz mächtiger Leistungsbezieher wäre er zumindest gehalten gewesen, sich Kenntnis von den Passagen in den Formularen der Beklagten zu verschaffen, die er gegebenenfalls nicht verstand. Hierbei wird davon ausgegangen, dass der Kläger bei seiner letzten Tätigkeit als Stichprobenprüfer für die Firma Nokia keine völlig ungelernte Arbeit ausübte und daher zumindest ein ausreichendes Beurteilungsvermögen insoweit haben musste, dass die Beklagte ein berechtigtes Interesse an der Mitteilung seiner vollständigen Vermögensverhältnisse vor der Gewährung von Arbeitslosenhilfe hatte. Aufgrund der erheblichen Veränderungen in der wirtschaftlichen Situation des Klägers seit 1990 (Wohnungskauf, Entlassung gegen Abfindung, Pilgerfahrt nach Mekka, Ausgaben für die Hochzeiten zweier Kinder, Wohnungsrenovierung) war zudem vermehrt seine Aufmerksamkeit für seine wirtschaftliche Situation gefordert und dementsprechend auch geschärft. Auch daher hätte es ihm auffallen müssen, dass die Beklagte an Informationen über Geldanlagen in seinem Namen bei der TCMB gelegen war, sei es auch vor dem von dem Kläger geschilderten Hintergrund einer stillen Treuhandvereinbarung der vorgetragenen Art.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird für die Beklagte wegen der durch die Änderung des § 335 SGB III aufgeworfenen grundsätzlichen Rechtsfrage zur Rückforderung von Sozialversicherungsbeiträgen nach der Streichung des Wortes "Arbeitslosenhilfe" in dieser Vorschrift zugelassen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren und im Sozialgerichtsverfahren zu jeweils einem Viertel zu erstatten.
4. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Arbeitslosenhilfe und von Beiträgen zur Sozialversicherung im Streit.
Der 1945 geborene Kläger arbeitete von 1971 bis Dezember 1994 bei der Firma N. in E., zuletzt als Stichprobenprüfer, und erhielt anlässlich der Auflösung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.12.1994 eine Abfindung in Höhe von netto 100.956,00 DM. Der Kläger bezog bis zum 14.03.1997 Arbeitslosengeld und beantragte am 18.02.1997 die Gewährung von Anschlussarbeitslosenhilfe. Als Vermögen gab er nur seine Eigentumswohnung sowie ein Sparguthaben über 7.878,80 DM an. Mit Bescheid vom 20.02.2997 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab dem 15.03.1997.
Auf den Fortzahlungsantrag des Kläger vom 06.10.1997, in welchem keine wesentlichen Änderungen in den Vermögensverhältnissen angegeben wurden, reagierte die Beklagte zunächst mit einer Nachfrage nach dem Verbleib der Abfindung des Klägers. Der Kläger teilte am 08.10.1997 hierzu mit, er habe 50.000 DM für die Schuldenrückzahlung bezüglich der Anzahlung seiner 1990 erworbenen Wohnung an Herrn O. T. (30.000 DM) und Herrn M. E. (20.000 DM), beide wohnhaft in der Türkei, je 10.000,00 DM für Familienurlaube 1995 und 1996, 12.000,00 DM für eine gemeinsame Pilgerfahrt mit seiner Ehefrau nach Mekka 1996 und je 5.000,00 DM für die Hochzeiten zweier seiner Kinder und den Rest für die Wohnungsrenovierung verbraucht. Mit Bescheid vom 08.10.1997 bewilligte die Beklagte daraufhin die Fortzahlung der Arbeitslosenhilfe ab dem 01.12.1997.
Der Kläger erhielt in der Folgezeit auf seine weiteren Anträge hin Anschlussarbeitslosenhilfe mit Unterbrechungen bis zum 14.03.2004.
Im September 2005 erfuhr die Beklagte durch eine Mitteilung des Hauptzollamtes S. erstmalig, dass der Kläger am 24.10.1995 einen Betrag von 50.000,00 DM für eine Laufzeit von drei Jahren bei der türkischen Nationalbank (TCMB) angelegt hatte. Die Beklagte hörte den Kläger hierzu an, woraufhin dieser durch seine Prozessbevollmächtigten am 31.01.2006 mitteilen ließ, dass er nicht Eigentümer oder wirtschaftlicher Berechtigter irgendwelcher Guthaben sei; er versuche derzeit, in der Türkei hierfür Nachweise zu erhalten.
