Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3649/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 4909/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. August 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1961 geborene Klägerin hat nach Erwerb des Hauptschulabschlusses keine Berufsausbildung absolviert. Zuletzt war sie als Produktionshelferin in Heimarbeit versicherungspflichtig beschäftigt. Am 31. Januar 2003 stellte die Klägerin bei der Beklagten, nachdem sie zuvor bei der Deutschen Angestelltenkrankenkasse am 17. Januar 2003 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beantragt hatte, einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung ihres Antrags gab sie an, sie könne nach ihrer Auffassung wegen eines Wirbelsäulenleidens, Angstzuständen, Migräne, Myotendinosen und wegen psychovegetativer Erschöpfung keine Tätigkeiten mehr verrichten. Seit 9. Januar 2003 sei sie arbeitsunfähig krank. Zur Ermittlung des medizinischen Sachverhalts zog die Beklagte zunächst Befundunterlagen der die Klägerin behandelnden Ärzte und einen medizinischen Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Hausbaden in Badenweiler bei. Die Klägerin hatte in dieser Klinik in der Zeit vom 6. März 2003 bis 3. April 2003 ein stationäres Heilverfahren absolviert. Im Reha-Entlassungsbericht vom 4. April 2003 führte Dr. Findeisen aus, anlässlich des Heilverfahrens seien ein chronisches Cervicalsyndrom mit Cervicozephalgien und -brachialgien beidseits bei ausgeprägten WS-Degenerationen C5/6 mit Foramenstenose und degenerativer Retrolisthese, ausgeprägte Myotendinosen der Nackenmuskulatur und ein psychovegetativer Erschöpfungszustand diagnostiziert worden. Wegen dieser Erkrankungen müsse die Klägerin durchgehende Zwangshaltungen der Halswirbelsäule vermeiden. Im Übrigen könne sie leichte bis mittelschwere Arbeiten allerdings noch sechs Stunden arbeitstäglich und länger verrichten. In der Folge ließ die Beklagte die Klägerin von Dr. Peter untersuchen und begutachten. Diese legte in ihrem Gutachten vom 3. Juni 2003 dar, die Klägerin leide an einer psychovegetativen Labilität bei psychasthenischer Persönlichkeitsstruktur und an einem chronischen Cervicalsyndrom bei ausgeprägten degenerativen HWS-Veränderungen mit Bandscheibendegeneration HWK5/6. Trotz dieser Erkrankungen sei die Klägerin allerdings noch in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig auszuführen. Dabei sollten Tätigkeiten unter Zeitdruck und Arbeiten mit Nachtschicht sowie Arbeiten in einseitiger oder wirbelsäulenbelastender Zwangshaltung vermieden werden. Einwirkungen durch Kälte, Nässe oder Zugluft seien ebenfalls ungünstig; die Klägerin solle deshalb in geschlossenen und wohltemperierten Räumen arbeiten können. Mit Bescheid vom 10. Juni 2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 7. Juli 2003 Widerspruch. Zur Begründung trug sie vor, sie sei nicht einmal in der Lage, ihren Haushalt zu bewältigen. Sie könne die von der Beklagten getroffene Entscheidung deshalb nicht nachvollziehen und bitte um nochmalige Überprüfung. Nach Vorlage weiterer Befundunterlagen durch die Klägerin beauftragte die Beklagte zunächst den Orthopäden Dr. W. mit der Erstattung eines Gutachtens über die Klägerin. