L 12 AS 2487/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 1253/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 2487/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Karlsruhe vom 17.04.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

In diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geht es um die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbu¬ches (SGB II). Die Antragsteller sind bulgarische Staatsangehörige. Der Antragsteller Ziff. 1 ist im Besitz einer "Bescheinigung gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU" (FreizügG/EU). Zusammen mit seiner 1998 geborenen Tochter, der Antragstellerin Ziff. 2, wohnt er seit 11.12.2006 in B ... Der Antragsteller Ziff. 1. hatte vom 1.9.2007 bis 10.1.2008 ein Gewerbe für den Kauf und Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen angemeldet. Nach seinen Angaben erfolgte die Abmeldung auf Anraten der Antragsgegnerin, weil er aufgrund einer Er¬krankung nicht mehr in der Lage gewesen sei, sein Gewerbe weiter auszuführen. Die Antragstel¬ler sind an einer Lungentuberkulose erkrankt, die beim Antragsteller Ziff. 1 ab 10.1.2008 eine stationäre Behandlung in der Thoraxklinik H. erforderlich machte. Laut einem Schrei¬ben des Landratsamts K. vom 18.2.2008 wird der Antragsteller Ziff. 1 seit Anfang Januar 2008 wegen einer Lungentuberkulose behandelt. Die Behandlung müsse über einen Zeitraum von sechs bis neun Monaten durchgeführt werden. Nach einem weiteren Schrei¬ben ist derzeit auch die Antragstellerin Ziff. 2 latent an einer Lungentuberkulose erkrankt. Eine vorbeugende Behand¬lung mittels Antibiotikum ab sofort für neun Monate sei unbedingt erforderlich, um den Aus¬bruch der Erkrankung sicher zu verhindern. Die Antragsteller stellten bei der Antragsgegnerin am 24.1.2008 zum wiederholten Male einen Antrag auf Leistungen dem SGB II. Der letzte Antrag wurde mit Bescheid vom 15.2.2008 abgelehnt. Den eingelegten Widerspruch wies die Wi¬derspruchsstelle mit Widerspruchsbescheid vom 25.2.2008 als unbegründet zurück. Hiergegen erhoben die Antragsteller beim SG Karlsruhe (SG) am 20.3.2006 Klage (S 13 AS 1248/08). Ebenfalls am 20.3.2008 stellten sie den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Begehren, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihnen auf den Antrag vom 24.1.2008 Leis¬tungen nach dem SGB II einschließlich eines angemessenen Krankenversicherungsschutzes zu gewähren. Die Antragsgegnerin hielt den Eilantrag nicht für begründet. Sie erwiderte im wesentlichen, dass der Antragsteller nicht zu dem Personenkreis der Freizügigkeitsberechtigten nach dem Frei¬zügG/EU zähle. Aufgrund seiner offenen Tuberkulose sei er auch nicht erwerbs¬fähig, um Leistungen nach dem SGB II erhalten zu können. Nur beim Bezug von Arbeitslosen¬geld II würden die Antragsteller der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung unterlie¬gen. Mit Beschluss vom 17.04.2008 lehnte das SG den Antrag ab. In den Gründen führte es aus, vorliegend sei ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht gehe nach summarischer Prüfung davon aus, dass die Antragsteller keinen Anspruch auf Leistun¬gen nach dem SGB II hätten. Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhielten erwerbsfähige Hilfebedürftige unter den dort aufgeführten Vor¬aussetzungen Leistungen nach dem SGB II. Nach § 7 Abs.1 Satz 2 SGB II seien Ausländer ausgenom¬men, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt seien, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts (Ziff. 1.), ferner Auslän¬der, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe, und ihre Famili¬enangehörigen (Ziff. 2.) sowie Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (Ziff. 3.). Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II erhielten auch Personen Leistungen, die mit erwerbsfä¬higen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Zur Bedarfsgemeinschaft gehörten nach § 7 Abs. 3 Ziff. 4 SGB II die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, so¬weit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen könnten. Die Leistungsberechtigung nach dem SGB II setze u.a. in § 7 Abs. 1 Ziff. 2 SGB II Erwerbsfä¬higkeit voraus. Nach § 8 Abs. 1 SGB II sei erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behin¬derung auf absehbare Zeit außer Stande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Antragsteller Ziff. 1 habe schon deshalb keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II, weil er nicht erwerbsfähig sei. Ein absehbarer Zeitrahmen im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II sei ein Zeit¬raum von weniger als sechs Monaten, d.h. die verminderte Erwerbsfähigkeit müsse bei voraus¬schauender Betrachtung innerhalb von sechs Kalendermonaten behoben sein. Nach dem den Antragsteller Ziff. 1 betreffenden Schreiben des Landratsamtes K., Gesundheitsamt, vom 18.2.2008, bedürfe die Erkrankung des Antragstellers einer Behandlung mit Antibioti¬ka über einen Zeitraum von sechs bis neun Monaten. Eine nur vorübergehende Erwerbsminde¬rung liege damit bei ihm nicht vor. Der Antragsteller Ziff. 1 werde auch vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II er¬fasst. Nach der Gesetzesbegründung greife der Leistungsausschluss allerdings dann nicht, wenn neben der Arbeitssuche auch ein anderer Grund zur Freizügigkeit nach § 2 FreizügG/EU berech¬tige. Ein solcher anderer Grund liege nicht vor, auch nicht nach § 2 Abs. 2 Ziff. 2. FreizügG/EU. Nach dieser Bestimmung seien freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätig¬keit berechtigt seien (niedergelassene selbständige Erwerbstätige), wobei dieses Recht nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 FreizügG/EU nur bei einer vorübergehenden Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall für Arbeitnehmer und selbständige Erwerbstätige unbe¬rührt bleibe Da der Antragsteller Ziff. 1 seit Anfang 2008 nicht nur vorübergehend erwerbsgemindert sei, könne er sich auf diesen Tatbestand der Freizügigkeitsberechtigung nicht berufen. In Anlehnung an § 8 SGB II liege vorübergehende Erwerbsminderung nur bei einem Zeitraum von weniger als sechs Monaten vor.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller am 21.05.2008 zum Zwecke der Fristwahrung Beschwerde eingelegt. Diese Beschwerde wurde von den anwaltlich vertretenen Antragstellern trotz Fristsetzung nicht begründet.

II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat die tatsächlichen und rechtlichen Vorraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend ausgeführt und die beantragte einstweiligen Anordnung zu Recht nicht erlassen. Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen der sozialgerichtlichen Entscheidung zurück( § 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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