Mit Bescheid vom 02.06.2006 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 15.03.1997 bis zum 22.08.1997 auf und forderte die für diesen Zeitraum gezahlte Arbeitslosenhilfe nebst Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 6.194,2 EUR vom Kläger zurück, weil dieser aufgrund seines Vermögens nicht hilfebedürftig gewesen sei und die fehlerhafte Bewilligung auf den Falschangaben des Klägers beruht habe.
Seinen Widerspruch begründet der Kläger damit, dass er sich im Jahr 1990 20.000 DM von M. E. und 30.000 DM von O. T. geliehen habe. Es sei beabsichtigt gewesen, die Schulden direkt aus der erhaltenen Abfindung zu tilgen. Die beiden Darlehensgeber bzw. deren Erben hätten ihn jedoch dazu überredet, den Betrag auf seinen Namen bei der TCMB anzulegen, um die bei dieser angebotenen besonders hohen Anlagezinsen für in Deutschland lebende Türken auszunutzen. Dabei sei vereinbart worden, dass nach Ende der Laufzeit, sofern eine Verlängerung nicht gewünscht sei, der Anlagebetrag samt Zinsen an die Gläubiger entsprechend ihrem Anteil ausgezahlt werden solle. Im Jahr 1999 sei zunächst eine Zinsauszahlung erfolgt, und nach einer Verlängerung der Laufzeit sei dann anschließend der vollständige Betrag, nämlich 13.155,00 EUR an die Erben von M. E. und 19.732,00 EUR an O. T. ausgezahlt worden.
Der Kläger legte eine Erklärung von M. E. vom 25.01.2006 vor, in welcher dieser bestätigt, dass der Kläger sich 1990 von seinem 1994 verstorbenen Vater, dessen Schwiegervater, 20.000,00 DM geliehen habe. Auf ihren Wunsch sei das Geld durch den Kläger bei der TCMB angelegt worden, um dort höhere Zinsen zu erzielen. Er habe 1999 vom Kläger 5874,00 DM Zinsen und am 20.09.2003 13.155,00 EUR der Restsumme erhalten und das Geld an die übrigen Erben verteilt. Der Kläger legte einen Kontoauszug der TCMB vor, wonach am 13.09.1999 ein Zinsbetrag von 14.685,00 DM und am 19.09.2003 der Guthabensbetrag von 25.564,59 EUR zzgl. Zinsen von 7322,02 EUR (insgesamt 32.886,61 EUR) ausgezahlt worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass der Kläger sich als Kontoinhaber dennoch am Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft festhalten lassen müsse und sich nicht auf ein verdecktes Treuhandverhältnis berufen könne.
Der Kläger hat am 19.10.2006 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, mit welcher er sich insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) stützte, nach welchem eine stille Treuhandvereinbarung bei Geldanlagen nicht prinzipiell unbeachtlich ist (BSG, Urteil vom 24.5.2006 - B 11a AL 7/05 R -).