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 24. Juni 2004 rezidivierende rechtsseitige Halswirbelsäulensyndrome bei monosegmentalen deutlichen degenerativen Veränderungen in Höhe C5/C6 und ein mäßiges Impingementsyndrom der rechten Schulter. Auch Dr. Wandschneider hielt die Klägerin jedoch für fähig, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten über sechs Stunden und mehr zu verrichten. In der Folge ließ die Beklagte die Klägerin von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch.-B. begutachten. Dieser führte in seinem Gutachten vom 7. Juli 2004 aus, die Klägerin leide an einer angstneurotischen Entwicklung bei frühkindlicher Traumatisierung mit Dysthymie und Neigung zu psychosomatischer Symptombildung. Hieraus ergäben sich qualitative Leistungsausschlüsse wie z.B. für Arbeiten mit intensivem Publikumsverkehr. Für alle übrigen körperlich leichten Frauenarbeiten sei aber noch ein vollschichiges Leistungsvermögen gegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit der am 13. Oktober 2004 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie arbeite zwischen drei und zehn Stunden pro Woche, verteilt auf maximal drei Tage. Bereits diese Tätigkeit führe sie an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus sei sie häufig nicht in der Lage, die Wegstrecke zwischen ihrer Wohnung und dem Arbeitsplatz selbst zu bewältigen. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin eine Bescheinigung von Dipl.-Psych. G. vom 29. August 2006 vorgelegt. Wegen des Inhalts dieser Bescheinigung wird auf Bl. 75 der Klageakte des SG verwiesen. Das SG hat zunächst schriftliche sachverständige Zeugenaussagen von Dr. Eckhardt, Dr. Ba., Dr. Bo. und Dr. B. eingeholt. Der Orthopäde Dr. E. hat in seiner Stellungnahme vom 8. Februar 2005 ausgeführt, die Klägerin sei seines Erachtens noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten von ca. sechs Stunden auszuführen. Der Orthopäde Dr. Bo. hatte die Klägerin nur einmalig am 23. Dezember 2003 behandelt und hat sich deshalb außerstande gesehen, eine Aussage zum beruflichen Restleistungsvermögen der Klägerin zu machen (Aussage vom 25. Februar 2005). Die Ärztin für Psychiatrie Dr. B. hat in ihrer Aussage vom 1. März 2005 mitgeteilt, sie habe die Klägerin ebenfalls lediglich einmal behandelt und könne sich deshalb zur Arbeitsfähigkeit kein Urteil erlauben. Der Facharzt für Allgemeinmedizin, Hygiene und Umweltmedizin Bas. hat in seiner Aussage vom 27. September 2005 angegeben, für ihn als Hausarzt der Klägerin sei die Beantwortung der das berufliche Leistungsvermögen betreffenden Beweisfrage schwierig. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Heimarbeiterin in der Automobilindustrie habe jedenfalls Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Das SG hat daraufhin den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie für Psychotherapeutische Medizin Dr. Re. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 18. Mai 2006 ausgeführt, in geistiger Hinsicht finde sich bei der Klägerin keine Störung von Krankheitswert. Aufmerksamkeit, Konzentration, Gedächtnis und Merkfähigkeit seien altersentsprechend. In emotionaler Hinsicht leide die Klägerin an einer ängstlichen Persönlichkeitsstörung mit insbesondere sozialen Phobien. Eine regelmäßige Erwerbstätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden je Arbeitstag sei der Klägerin ohne Gefährdung ihrer Gesundheit weiterhin möglich. Auch die zumutbare Wegstrecke sei nicht limitiert. Gestützt auf dieses Gutachten hat das SG die Klage mit Urteil vom 31. August 2006 abgewiesen.