Das SG forderte den Kläger zur Vorlage weiterer Nachweise auf. Der Kläger teilte daraufhin mit, dass mit M. E. und O. T. im Jahr 1990 in der Türkei mündliche Darlehensverträge geschlossen worden seien, bei denen weder ein konkretes Rückzahlungsdatum noch Zinszahlungen vereinbart worden seien. Das Geld habe er Ende des Jahres 1990 in der Türkei bar erhalten und am 18.04.1991 zusammen mit angesparten 20.000,00 DM in bar als Eigenkapital für den Wohnungskauf bei der Landesgirokasse eingezahlt. Die Rückzahlung an die Erben des M. E. sei 1999 und am 20.09.2003 bar erfolgt, O. T. habe 2003 15.150,00 EUR ebenfalls in bar erhalten. Der Kläger hat dazu eine Erklärung des O. T. vom 06.06.2007 vorgelegt, Erklärungen seiner Kinder über von ihm erhaltene Geldgeschenke, den Kaufvertrag und Darlehensvertrag sowie Finanzierungsplan seiner Eigentumswohnung, einen Kontoauszug vom April 1991 und seinen Pass sowie den Pass seiner Frau zum Nachweis der 1996 erfolgten Pilgerfahrt nach Mekka. Der Kläger vertrat zudem die Auffassung, dass ihm bezüglich der Nichtangabe des aus seiner Sicht ihm nicht zustehenden Geldes bei der TCMB grobe Fahrlässigkeit nicht vorgeworfen werden könne.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14.02.2008 als unbegründet abgewiesen. Nach § 45 Abs. 1 sowie Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III habe der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht. Denn nach § 134 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) i.V.m. § 137 Abs. 2 AFG sowie § 6 Abs. 1 der Arbeitslosenhilfeverordnung (Alhi-VO) vom 07.08.1974 in der seit dem 01.04.1996 geltenden Fassung habe das Vermögen des Klägers den Freibetrag für den Bezug von Arbeitslosenhilfe in Höhe von 16.000,00 DM (2 mal 8.000,00 DM für den Kläger und seine Ehefrau) sowie den weiteren Freibetrag von 10.000,00 DM für die Abfindung überstiegen. Auf Grund der bei der TCMB angelegten 50.000,00 DM habe der Kläger ein Vermögen in Höhe von 24.000,00 DM zu Unrecht verschwiegen, welches seine Bedürftigkeit gemäß § 9 Alhi-VO für die Zahl der Wochen ausschließe, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergebe, nach welchem sich die Arbeitslosenhilfe richte. Das auf den Namen des Klägers angelegte Sparguthaben bei der TCMB sei dem Kläger auch als eigenes Vermögen zuzurechnen. Zwar habe das BSG grundsätzlich anerkannt, dass auch eine stille Treuhand bzw. stille Zession insoweit nicht prinzipiell unbeachtlich sei. Allein die Publizität eines Treuhandkontos oder ihr Fehlen entschieden daher nicht darüber, als wessen Vermögen das Kontoguthaben zu behandeln sei (BSG, Urteil vom 24.5.2006, - B 11a AL 49/05 R -). Es sei jedoch bei der Prüfung des Vorliegens eines Treuhandverhältnisses ein strenger Maßstab anzulegen, nach welchem das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse eindeutig erkennbar sein müsse. Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen seien demnach nur anzuerkennen, wenn der Vertrag als solcher und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem zwischen Dritten üblichen entsprächen. Nach diesem Maßstab könne vorliegend nicht festgestellt werden, dass der Kläger sein Recht an dem Sparguthaben bei der TCMB wirklich an O. T. und die Erben des M. E. abgetreten habe. Der Kläger selbst habe angegeben, dass angesichts der behaupteten Darlehen von M. E. und O. Ta. kein konkretes Rückzahlungsdatum und keine Zinszahlungen vereinbart worden seien. Offensichtlich deswegen habe der Kläger auch keine Veranlassung gesehen, aus der im Jahr 1995 erhaltenen Abfindung von über 100.000,00 DM eine Rückzahlung dieser Darlehensschulden vorzunehmen. Vielmehr habe der Kläger erst 10 Monate später am 24.10.1995 einen Betrag von 50.000,00 DM bei der TCMB angelegt. Auch wenn man davon ausgehe, dass diesem eine Absprache mit O. T. und den Erben des M. E. vorausgegangen sei, dass die Anlage des Geldes für diese bei der TCMB erfolgen solle, könne darin eine Treuhandvereinbarung mit einer Abtretung der Auszahlungsansprüche an die Darlehensgläubiger nicht gesehen werden. Zunächst spreche dagegen, dass ausweislich der Erklärung des O. T. dieser im Jahr 2003 lediglich einen Betrag von 15.350,00 EUR erhalten habe, welcher gerundet lediglich dem in Euro umgerechneten Darlehensbetrag von 30.000,00 DM entspreche, was das Ziel der Vereinbarung der Erzielung von Zinsen widerlegen dürfte. Das vom Kläger bei der TCMB angelegte Geld sei daher sein Vermögen geblieben, welches nicht mit einer sich aus einer Abtretung ergebenden schuldrechtlichen Herausgabeverpflichtung belastet gewesen sei. Da der Kläger somit im streitgegenständlichen Zeitraum über ein anrechenbares Vermögen von 24.000,00 DM verfügt habe, habe gem. § 9 Alhi-VO für die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das der Arbeitslosenhilfegewährung zu Grunde liegenden Arbeitsentgelt von 1.040,00 DM wöchentlich ergebende Zahl von 23 Wochen und damit vom 15.03.1997 bis zum 22.08.1997 keine Bedürftigkeit.
Der Kläger habe auch grob fahrlässig das Konto nicht angegeben, da es jedem habe einleuchten müssen, dass ein so hohes Sparguthaben angegeben werden müsse. Der Kläger sei im Antrag auf Arbeitslosenhilfe ausdrücklich und unmissverständlich nach eigenen Bankguthaben befragt worden, wozu er lediglich sein in Deutschland bestehendes Sparguthaben angegeben habe. Selbst wenn er hierbei an die behaupteten Vereinbarungen mit O. Ta. und die Erben des M. E. gedacht haben solle, hätte er das Konto bei einfachen und naheliegenden Überlegungen dennoch angeben müssen, damit die Beklagte die maßgeblichen Rechtsfragen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung hätte klären können. Das Urteil des SG wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 10.03.2008 zugestellt.
Am 08.04.2008 haben die Bevollmächtigten des Klägers beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG habe ein treuhänderisch verwaltetes Vermögen vorgelegen, welches dem Kläger nicht zuzurechnen gewesen sei. Der Kläger hätte seine Pflichten als Treuhänder verletzt, wenn er das Sparkonto für eigene Bedürfnisse verwendet hätte. Dem stehe nicht entgegen, dass es sich um eine mündliche Vereinbarung des Klägers mit seinen Darlehensgebern handele, weil ein Schriftformerfordernis gerade nicht bestehe. Ausreichend sei für das Zustandekommen des Treuhandverhältnisses lediglich eine gleichgerichtete Willenserklärung der Beteiligten. Der Kläger habe zu jeder Zeit an der Sachverhaltsaufklärung mitgewirkt und alle entsprechenden Bestätigungen vorgelegt. Das SG habe auch verkannt, dass im Falle der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes die Feststellungslast bei der Beklagten liege. Die Vereinbarung des Darlehens in mündlicher Form belege indes objektiv eine gewisse Sorglosigkeit des Klägers, welche ihm allerdings dann auch als subjektive Komponente bei der groben Fahrlässigkeit zu Gute zu halten sei. Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit habe die Vorinstanz außerdem völlig außer Acht gelassen, dass der Kläger nur über bescheidene Deutschkenntnisse verfüge. Schließlich habe das SG auch zu Unrecht verkannt, dass die Treuhandvereinbarung durchaus einem Fremdvergleich standhalte. Die Vorinstanz verkenne bei ihrer Beurteilung, dass es sich bei Herrn O. T. um keinen nahen Angehörigen des Berufungsklägers handele, so dass die strengen Grundsätze des Fremdvergleichs in diesem Verhältnis nicht zur Anwendung kämen.
Außerdem werde in der Urteilsbegründung der Vortrag des Klägerbevollmächtigten vom 07.08.2007 ignoriert, wonach aufgrund der Änderung im § 335 Abs. 1 SGB III seit dem 01.01.2005 keine Rechtsgrundlagen mehr für die Rückförderung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung bei aufgehobener Arbeitslosenhilfe bestehe (unter Berufung auf Gerichtsbescheid des SG Konstanz vom 23.05.2006 -S 9 AL 3328/05-).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.02.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist zum Teil begründet. Der Senat hat vorliegend mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Die Berufung des Klägers ist im Hinblick auf die Geltendmachung von Erstattungsbeträgen wegen Beiträgen zur Sozialversicherung begründet. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist im vorliegenden Fall keine erweiternde oder analoge Anwendung der Rechtsnorm des § 335 SGB III möglich (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 15.12.2006 - L 12 AL 3427/06 - mit Zulassung der Revision für die Beklagte). Der Beklagten ist zwar einzuräumen, dass dadurch, dass es nach dem 01.01.2005 keine Erstattungsforderung bezüglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen bei überzahlter Arbeitslosenhilfe mehr gibt, eine offenbar planwidrige Gesetzeslücke entstanden ist. Damit jedoch eine planwidrige Gesetzeslücke im Wege der Auslegung oder der Analogie "planvoll geschlossen" werden kann, muss es sich um eine unbeabsichtigte oder unbewusste Gesetzeslücke handeln. Davon kann hier keinesfalls die