Gegen dieses ihr gemäß Empfangsbekenntnis am 13. September 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. September 2006 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie trägt vor, mit dem Urteil des SG könne sie sich keinesfalls einverstanden erklären. Sie und ihr Ehemann seien der nachhaltigen und unverrückbaren Auffassung, dass sie aufgrund ihres angegriffenen Gesundheitszustandes die Voraussetzungen für die Gewährung zumindest einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erfülle.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. August 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2004 zu verurteilen, ihr ab 1. Februar 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig und das Urteil des SG für zutreffend. Zur Begründung legt sie eine ärztliche Stellungnahme von Ärztin für Psychiatrie Ho. vom 23. Januar 2008 vor. Wegen des Inhalts dieser Stellungnahme wird auf Bl.139/140 der Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Der Senat hat zunächst die Arztunterlagen des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Do. beigezogen. Anschließend ist der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Ma. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt worden. Letzterer hat in seinem Gutachten vom 9. Juni 2007 dargelegt, die Klägerin leide an einer Angststörung mit Agoraphobie und sozialen Ängsten sowie an Migräne. Bei bekannten und radiologisch dokumentierten erheblichen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule hätten sich neurologisch keine Anhaltspunkte für eine Nervenwurzelkompression oder Nervenwurzelirritation ergeben. Die Klägerin sei weiterhin in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit unter Beachtung qualitativer Einschränkungen leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag an fünf Tagen in der Woche auszuführen. Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist in der Folge der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ku. mit der Erstattung eines weiteren Gutachtens beauftragt worden. Dieser hat in seinem Gutachten vom 17. Dezember 2007 die Auffassung vertreten, eine Verlängerung der gegenwärtigen Arbeitszeit von drei Stunden täglich halte er nicht für möglich. In einem solchen Fall würde die Klägerin wieder verstärkt in die psychiatrischen Krankheiten mit deren Symptomen zurückfallen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (24 301261 E 514), die Klageakten des SG (S 8 RJ 3649/04) und die Berufungsakten des Senats (L 13 R 4909/06) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs.1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 31. Januar 2003 ablehnende Bescheid vom 10. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2004. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in subjektiven Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der auch im vorliegenden Fall anwendbaren Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für - wie die Klägerin - nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden.
Gemäß § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin ist auch zur vollen Überzeugung des Senats noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Sie ist damit weder teilweise noch voll erwerbsgemindert und hat demgemäß auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer entsprechenden Rente.
Im Vordergrund der das berufliche Leistungsvermögen einschränkenden Erkrankungen der Klägerin stehen diejenigen des nervenärztlichen Fachgebiets. Insoweit leidet die Klägerin, wie der vom Senat beauftragte Sachverständige Ma. in seinem Gutachten vom 9. Juni 2007 überzeugend dargelegt hat, an einer Angststörung mit Agoraphobie und sozialen Ängsten sowie an einer leichten reaktiv-depressiven Verstimmung im Sinne einer Dysthymia. Darüber hinaus besteht eine Migräne sowie - im weitesten Sinne auch dem nervenärztlichen Fachgebiet zuzuordnen - erhebliche degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule ohne neurologische Anhaltspunkte für eine Nervenwurzelkompression oder Nervenwurzelirritation. Wie der Sachverständige Meyer aus den von ihm erhobenen Befunden nachvollziehbar und für den Senat überzeugend gefolgert hat, bedingen die dem nervenärztlichen Fachgebiet zuzuordnenden Erkrankungen der Klägerin lediglich qualitative Funktionseinschränkungen; sie schränken das berufliche Restleistungsvermögen der Klägerin in zeitlicher Hinsicht jedoch nicht auf einen unter sechsstündigen Umfang ein. Der Klägerin können deshalb keine Tätigkeiten unter sehr hohem Zeitdruck sowie keine Tätigkeiten, die zu sehr hohen emotionalen Belastungen führen, zugemutet werden. Dementsprechend sollte die Klägerin beispielsweise keine Tätigkeiten in der Pflege schwerkranker Menschen ausüben. Darüber hinaus sollte ihr keine Tätigkeit an einem Arbeitsplatz mit außergewöhnlich hohem Konfliktpotenzial wie z. B. in einer Beschwerdeannahmestelle zugemutet werden. Wegen der vorhandenen seelischen Störungen sollten ferner Nachtschichttätigkeiten vermieden werden. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen ist die Klägerin jedoch weiterhin in der Lage, ohne Gefährdung ihrer Gesundheit jedenfalls leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden pro Tag an fünf Tagen in der Woche auszuführen. Diese sozialmedizinische Beurteilung des Sachverständigen Me. stimmt mit derjenigen von Facharzt für Psychiatrie Dr. Re. in dessen im Verlauf des erstinstanzlichen Klageverfahrens erstatteten Gutachten vom 18. Mai 2006 im Wesentlichen überein. Auch Dr. Re. hatte die Klägerin noch für fähig gehalten, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden je Arbeitstag (und darüber hinaus auch vollschichtig) auszuüben. Dieser Einschätzung hat darüber hinaus auch keiner der von der Klägerin benannten und vom SG als sachverständige Zeugen gehörten behandelnden Ärzte widersprochen. Der Hausarzt der Klägerin Bas. hat in seiner Aussage vom 27. September 2005 lediglich das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit bestätigt, was allerdings keinen Rückschluss auf das Vorliegen einer im Sinne des Rentenversicherungsrechts relevanten Erwerbsminderung zulässt.