Rede sein. Der Gesetzgeber hat bei der Neufassung des § 335 Abs. 1 SGB III bewusst das Wort Arbeitslosenhilfe gestrichen und hat dies sogar ausdrücklich als "Folgeänderung zur Aufhebung der Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe auf Grund der Einführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende im Zweiten Buch" bezeichnet. Der Gesetzgeber wollte die Arbeitslosenhilfe aus § 335 Abs. 1 SGB III streichen und hat dies bewusst und begründet getan. Bei dieser Sachlage kann nicht durch Rechtsauslegung oder Analogiebildung die Rechtsnorm so gelesen werden, als habe der Gesetzgeber die Änderung nicht vorgenommen. Eine erweiternde Auslegung oder eine Analogie ist vorliegend nicht möglich, weil die von der Beklagten gewünschte Auslegung im Wortlaut des Gesetzes keinerlei Anklang gefunden hat. Für Eingriffe in die Rechte Betroffener ist eine klare gesetzliche Grundlage zu fordern, an der es hier gerade fehlt. Aus dem in Art. 20 GG normierten Rechtsstaatsprinzip folgt ein allgemeiner Vorbehalt des Gesetzes bei staatlichen Eingriffen in grundrechtlich geschützte Positionen von Betroffenen. Wenn eine staatliche Maßnahme in Grundrechte eingreift, gerät der Stufenbau der Rechtsordnung durcheinander, weil Grundrechte Verfassungsrang haben und auch nur durch einfaches Recht eingeschränkt werden können. Für Grundrechtseingriffe ist also stets eine spezielle Ermächtigung in der Form eines Gesetzes zu fordern (siehe hierzu Umbach/Clemens, Grundgesetz-Kommentar, Art. 20 Rdnr. 73 ff.). Auch die Kommentarliteratur hält demzufolge eine Auslegung in dem von der Beklagten gewünschten Sinne nicht für möglich. Z. B. weist Niesel in der 3. Auflage des SGB III-Kommentars darauf hin, dass ab dem 1.1.2005 keine Rechtsgrundlage für die Rückforderung von Beiträgen bei aufgehobener Alhi-Bewilligung mehr besteht, auch wenn sich die Aufhebung auf Zeiträume vor dem 31.12.2004 bezieht ("Dieses wohl kaum beabsichtigte Ergebnis (das bei der Aufhebung der Uhg-Bestimmungen zum 1.1.2004 vermieden wurde, indem § 335 nicht geändert wurde) ist de lege lata nicht zu vermeiden").
Sofern die Beklagte ergänzend vorträgt, dass die Gesetzesänderung der Rückforderung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung bei der Gewährung von Arbeitslosenhilfe jedenfalls für die Zeiträume vor dem 01.01.2005 nicht entgegen stehe, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Denn für den Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen ist eine wirksame Ermächtigungsgrundlage zum Zeitpunkt des Eingriffs und nicht zu einem irgendwann in der Vergangenheit gelegenen Zeitpunkt erforderlich. Maßgeblich ist insoweit die Rechtslage bei Erlass des Bescheides (BSG, Urteil vom 27.08.2008 - B 11 AL 11/07 R -). Etwas anderes gilt nach der bisher vorliegenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu dieser Thematik lediglich in den Fällen, in denen der Erstattungsanspruch noch zu Zeiten entstanden ist, als § 335 SGB III für den Erstattungsanspruch eine Ermächtigungsgrundlage vorsah, also bei Geltendmachung durch den Erstattungsbescheid spätestens am 31.12.2004 (BSG a.a.O.). Diese Fallgestaltung ist vorliegend aber nicht gegeben.
Die Berufung des Klägers ist jedoch im Übrigen unbegründet, denn die Beklagte hat die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe zu Recht zurückgenommen und insoweit die Erstattung zu Unrecht bewilligter Arbeitslosenhilfe vom 15.03.1997 bis zum 22.08.1997 geltend gemacht. Das SG hat die einschlägigen Rechtsgrundlagen zutreffend benannt und überzeugend und umfassend ausgeführt und berechnet, dass und in welcher Höhe im Übrigen von dem Kläger Arbeitslosenhilfe zu erstatten ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt.
Insbesondere hat das SG insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass die von dem Kläger behaupteten Vereinbarungen mit Dritten, ihr Vorliegen einmal unterstellt, einem Fremdvergleich zu den üblichen bei der Gewährung von Darlehen verwendeten Konditionen nicht standhalten.