Der einzig entgegenstehenden Auffassung von Dr. Ku. in seinem auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 17. Dezember 2007 vermochte der Senat nicht zu folgen. Dr. Ku. hat bei der Klägerin eine generalisierte Angststörung mit Agoraphobie und sozialen Ängsten, eine Dysthymie und eine emotional instabile Persönlichkeit diagnostiziert. In diagnostischer Hinsicht weicht er damit nicht wesentlich von der Beurteilung des Sachverständigen Me. ab. Ohne dies nachvollziehbar zu begründen, nimmt Dr. Ku. in der Folge aber an, die von ihm diagnostizierten Krankheiten machten der Klägerin eine Tätigkeit in einem mehr als dreistündigen Umfang unmöglich. Aus welchen Gründen die von der Klägerin tatsächlich ausgeübte Beschäftigung als Verkäuferin in einem Schuhgeschäft (nach Angaben der Klägerin in einem Umfang von drei Stunden täglich) gerade noch möglich sein, eine in zeitlicher Hinsicht darüber hinausgehende Tätigkeit dann aber zu vermehrtem Auftreten bestehender Rückzugtendenzen führen soll, vermochte Dr. Ku. nicht nachvollziehbar zu begründen. Seine Einschätzung überzeugt den Senat auch deshalb insgesamt nicht, weil Dr. Ku. sich mit den abweichenden Einschätzungen von Dr. Re. und Dr. Me. in keiner Weise inhaltlich auseinandersetzt.
Letztlich liegen auch auf orthopädischem Fachgebiet keine Erkrankungen vor, die ein Absinken des beruflichen Restleistungsvermögens auf ein rentenberechtigendes Maß nach sich ziehen könnten. Das Halswirbelsäulenleiden der Klägerin führt, wie der Sachverständige Me. übereinstimmend mit dem von der Beklagten im Verlauf des Verwaltungsverfahrens beauftragten Orthopäden Dr. Wa. und dem vom SG als sachverständigen Zeugen gehörten behandelnden Orthopäden Dr. E. dargelegt hat, nur zu qualitativen Funktionseinschränkungen, nicht aber zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht. Wegen des Wirbelsäulenleidens kann die Klägerin nur leichte bis maximal mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Kopfarbeiten, ohne Zwangspositionen und ohne schweres Heben oder Tragen von Lasten verrichten. Sie ist aber auch unter Berücksichtigung dieser Erkrankung noch in der Lage, zumindest leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; auch Großer Senat BSGE 80, 24, 33 ff.) ist nicht gegeben. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Einschränkungen, die eine solche Ausnahme rechtfertigen könnten, liegen bei der Klägerin nicht vor; auch die erforderliche Wegefähigkeit ist bei ihr vorhanden, sie ist in der Lage, zweimal arbeitstäglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und Wegstrecken von mehr als 500 m zu Fuß viermal arbeitstäglich zurückzulegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1961 geborene Klägerin hat nach Erwerb des Hauptschulabschlusses keine Berufsausbildung absolviert. Zuletzt war sie als Produktionshelferin in Heimarbeit versicherungspflichtig beschäftigt. Am 31. Januar 2003 stellte die Klägerin bei der Beklagten, nachdem sie zuvor bei der Deutschen Angestelltenkrankenkasse am 17. Januar 2003 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beantragt hatte, einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung ihres Antrags gab sie an, sie könne nach ihrer Auffassung wegen eines Wirbelsäulenleidens, Angstzuständen, Migräne, Myotendinosen und wegen psychovegetativer Erschöpfung keine Tätigkeiten mehr verrichten. Seit 9. Januar 2003 sei sie arbeitsunfähig krank. Zur Ermittlung des medizinischen Sachverhalts zog die Beklagte zunächst Befundunterlagen der die Klägerin behandelnden Ärzte und einen medizinischen Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Hausbaden in Badenweiler bei. Die Klägerin hatte in dieser Klinik in der Zeit vom 6. März 2003 bis 3. April 2003 ein stationäres Heilverfahren absolviert. Im Reha-Entlassungsbericht vom 4. April 2003 führte Dr. Findeisen aus, anlässlich des Heilverfahrens seien ein chronisches Cervicalsyndrom mit Cervicozephalgien und -brachialgien beidseits bei ausgeprägten WS-Degenerationen C5/6 mit Foramenstenose und degenerativer Retrolisthese, ausgeprägte Myotendinosen der Nackenmuskulatur und ein psychovegetativer Erschöpfungszustand diagnostiziert worden. Wegen dieser Erkrankungen müsse die Klägerin durchgehende Zwangshaltungen der Halswirbelsäule vermeiden. Im Übrigen könne sie leichte bis mittelschwere Arbeiten allerdings noch sechs Stunden arbeitstäglich und länger verrichten. In der Folge ließ die Beklagte die Klägerin von Dr. Peter untersuchen und begutachten. Diese legte in ihrem Gutachten vom 3. Juni 2003 dar, die Klägerin leide an einer psychovegetativen Labilität bei psychasthenischer Persönlichkeitsstruktur und an einem chronischen Cervicalsyndrom bei ausgeprägten degenerativen HWS-Veränderungen mit Bandscheibendegeneration HWK5/6. Trotz dieser Erkrankungen sei die Klägerin allerdings noch in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig auszuführen. Dabei sollten Tätigkeiten unter Zeitdruck und Arbeiten mit Nachtschicht sowie Arbeiten in einseitiger oder wirbelsäulenbelastender Zwangshaltung vermieden werden. Einwirkungen durch Kälte, Nässe oder Zugluft seien ebenfalls ungünstig; die Klägerin solle deshalb in geschlossenen und wohltemperierten Räumen arbeiten können. Mit Bescheid vom 10. Juni 2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 7. Juli 2003 Widerspruch. Zur Begründung trug sie vor, sie sei nicht einmal in der Lage, ihren Haushalt zu bewältigen. Sie könne die von der Beklagten getroffene Entscheidung deshalb nicht nachvollziehen und bitte um nochmalige Überprüfung. Nach Vorlage weiterer Befundunterlagen durch die Klägerin beauftragte die Beklagte zunächst den Orthopäden Dr. W. mit der Erstattung eines Gutachtens über die Klägerin. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 24. Juni 2004 rezidivierende rechtsseitige Halswirbelsäulensyndrome bei monosegmentalen deutlichen degenerativen Veränderungen in Höhe C5/C6 und ein mäßiges Impingementsyndrom der rechten Schulter. Auch Dr. Wandschneider hielt die Klägerin jedoch für fähig, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten über sechs Stunden und mehr zu verrichten. In der Folge ließ die Beklagte die Klägerin von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch.-B. begutachten. Dieser führte in seinem Gutachten vom 7. Juli 2004 aus, die Klägerin leide an einer angstneurotischen Entwicklung bei frühkindlicher Traumatisierung mit Dysthymie und Neigung zu psychosomatischer Symptombildung. Hieraus ergäben sich qualitative Leistungsausschlüsse wie z.B. für Arbeiten mit intensivem Publikumsverkehr. Für alle übrigen körperlich leichten Frauenarbeiten sei aber noch ein vollschichiges Leistungsvermögen gegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit der am 13. Oktober 2004 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie arbeite zwischen drei und zehn Stunden pro Woche, verteilt auf maximal drei Tage. Bereits diese Tätigkeit führe sie an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus sei sie häufig nicht in der Lage, die Wegstrecke zwischen ihrer Wohnung und dem Arbeitsplatz selbst zu bewältigen. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin eine Bescheinigung von Dipl.-Psych. G. vom 29. August 2006 vorgelegt. Wegen des Inhalts dieser Bescheinigung wird auf Bl. 75 der Klageakte des SG verwiesen. Das SG hat zunächst schriftliche sachverständige Zeugenaussagen von Dr. Eckhardt, Dr. Ba., Dr. Bo. und Dr. B. eingeholt. Der Orthopäde Dr. E. hat in seiner Stellungnahme vom 8. Februar 2005 ausgeführt, die Klägerin sei seines Erachtens noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten von ca. sechs Stunden auszuführen. Der Orthopäde Dr. Bo. hatte die Klägerin nur einmalig am 23. Dezember 2003 behandelt und hat sich deshalb außerstande gesehen, eine Aussage zum beruflichen Restleistungsvermögen der Klägerin zu machen (Aussage vom 25. Februar 2005). Die Ärztin für Psychiatrie Dr. B. hat in ihrer Aussage vom 1. März 2005 mitgeteilt, sie habe die Klägerin ebenfalls lediglich einmal behandelt und könne sich deshalb zur Arbeitsfähigkeit kein Urteil erlauben. Der Facharzt für Allgemeinmedizin, Hygiene und Umweltmedizin Bas. hat in seiner Aussage vom 27. September 2005 angegeben, für ihn als Hausarzt der Klägerin sei die Beantwortung der das berufliche Leistungsvermögen betreffenden Beweisfrage schwierig. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Heimarbeiterin in der Automobilindustrie habe jedenfalls Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Das SG hat daraufhin den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie für Psychotherapeutische Medizin Dr. Re. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 18. Mai 2006 ausgeführt, in geistiger Hinsicht finde sich bei der Klägerin keine Störung von Krankheitswert. Aufmerksamkeit, Konzentration, Gedächtnis und Merkfähigkeit seien altersentsprechend. In emotionaler Hinsicht leide die Klägerin an einer ängstlichen Persönlichkeitsstörung mit insbesondere sozialen Phobien. Eine regelmäßige Erwerbstätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden je Arbeitstag sei der Klägerin ohne Gefährdung ihrer Gesundheit weiterhin möglich. Auch die zumutbare Wegstrecke sei nicht limitiert. Gestützt auf dieses Gutachten hat das SG die Klage mit Urteil vom 31. August 2006 abgewiesen.