Ein Treuhandvertrag ist in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensrechte überträgt, ihn aber in Ausübung der sich daraus im Außenverhältnis ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R -). Während der abtretende Arbeitslose mithin einen Anspruch verliert (vgl. BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R -), erwirbt der Treuhänder je nach Ausgestaltung bis hin zum Vollrecht (vgl. Bassenge in Palandt, BGB, 65. Aufl., § 903 Rdnr. 33) ein Vermögensrecht hinzu. Er ist aber zugleich mit einer schuldrechtlichen (Herausgabe-) Verpflichtung belastet, die, wenn sie nicht unmittelbar auf einem Vermögensgegenstand lastet (BSGE 84, 48 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 7; BSG SozR 3-4220 § 6 Nr. 9), grundsätzlich erst bei der Frage der Verwertbarkeit oder Zumutbarkeit Berücksichtigung finden kann (BSGE 87, 143 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 8; BSG SozR 3-4220 § 6 Nr. 9; BSG SozR 3-4100 § 137 Nr. 12; vgl. BSG, Urteil vom 24.05.2006, - B 11a AL 49/05 R - m.w.N.).
Zwar entscheidet deswegen die Publizität eines Treuhandkontos oder ihr Fehlen nicht allein darüber, wem das Vermögen zuzurechnen ist. Ein Rechtsgrundsatz dieses Inhaltes kann der zivilgerichtlichen Rechtsprechung zum Widerspruchsrecht des Treugebers nach § 771 ZPO bei verdeckten Treuhandverhältnissen nicht entnommen werden. Für eine Relativierung der nach bürgerlichem Recht zu beurteilenden Vermögensverhältnisse im Zusammenhang mit der Gewährung staatlicher Leistungen im Bereich des Sozialrechts besteht keine Veranlassung. Weder im Gesetz noch in der Alhi-VO ist zudem ein Ansatz für die Berücksichtigung von fiktivem Vermögen zu finden. Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen oder nahestehenden Dritten sind jedoch nur anzuerkennen, wenn der Vertrag als solcher und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem zwischen Dritten Üblichen entsprechen (vgl. BSG, Urteil vom 24.5.2006, - B 11a AL 49/05 R - m.w.N.).
Insoweit ist die vom Kläger behauptete Vereinbarung mit seinen Bekannten O. T. und M. E. höchst unüblich und kaum mit den normalerweise bei einer Gewährung von Darlehen vereinbarten Bedingungen vergleichbar: Nicht nur, dass auf eine im Interesse der Rechtssicherheit gebotene schriftliche Fixierung verzichtet wurde, es fehlt den mündlich geschlossenen Vereinbarungen auch an einer Regelung über den Rückzahlungszeitpunkt sowie den zu zahlenden Darlehenszins. Dem Kläger wurde danach von seinen Bekannten in einer ausgesprochen informellen Vereinbarung Geld überlassen, aus welchem er aufgrund seiner besonderen Stellung als in Deutschland lebender Türke durch die Anlage bei der TCMB einen besonders hohen Zins erzielen sollte. Insofern lägen nach den Erklärungen der Herren O. T. und M. E. unzweifelhaft vom Kläger eingegangene Schulden vor, welche jedoch nicht in dem erforderlichen engen Zusammenhang zu dem Guthaben des Klägers bei der TCMB stehen, welches dem Kläger allein zuzuordnen ist. Dies hat auch deswegen zu geschehen, weil das SG zutreffend darauf hinweist, dass der Kläger keine Veranlassung gesehen hat, aus der im Jahr 1995 erhaltenen Abfindung von über 100.000,00 DM eine Rückzahlung dieser Darlehensschulden vorzunehmen. Tatsächlich hat der Kläger auch erst 10 Monate später am 24.10.1995 einen Betrag von 50.000,00 DM bei der TCMB angelegt. Insofern kann aber auch heute aufgrund der ursprünglich falschen Angaben des Klägers und der grundsätzlichen Austauschbarkeit von Geld nicht mehr unterschieden werden, welches Geld der Kläger insoweit bei der TCMB überhaupt angelegt hat.