Gegen dieses ihr gemäß Empfangsbekenntnis am 13. September 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. September 2006 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie trägt vor, mit dem Urteil des SG könne sie sich keinesfalls einverstanden erklären. Sie und ihr Ehemann seien der nachhaltigen und unverrückbaren Auffassung, dass sie aufgrund ihres angegriffenen Gesundheitszustandes die Voraussetzungen für die Gewährung zumindest einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erfülle.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. August 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2004 zu verurteilen, ihr ab 1. Februar 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig und das Urteil des SG für zutreffend. Zur Begründung legt sie eine ärztliche Stellungnahme von Ärztin für Psychiatrie Ho. vom 23. Januar 2008 vor. Wegen des Inhalts dieser Stellungnahme wird auf Bl.139/140 der Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Der Senat hat zunächst die Arztunterlagen des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Do. beigezogen. Anschließend ist der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Ma. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt worden. Letzterer hat in seinem Gutachten vom 9. Juni 2007 dargelegt, die Klägerin leide an einer Angststörung mit Agoraphobie und sozialen Ängsten sowie an Migräne. Bei bekannten und radiologisch dokumentierten erheblichen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule hätten sich neurologisch keine Anhaltspunkte für eine Nervenwurzelkompression oder Nervenwurzelirritation ergeben. Die Klägerin sei weiterhin in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit unter Beachtung qualitativer Einschränkungen leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag an fünf Tagen in der Woche auszuführen. Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist in der Folge der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ku. mit der Erstattung eines weiteren Gutachtens beauftragt worden. Dieser hat in seinem Gutachten vom 17. Dezember 2007 die Auffassung vertreten, eine Verlängerung der gegenwärtigen Arbeitszeit von drei Stunden täglich halte er nicht für möglich. In einem solchen Fall würde die Klägerin wieder verstärkt in die psychiatrischen Krankheiten mit deren Symptomen zurückfallen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (24 301261 E 514), die Klageakten des SG (S 8 RJ 3649/04) und die Berufungsakten des Senats (L 13 R 4909/06) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs.1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 31. Januar 2003 ablehnende Bescheid vom 10. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2004. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in subjektiven Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der auch im vorliegenden Fall anwendbaren Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für - wie die Klägerin - nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden.
Gemäß § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin ist auch zur vollen Überzeugung des Senats noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Sie ist damit weder teilweise noch voll erwerbsgemindert und hat demgemäß auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer entsprechenden Rente.
Im Vordergrund der das berufliche Leistungsvermögen einschränkenden Erkrankungen der Klägerin stehen diejenigen des nervenärztlichen Fachgebiets. Insoweit leidet die Klägerin, wie der vom Senat beauftragte Sachverständige Ma. in seinem Gutachten vom 9. Juni 2007 überzeugend dargelegt hat, an einer Angststörung mit Agoraphobie und sozialen Ängsten sowie an einer leichten reaktiv-depressiven Verstimmung im Sinne einer Dysthymia. Darüber hinaus besteht eine Migräne sowie - im weitesten Sinne auch dem nervenärztlichen Fachgebiet zuzuordnen - erhebliche degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule ohne neurologische Anhaltspunkte für eine Nervenwurzelkompression oder Nervenwurzelirritation. Wie der Sachverständige Meyer aus den von ihm erhobenen Befunden nachvollziehbar und für den Senat überzeugend gefolgert hat, bedingen die dem nervenärztlichen Fachgebiet zuzuordnenden Erkrankungen der Klägerin lediglich qualitative Funktionseinschränkungen; sie schränken das berufliche Restleistungsvermögen der Klägerin in zeitlicher Hinsicht jedoch nicht auf einen unter sechsstündigen Umfang ein. Der Klägerin können deshalb keine Tätigkeiten unter sehr hohem Zeitdruck sowie keine Tätigkeiten, die zu sehr hohen emotionalen Belastungen führen, zugemutet werden. Dementsprechend sollte die Klägerin beispielsweise keine Tätigkeiten in der Pflege schwerkranker Menschen ausüben. Darüber hinaus sollte ihr keine Tätigkeit an einem Arbeitsplatz mit außergewöhnlich hohem Konfliktpotenzial wie z. B. in einer Beschwerdeannahmestelle zugemutet werden. Wegen der vorhandenen seelischen Störungen sollten ferner Nachtschichttätigkeiten vermieden werden. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen ist die Klägerin jedoch weiterhin in der Lage, ohne Gefährdung ihrer Gesundheit jedenfalls leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden pro Tag an fünf Tagen in der Woche auszuführen. Diese sozialmedizinische Beurteilung des Sachverständigen Me. stimmt mit derjenigen von Facharzt für Psychiatrie Dr. Re. in dessen im Verlauf des erstinstanzlichen Klageverfahrens erstatteten Gutachten vom 18. Mai 2006 im Wesentlichen überein. Auch Dr. Re. hatte die Klägerin noch für fähig gehalten, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden je Arbeitstag (und darüber hinaus auch vollschichtig) auszuüben. Dieser Einschätzung hat darüber hinaus auch keiner der von der Klägerin benannten und vom SG als sachverständige Zeugen gehörten behandelnden Ärzte widersprochen. Der Hausarzt der Klägerin Bas. hat in seiner Aussage vom 27. September 2005 lediglich das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit bestätigt, was allerdings keinen Rückschluss auf das Vorliegen einer im Sinne des Rentenversicherungsrechts relevanten Erwerbsminderung zulässt.
Der einzig entgegenstehenden Auffassung von Dr. Ku. in seinem auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 17. Dezember 2007 vermochte der Senat nicht zu folgen. Dr. Ku. hat bei der Klägerin eine generalisierte Angststörung mit Agoraphobie und sozialen Ängsten, eine Dysthymie und eine emotional instabile Persönlichkeit diagnostiziert. In diagnostischer Hinsicht weicht er damit nicht wesentlich von der Beurteilung des Sachverständigen Me. ab. Ohne dies nachvollziehbar zu begründen, nimmt Dr. Ku. in der Folge aber an, die von ihm diagnostizierten Krankheiten machten der Klägerin eine Tätigkeit in einem mehr als dreistündigen Umfang unmöglich. Aus welchen Gründen die von der Klägerin tatsächlich ausgeübte Beschäftigung als Verkäuferin in einem Schuhgeschäft (nach Angaben der Klägerin in einem Umfang von drei Stunden täglich) gerade noch möglich sein, eine in zeitlicher Hinsicht darüber hinausgehende Tätigkeit dann aber zu vermehrtem Auftreten bestehender Rückzugtendenzen führen soll, vermochte Dr. Ku. nicht nachvollziehbar zu begründen. Seine Einschätzung überzeugt den Senat auch deshalb insgesamt nicht, weil Dr. Ku. sich mit den abweichenden Einschätzungen von Dr. Re. und Dr. Me. in keiner Weise inhaltlich auseinandersetzt.
Letztlich liegen auch auf orthopädischem Fachgebiet keine Erkrankungen vor, die ein Absinken des beruflichen Restleistungsvermögens auf ein rentenberechtigendes Maß nach sich ziehen könnten. Das Halswirbelsäulenleiden der Klägerin führt, wie der Sachverständige Me. übereinstimmend mit dem von der Beklagten im Verlauf des Verwaltungsverfahrens beauftragten Orthopäden Dr. Wa. und dem vom SG als sachverständigen Zeugen gehörten behandelnden Orthopäden Dr. E. dargelegt hat, nur zu qualitativen Funktionseinschränkungen, nicht aber zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht. Wegen des Wirbelsäulenleidens kann die Klägerin nur leichte bis maximal mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Kopfarbeiten, ohne Zwangspositionen und ohne schweres Heben oder Tragen von Lasten verrichten. Sie ist aber auch unter Berücksichtigung dieser Erkrankung noch in der Lage, zumindest leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; auch Großer Senat BSGE 80, 24, 33 ff.) ist nicht gegeben. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Einschränkungen, die eine solche Ausnahme rechtfertigen könnten, liegen bei der Klägerin nicht vor; auch die erforderliche Wegefähigkeit ist bei ihr vorhanden, sie ist in der Lage, zweimal arbeitstäglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und Wegstrecken von mehr als 500 m zu Fuß viermal arbeitstäglich zurückzulegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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