Schulden sind im Übrigen bei der Arbeitslosenhilfe nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts prinzipiell in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen. Bereits auf der Stufe der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte können Verbindlichkeiten nur dann ausnahmsweise mindernd berücksichtigt werden, wenn sie unmittelbar auf einem Vermögensgegenstand lasten, wie etwa Hypothekenschulden auf einem Hausgrundstück (vgl BSGE 84, 48, 53 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 7; BSGE 87, 143, 146 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 8).
Die Verwertbarkeit des Vermögens bei anderen Schulden ist nur dann ausgeschlossen, wenn und soweit den zu berücksichtigenden Aktiva fällige Verbindlichkeiten gegenüberstehen. Von einer "Bindung des Vermögens" im Sinne des § 6 Abs. 2 Alhi-VO ist nur dann auszugehen, wenn der Vermögensinhaber im Zeitpunkt der grundsätzlich gebotenen Verwertung seines Vermögens zur Tilgung von Schulden verpflichtet ist (BSGE 46, 271 = SozR 4100 § 138 Nr. 3; BSG, Urteil vom 30.05.1990 - 11 RAr 33/88 - = DBlR 3732a zu § 137 AFG; BSG, Urteil vom 20.02.1991 - 11 RAr 35/89 - = DBlR 3807 zu § 137 AFG). Vorliegend hat der Kläger die von ihm behaupteten Schulden aus den Darlehensvereinbarungen, die nicht befristet waren, erstmalig im Jahre 1999 bedient, weswegen eine Fälligkeit dieser Schulden bis zum Ende des streitgegenständlichen Zeitraumes am 22.08.1997 nicht festzustellen ist. Dementsprechend können die behaupteten Schulden, sollten sie tatsächlich so bestanden haben, auch dann nicht zu einer Berücksichtigung bei der Bedürftigkeitsprüfung führen.
Schließlich hat das SG auch zu Recht festgestellt, dass der Kläger die falschen Angaben grob fahrlässig gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt ist, also nahe liegende Überlegungen nicht angestellt worden sind (BSG SozR 4300 § 2 Nr. 1). Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss ( BSGE 42, 184 , 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSGE 62, 32 , 35 = SozR 4100 § 71 Nr. 2); dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff: BSGE 35, 108 , 112; 44, 264, 273 = SozR 5870 § 13 Nr. 20).
Ob ein bestimmter Verschuldensgrad (Fahrlässigkeit, grobe Fahrlässigkeit, Vorsatz) vorliegt, ist im wesentlichen eine Tatfrage. Der Kläger hat zahlreiche Merkblätter der Beklagten erhalten und die Kenntnisnahme ihres Inhalts mit seiner Unterschrift bestätigt. Auch als der deutschen Sprache nicht ganz mächtiger Leistungsbezieher wäre er zumindest gehalten gewesen, sich Kenntnis von den Passagen in den Formularen der Beklagten zu verschaffen, die er gegebenenfalls nicht verstand. Hierbei wird davon ausgegangen, dass der Kläger bei seiner letzten Tätigkeit als Stichprobenprüfer für die Firma Nokia keine völlig ungelernte Arbeit ausübte und daher zumindest ein ausreichendes Beurteilungsvermögen insoweit haben musste, dass die Beklagte ein berechtigtes Interesse an der Mitteilung seiner vollständigen Vermögensverhältnisse vor der Gewährung von Arbeitslosenhilfe hatte. Aufgrund der erheblichen Veränderungen in der wirtschaftlichen Situation des Klägers seit 1990 (Wohnungskauf, Entlassung gegen Abfindung, Pilgerfahrt nach Mekka, Ausgaben für die Hochzeiten zweier Kinder, Wohnungsrenovierung) war zudem vermehrt seine Aufmerksamkeit für seine wirtschaftliche Situation gefordert und dementsprechend auch geschärft. Auch daher hätte es ihm auffallen müssen, dass die Beklagte an Informationen über Geldanlagen in seinem Namen bei der TCMB gelegen war, sei es auch vor dem von dem Kläger geschilderten Hintergrund einer stillen Treuhandvereinbarung der vorgetragenen Art.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird für die Beklagte wegen der durch die Änderung des § 335 SGB III aufgeworfenen grundsätzlichen Rechtsfrage zur Rückforderung von Sozialversicherungsbeiträgen nach der Streichung des Wortes "Arbeitslosenhilfe" in dieser Vorschrift zugelassen.
Rechtskraft
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